Entscheidungsdatum: 11.10.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 022 030.9
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. Oktober 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Klante, der Richterin Martens und des Richters Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke
Freerider RS
als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 12
„Fahrräder und deren Teile“.
Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Wortkombination „Freerider RS“ stelle für die beanspruchten Produkte eine beschreibende Sachangabe dar. Ein „Freerider“ sei ein speziell ausgestattetes Mountainbike, das im Fahrrad-Rallyesport eingesetzt werden könne. Diese Fahrräder bzw. Mountainbikes verfügten anforderungsbedingt über eine besonders hohe Stabilität und andere spezielle Produkteigenschaften. Aufgrund ihres beschreibenden Charakters werde der Verkehr die Marke lediglich als Sachhinweis auffassen, ihr aber keine Herkunftsfunktion beimessen. Zu diesen Feststellungen hat die Markenstelle der Anmelderin verschiedene Recherchebelege übermittelt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, der Anmeldemarke fehle weder die erforderliche Unterscheidungskraft noch bestehe an ihr ein Freihaltungsbedürfnis. Sowohl das Markenwort „Freerider“ wie auch die Buchstabenfolge „RS“ seien in ihren Bedeutungsgehalten mehrdeutig. Der von der Markenstelle herangezogene, beschreibende Aussagegehalt der Marke ergebe sich allenfalls über eine gezielte Auswahl bestimmter Sinngehalte, was auch die willkürliche Heranziehung vermeintlich einschlägiger Nachweise belege. Ein solches Auffinden von Bedeutungsmöglichkeiten im Internet genüge nicht dem erforderlichen Nachweis eines beschreibenden Charakters einer angemeldeten Marke.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 12, vom 7. September 2010 aufzuheben.
Zur Vorbereitung einer Entscheidung hat der Senat der Anmelderin mehrere Recherchebelege zur beschreibenden Verwendung des Sachbegriffs „Freerider“ sowie zur Durchführung von Freerider-Rallyes und -Wettkämpfen übermittelt. Die Anmelderin hat hierzu vorgetragen, die fraglichen Belege seien teilweise auf Motorräder bezogen und außerdem sehr aktuellen Magazinen entnommen, während die Anmelderin mit ihrer Produktreihe bereits schon jahrelang am Markt präsent sei. Zudem werde jegliche Betrachtung des Gesamtzeichens übergangen, da keine der ermittelten Nachweise eine beschreibende Verwendung der beiden Bestandteile der Anmeldemarke in einem Text belege. Der Umstand, dass inzwischen manche Fahrräder als „Freerider“ bezeichnet würden und es auch einschlägige Rallyes gebe, mache den Begriff „Freerider RS“ noch nicht beschreibend. Aus diesen Gründen müsse von der Schutzfähigkeit der Anmeldemarke ausgegangen werden. Im Übrigen verzichte die Anmelderin auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und beantrage über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die nach den §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der beantragten Eintragung der Anmeldemarke stehen die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind alle Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. EuGH, GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 – BIOMILD; BGH, GRUR 2000, 211, 212 – FÜNFER). Dies gilt sowohl für Begriffe, die bereits lexikalisch belegbar sind, wie auch für neue Wortkombinationen mit einem derart unzweideutigen Aussagegehalt, dass sie zur Produktbeschreibung dienen können. Bei fremdsprachigen Begriffen ist ein Freihaltebedürfnis nur dann zu bejahen, wenn davon auszugehen ist, dass ihre beschreibende Bedeutung von den angesprochenen, inländischen Verkehrskreisen auch erkannt werden kann (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 26 – Matratzen Concord/Hukla).
Bei der hier konkret angemeldeten Wortkombination „Freerider RS“ handelt es sich um einen Begriff, der bislang noch nicht lexikalisch nachweisbar ist, wie dies die Anmelderin zutreffend geltend gemacht hat. Da aber sowohl der Bestandteil „Freerider“ als Typenbezeichnung für ein bestimmtes Fahrradmodell als auch die als Abkürzung für „Rallyesport“ nachweisbare Buchstabenkombination „RS“ im Inland gebräuchlich sind, lässt sich der Anmeldemarke als naheliegendster Bedeutungsgehalt die Aussage „Freerider-Rallyesport“ zuordnen. Der dargestellte Bedeutungsgehalt ist für den inländischen Verkehr auch ohne Weiteres verständlich, zumal der insoweit ebenfalls zu berücksichtigende, mit den fraglichen Waren befasste Handel über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse verfügt (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 ff, Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH, GRUR 1999, 723, 725, Rdn. 29 – Chiemsee). Mit dem genannten Bedeutungsgehalt ist die Anmeldemarke ersichtlich geeignet auf die Beschaffenheit bzw. auf den Bestimmungszweck der beanspruchten Fahrräder und deren Teile hinzuweisen, die speziell für den Freerider Rallyesport konzipiert oder ausgestattet sein können. Dass spezielle Fahrradmodelle mit dem Sachbegriff „Freerider“ bezeichnet und für solche Freerider auch bereits Rallyes durchgeführt werden, hat der Senat der Anmelderin anhand verschiedener Belege dokumentiert, die sämtlich auf dieses Produktsegment bezogen waren. Dass die Anmelderin einen dieser Belege irrtümlicherweise als Hinweis auf Motorräder missinterpretiert hat, steht dem nicht entgegen. Soweit die Anmelderin auf die Mehrdeutigkeit des Begriffs „Freerider“ sowie des Kürzels „RS“ verwiesen hat, lässt sich aus diesem Gesichtspunkt nichts für die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke ableiten. Ein Wortzeichen ist vielmehr bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es – wie hier – zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein verkehrswesentliches Merkmal der infrage stehenden Waren bezeichnen kann (vgl. EuGH, GRUR 2004, 146 – DOUBLEMINT). Zudem ist der Sinngehalt der Anmeldemarke in Bezug auf die konkret beanspruchten Fahrräder und deren Teile zu beurteilen, so dass eine abstrakt bestehende Mehrdeutigkeit bei praxisnaher Betrachtung ohnehin ausscheidet. Soweit die Anmelderin sinngemäß die Aktualität der vom Senat zum beschreibenden Bedeutungsgehalt der angemeldeten Marke ermittelten Nachweise gerügt hat, bleibt darauf hinzuweisen, dass es bei der Entscheidung über das Vorliegen absoluter Schutzhindernisse nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gerade (auch) auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Anmeldung ankommt (vgl. hierzu Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 37 Rdn. 3 ff.).
Als sprachübliche Aneinanderreihung beschreibender Wortelemente ist die Anmeldemarke somit geeignet, zur Beschreibung wesentlicher Produktmerkmale dienen zu können, da es sich bei dem dargestellten Hinweis auf die Beschaffenheit bzw. auf den Bestimmungszweck der Waren um eine wesentliche Information für die Verbraucher handelt. Derartige merkmalsbeschreibende Begriffe sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich vom Schutz ausgeschlossen, völlig unabhängig von ihrer aktuellen Gebräuchlichkeit (vgl. EuGH, WRP 2011, 550, Rdn. 40 – 1000; BGH, GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch).
Darüber hinaus werden die angesprochenen Verkehrskreise die Anmeldemarke mit ihrem dargestellten Bedeutungsgehalt nur als werbeübliche, produktbeschreibende Sachangabe und nicht (zumindest auch) als betriebliches Herkunftszeichen auffassen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft i. S. v. Art. 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG setzt die Eignung voraus, die jeweils verfahrensgegenständlichen Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Ob ein Zeichen in diesem Sinne als betrieblicher Herkunftshinweis wirken kann, ist im Wege einer Prognose zu ermitteln (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 66, m. w. N.). Bei Wortmarken ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung u. a. dann von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006). Dies ist – wie oben ausgeführt – vorliegend der Fall. Die angesprochenen Fachkreise und allgemeinen Endverbraucherkreise messen auf dem hier einschlägigen Fahrradsektor solchen sport- bzw. fahrradtypbezogenen Sachangaben allenfalls eine mehr oder weniger intensive Werbewirkung oder einen zielgruppenkonkretisierenden Hinweis zu, jedoch keine betriebliche Herkunftsfunktion i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (vgl. hierzu BGH, GRUR 2010, 825, Rdn. 21 ff. – Marlene-Dietrich-Bildnis II). Der angemeldeten Marke ist daher auch bei Anlegung des gebotenen, großzügigen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGH, GRUR 2009, 949, Rdn. 10 – My World) jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Die vorliegende Entscheidung konnte dabei im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem dies von der Anmelderinausdrücklich beantragt wurde und auch der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für sachdienlich erachtet hat.