Entscheidungsdatum: 08.02.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 107 473.6
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. Februar 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wort-/Bildzeichen
ist am 18. August 2016 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
„Klasse 17: Isolierputz
Klasse 19: Rauputz für Bauzwecke; Putzbeschichtungen aus farbigem Kunstharz; Putz [Verputzmittel]; Mörtel [Baumaterial]; Minerale zur Verwendung im Bauwesen; Glattputz; Feuerfester Zementputz
Klasse 37: Verputzarbeiten; Strukturieren von Wänden; Erneuerung von Fassadenoberflächen; Aufbringen von Putz auf Gebäude“.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 19, hat - nach vorangegangener Beanstandung vom 20. Oktober 2016 - die Anmeldung mit Beschluss vom 12. Januar 2017 vollumfänglich zurückgewiesen, da es dem Anmeldezeichen an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle.
Die Zeichenbestandteile „iso“ und „putz“ bildeten eine beschreibende Wortkombination mit der Bedeutung „Isolierputz“. Damit beschreibe das Anmeldezeichen die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar sowie in eindeutiger und unmissverständlicher Weise. Es weise darauf hin, dass es sich bei den solchermaßen gekennzeichneten Waren um Isolierputz handele, sie für Isolierputz bestimmt seien oder sie mit Isolierputz verwendet würden. In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen vermittele der Begriff „isoputz“ die Aussage, dass diese mittels Isolierputz erbracht würden oder ihn zum Inhalt oder Gegenstand hätten. Auch werde das Anmeldezeichen in dem vorliegend relevanten Warenbereich bereits vielfach verwendet, was zahlreiche Rechercheergebnisse belegten.
Auch die grafische Gestaltung sei nicht geeignet, die Schutzfähigkeit des in Rede stehenden Zeichens zu begründen. Dies würde voraussetzen, dass die Gestaltung eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Bestandteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks bewirke, wovon vorliegend aber nicht ausgegangen werden könne.
Ob der Eintragung des Anmeldezeichens darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, hat das Deutsche Patent- und Markenamt im Ergebnis dahinstehen lassen.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom 14. Februar 2017, mit der sie sinngemäß beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 12. Januar 2017 aufzuheben.
Sie führt aus, das Deutsche Patent- und Markenamt habe in seinem angegriffenen Beschluss die Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens nicht korrekt beurteilt. Es habe nicht in ausreichendem Maße zwischen den Waren und Dienstleistungen differenziert. Beispielsweise verkenne der Beschluss, dass Mörtel, Putzbeschichtungen aus farbigem Kunstharz, feuerfester Zementputz sowie Glattputz durch das Anmeldezeichen nicht beschrieben würden und die Erneuerung von Fassadenoberflächen mit der in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellten Isolierung nicht gleichgesetzt werden könne. Weiter habe das Deutsche Patent- und Markenamt verkannt, dass die grafische Gestaltung des Anmeldezeichens derart individuell und einprägsam sei, dass allein auf Grund dieser ihm die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden könne. Schließlich sei es Teil einer Serie von Marken, die die geforderte herkunftshinweisende Eignung aufweisen würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Anmeldung zurückgewiesen, da dem gegenständlichen Zeichen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht zukommt.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin eine solche nicht beantragt hat und sie auch nicht sachdienlich erschien (§ 69 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 - HOT; GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 - Link economy).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren sowie Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006).
Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt ihrer Anmeldung (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, Rdnr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1143 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 - FUSSBALL WM 2006).
a) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Bestandteilen „iso“ und „putz“ zusammen, wobei der erste in orangener Farbe gehalten ist. „Iso“ stellt zunächst die Abkürzung für die „International Organization for Standardization“ (Internationale Normierungsorganisation) dar (vgl. unter www.duden.de – „iso“), wird aber gleichermaßen als Abkürzung des Begriffes „Isolierung“ verwendet (vgl. „http://www.iso-daemmstoff.de/“ als Anlage 1 und „http://www.iso.de/“ als Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis vom 18. Dezember 2017 im Parallelverfahren 28 W (pat) 539/17, auf den im gerichtlichen Hinweis des Senats vom 3. Januar 2018 Bezug genommen worden ist). Das weitere Zeichenelement „putz“ benennt ein „Gemisch aus Sand, Wasser und Bindemittel, mit dem Außenwände zum Schutz gegen Witterungseinflüsse, Innenwände im Hinblick auf das Tapezieren oder Streichen verputzt werden“ (vgl. unter www.duden.de - „Putz“). In seiner Gesamtheit werden die angesprochenen Verkehrskreise der Fachleute sowie der handwerksaffinen Durchschnittsverbraucher das Anmeldezeichen auch in durchgehender Kleinschreibung vornehmlich im Sinne von „Isolierputz“, also ein der Isolierung von Decken oder Wänden dienender Putz, auffassen. So findet beispielsweise im Rahmen der Altbausanierung sogenannter Wärmedämmputz Verwendung. Dass die gegenständliche Wortfolge bereits vielfach beschreibend in vorstehendem Sinne verwendet wird, hat das Deutsche Patent- und Markenamt in seinem angegriffenen Beschluss unter Verweis auf zahlreiche Recherchebelege überzeugend dargetan.
b) Der Begriff „isoputz“ benennt verkürzend die angemeldete Ware „Isolierputz“ in Klasse 17 ausdrücklich.
Ebenso handelt es sich bei den Waren der Klasse 19 hauptsächlich um Putz, der isolierende Eigenschaften aufweisen kann. So lassen sich mit „feuerfestem Zementputz“ Kamine oder Brennräume beschichten, damit keine Hitze nach außen dringt. Entsprechendes gilt für „Mörtel [Baumaterial]“, der ebenfalls zum Verputzen eingesetzt wird und auf Grund seiner Zusammensetzung gleichzeitig als Abdichtung bzw. Dämmung in Betracht kommt (vgl. „http://www.cimentetarchitecture.com/“ als Anlage 1 zum gerichtlichen Hinweis vom 3. Januar 2018). „Minerale zur Verwendung im Bauwesen“ können wiederum wesentlicher Bestandteil von Putz sein und - durch ihre geringe Wärmeleitfähigkeit oder durch den Einschluss von Luft - zu seiner isolierenden Funktion beitragen.
„Verputzarbeiten“ sowie das „Aufbringen von Putz auf Gebäude“ (Klasse 37) werden durch den Begriff „isoputz“ dergestalt beschrieben, dass bei ihnen isolierender Putz zum Einsatz kommt. Demzufolge dienen die Tätigkeiten nicht nur der Beschichtung von Wänden oder Decken, sondern auch ihrer Dämmung. Die „Erneuerung von Fassadenoberflächen“ umfasst das Aufbringen von Putz. Dieser kann - wie eben ausgeführt - mit isolierenden Eigenschaften versehen sein, um sich beispielsweise das Anbringen von Dämmplatten auf die Fassade zu ersparen. Zum „Strukturieren von Wänden“ werden Putze verwendet, die entsprechend dem gewünschten Dekor unterschiedliche Körnungen aufweisen (vgl. „https://www.bauhaus.info/“ als Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis vom 3. Januar 2018). Auch hier kann neben dem vornehmlichen Zweck der (verzierenden) Beschichtung ein weiteres Ziel, nämlich die Isolierung der Wände und Decken durch den Strukturputz erreicht werden. Demzufolge benennt das Anmeldezeichen den Gegenstand aller beanspruchten Dienstleistungen.
c) Auch die grafische Gestaltung des Anmeldezeichens vermag ihm nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zu verleihen.
Die Schutzfähigkeit an sich nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile kann durch ihre schriftbildliche Ausgestaltung begründet werden. Dabei dürfen die Anforderungen an die charakteristische Besonderheit des Schriftbildes jedoch nicht zu niedrig angesetzt werden. Der Verkehr ist daran gewöhnt, dass ihm Schriftzüge in der Werbung in vielfacher grafischer oder farblicher Gestaltung entgegentreten, ohne dass er diesen eine über die dekorative bzw. aufmerksamkeitsheischende Funktion hinausgehende Unterscheidungseignung beimessen würde. Die fehlende Unterscheidungskraft der Wortelemente wird daher in aller Regel nicht durch einfache grafische Gestaltungen oder übliche Verzierungen des Schriftbilds aufgewogen (vgl. Kur/Schumacher, Markenrecht, 1. Auflage, 2017, § 8, Rdnr. 373 f.).
Vorliegend ist der erste Zeichenbestandteil „iso“ in orangener Farbe gestaltet, während das nachfolgende Zeichenelement „putz“ schwarz gehalten ist. Diese Zweifarbigkeit übt lediglich eine rein dekorative Funktion aus und tritt dem Verkehr in vergleichbarer Art vielfach gegenüber, so dass sie nicht als Unterscheidungsmerkmal geeignet ist.
d) Soweit die Anmelderin auf ihre Markenserie mit dem Stammbestandteil „iso“ hingewiesen hat, vermag auch dies ein anderweitiges Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Etwaige Entscheidungen über (unterstelltermaßen) ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online.de u. ZVS [Schwabenpost]). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass beispielsweise die angeführte Marke 30 2016 107 470.1 (isodämm) noch nicht im Register eingetragen ist. Zudem kann die mangelnde Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens nur durch Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden werden. Ein zusammengesetztes Zeichen kann zwar in seiner Gesamtheit schutzfähig sein, wenn sich (nur) eines der von Haus aus schutzunfähigen Elemente im Verkehr durchgesetzt hat (vgl. BGH GRUR 1983, 243 - BEKA; BPatG, 29 W (pat) 115/03 - XtraClever). Der Anmelder, der sich auf eine Verkehrsdurchsetzung beruft, muss diese jedoch auf entsprechend vorgetragenes und belegtes Tatsachenmaterial stützen. Eine pauschale Behauptung ist regelmäßig nicht ausreichend (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, 2018, § 8, Rdnr. 710). Eine solche Verkehrsdurchsetzung des Zeichenbestandteils „iso“ hat die Anmelderin hingegen weder vorgetragen, noch durch Vorlage von Tatsachenmaterial belegt.
2. Ob der Eintragung des Anmeldezeichens darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann unter Berücksichtigung von vorstehend Gesagtem im Ergebnis dahingestellt bleiben.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.