Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 21.09.2015


BPatG 21.09.2015 - 28 W (pat) 561/12

Markenbeschwerdeverfahren – "CTX" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
21.09.2015
Aktenzeichen:
28 W (pat) 561/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 036 032.4

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 21. September 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Friehe und der Richterinnen Dorn und Uhlmann

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. Juni 2012 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Buchstabenfolge

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CTX

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ist am 4. Juli 2011 zur Registereintragung als Marke bei dem Deutschen Patent- und Markenamt für die Waren der

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Klasse 12: „Fahrräder, Fahrradteile und Fahrradzubehör, soweit in Klasse 12 enthalten“

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angemeldet worden.

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Mit Beschluss vom 18. Juni 2012 hat die Markenstelle für Klasse 12 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Buchstabenfolge CTX stelle die aus dem Technikbereich gängige Abkürzung für „Continously Variable Transaxle“, den Fachbegriff für eine „stufenlose Getriebeautomatik“ dar. Als stufenloses Getriebe werde ein gleichförmiges Getriebe bezeichnet, das durch eine stufenlos einstellbare Übersetzung gekennzeichnet sei. Ein solches Getriebe eigne sich für jede Art von Fahrrädern. Die amerikanische Firma F… arbeite seit Jahren erfolgreich mit dieser Technologie, die von ihrem Grundprinzip auf Skizzen von Leonardo Da Vinci zurückzuverfolgen sei. In dieser Bedeutung habe die Buchstabenfolge einen unmittelbar beschreibenden Charakter für die beanspruchten Waren. Entsprechend werde die Buchstabenfolge auch im Alltag benutzt und sei ein häufig verwendeter Bestandteil in Fahrradbezeichnungen.

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Gegen diesen ihr am 21. Juni 2012 zugestellten Beschluss wendet sich die am Montag, den 23. Juli 2012 eingegangene Beschwerde der Anmelderin. Sie hat die Beschwerde nicht begründet. Im Amtsverfahren hat sie vorgetragen, die Buchstabenfolge sei keine gebräuchliche Abkürzung. „Continously variable Transmission“ werde CVT abgekürzt. Bei der Bezeichnung CTX für einen Fahrzeugtyp der Marke Ford Fiesta CTX handele es sich um eine Typenbezeichnung und damit um eine markenmäßige Benutzung für ein Fahrzeug mit einem CVT-Getriebe. Für Fahrradgetriebe und –schaltungen sei der Begriff ebenfalls nicht üblich. Mangels einer beschreibenden Bedeutung bestehe auch kein Freihaltebedürfnis. CTX sei für motorbetriebene Landfahrzeuge zudem schon durch die Gemeinschaftsmarke 6738806 der G… LLG monopolisiert, deshalb könne ein Freihaltebedürfnis ohnehin nicht mehr bestehen.

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Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß den Antrag,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 18. Juni 2012 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der angegriffene Beschluss war aufzuheben, da der Anmeldung für die verfahrensgegenständlichen Waren kein Schutzhindernis gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 MarkenG entgegensteht. Insbesondere stellt das Anmeldezeichen CTX für die verfahrensgegenständlichen Waren weder eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar noch fehlt ihm jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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1. Ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann an der Buchstabenfolge CTX für Fahrräder, Fahrradteile und Fahrradzubehör soweit in Klasse 12 enthalten nicht festgestellt werden. Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Ein schutzhinderndes Freihalteinteresse kann sich dabei auch auf Buchstaben als Abkürzungen von Art- oder Beschaffenheitsangaben erstrecken. Schutzunfähig sind insofern Abkürzungen, die im Verkehr als solche gebräuchlich oder aus sich heraus verständlich sind sowie von den beteiligten Verkehrskreisen ohne Weiteres der betreffenden Beschaffenheitsangabe gleichgesetzt und insoweit beschreibend verstanden werden können (vgl. EuGH GRUR 2006, 229 Nr. 70 - BioID; GRUR Int. 2004, 328, 330 Nr. 31 - 34 - TDI). Das ist vorliegend nicht der Fall.

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Im allgemeinen Sprachgebrauch kommt der Buchstabenfolge CTX keine Bedeutung als Abkürzung zu. Im fachsprachlichen Bereich wird CTX zwar als Abkürzung für Fachbegriffe in unterschiedlichen Bereichen von Medizin und Technik benutzt. In der Medizin steht CTX unter anderem für „Beta-Crosslaps“, einen Marker für erhöhten Knochenabbau. In der Datenverarbeitung wird die Buchstabenfolge in Kleinschreibung als Abkürzung für „Context“ verwendet.

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Im Bereich des Fahrradbaus hat die Buchstabenfolge dagegen nach dem Ergebnis der Recherche des Senats keine beschreibende Bedeutung. Hier ist sie lediglich - wie in vielen anderen Produktbereichen auch - eine beliebte Produktreihenbezeichnung, ohne dass eine Bedeutung als Abkürzung einer Sachangabe für das jeweilige Produkt feststellbar ist. Die von der Markenstelle aufgeführte Serienbezeichnung CTX der Fahrradmarke Sloope hat keinerlei sachbeschreibenden Hintergrund, sondern erklärt sich aus der alphabetischen Bildung des Serienreihe (ATX, BTX, CTX).

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Allerdings hat die Markenstelle zutreffend festgestellt, dass ein von der Firma F…  im Jahr 1983 vorgestelltes und in der Folgezeit in der Pkw-Reihe F…  verwendetes Pkw-Automatik-Getriebe als CTX-Getriebe bezeichnet wird mit dem Hinweis, dass CTX für „Continouos variable Transaxle“ steht. Die Bezeichnung findet nach den Recherchen des Senats allerdings ausschließlich für die Automatikgetriebe der Firma F… Verwendung, während der allgemeine Fachbegriff für stufenlose Getriebe „Continously variable transmission“ (CVT) ist.

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Zwar werden auch im Fahrradbau stufenlose Getriebe verwendet, die mit CVT sachbeschreibend abgekürzt werden. Mit CTX bezeichnete Getriebe kommen jedoch hier nicht zum Einsatz und es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dies in Zukunft der Fall sein könnte. Ein Freihaltebedürfnis an der Buchstabenfolge besteht deshalb im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren nicht.

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2. Da eine aus sich heraus beschreibende Bedeutung der Buchstabenfolge CTX nicht festgestellt werden kann, besteht auch keine Grundlage für die Annahme, dass dieses Zeichen für die beanspruchten Waren jeder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entbehrt. Der Umstand, das die Buchstabenfolge CTX eine beliebte Serienbezeichnung für unterschiedlichste Warengruppen darstellt, ohne einen Sachbezug zu diesen Waren aufzuweisen (z. B. CTX-Baureihe Universaldrehmaschinen von DMG Mori, ScanPan CTX Bratpfanne, K2 Cinch CTX Snowboard-Bindung, Uno Fitness Crosstrainer CTX 3000, Shin Yo 12 V 10AhCTX 12 BS Motorrad Bleiakku, CREATIX CTX948 PCI Analog Receiver, CTX SP.80701.001 Beamer-Ersatzlampe, Sloope CTX Fahrräder), genügt für sich allein nicht, um der Buchstabenfolge jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen.

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Daher war der angegriffene Beschluss aufzuheben.