Entscheidungsdatum: 15.09.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 005 400.6
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 15. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Uhlmann und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
NOVUM-SAFE
ist am 24. Februar 2016 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der
„Klasse 6: Tresore und Safes; Verschluss-, Sicherheits-, Wertschutz- und Brandschutzschränke [Tresore]; Panzer- Geld- und Stahlschränke [Tresore]; Datenschutz- und Dokumentenschränke [Tresore]; Bankfächer, Tresore und Tresorräume [Bauten aus Metall]; Lager [Tresorräume] aus Metall; Banktresore aus Metall; Gepanzerte Bankanlagen aus Metall; Türen und Schlösser [nicht elektrisch] für die zuvor genannten Schränke und Tresore; mechanische Schließfächer [Tresore] und daraus gebildete Anlagen; Kassenschleusenanlagen, nämlich Türen und Trennwände aus Metall zur wechselweise durchlässige Abtrennungen des Kassenraumes; elektrisch gesicherte Tresore und Fächer, sowie daraus gebildete Anlagen, wie Briefabhol-, Sparbuch-, Boten-, Wert- und Kundenmietfachanlagen; Baumaterial aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Schlosserwaren und Kleineisenwaren.
Klasse 37: Installation, Wartung und Reparatur von Schließanlagen, Panzerschränken, Safes, Tresoren und Tresorräumen; Bereitstellung von Informationen in Bezug auf die Wartung und Reparatur von Schließanlagen, Safes, Tresoren und Tresorräumen.“
angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 17. Mai 2016, nach vorangegangenem Beanstandungsbescheid vom 15. März 2016, hat das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 6, die Anmeldung zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Amt unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Beanstandungsbescheid ausgeführt, dem Anmeldezeichen fehle hinsichtlich sämtlicher Waren und Dienstleistungen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Ferner bestehe diesbezüglich auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
Die angemeldete Wortkombination beinhalte, so das Amt, lediglich eine sachbezogene Information in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Der Begriff „NOVUM“ bedeute „Neuheit“, „Neuigkeit“ und beschreibe das nachfolgende Substantiv „SAFE“ somit genauer als „Neuheit“ oder „Neuigkeit“. Der Wortkombination sei daher lediglich ein beschreibender Hinweis auf die Art und die Beschaffenheit der darunter angebotenen Waren zu entnehmen. Bei diesen handele es sich um „Tresore“, „Sicherheitsschränke“ und „Schließfächer“, die unter dem Oberbegriff „SAFE“ zusammengefasst werden könnten, und um solche Waren, die für die Herstellung eines Safes benötigt würden oder erforderlich seien, wie z. B. „Baumaterial aus Metall“ oder „Schlosserwaren“. Das vorangestellte Wort „NOVUM“ gebe Aufschluss über eine „Neuheit“ dieser Waren, was Rückschlüsse auf eine besondere Beschaffenheit, eine neue Technologie gegenüber den am Markt befindlichen Produkten zulasse. Die Dienstleistungen befassten sich gegenständlich mit dem als „Neuigkeit“ bezeichneten „SAFE“, so dass auch hierfür eine beschreibende Angabe vorliege.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 27. Mai 2016, mit der sie sinngemäß beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 6, vom 17. Mai 2016 aufzuheben.
Zur Begründung führt sie aus, dem Anmeldezeichen könne kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt in Bezug auf die einzutragenden Waren und Dienstleistungen zugeordnet werden. Es bestehe aus den durch ein Minus-Zeichen verbundenen Wortzeichen „NOVUM“ und „SAFE“. Wie das Amt in seinem angegriffenen Beschuss zutreffend festgestellt habe, könne der Begriff „NOVUM“ auch mit den Worten „Neuheit“ oder „Neuigkeit“ umschrieben werden. Die erfassten Waren „Tresore“, „Sicherheitsschränke“ und „Schließfächer“ könnten wiederum unter dem Begriff „SAFE“ zusammengefasst werden. Die anderweitigen Waren könnten für die Herstellung eines Safes benötigt werden. Ein direkter Bezug zwischen dem Anmeldezeichen und den von diesem beanspruchten Waren und Dienstleistungen könne vorliegend jedoch unter keinem Gesichtspunkt hergestellt werden. Mangels einer allgemein gebräuchlichen Verwendung der Wortkombination „NOVUM-SAFE“ für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen könne das Anmeldezeichen nicht beschreibend sein, da sich dessen Sinngehalt erst nach einer weitergehenden Interpretation ergebe. Eine beschreibende Bedeutung ergebe sich damit – wenn überhaupt – erst auf Grund einer näheren analysierenden Betrachtungsweise. Im Ergebnis stehe der Eintragung des Anmeldezeichens auch nicht das Schutzhindernis eines Freihaltebedürfnisses entgegen. Die Anmelderin verweist schließlich noch auf die Eintragungen der Marken „Novum das Metall-Trennwandsystem“ (Klasse 6 – 396307795), „NOVUM Sozial“ (Klassen 35, 41, 43, 44 – 302009023126) sowie „art NOVUM“ (Klassen 19, 37, 42 – 3020130642864), welche sämtlich - würde man der Argumentation des Amtes folgen - auch nicht hätten in das Register eingetragen werden dürfen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet. Der Eintragung des Anmeldezeichens steht für die von diesem beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Auch liegen die Voraussetzungen eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor.
1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 - HOT; GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 -My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 - Link economy).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006).
Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, Rdnr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u.a. BGH GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1143 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 – TOOOR!; GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 – FUSSBALL WM 2006).
Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze kann dem Anmeldezeichen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft nicht beigemessen werden.
Das Anmeldezeichen besteht aus den beiden Zeichenbestandteilen „NOVUM“ und „SAFE“. Der lateinische Begriff „Novum“ ist in die deutsche Sprache eingegangen und bezeichnet „etwas Neues, noch nicht Dagewesenes“ (www.duden.de). „SAFE“ wiederum benennt einen Gegenstand, der durch besondere Sicherheitsmaßnahmen hierin verwahrte Gegenstände gegen deren unberechtigte Wegnahme durch Dritte schützt. Das Anmeldezeichen in seiner Gesamtheit wird von den angesprochenen Verkehrskreisen unschwer im Sinne von „neuer Safe“ oder „neuartiger Safe“ verstanden werden. Einem solchen Verständnis steht auch nicht entgegen, dass es sich bei „NOVUM“ und „SAFE“ jeweils um Substantive handelt. Der Verkehr ist nämlich daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Ebenso ist bekannt, dass sich solche Neubildungen häufig nicht an grammatikalischen Regeln oder korrektem Sprachstil orientieren. Daher wird der Verkehr auch noch nicht verwendete oder grammatikalisch fehlerhafte, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen durchaus als solche und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, 2015, § 8, Rdnr. 179).
Hinsichtlich der in Klasse 6 angemeldeten Sicherheitseinrichtungen wie „Tresore“, „Sicherheitsschränke“ oder „Schließfächer“ wird der angesprochene Verkehr annehmen, dass das Anmeldezeichen eine irgendwie geartete Neuigkeit (beispielweise technischer Art) im Sinne einer Verbesserung gegenüber vergleichbaren auf dem Markt erhältlichen Produkten bezeichnet, mithin die Waren über einen Wettbewerbsvorsprung verfügen. Die weiteren Waren „Baumaterial aus Metall“ und „Schlosserwaren und Kleineisenwaren“ dienen der Herstellung der angeführten Sicherheitseinrichtungen im Sinne „neuer (respektive neuartiger) Safes“. Darüber hinaus können auch diese Waren über besondere, neue Eigenschaften verfügen, welche die Herstellung eines „neuen Safes“ gerade erst ermöglichen. „Transportable Bauten aus Metall“ können wiederum Sicherheitseinrichtungen im vorstehenden Sinne, wie etwa Schließfächer, beinhalten. Der Einsatz solcher Einrichtungen ist u. a. gerade bei Großveranstaltungen denkbar, um dem Publikum die Möglichkeit einer sicheren Verwahrung ihrer mitgebrachten Wertsachen zu ermöglichen.
Die in Klasse 37 enthaltenen Dienstleistungen weisen sämtlich einen unmittelbaren Bezug zu den angeführten Sicherheitseinrichtungen (den „neuartigen Safes“) auf. Sei es, dass sie die Wartung oder Reparatur derselben zum Gegenstand haben oder aber die Bereitstellung von Informationen hierfür beinhalten, so dass auch insoweit eine unmittelbar beschreibende Sachangabe vorliegt.
Entgegen dem anderslautenden Vorbringen der Anmelderin erschließt sich der begriffliche Inhalt von „NOVUM-SAFE“ unmittelbar und nicht erst durch eine analysierende Betrachtungsweise, was der Annahme des Fehlens der Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens entgegenstehen würde.
Auch die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Etwaige Entscheidungen über (unterstelltermaßen) ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online.de u. ZVS [Schwabenpost]). Da das Deutsche Patent- und Markenamt die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online.de u. ZVS [Schwabenpost]; BGH GRUR 2011, 230 - SUPERgirl; WRP 2011, 349 - FREIZEIT Rätsel Woche; GRUR 2012, 276 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).
2. Da der Eintragung bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht, kann im Ergebnis dahinstehen, ob an dem Anmeldezeichen auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht.