Entscheidungsdatum: 20.06.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 045 266.8
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 20. Juni 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Klante, der Richterin Dorn und des Richters am Amtsgericht Jacobi
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen 30 2010 045 266.8
Thüringer-Taler
ist am 28. Juli 2010 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 6: unedle Metalle und deren Legierungen; aus unedlen Edelmetallen hergestellte Waren (soweit in Klasse 6 enthalten), insbesondere Barren, Münzen, Medaillen und Wertmarken;
Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen; aus Edelmetallen hergestellte oder damit plattierte Waren (soweit in Klasse 14 enthalten), insbesondere Barren, Münzen, Medaillen und Wertmarken;
Klasse 36: Geldgeschäfte; Ausgabe von Barren, Münzen, Medaillen, Gut- scheinen und Wertmarken.
Die Markenstelle für Klasse 14 hat mit Beschluss vom 23. Mai 2011 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen eines Freihaltebedürfnisses an dieser Bezeichnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Anmeldezeichen „Thüringer-Taler“ bestehe aus einer sprachüblich gebildeten Kombination zweier beschreibender Angaben. In seiner Gesamtbedeutung bezeichne das Wortzeichen eine Silbermünze oder Münze, die aus Thüringen stamme bzw. dort geprägt oder verwendet werde oder worden sei. Das angemeldete Zeichen eigne sich damit zur unmittelbaren Beschreibung der Art und geografischen Herkunft der beanspruchten Waren bzw. des Gegenstandes der beanspruchten Dienstleistungen. Mithin handle es sich bei der Wortfolge „Thüringer-Taler“ in ihrer Gesamtheit um eine freihaltebedürftige Angabe, die von möglichen Mitbewerbern zur Beschreibung und Bewerbung ihrer Offerte benötigt werde. Zudem fehle dem Anmeldzeichen wegen seines im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalts auch jegliche Unterscheidungskraft. Ausweislich der übersandten Recherchebelege des DPMA sei in bzw. für bestimmte Regionen oder Städte ein als „Taler“ benanntes Zahlungsmittel eingeführt worden - auch als „Regionalwährung“ oder „Komplementärwährung“ bezeichnet -, welches unter anderem den Zweck erfüllen solle, die Wertschöpfung der Region zu behalten. Darüber hinaus seien Taler beliebte Sammelobjekte, Geschenke oder Werbemittel, die mit Motiven aus Thüringen geprägt seien könnten. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen eigne sich das Wortzeichen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis. Die Berufung der Anmelderin auf eine angeblich abweichende Eintragungspraxis von Wortbildungen mit dem Begriff „Taler“ rechtfertige keine andere rechtliche Beurteilung.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 14, vom 23. Mai 2011 aufzuheben.
Zur Begründung beruft sie sich in erster Linie auf verschiedene Voreintragungen mit dem Bestandteil „Taler“, wie beispielsweise „Kieler Taler“, „Schloss Taler“, „Hof-Taler“, „Schwarzwald-Taler“, „Rheinberger Taler“, „Saar Taler“, „Pforzheim Taler“, „Nibelungentaler“ und „Baltentaler“. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 6. Juli 2011, Seite 2, verwiesen. Das Anmeldezeichen erlange – ebenso wie die vorgenannten Marken - gerade durch die Hinzusetzung eines weiteren kennzeichnenden Bestandteils, hier des Wortes „Thüringer“, die erforderliche Unterscheidungskraft. Auch aufgrund der Neuheit der angemeldeten Wortfolge eigne sie sich als individualisierbares Betriebskennzeichen, für das kein Freihaltebedürfnis bestehe. Es existierten keine alten Münzen, die von den angesprochenen Verkehrskreisen als „Taler“ wahrgenommen würden und einen regionalen Bezug zum Freistaat Thüringen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
1. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „Thüringer-Taler“ als Marke steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Wortfolge daher zu Recht die Eintragung versagt.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH MarkenR 2012, 19, Rdnr. 8 - Link economy; GRUR 2010, 1100, Rdnr. 10 - TOOOR!; GRUR 2010, 825, 826, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855, Rdnr. 19, 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
Die angemeldete Wortfolge weist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt bzw. einen engen beschreibenden Bezug auf.
Das Substantiv „Taler“ hat lexikalisch die Bedeutung einer „Silbermünze in Deutschland bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts“ bzw. „Silbermünze im Wert von drei Reichsmark“ (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Im Wortschatzportal der Universität Leipzig lautet die Beschreibung für „Taler“: „altdeutsche Münze, alte Münze, deutsche Münze, ehemalige deutsche Münze“ (vgl. http://wortschatz.uni-leipzig.de). Als Synonym zu „Taler“ wird der Begriff „Geldstück“ verwendet (www.duden.de/recht-schreibung/Taler).
Vor diesem Hintergrund ist den Feststellungen des DPMA zu folgen, wonach der Begriff „Taler“ im heutigen Sprachgebrauch allgemein für (alte) Münzen steht, also losgelöst vom Metall Silber.
Der vorangestellte Begriff „Thüringer“ ist als Adjektiv auf das Substantiv „Taler“ bezogen. Der Freistaat Thüringen ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland. Thüringen weist eine hohe Dichte an Kulturstätten von nationalem und internationalem Rang auf. Zum UNESCO-Welterbe gehören das klassische Weimar, das Bauhaus in Weimar und die Wartburg bei Eisenach. Auch die Landeshauptstadt Erfurt weist mit dem Dom, der Krämerbrücke und der ältesten erhaltenen Synagoge Mitteleuropas bedeutende kulturhistorische Stätten auf (http://de.wikipedia.org/wiki/Thüringen).
Vor diesem Hintergrund kann die angemeldete Wortverbindung „Thüringer-Taler“ in ihrer Gesamtbedeutung von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres als Sachhinweis auf eine (Silber-)Münze verstanden werden, die mit Motiven aus Thüringen, wie beispielsweise einem kartografischen Umriss Thüringens oder bekannten Kulturstätten aus diesem Land, geprägt ist. Bei solchen, mit regionalen Motiven geprägten Münzen handelt es sich allgemeinkundig um beliebte Sammelobjekte, Geschenke oder Werbemittel.
Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klasse 6 „aus unedlen Edelmetallen hergestellte Waren (soweit in Klasse 6 enthalten), insbesondere Barren, Münzen, Medaillen und Wertmarken“ und der Klasse 14 „aus Edelmetallen hergestellte oder damit plattierte Waren (soweit in Klasse 14 enthalten), insbesondere Barren, Münzen, Medaillen und Wertmarken“ beschreibt das Anmeldezeichen die Art der Waren, nämlich dass es sich um Münzen handelt, die mit Motiven aus Thüringen geprägt sind. Dabei steht § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG einer Eintragung des Anmeldezeichens auch dann entgegen, wenn zwar für einen Teil der unter die beanspruchten weiten Oberbegriffe fallende Waren die Unterscheidungskraft zu bejahen wäre, unter diese Oberbegriffe aber auch Waren – wie hier Münzen – zu subsumieren sind, für welche das angemeldete Zeichen nicht unterscheidungskräftig ist (BGH GRUR 2002, 261, 262 Rdnr. 13 f.- AC; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdnr. 82 m. w. N.).
Die weiter beanspruchten Waren in den Klassen 6 und 14, nämlich „unedle Metalle und deren Legierungen“ sowie „Edelmetalle und deren Legierungen“, aus denen Münzen hergestellt werden können, stehen zu diesen in einem funktionalen und damit engen Bezug, so dass sich die Bezeichnung „Thüringer-Taler“ auch insoweit nicht als betrieblicher Herkunftshinweis eignet.
Im Rahmen der in Klasse 36 beanspruchten Dienstleistungen „Geldgeschäfte; Ausgabe von Barren, Münzen, Medaillen, Gutscheinen und Wertmarken“ wird das angesprochene Publikum das Anmeldezeichen wegen der funktionellen Nähe dieser Dienstleistungen zu den Waren, mit denen Geschäfte getätigt werden bzw. die ausgegeben werden sollen, gleichfalls nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern nur als Sachhinweis auf den Gegenstand dieser Dienstleistungen ansehen.
Ob es tatsächlich (alte) Münzen gibt, die vom Publikum als „Taler“ wahrgenommen werden und die einen regionalen Bezug zum Freistaat Thüringen haben, ist hier für die Frage der Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ohne Belang. Es bedarf aus o. g. Gründen auch keiner Klärung, ob das angemeldete Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen zugleich als beschreibender Hinweis auf die geografische Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird.
Der Umstand, dass das Anmeldezeichen angeblich eigens von der Beschwerdeführerin kreiert worden ist, ändert ebenfalls nichts an seiner Schutzunfähigkeit für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Denn auch wenn ein Wortzeichen bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, reicht es aus, dass es in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 97 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 BIOMILD; GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung - etwa syntaktischer oder semantischer Art - hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung seiner schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; GRUR 2006, 229, 239 Rdnr. 29 - BioID; a. a. O. Rdnr. 98 - Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. - BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 28 - SAT 2). Dies gilt um so mehr, als das Publikum daran gewöhnt ist, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Der Durchschnittsverbraucher wird auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BGH GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT; 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; BPatG 26 W (pat) 90/09 - brand broadcasting m. w. N.). So liegt der Fall auch bei der hier angemeldeten, nicht besonders ungewöhnlich gebildeten Wortkombination, bei der ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile nicht besteht.
Schließlich vermag auch die Schreibweise der angemeldeten Wortfolge mit dem zwischen den beiden Begriffen gesetzten Bindestrich deren Schutzfähigkeit nicht zu begründen, da es sich hierbei um ein werbeübliches Gestaltungsmittel handelt.
2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann aus Sicht des Senats dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen freihaltungsbedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.
3. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf Voreintragungen berufen hat, sind diese nicht vergleichbar, da sie größtenteils entweder schon zu lange zurückliegen oder andere Markenbestandteile enthalten bzw. für andere Waren und/oder Dienstleistungen geschützt sind. Zum Teil handelt es sich bei den angeführten Voreintragungen auch um Wort-/Bildmarken, die aufgrund ihrer Grafik eingetragen worden sein können. Im Übrigen ließe sich allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – C-39/08 - Bild digital). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.