Entscheidungsdatum: 16.02.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 307 80 949. 8
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 16. Februar 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Klante, der Richterin Martens und des Richters Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Angemeldet als sonstige Markenform ist die nachfolgend wiedergegebene, von der Anmelderin als „bestimmte geometrische Struktur mit einer goldenen Farbgebung“ bezeichnete Marke
für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 12
„Fahrzeuge und deren Teile, soweit in Klasse 12 enthalten.“
Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die aus einer goldfarbenen Struktur bestehende angemeldete Marke stelle sich lediglich als dekoratives bzw. funktionellen Zwecken dienendes Farbmuster dar, dem jegliche markenrechtliche Unterscheidungskraft fehle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, im vorliegenden Fall handle es sich bei der angemeldeten Marke um keine Farbmarke, sondern um die ausschnittsartige Wiedergabe einer ungewöhnlichen Oberflächenstruktur, die eine goldene Farbgebung und weitere warenuntypische Merkmale aufweise. Die gewählte Gestaltung sei gerade nicht lediglich dekorativer Natur und hebe sich deutlich von der gebräuchlichen Gestaltungsvielfalt auf dem hier maßgeblichen Warengebiet ab. Die auffällige Struktur der Marke könne nicht durch bloßes Lackieren eines Fahrzeugs hergestellt werden, sondern erfordere ein aufwendiges, erstmals und ausschließlich von der Anmelderin für einen solchen Zweck eingesetztes Produktionsverfahren, in dem mehrere tausend Goldblättchen auf die Karosserie aufgebracht würden. Dieser Gestaltung komme ein hoher Wiedererkennungswert zu und werde aufgrund der besonderen Oberflächenstruktur vom Verkehr als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren angesehen.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 12, vom 22. April 2010 aufzuheben,
hilfsweise die Marke mit dem Disclaimer
„Es wird kein Schutz beansprucht für die Farbe Gold“
einzutragen.
Nach Zustellung der Terminsladung hat die Markeninhaberin ihren Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen und beantragt, über die Beschwerde im schriftlichen Verfahren zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn der Eintragung der Marke steht bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 – Libertel). Auch wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung die „Multifunktionalität“ von Marken durchaus anerkennt, ist die Herkunftsfunktion von Marken nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE). Die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind zwar für alle Markenarten dieselben, die höchstrichterliche Rechtsprechung betont aber im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Kriterien immer wieder, dass nicht notwendig jede Markenkategorie von den maßgeblichen Verkehrskreisen in der gleichen Weise wahrgenommen wird und es aus diesem Grund schwieriger sein kann, die Unterscheidungskraft von Marken bestimmter Kategorien nachzuweisen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das fragliche Zeichen mit dem äußeren Erscheinungsbild der Ware übereinstimmt, für die es angemeldet worden ist, wie dies der EuGH etwa im Hinblick auf das Muster einer Oberflächengestaltung festgestellt hat (vgl. EuGH MarkenR 2004, 449, 450, Rdn. 22 ff. – Glaverbel).
Eine solche Form von Produktdesign ist im vorliegenden Fall gegeben, denn dass es sich bei der angemeldeten Marke um ein auf die beanspruchten Waren aufzubringendes Oberflächenmuster bzw. eine entsprechende Struktur handelt, hat die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung selbst bestätigt. Die für den Gesamteindruck des angegriffenen Zeichens maßgeblichen Merkmale sind dabei in der goldfarbenen Einfärbung sowie in der nahezu quadratischen Strukturierung des Musters zu sehen. Damit erschöpft sich die vorliegend angemeldete Oberflächenstruktur jedoch in der bloßen Kombination von Merkmalen, die der angesprochene Verkehr ausschließlich unter dekorativen bzw. ästhetischen Gesichtspunkten betrachtet und die auch in ihrer Gesamtheit nur in diesem Sinne und nicht als Herkunftshinweis aufgefasst werden. Der einschlägige Fahrzeugsektor ist durch eine unüberschaubare Vielfalt an Gestaltungsvarianten von Oberflächengestaltungen geprägt. Hintergrund hierfür sind nicht zuletzt die Anforderungen vieler Kunden an eine möglichst individuelle, den eigenen Vorstellungen entsprechende „Wunschgestaltung“ ihres Fahrzeuges. Die kundenspezifische Veredelung bzw. das Tunen von Fahrzeugen hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass dem Verkehr eine große Anzahl von Oberflächenvarianten der hier beanspruchten Produkte bekannt geworden ist. Dies gilt nicht nur für Fahrzeuge, sondern ebenso für ihre Teile, deren optische Gestaltung für entsprechend interessierte Verkehrskreise ebenfalls von erheblicher Relevanz sein können. Auch goldfarbene Oberflächengestaltungen sind hier nicht ungebräuchlich, wie der Senat der Anmelderin in einem gerichtlichen Zwischenbescheid dokumentiert hat und selbst strukturierte Oberflächen werden vom Verkehr nur als Dekoration bzw. unter ästhetischen Gesichtspunkten betrachtet, wie dies dem Senat aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung bekannt ist. Vor dem dargestellten Hintergrund weicht die angemeldete Marke in ihrem für die Schutzfähigkeitsprüfung maßgeblichen Gesamteindruck in keiner Hinsicht erheblich von der Norm bzw. bzw. den branchenüblichen Gestaltungsvarianten ab, wie dies nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die notwendige Unterscheidungskraft erforderlich wäre (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Rdn. 25 – ROCHER-Kugel; BGH GRUR 2006, 679, 681, Rdn. 17 – Porsche Boxter).
Dabei darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass der hier angesprochene Verkehr an eine Verwendung von farbigen Oberflächenstrukturen als betriebliche Herkunftshinweise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren ohnehin nicht gewöhnt ist, nicht zuletzt weil sämtliche Anbieter bei der Kennzeichnung ihrer Produkte vor allem auf die Verwendung „klassischer“ Markenformen, wie Wort- und Bildmarken setzen. Um eine auch nur annähernd vergleichbar hohe Eindeutigkeit der herkunftshinweisenden Wirkung von farbigen Oberflächenstrukturen zu erreichen, müssten die Verbraucher durch entsprechend intensive Bemühungen der Anbieter über einen längeren Zeitraum hinweg an eine solche Bedeutung gewöhnt worden sein (vgl. hierzu auch Eisenführ, in Festschrift für Eike Ullmann, 2006, S. 175, 180 f.). Dass dem so wäre hat aber weder die Anmelderin schlüssig dargetan noch sind hierfür sonstige Anhaltspunkte ersichtlich. Auch der Marktauftritt der Anmelderin zeigt keinerlei Herausstellung der beanspruchten Oberflächenstruktur im Sinne eines Unternehmenshinweises, sondern lediglich die werbemäßige Betonung ihres Wertes und ihrer optischen Wirkung. So führt die Anmelderin auf ihrer Homepage aus:
„Nicht nur Erinnerungsstücke sind eine Vergoldung wert - Dekorationsgegenstände, Trophäen und vieles mehr erhalten durch das edle Metall einen besonderen Wert ... Gold ist das faszinierendste aller Metalle. Wie ein Sonnenstrahl schmeichelt es denen, die es besitzen. Als ein rollender Botschafter sorgt der der goldene Porsche Boxster für glänzende Augen …“.
Bei dieser Sachlage haben die angesprochenen Verkehrskreise keinerlei Veranlassung, der mit der Anmeldung beanspruchten Oberflächenstruktur abweichend von den üblichen Wahrnehmungsgewohnheiten eine herkunftshinweisende Funktion beizumessen (vgl. hierzu BGH MarkenR 2007, 322, 326, Rdn. 28 – Pralinenform; BGH MarkenR 2007, 31, 34, Rdn. 24 – Goldhase). Dass die vorliegend beanspruchte Oberflächenstruktur nicht durch eine Standardlackierung, sondern erst durch das aufwändige Aufbringen mehrerer tausend Goldblättchen entsteht – wie dies die Anmelderin vorgetragen hat – vermag der angemeldeten Marke die notwendige Unterscheidungskraft nicht zu vermitteln. Dies schon deshalb nicht, weil auf dem einschlägigen Produktsektor eine Vielzahl von eher exotisch anmutenden Gestaltungen gebräuchlich sind, die von den angesprochenen Verbrauchern jeweils nur als weitere dekorative Varianten angesehen werden. Über den konkreten Herstellungsprozess, der dem angemeldeten Zeichen zugrunde liegt, werden sich die Verbraucher dagegen keine differenzierten Gedanken machen. Wenn die Anmelderin dem entgegenhält, das der Anmeldemarke zugrundeliegende Produktionsverfahren werde zu diesem Zweck ausschließlich von der Anmelderin eingesetzt, ist dies für die markenrechtliche Schutzfähigkeitsprüfung auch deshalb irrelevant, weil das Markenrecht im Gegensatz zum Patentschutz kein auf den jeweiligen Erfinder bezogenes Leistungsschutzrecht kennt. Maßgeblich ist nur, ob der angemeldeten Marke absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entgegenstehen oder nicht. Dagegen ist es unerheblich, wer möglicherweise als Erfinder einer hinter dem angemeldeten Zeichen stehenden Technik anzusehen ist (vgl. hierzu BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 63/05 – Turbobrake BPatGE 37, 44, 48 – VHS; BPatGE 33, 12, 17 – IRONMAN TRIATHLON).
Der Anmeldemarke fehlt somit die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Soweit die Anmelderin hilfsweise die Eintragung der Marke mit dem Disclaimer „Es wird kein Schutz beansprucht für die Farbe Gold“ beantragt, besitzt diese Einschränkung ersichtlich keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke. Bei dieser Sachlage kommt es auf die Frage, ob an der freien Verwendung der Anmeldemarke auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, nicht mehr an.
Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.