Entscheidungsdatum: 13.06.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2008 009 650.0
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 13. Juni 2012 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Dorn und den Richter am Amtsgericht Jacobi
beschlossen:
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 7, vom 20. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
I.
Die am 14. Februar 2008 angemeldete Wortmarke
Filterclean puro
ist am 24. September 2008 unter der Nummer 30 2008 009 650.0 für die Waren der
Klasse 1: Aktivkohle, Filterkohle und Filtermaterial (chemische Erzeugnisse)
sowie Microfliesfilter;
Klasse 7: Staubsaugerbeutel;
Klasse 16: Filtermaterialien und -beutel aus Papier
in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 24. Oktober 2008.
Gegen die Eintragung hat die Widersprechende am 3. November 2008 Widerspruch erhoben und zwar
aus der am 11. Juli 2000 für die Waren der Klassen 7, 11 und 16:
Teile und Ersatzteile von Staubsaugern; Staubsaugerfilterbeutel, Staubfilterbeutel, Filterbeutel, Filtersäcke, Staubsäcke aus Papier und/oder Kunststoff und/oder textilem Material; Küchenfilter aus Papier und/oder Kunststoff und/oder textilem Material; Filter für Absauganlagen in Industrie und Haushalt aus Papier und/oder Kunststoff und/oder textilem Material; Kaffeefilter aus Papier und/oder Kunststoff und/oder Metall; Microfilter aus Papier, Kunststoff und textilem Material oder deren Verbindung für Staubsaugergeräte insbesondere als Ersatzteil für Staubsauger zur Luftfilterung als Motor- und Abluftfilter; Microfilter aus Papier, Kunststoff und textilem Material oder deren Verbindung für Absauganlagen in Industrie und Haushalt als Ersatzteil zur Luftfilterung
eingetragenen - in den Farben blau und grün gestalteten - Wort-/Bildmarke DE 300 13 833.4
(im folgenden: Widerspruchsmarke zu 1)
und aus der am 27. Mai 2008 für die Waren der
Klasse 7: Maschinen und Werkzeugmaschinen, insbesondere Staubsauger,
Teile und Ersatzteile für Staubsauger; Staubsaugerfilterbeutel, Staubsaugerbeutel, Staubfilterbeutel, Filterbeutel, Filtersäcke, Staubsäcke,
Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie
nicht in anderen Klassen enthalten sind, insbesondere Verpackungstaschen aus Papier, Müllbeutel aus Papier einschließlich Staubbeutel, Filtermaterialien einschließlich Filter aus Papier für Staubsauger, Papierfilter für Kaffee und Tee, Filter für Küchenabsorber, Briefumschläge und Briefpapier; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist, insbesondere Verpackungsbeutel aus Kunststoff, Müllbeutel aus Kunststoff einschließlich Staubbeutel, Filtermaterialien einschließlich Filter für Staubsauger; Drucklettern; Druckstöcke;
Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall
oder plattiert), insbesondere Filter für den Haushalt, Ansauganlagen für Küchenabsorber; Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind,
eingetragenen Gemeinschafts-Wortmarke EM 4455341 (im folgenden: Widerspruchsmarke zu 2)
„FILTER Clean“.
Das DPMA, Markenstelle für Klasse 7, hat die beiden Widersprüche durch Beschluss vom 20. Juli 2010 mit der Begründung zurückgewiesen, zwischen den streitbefangenen Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Widerspruchsmarken zu 1) und zu 2) besäßen nur eine sehr geringe Kennzeichnungskraft. Es handele sich bei den Worten „Filter Clean“ um beschreibende Angaben, die vom Verbraucher mit der Bedeutung „sauberer Filter" oder „Sauberkeit durch Filter" verstanden würden. Die Worte wiesen den Verbraucher lediglich in anpreisender Weise auf den Zweck der Waren hin. Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Widerspruchsmarken ihre Kennzeichnungsschwäche aufgrund umfangreicher Benutzung überwunden hätten, bestünden nicht. Das angegriffene Zeichen einerseits und die Widerspruchsmarken andererseits seien in ihrem Gesamteindruck allein aufgrund der jeweils abweichenden Bestandteile gut zu unterscheiden. Wegen der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarken könne dem Wortelement des angegriffenen Zeichens „filterclean“ eine selbständig kennzeichnende Stellung nicht zuerkannt werden.
Gegen diesen, der Widersprechenden und Beschwerdeführerin am 26. Juli 2010 zugestellten, Beschluss richtet sich ihre mit zwei Schriftsätzen vom 18. August 2010 eingelegte Beschwerde. Sie argumentiert, aufgrund teilweiser Identität der Waren und der hohen Ähnlichkeit der Zeichen bestehe eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen dem angegriffenen Zeichen und den beiden Widerspruchsmarken. Allein kennzeichnender Bestandteil beider Widerspruchsmarken sei der Wortbestandteil „Filter clean". Die Widerspruchsmarken verfügten originär zumindest über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Auch bei Kenntnis der Bedeutung der Begriffe „FILTER" und „Clean" könne der Verkehr keine klare, umfassende und erschöpfende Zuordnung zu den konkreten Waren der Widerspruchsmarke vornehmen. Aufgrund der intensiven Benutzung der Widerspruchsmarken über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren habe sich ihre Kennzeichnungskraft erhöht. Als Beleg hierfür hat die Widersprechende neben einer eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers L… vom3. Mai 2011 diverse Belege und Unterlagen vorgelegt. Ein Vergleich des allein kennzeichnenden Bestandteils „filterclean" des angegriffenen Zeichens mit den Widerspruchsmarken ergebe jeweils eine klangliche Identität und eine hohe schriftbildliche Ähnlichkeit. Der zweite Bestandteil des angegriffenen Zeichens („puro") habe keine eigenständige Kennzeichnungskraft. Dieser sei lediglich ein üblicher beschreibender Zusatz im Sinne eines puren bzw. reinen Produktes bzw. ein Hinweis darauf, dass sich mit den Waren des angegriffenen Zeichens eine höhere Reinheit erreichen lasse. Im übrigen bestehe zwischen den Zeichen eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, weil der aus den Widerspruchsmarken übernommene Bestandteil in dem angegriffenen Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung erhalten habe und bei den angesprochenen Verkehrskreisen wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils der Eindruck hervorgerufen werde, die so bezeichneten Waren stammten aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 7, vom 20. Juli 2010 aufzuheben und dem Deutschen Patent- und Markenamt aufzugeben, die Marke 30 2008 009 650.0 zu löschen.
Mit Schriftsatz vom 30. August 2011 hat sie ihren ursprünglich hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens und Beschwerdegegnerin hat im gerichtlichen Verfahren keinen Sachantrag gestellt. Im Verfahren vor dem Amt hat sie argumentiert, die Wortfolge „Filterclean“ sei rein beschreibend und damit nicht prägend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Da nur ein Verfahrensbeteiligter gegen einen Beschluss des DPMA vorgeht, handelt es sich der Sache nach um lediglich eine Beschwerde, auch wenn die Widersprechende ihre Beschwerde durch zwei getrennte Beschwerdeschriftsätze anhängig gemacht hat (vgl. Knoll, in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, 2012, § 66 Rdnr. 47).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zwischen dem angegriffenen Zeichen einerseits und den beiden Widerspruchsmarken andererseits besteht aus Rechtsgründen keine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 125 b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1 und 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICA-RO/PICASSO; BGH GRUR 2011, 824, Rdnr. 19 - Kappa; GRUR 2010, 833, Rdnr. 12 - Malteserkreuz lI; GRUR 2010, 235, Rdnr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, 486, Rdnr. 23 - Metrobus; GRUR 2008, 906 - Pantohexal; GRUR 2008, 258, 260, Rdnr. 20 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 903, Rdnr. 10 - SIERRA ANTIGUO). |
1. Selbst bei Zugrundelegung identischer Waren und Anwendung nur durchschnittlicher Sorgfalt seitens der angesprochenen Verkehrskreise ist eine Verwechslungsgefahr zwischen dem angegriffenen Zeichen und der Widerspruchsmarke zu 1) zu verneinen. |
Die Widersprechende musste eine Benutzung ihrer zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung des angegriffenen Zeichens am 24. Oktober 2008 bereits länger als fünf Jahre eingetragenen Widerspruchsmarke zu 1) nach § 43 Abs. 1 MarkenG nicht glaubhaft machen, denn die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat die Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1) nicht - auch nicht konkludent - bestritten. |
Der maßgebliche Durchschnittsverbraucher wird der in der Wort-/Bildmarke enthaltenen Wortkombination „filter clean“ im Zusammenhang mit „Staubsaugerbeuteln“ bzw. „Filtermaterialien und -beuteln aus Papier“ im wesentlichen einen schlagwortartigen Sachhinweis auf die Bestimmung dieser Waren entnehmen.
Das Wort „Filter“ bezeichnet in der deutschen Sprache durchlässiges Material (verschiedener Art), das zum Filtern von flüssigen oder gasförmigen Stoffen verwendet wird (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 - CD-ROM). In der gleichen Weise wird das Wort „filter“ auch in der englischen Sprache verwendet. Der Begriff „clean“ gehört mit der Bedeutung „sauber“ bzw. „rein“ zu dem auch für den deutschen Durchschnittsverbraucher verständlichen Grundwortschatz der englischen Sprache (Langenscheidts Großwörterbuch Englisch-Deutsch 2010).
Im Zusammenhang mit „Staubsaugerbeuteln“, die Schmutz aus der angesaugten Luft filtern und sammeln, bzw. „Filtermaterialien und -beuteln aus Papier“ ergibt sich hieraus der Hinweis auf den Zweck dieser Waren, nämlich eine filterreine Säuberung. Gerade im Zusammenhang mit Filtern, Filterbeuteln und Staubsaugerzubehör ist die Filterreinheit ein wesentliches Merkmal (vgl. auch BPatG 33 W (pat) 59/10 - filterclean plus, juris).
Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist von einer beschreibenden Angabe nicht nur dann auszugehen, wenn eine Eigenschaft der Ware selbst beschrieben wird, sondern es genügt, wenn ihre Bestimmung, d. h. ihr Verwendungszweck näher bezeichnet wird. Es kommt daher nicht darauf an, dass der „Staubsaugerbeutel“ oder „Filter“ selbst nicht „filterrein“ ist. Vielmehr genügt es, dass durch das verwendete Zeichen darauf hingewiesen wird, dass der Staubsaugerbeutel oder Filter dazu dient, die diesen durchströmende Luft „filterrein“ zu filtern (BPatG a. a. O. - filterclean plus).
Die im Wesentlichen werbeübliche graphische Gestaltung vermag die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1) nur geringfügig zu erhöhen, so dass im Ergebnis gerade noch von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen ist.
Eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1) vermochte die Widersprechende nicht glaubhaft zu machen.
Eine Erhöhung der originären Kennzeichnungskraft kann Marken zuerkannt werden, die intensiv benutzt werden und infolgedessen eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit erlangt haben (EuGH GRUR 2005, 763 - Nestlé; BGH GRUR 2003, 1040 - Kinder).
Die von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen in Form von Katalogauszügen, Werbeanzeigen und Fotos belegen jedoch nur, dass eine Benutzung stattgefunden hat, erlauben jedoch keine Feststellung über den Umfang, in dem Absatzgeschäfte getätigt wurden, weil Angaben zu den Auflagen der Werbe- und Informationsmaterialien oder zu regionaler Verbreitung fehlen. Die vorgelegten Bestätigungen einzelner (auch Konkurrenz-) Unternehmen und Verbände geben ebenfalls keinen Gesamteindruck über die Bekanntheit der Marke in Fachkreisen oder bei Endverbrauchern, da es sich lediglich um stichprobenartige Aussagen handelt, die einen gesicherten Nachweis durch Marktübersicht mit Angabe des Marktanteils oder durch Verkehrsbefragung (EuGH a. a. O. - Lloyd Schuhfabrik; BGH GRUR 2007, 1071, Rdnr. 27 - Kinder II) nicht ersetzen können. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden vom 3. Mai 2011 enthält ebenfalls keine hinreichend konkreten Angaben über den Umsatz und die Verbreitung der Widerspruchsmarke zu 1). Es fehlt ein nachvollziehbarer Beleg für die Behauptung, dass die Widersprechende nach der Melitta-Gruppe eine der bekanntesten Herstellerinnen von Staubsaugerfilterbeuteln in Deutschland ist. Auch die als Anlage zur eidesstattlichen Versicherung eingereichte Übersicht (überschrieben mit „Basis: Abrechnung lt. Verpackungsverordnung“) reicht als Beleg für eine gesteigerte Bekanntheit der Widerspruchsmarken nicht aus, zumal diese auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, für welche der beiden Widerspruchsmarken die Umsatzzahlen gelten sollen. Die aus der Tabelle ersichtlichen Zahlen sind auch nicht geeignet, eine erhöhte Verkehrsbekanntheit zu belegen, weil diese keine Feststellung über die Marktstellung der mit den Widerspruchsmarken vertriebenen Waren im Vergleich zu Mitbewerbern erlauben.
(3) Die Widerspruchsmarke zu 1) und das angegriffene Zeichen unterscheiden sich zur Verneinung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr ausreichend deutlich voneinander. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht deshalb nicht. |
Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdnr. 53 - Henkel; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (EuGH GRUR 2006, 413, Rdnr. 21 - ZIRH/SIR; BGH WRP 1999, 192 (194) - PATRIC LION/Lions; MarkenR 2008, 393, 395, Rdnr. 21 - HEITEC; BGH GRUR 2011, 824 - Kappa/KAPPA; GRUR 2006, 60, Rdnr. 17 - coccodrillo).
(a) In (schrift-)bildlicher Hinsicht können beide Marken auf Anhieb sicher auseinandergehalten werden. Der nur in dem angegriffenen Zeichen enthaltene Bestandteil „puro“ findet in der Widerspruchsmarke zu 1) keine Entsprechung. Auch die - beim angegriffenen Zeichen nicht vorhandenen - Bildbestandteile der Widerspruchsmarke zu 1) können bei der Beurteilung von optischen Ähnlichkeiten nicht unberücksichtigt bleiben, da sie in ihrer Gesamtheit zur Kennzeichnungskraft der Marke beitragen. Insofern bleiben sie in der Erinnerung der Verkehrsteilnehmer und wirken bildlichen Verwechslungen zusätzlich entgegen (vgl. BGH GRUR 2008, 254, 257, Rdnr. 36 – THE HOME STORE; a. a. O. - SIERRA ANTIGUO). Eine Verwechslungsgefahr in (schrift-)bildlicher Hinsicht ist daher zu verneinen.
(b) Bei der Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr ist zunächst davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Widerspruchsmarke zu 1) nach ihrem Wortbestandteil als einfachster Bezeichnungsform, also mit „FILTER Clean“ benennen werden (vgl. u. a. BGH a. a. O., 905, Rdnr. 25 – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2006, 859, 862, Rdnr. 29 – Malteserkreuz I), so dass vorliegend graphische Unterschiede der Marken unberücksichtigt bleiben können.
Vergleicht man die Widerspruchsmarke zu 1) mit dem angegriffenen Zeichen „filterclean puro“ in einer Gesamtschau, führt das nur in dem angegriffenen Zeichen enthaltene Wort „puro“ zu einem deutlich anderen Sprech- und Betonungsrhythmus: die Silbenzahl (auf der einen Seite: fünf Silben, nämlich „fil-ter-clean-pu-ro“; auf der anderen Seite: drei Silben, nämlich „fil-ter-clean“) und die Vokalfolge (i-e-i-u-o gegenüber i-e-i) unterscheiden sich.
Eine klangliche Verwechslungsgefahr kommt auch nicht mit der Erwägung in Betracht, dass der in beiden Marken identisch enthaltene Bestandteil „FILTER Clean" bzw. „filterclean“ eine kollisionsbegründende Stellung einnehmen würde.
Denn dieser Bestandteil weist keine das angegriffene Zeichen prägende Funktion auf, weil das Wortelement „filterclean“ in dem angegriffenen Zeichen für die angesprochenen Verkehrskreise nicht in einer Weise zurücktritt, dass es für den Gesamteindruck vernachlässigt werden kann.
Die gemeinsamen Wortelemente „Filter“ und „clean“ prägen das angegriffene Zeichen nicht, weil der Begriff „filterclean“ mit der Bedeutung „filterrein“ geeignet ist, ein Merkmal der maßgeblichen Waren zu beschreiben. Derartige beschreibende Angaben können ein Zeichen mangels Unterscheidungskraft in der Regel nicht prägen, weil ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich eine inhaltliche Sachaussage entnehmen werden, ohne darin ein Warenzeichen zu erkennen, das auf die Herkunft des Produkts hinweist (vgl. BGH a. a. O., Rdnr. 36 f. - Kinder II). Dabei kann für die Kennzeichnungsschwäche bereits die Anlehnung an einen beschreibenden Begriff genügen (BGH a. a. O. - Kinder). Das beschreibende Element „filterclean“ wird für den Durchschnittsverbraucher auch nicht dadurch zum prägenden Bestandteil des angegriffenen Zeichens, dass auch der zweite Bestandteil „puro" kennzeichnungsschwach ist. Der Senat stimmt insoweit mit der Auffassung der Widersprechenden überein, dass es sich hierbei lediglich um einen üblichen beschreibenden Zusatz im Sinne eines puren bzw. reinen Produktes handelt. Das Adjektiv „puro“ hat in der italienischen, spanischen und portugiesischen Sprache die Bedeutung „pur", „rein" bzw. „sauber“ (vgl. www.pons.de). Das Wort ähnelt sehr stark dem deutschen Wort „pur“ im Sinn von „rein, unverfälscht“ (Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Auflage Mannheim 2007). Diese Begriffe werden in der Werbung gleichermaßen zur Anpreisung von Waren oder Dienstleistungen verwendet, wie sich aus den Anlagen zum Schreiben des Senats an die Verfahrensbeteiligten vom 3. Mai 2012 ergibt, z. B. für Filter für Aquarien (AQUA PUR JUNIOR), für die Dienstleistung einer Veranstaltungsagentur als Hinweis auf ein „unmittelbares“ Erlebnis (www.puroberlin.de), in der Lebensmittelindustrie für reine Produkte (z. B. google-Suche: Joghurt „pur“) oder auch in der Telekommunikationsbranche für ein besonders einfaches Produkt („T-Home Entertain PUR bestellbar – Telefonanschluss & Fernsehen Tarif“).
Hieraus ergibt sich, dass der angemessen informierte und verständige Durchschnittsverbraucher in Deutschland „puro" als üblichen beschreibenden Zusatz zu der beschreibenden Angabe „filterclean“, hier also als Hinweis auf eine Verbesserung in dem Sinne versteht, dass sich mit den so („filterclean puro“) gekennzeichneten „Staubsaugerbeuteln bzw. Filtermaterialien und -beuteln aus Papier“ eine besonders „reine“ „Filterreinheit“ oder Sauberkeit durch Filterung herstellen läßt.
Es bleibt deshalb bei einem Gleichgewicht der Zeichenelemente und demnach bei dem allgemeinen Grundsatz, dass das Zeichen nach seinem Gesamteindruck zum Vergleich heranzuziehen ist (BGH a. a. O. - SIERRA ANTIGUO; Hacker, in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 326 f.).
a) Begrifflich scheidet eine Verwechslungsgefahr aus, da das zusätzliche Wort im angegriffenen Zeichen „puro“ in der Widerspruchsmarke zu 1) keine Entsprechung findet.
b) Eine mittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der Widerspruchsmarke zu 1) und dem angegriffenen Zeichen unter dem Gesichtspunkt der Markenusurpation ist zu verneinen.
Eine solche wird angenommen, wenn ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH a. a. O., Rdnr. 31 -THOMSON LIFE; BGH GRUR 2010, 646, Rdnr. 15 - OFFROAD; a. a. O., Rdnr. 20 - Malteserkreuz II; a. a. O., Rdnr. 33 - INTERCONNECT/T-InterConnect; a. a. O., Rdnr. 18 - Malteserkreuz I).
Bereits der beschreibende Charakter des vom angegriffenen Zeichen übernommenen Wortelements „filterclean“ steht der Anwendung dieser Rechtsfigur entgegen. Es fehlt auch an der identischen bzw. sehr ähnlichen Übernahme (Hacker, in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 416) sämtlicher Zeichenelemente der Widerspruchsmarke zu 1): das angegriffene Zeichen enthält im Gegensatz zur Widerspruchsmarke keine graphische Gestaltung. „Puro“ ist auch kein Unternehmenskennzeichen der Inhaberin des angegriffenen Zeichens oder als Stammbestandteil einer Markenserie der Inhaberin des angegriffenen Zeichens bekannt.
Die angesprochenen Verkehrskreise werden also nicht glauben, dass die mit dem angegriffenen Zeichen gekennzeichneten Waren von einem Unternehmen stammen, das mit der Inhaberin der Widerspruchsmarke zu 1) wirtschaftlich verbunden ist.
c) Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens ist ebenfalls zu verneinen. Diese greift unter dem Begriff des gedanklichen Inverbindungbringens der jüngeren mit der älteren Marke dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet (BGH a. a. O. - Kinder II).
Nahezu schutzunfähige Bestandteile der Widerspruchsmarke zu 1), wie hier die Worte: „filter clean“, taugen mangels herkunftsindividualisierenden Gehalts grundsätzlich nicht als Serienstammbestandteil.
d) Besondere Umstände, aus denen eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne hergeleitet werden könnte, sind nicht ersichtlich. Ausschließlich assoziative Gedankenverbindungen, die zwar zu behindernden, rufausbeutenden oder verwässernden Wirkungen, nicht jedoch zu eigentlichen Herkunftsverwechslungen führen, reichen für die Annahme einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr nicht aus (EuGH GRUR 1998, 387, 389, Rdnr. 18 -Sabel/Puma; BGH GRUR 2002, 544, 547 - BANK 24; GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeyChem).
2. Hinsichtlich der Widerspruchsmarke zu 2), der Wortmarke „Filter Clean“, kommt die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr auch bei Zugrundelegung identischer Waren schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 2) wegen der fehlenden graphischen Gestaltung unterdurchschnittlich ist und ihr Schutzumfang gegenüber der Widerspruchsmarke zu 1) noch geringer ausfällt.
Ebenso scheitert die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr bzw. einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn aus den gleichen Gründen wie bei der Widerspruchsmarke zu 1).
3. Soweit die Widersprechende den Antrag gestellt hat, J… nach § 81 Abs. 3 MarkenG als Bevollmächtigten der Inhaberin des angegriffenen Zeichens auszuschließen, konnte eine Entscheidung des Senats wegen fehlender rechtlicher Relevanz der Erklärungen des möglicherweise nicht vertretungsbefugten Vertreters unterbleiben.