Entscheidungsdatum: 19.02.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die international registrierte Marke IR 970 856
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. Februar 2014 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Dorn sowie die Richterin kraft Auftrags Kriener
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Inhaberin der am 13. Juni 2008 international registrierten Wortmarke IR 970 856
EUROFLORIST
begehrt beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Schutzerstreckung auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für die folgenden Waren und Dienstleistungen:
Klasse 31: Natural plants, flowers, flower bulbs, wreaths of natural flowers, dried flowers for decoration;
Klasse 35: Advertising regarding flowers; flower agencies; compilation of assortments of goods and services regarding flowers for other's account to enable costumers to view and purchase these goods and services online; information regarding all services mentioned;
Klasse 44: Flower arrangements, including wreath making.
Mit Beschluss vom 20. August 2012 hat das DPMA, Markenstelle für Klasse 31 IR, den nachgesuchten Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses verweigert.
Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Begriff „EURO“ sei das international geläufige und verwendete Kürzel für „Europa“ und „europäisch“. Das Verständnis des Wortes „Euro“ lasse sich, wie auch zahlreiche Entscheidungen des Bundespatentgerichts zu Wortzusammensetzungen mit EURO zeigten, nicht allein auf die Bezeichnung der europäischen Währung, „den Euro“, reduzieren. Der zweite Wortbestandteil „Florist“ sei die allgemeine Berufsbezeichnung für einen Blumenbinder. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen würden die angesprochenen Verkehrskreise, die Verbraucher und Fachkreise, in der Zusammensetzung „EUROFLORIST“ nur einen allgemeinen Hinweis darauf sehen, dass diese von einem Floristen angeboten und erbracht würden und aus Europa stammten, für Europa bestimmt seien oder nach europäischem Standard angeboten und erbracht würden. Im Vordergrund stehe daher ein beschreibender Sinngehalt. Der fehlende lexikalische Nachweis des Begriffs und die Tatsache, dass die Bezeichnung neu sei, führe angesichts der sprachüblichen Bildung und des ohne Weiteres verständlichen Sinngehalts nicht zur Unterscheidungskraft des Zeichens. Die IR Marke setze sich aus rein beschreibenden Begriffen zusammen und die Zusammensetzung erschöpfe sich in der bloßen Aneinanderreihung der Begriffe ohne Vornahme einer ungewöhnlichen, insbesondere syntaktischen oder semantischen Besonderheit, daher sei auch der Schutzversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der international registrierten Marke. Sie führt aus, die Markenstelle sei von einem falschen Prüfungsmaßstab ausgegangen, an die Unterscheidungskraft seien keine zu hohen Anforderungen zu stellen, so dass auch eine geringe Unterscheidungskraft ausreiche. Die Markenstelle habe sich nicht mit einer Gesamtbetrachtung der Marke auseinandergesetzt. Die Tatsache, dass die einzelnen Bestandteile für sich gesehen nicht schutzfähig seien, reiche für eine Bejahung des Eintragungshindernisses nicht aus, Prüfungsgegenstand sei vielmehr die Gesamtheit der Wortzusammenstellung, die lexikalisch aber nicht nachweisbar sei. Die Bezeichnung „Florist“ werde ausschließlich in Alleinstellung verwendet, damit präge sich den Verbrauchern die Zusammenstellung „EUROFLORIST“ in der Erinnerung als Herkunftshinweis ein und werde zudem angesichts der praktisch bedeutsamen und naheliegenden Verwendung auf Briefbögen, Rechnungen, Broschüren, Flyern usw. auch als Herkunftshinweis wahrgenommen. Für sich gesehen ergebe sich aus dem Markenwort kein Sinngehalt. Es könne kein sinnvoller Satz gebildet werden, in dem die Bezeichnung „EUROFLORIST“ nicht als Herkunftshinweis aufgefasst werde („Ich bestelle bei EUROFLORIST“, „Die Blumenzwiebeln kommen von EUROFLORIST“); ein sinnvoller Aussagegehalt ließe sich erst durch Hinzudenken weiterer dienstleistungsbezogener Wörter wie „der Florist aus Europa“ feststellen. Solche Ergänzungen oder Umgestaltungen des Zeichens seien aber nicht zulässig.
Die Inhaberin der international registrierten Marke und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 31, vom 20. August 2012 aufzuheben und den Schutz der international registrierten Marke auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu erstrecken.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Einem Schutz der international registrierten Marke „EUROFLORIST“ für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach §§ 119, 124, 113, 37 Abs. 1 i. V. m. 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ entgegen.
1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist Unterscheidungskraft die einem Zeichen innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH BlPMZ 2013, 22, Rdnr. 7 – Starsat; MarkenR 2012, 19, Rdnr. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100, Rdnr. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825, 826, Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – TOOOR!). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist das Verständnis der beteiligten inländischen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung: BGH GRUR 2013, 1143 – Aus Akten werden Fakten), wobei auf die Auffassung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Rdnr. 24 – SAT 2; BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2013, 522, Rdnr 11 – Deutschlands schönste Seiten; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 – DeutschlandCard; a. a. O. Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 – Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. Rdnr. 19, 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
a) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft wird die international registrierte Marke „EUROFLORIST“ in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 31, 35 und 44 nicht gerecht. Die jeweils angesprochenen Verkehrskreise werden „EUROFLORIST“ lediglich als den allgemeinen Hinweis auf einen in Europa befindlichen oder europaweit tätigen Floristen wahrnehmen.
Die Wortzusammensetzung besteht aus dem Wortbildungselement „Euro-“ mit der Bedeutung von „Europa betreffend, in Europa befindlich, gültig“ (vgl. Duden online; www.duden.de) und der Berufsbezeichnung für Blumenbinder „Florist“ (vgl. Duden online, a. a. O.). Die Zusammenfügung „EUROFLORIST“ ergibt die ohne Weiteres verständliche Aussage eines in Europa befindlichen, ansässigen oder im europäischen Raum, europaweit tätigen „Floristen“. Ein Verständnis der Vorsilbe „Euro“ als Hinweis auf die europäische Gemeinschaftswährung macht im Rahmen der Begegnung mit dem konkreten Gesamtbegriff, dessen Bedeutung „europäischer Florist“, „europaweit tätiger Florist“ äußerst naheliegend ist, demgegenüber offensichtlich keinen vernünftigen Sinn.
Die Bezeichnung „Euroflorist“ reiht sich bedenkenlos in die zahlreichen auch immer wieder neu entstehenden Sachbegriffe mit dem Präfix „Euro-“ ein. An diese Wortverbindungen sind die deutschen Verbraucher seit langem gewöhnt, beispielhaft seien die Wörter „Eurolotto“ (= europaweit ausgespieltes Lotto), Eurosport (= auf das Gebiet Europas bezogener Sport), Eurobahn (= europaweite Eisenbahn), Europalette (europaweit (= nach Europäischer Norm EN 13968-1 genormte Poolpalette), Eurowood (= europäisches/aus Europa stammendes Holz, vgl. hierzu BPatG, Beschluss vom 9. Juni 2000, 33 W (pat) 6/00), Eurokeramik (= nach europäischen Normen hergestellte oder aus Europa stammende Keramik, vgl. BPatG, Beschluss vom 13. März 2001, 33 W (pat) 193/00), EUROGLAS (= nach europäischen Normen hergestelltes/oder diesen entsprechendes Glas, aus Europa stammendes Glas, vgl. BPatG, Beschluss vom 2. Juli 1997, 28 W (pat) 194/96) genannt.
Im Bereich des Blumenhandels ist der europaweite Versand von und der Handel mit Blumen, Blumengebinden sowie damit zusammenhängenden Geschenken bekanntermaßen gang und gäbe und in einer Zeit, in der sowohl im Arbeits- wie auch im Privatleben zunehmend grenzüberschreitend und international gearbeitet und gelebt wird, für den Blumenhandel wirtschaftlich zunehmend wichtig. Wohnt ein Teil der Angehörigen außerhalb Deutschlands, sind Anbieter, die es ermöglichen, Pflanzen, Blumen, Blumensträuße oder Kränze europaweit zu versenden oder Blumenarrangements durch Kooperation mit örtlichen Anbietern in Deutschland zu bestellen und an einem anderen Ort in Europa auszuliefern, interessant und nachgefragt.
Insoweit werden die angesprochenen Verkehrskreise das Wortzeichen „Euroflorist“ als naheliegenden schlagwortartig verkürzten Hinweis darauf verstehen, dass es sich um einen europaweit die Waren der Klasse 31 versendenden bzw. die Dienstleistungen der Klasse 44 anbietenden Floristen handelt. Damit bezeichnet „Euroflorist“ das geografische Tätigkeitsfeld des Floristen. Die von der Marke im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen der Klassen 31 und 44, die die typischen Waren und Dienstleistungen des Floristen darstellen, angesprochenen Verbraucher sehen darin einen den Kauf und die Inanspruchnahme beeinflussenden wichtigen Umstand, nicht aber einen Herkunftshinweis. Bei solchen bestimmte Vertriebsmodalitäten – europaweites Angebot/Lieferung/Erbringung - betreffenden Bezeichnungen handelt es sich um mittelbar beschreibende Angaben, denen die Eigenschaft, auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen, abzusprechen ist (vgl. hierzu BGH GRUR 2009, 411 (Nr. 13) STREETBALL; GRUR 2007, 1071 (Nr. 25) Kinder II).
Die Dienstleistungen der Klasse 35 richten sich an gewerblich tätige Blumenhändler, die über die deutschen Grenzen hinaus tätig werden wollen. In Bezug auf die „Werbung, Blumen betreffend“ beschreibt „Euroflorist“ den Themenschwerpunkt bzw. die Branche und den geographische Wirkungskreis, für die „Blumenläden“ deren geographischen Schwerpunkt als europaweit agierende Floristen und in Bezug auf „das Zusammenstellen von Blumen u. a. für andere und damit zusammenhängende Dienstleistungen für die Onlinebestellung“ und „Informationen zu diesen Diensten“ beschreibt „Euroflorist“ den Inhalt der Dienstleistungen als solche, die dazu verhelfen, europaweit (auch per Internet) tätig zu werden.
Die schutzsuchende IR Marke enthält mithin lediglich die Sachinformation, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen von Floristen angeboten und erbracht werden, die europaweit agieren, bzw. sich darauf beziehen oder diese zum Inhalt haben. Vor diesem Hintergrund werden die jeweils angesprochenen Verkehrskreise, die Endverbraucher und gewerblichen Blumenhändler, in dem Wort keinen betriebsbezogenen Herkunftshinweis, sondern nur eine beschreibende Sachaussage für die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen entnehmen.
b) Der Hinweis der Markeninhaberin auf die fehlende lexikalische Nachweisbarkeit und vorgebliche mangelnde sprachliche Üblichkeit des Begriffs „EUROFLORIST“ vermag das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nicht zu überwinden. Auch lexikalisch nicht nachweisbare oder sprachunübliche Wortzusammensetzungen erfüllen nicht allein deshalb die Anforderungen an die Unterscheidungskraft (vgl. EuGH GRUR 2006, 229 Tz. 41 – BioID; BGH GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – Antikalk), wenn sie einen beschreibenden Waren- oder Dienstleistungsbezug aufweisen (vgl. EuGH MarkenR 2004,111 – BIOMILD). Dies gilt selbst für den Fall einer sprachunüblichen und/oder neu geschaffenen Begriffsbildung. Im Wege einer Prognose ist im Rahmen der Prüfung vielmehr zu ermitteln, ob der Wortneuschöpfung von Haus aus eine Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren/Dienstleistungen zukommt (ständige Rechtsprechung, vgl. auch Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, § 8 Rdn. 83). Wie bereits festgestellt wurde, hat die Bezeichnung „EUROFLORIST“ einen die Waren und Dienstleistungen beschreibenden Inhalt.
c) Ebenso wenig vermag der Verweis der Markeninhaberin darauf, dass eine herkunftshinweisende Verwendung der Marke auf Briefbögen, Rechnungen Broschüren, Flyern u. ä. denkbar sei, ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Die von der Markeninhaberin hierzu zitierte Rechtsprechung des BGH, der zu Folge eine Schutzfähigkeit zu bejahen ist, wenn der Verkehr eine Bezeichnung zwar bei bestimmten Verwendungsformen als beschreibend auffasst, es aber andere, ebenso naheliegende und übliche Verwendungsformen gibt, bei denen der Verkehr die Bezeichnung als Marke ansieht (vgl. BGH MarkenR 2001, 29, 31 – SWISS ARMY; MarkenR 2010, 389 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; MarkenR 2010, 479 – TOOOR!; MarkenR 2012, 380 - Neuschwanstein), kann in Folge der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht mehr in dieser Form zugrunde gelegt werden (vgl. Bender, MarkenR 2013, 1, 7). Denn in seinem Urteil vom 26. April 2012 (EuGH GRUR 2013, 519, 521 Rz. 54 ff. – Umsäumter Winkel) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die konkrete Prüfung der Schutzfähigkeit eines Zeichens sich allein auf die Verwendung erstreckt, die die prüfende Behörde oder das Gericht mit Hilfe seiner Sachkunde auf dem einschlägigen Waren- und Dienstleistungssektor als die Wahrscheinlichste ansieht; eine Prüfung von möglichen oder naheliegenden anderen Verwendungen ist demgegenüber in Abweichung der oben genannten BGH-Rechtsprechung nicht erforderlich. Im Ergebnis bedeutet dies, dass einem Zeichen die Schutzfähigkeit bereits zu versagen ist, wenn es im Falle seiner - nach Ansicht der Prüfungsbehörde oder des Gerichts – wahrscheinlichsten Verwendungsform vom Verkehr nicht als Marke, sondern nur als Sachangabe aufgefasst wird, auch wenn es daneben möglicherweise auch weitere naheliegende Verwendungsformen gibt, bei denen der Verkehr mit der Kennzeichnung keine Sachangabe verbindet, sondern diese aufgrund dieser anderen Verwendungsweise als Marke ansieht (vgl. hierzu auch Bender, a. a. O.).
Die naheliegendste Verwendungsform der Marke dürfte für die Waren der Klasse 31 das Anbringen auf dem Einpackpapier oder einem Aufkleber zum Verschließen des die Ware umhüllenden Papiers sein, für die Dienstleistungen der Klasse 44 ein Schild am Geschäftseingang der Erbringungsstätte oder die Wiedergabe auf Rechnungen oder Werbebroschüren. Auf den Blumenverpackungen ebenso wie an den Geschäftseingängen, Rechnungen und Broschüren finden sich häufig neben der Adresse, den Hinweisen auf weitere Filialen, die Erreichbarkeit oder die Öffnungszeiten auch solche Sachaussagen, die sich auf besondere Eigenschaften der Waren (beispielsweise auf „fair“ gehandelte Erzeugnisse), sachliche Schwerpunkte (beispielsweise Blumenschmuck für Feiern und Festlichkeiten, Haarschmuck (Brautschmuck)), auf bestehende Kooperationen mit anderen Händlern (beispielsweise Fleurop) oder eben auch einen speziellen Lieferservice (welt- oder europaweit) beziehen.
In Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 35 wird das Zeichen zumeist zusammen mit einem mehr oder weniger ausführlichen Fließtext auf Geschäftspapieren, im Rahmen des Internetauftritts oder an Schildern der Geschäftsgebäude wiedergegeben. Bei diesen wahrscheinlichsten Verwendungsformen beschränken sich die Angaben häufig nicht nur auf die Wiedergabe der Marke der jeweiligen Dienstleistung. Oft sind daneben auch weitere Angaben aufgeführt, die rein beschreibend und nicht kennzeichnend sind, wie etwa Kontakt- und Bankdaten sowie schlagwortartige Hinweise auf die Art des jeweiligen Geschäftsbetriebs, die im Falle der Werbemaßnahmen auch größeren Umfang annehmen können, sowie Tätigkeitsschwerpunkte oder ein besonderes Leistungsspektrum des Dienstleisters. Damit vermag der Verkehr aber mit der hier zu beurteilenden schutzsuchenden Bezeichnung nicht allein schon aufgrund ihrer wahrscheinlichsten Verwendungsform nur die markenmäßige Kennzeichnung der gegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu verbinden; vielmehr kann er die Frage, ob die entsprechende Verwendung der schutzsuchenden Bezeichnung ihm eine Sachangabe über die jeweilige Ware oder Dienstleistung vermittelt oder - was zu ihrer Eintragung als Marke erforderlich wäre - deren Herkunft kennzeichnen soll, nur anhand anderer Kriterien entscheiden. Aus sich heraus wird er der um Schutz in Deutschland nachsuchenden Marke nur die Aussage eines „europaweit tätigen Floristen“, entnehmen.
Wegen dieser in den fraglichen Bereichen üblichen Verbindung bloßer Sachangaben mit markenmäßigen Kennzeichen am selben Ort gibt es für den Verkehr keine Veranlassung, allein aufgrund des Anbringungsortes dort befindliche Angaben stets als Marke und nicht als Sachangabe aufzufassen, da ihm bekannt ist, dass sich dort auch rein beschreibende Angaben finden. Damit lässt sich aufgrund einer solchen Verwendungsform, selbst wenn man sie zu Gunsten der Beschwerdeführerin als die Wahrscheinlichste ansieht, nicht belegen, dass der Verkehr alle Angaben, die ihm dort entgegentreten, nur als Marke und nicht beschreibend verstehen wird.
Angesichts des eindeutigen, ohne Weiteres verständlichen sachlichen Aussagegehalts der Marke dahingehend, dass es sich um einen europaweit agierenden Blumenhändler handelt, liegt es für die angesprochenen Verbraucher eher fern, in „EUROFLORIST“ einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen. Die geltend gemachte markenmäßige Verwendung durch die IR Markeninhaberin hebt die in erster Linie erkennbare sachlich beschreibende Bedeutung der Marke nicht auf.
2. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann aus Sicht des Senats dahinstehen, ob die international registrierte Marke darüber hinaus für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltebedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist.