Entscheidungsdatum: 07.04.2010
In der Beschwerdesache
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betreffend die international registrierte Marke 914 544
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Markeninhaberin hat für die als Kennzeichnung für die Waren der Klasse 14 „Watches“ international registrierte Marke
JET SET
Schutz in der Bundesrepublik Deutschland beantragt.
Die Markenstelle für Klasse 14 IR hat der IR-Marke den Schutz mit der Begründung verweigert, ihr fehle für die beanspruchten Waren die Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Bei „JET SET“ handele es sich um eine im Deutschen gebräuchliche Bezeichnung für eine wohlhabende, internationale Gesellschaftsschicht, die im Zusammenhang mit Uhren vom Verkehr als Hinweis auf einen exklusiven Abnehmerkreis der Waren oder als Werbeaussage und somit rein sachbezogen aufgefasst werde. Ein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen werde in dieser Bezeichnung dagegen nicht gesehen.
Gegen die Schutzverweigerung hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor, es handele sich nicht um eine in der deutschen Sprache gebräuchliche Bezeichnung. Die Schutzversagung sei lediglich mit zwei lexikalischen Fundstellen belegt, die an gleicher Stelle jeweils weitere Begriffe enthielten, bei denen ernste Zweifel bestünden, ob die beteiligten Verkehrskreise diese Begriffe kennen würden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern dem Begriff die notwendige Unterscheidungskraft fehle.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist nicht begründet.
Die Markenstelle hat der IR-Marke zu Recht den Schutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. §§ 107, 113 MarkenG verweigert.
Unterscheidungskraft i. S. v § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie dadurch für die angesprochenen Verbraucher von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidbar macht (vgl. EuGH MarkenR 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – Maglite; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006). Diese Herkunftsfunktion von Marken ist nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen. Ergeben die in der Schutzfähigkeitsprüfung zu treffenden Feststellungen nicht den Nachweis, dass ein angemeldetes Zeichen die konkrete Eignung zur Herkunftsfunktion aufweist, widerspricht ihre Eintragung der in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG normierten Zielsetzung, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigen Monopolen zu schützen. So verhält es sich im vorliegenden Fall.
Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Begriff „Jet Set“ um eine im Deutschen gängige Bezeichnung für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe, die finanziell gut abgesichert es sich leisten kann, in der Welt „herumzujetten“, um immer dort zu sein, wo sich die Reichen und Schönen der Welt treffen. Das „Jet Set“ füllt bekanntermaßen je nach Jahreszeit nicht nur die einschlägigen Urlaubsstrände in aller Welt oder die gerade angesagten Skipisten, sondern speist in erster Linie die zahlreichen bunten Blätter und Lifestyle- Magazine, die mit aufregenden Berichten über das ständig zwischen den schönsten Plätzen der Welt wechselnde Leben der Stars aus Film, Business und Adel ihre Seiten füllen. Vor diesem Hintergrund weist „JET SET“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Uhren daher lediglich darauf hin, dass diese besonders für Mitglieder des Jet Sets geeignet und bestimmt sind, etwa weil sie mehrere Zeitzonen gleichzeitig anzeigen können. Zurecht hat die Markenstelle auch ausgeführt, dass der Begriff „Jet Set“ als werbeübliche Aussage dient, um das exklusive Flair, das mit dieser gesellschaftlichen Gruppe verbunden wird, auf die so gekennzeichnete Ware zu übertragen und so die Kaufentscheidung der Verbraucher positiv zu beeinflussen. In jedem Fall erschöpft sich die schutzsuchende Marke aber in einer rein sachbezogenen Aussage, so dass es ausgeschlossen ist, dass der Verkehr hierin einen im Vordergrund stehenden betriebskennzeichnenden Hinweis erkennt.
Soweit die Markeninhaberin meint, den beteiligten Verkehrskreisen sei die Bedeutung des Begriffs „Jet Set“ nicht bekannt, kann dies nicht überzeugen. Sie stellt damit nicht in Abrede, dass der beanspruchte Begriff in den genannten Lexika enthalten ist, ebenso wenig wie im Fall des „DUDEN Deutsches Universalwörterbuch“ dessen Eignung als allgemein zugängliches Wörterbuch. Dass es in Nachschlagewerken Begriffe und Wörter gibt, deren Bedeutung sich nicht sofort und für jedermann erschließt, liegt in der Natur der Sache und spricht daher nicht gegen die Eignung eines Sprachlexikons als Nachweis von Sprachüblichkeit und Gebräuchlichkeit eines bestimmten Ausdrucks im jeweiligen Sprachraum. Die Feststellungen der Markenstelle in den angefochtenen Beschlüssen sind aus Rechtsgründen daher nicht zu beanstanden. Was die Geläufigkeit der Bezeichnung im deutschen Sprachraum angeht, werden sie im Übrigen durch die Entscheidung des Österreichischen Patentamts gestützt, das der Marke ebenfalls mangels Unterscheidungskraft den Schutz verweigert hat, da „JET SET“ vom Verkehr als bloßer Hinweis auf den Abnehmerkreis der Waren aufgefasst werde (vgl. http://www. wipo.int/romarin/detail).
Ebenso begründet der Hinweis der Markeninhaberin auf die Voreintragung der als Bildmarke (!) registrierten CTM-Marke oder der identischen IR-Marke kein anderes Prüfungsergebnis. Sowohl der EuGH als auch der BGH haben immer wieder bestätigt, dass Voreintragungen generell keine Bindungswirkung zukommen kann, sondern stattdessen ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Eintragungshindernisse zu entscheiden ist (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201, 202, Rdn. 13-19 – Schwabenpost; EuGH MarkenR 2004, 116, 122 f., Rdn. 63 – Henkel; BGH GRUR 2004, 506, 507 – Stabtaschenlampen II; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – Willkommen im Leben). Dies gilt sogar selbst für den Fall, dass ein identisches Zeichen für denselben Anmelder schon einmal eingetragen wurde, wie dies der BGH hervorgehoben hat (vgl. BGH GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – STREETBALL ). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, ist lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls mit einzubeziehen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen mit einbezogen, ohne dass sich hieraus schutzbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten.
Der schutzsuchenden IR-Marke fehlt daher die Eignung, die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten, zu erfüllen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Ob der Eintragung der Marke auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann bei dieser Sachlage unerörtert bleiben.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Die vorliegende Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem eine mündliche Verhandlung von der Anmelderin nicht beantragt wurde und auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich gewesen wäre (§ 69 MarkenG).