Entscheidungsdatum: 24.11.2010
In der Beschwerdesache
betreffend die Marke 30 2008 012 823
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2010 durch die Richterinnen Martens und Bayer sowie den Richter Schell
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I.
Gegen die am 4. Juni 2008 für die Waren der Klasse 12
Pkws, Lkws, Lieferwagen; Teile und Zubehör zu den vorgenannten Waren (soweit in Klasse 12 enthalten); Lenkräder für Automobile; Räder für Automobile
eingetragene Wortmarke 30 2008 012 823
HYUNDAI BlueDrive
ist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Wortmarke 305 72 671
BLUEMOTION
die seit 16. Januar 2006 für die folgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 12, 28, 35 und 37 eingetragen ist:
07 Motoren (ausgenommen für Landfahrzeuge), Motorenteile von Motoren aller Art, einschließlich Elektromotoren und deren Teile (ausgenommen für Landfahrzeuge), Luftfilter für Motoren, Steuergeräte für Motoren, Glühkerzen für Dieselmotoren; Kupplungen und Getriebe und Vorrichtungen zur Kraftübertragung (ausgenommen für Landfahrzeuge), einschließlich Schaltkupplungen (ausgenommen für Landfahrzeuge); Teile von Kupplungen und Getrieben und Vorrichtungen zur Kraftübertragung; maschinelle Wagenheber
12 Kraftfahrzeuge und deren Teile, soweit in Klasse 12 enthalten; Motoren für Landfahrzeuge, Reifen (Pneus), Felgen und Kompletträder sowie deren Teile für Landfahrzeuge, motorgetriebene Roller (Kinderfahrzeuge) und motorgetriebene Kinderautomobile (Kinderfahrzeuge)
28 Fahrzeugmodelle (verkleinert), insbesondere Modellautos und Spielzeugautos; Spielkarten, Plüschtiere und sonstige Plüschspielzeugartikel, Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor
35 Einzel-/Großhandelsdienstleistungen bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör, Einzelhandelsdienstleistungen für den Versandhandel bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör, Dienstleistungen des Einzel-/Großhandels über das Internet bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör, Einzelhandelsdienstleistungen mittels Teleshoppingsendungen bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör, das Zusammenstellen (ausgenommen deren Transport) verschiedener Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeugteile oder verschiedenen Kraftfahrzeugzubehörs für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren, insbesondere von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör
37 Umbau, Reparatur, Instandhaltung, Demontage, Wartung, Pflege, Reinigung und Lackierarbeiten von Fahrzeugen, Motoren und deren jeweiligen Teilen, einschließlich Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe; Veredelung und Tuning von Kraftfahrzeugen, soweit in Klasse 37 enthalten.
Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch durch Beschluss eines Prüfers des gehobenen Dienstes mangels Verwechslungsgefahr mit der Begründung zurückgewiesen, ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und identischen Waren in Klasse 12 bestehe in keiner Richtung eine hinreichende Übereinstimmung der Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit. Der in beiden Marken vorhandene Bestandteil „Blue“ sei für den Gesamteindruck nicht prägend bzw. besitze in der jüngeren Marke keine selbständig kennzeichnende Stellung.
Gegen diese Entscheidung vom 18. Februar 2010 richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung führt sie aus, die Widerspruchsmarke werde intensiv benutzt und stark beworben. Befragungen hätten einen Zuordnungsgrad von ca. 60 Prozent zugunsten der Widersprechenden ergeben. In der Presse sei umfangreich über die gleichnamigen Produkte und über verliehene Auszeichnungen berichtet worden. Demzufolge müsse eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kollisionsfördernd ebenso berücksichtigt werden wie die Warenidentität in der Klasse 12. Der erforderliche deutliche Abstand der jüngeren Kennzeichnung sei aus mehreren Gründen nicht gewährleistet. So wiesen die Markenbestandteile „BlueDrive“ und „Bluemotion“ klanglich wie begrifflich deutliche Übereinstimmungen auf. In beiden Kennzeichnungen werde zudem die gleiche gedankliche Verbindung hervorgerufen. Die ältere Marke habe in der jüngeren ihre selbständig kennzeichnende Stellung behalten und sei lediglich um die Unternehmensbezeichnung „Hyundai“ erweitert worden. Die Widersprechende sei zudem Inhaberin einer Zeichenserie mit dem Bestandteil „Blue“ am Wortanfang. Die jüngere Marke habe einen vergleichbaren Aufbau und füge sich in die vorhandene Zeichenserie ein. Diese vielfältigen Übereinstimmungen der Marken führten zu einer gedanklichen Assoziation, die die Zeichenähnlichkeit begründe.
Die Widersprechende beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Februar 2010 aufzuheben, soweit zum Nachteil der Widersprechenden entschieden worden ist, und die Löschung der Marke 30 2008 012 823 hinsichtlich aller Waren zu beschließen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, die Widersprechende könne weder ein Monopol für die Bezeichnung „Blue“ auf dem Automobilsektor beanspruchen noch benutze sie eine Zeichenserie mit diesem Bestandteil. Die Markeninhaberin verweist auf die von ihr im Beschwerdeverfahren vorgelegten Broschüren verschiedener Automobilhersteller, aus denen hervorgehe, dass diese „Blue“ als Bestandteil in ihren Produktkennzeichnungen verwendeten. Im Übrigen handele es sich bei „Blue“ um einen generischen Begriff auf dem vorliegenden Warengebiet, der dort als ein Synonym für umweltfreundliche Technologien verwendet werde. Vor diesem Hintergrund sei eine Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen ausgeschlossen, zumal nicht nur der Bestandteil „blue“ allein, sondern sowohl der weitere Begriff „motion“ als auch die ältere Marke in ihrer Gesamtheit über eine äußerst geringe Unterscheidungskraft verfüge. Erst recht könne daher entgegen der Ansicht der Widersprechenden eine angebliche Ähnlichkeit im Sinngehalt der Vergleichsmarken eine Verwechslungsgefahr nicht begründen.
Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat der Senat den Beteiligten Kopien von Presseartikeln übersandt, die die Verwendung von „blau“ bzw. „blue“ auf dem vorliegenden Warengebiet zeigen. Hierzu und zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken nicht die Gefahr von Verwechslungen besteht (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Die Markenstelle hat den Widerspruch aus der älteren Marke 305 72 671 daher im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. u. a. EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) "Marca/Adidas"; GRUR 2005, 1042, 1044 (Nr. 27) "THOMSON LIFE"; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) " PICASSO "; BGH GRUR 2005, 513, 514 "MEY/Ella May"; GRUR 2006, 859, 860 (Nr. 16) "Malteserkreuz"; GRUR 2008, 905, 905 (Nr. 12) "Pantohexal").
Als die Verwechslungsgefahr förderndes Kriterium ist die zwischen den Vergleichsmarken im Bereich der Klasse 12 bestehende Warenidentität zu berücksichtigen. Andererseits haben die den Beteiligten vor der mündlichen Verhandlung zugesandten Feststellungen des Senats jedoch ergeben, dass die Bezeichnung „blue“ bzw. „blau“ auf dem vorliegenden Warengebiet seit mehreren Jahren etwa in Presseveröffentlichungen über Kraftfahrzeuge verwendet wird, um auf den Einsatz umweltfreundlicher Technologien im Automobilbereich hinzuweisen, wie etwa Kraftstoff sparende Antriebe. So berichtet SPIEGEL ONLINE unter dem Titel „Blaue Hilfe fürs grüne Gewissen“ über ein Abgas-Additiv unter der Bezeichnung „ AdBlue “, das Dieselmotoren dazu verhilft, die strengen Abgas-Grenzwerte in den USA einzuhalten. Dieses Kunstwort habe bei der Namensgebung für die sauberen Dieselmodelle von „Bluetec“ bei Mercedes bis „Blue Performance“ bei BMW Pate gestanden (SPIEGEL ONLINE v. 19. Mai 2008; siehe auch den Bericht: „Blau, blau, blau blüht der Diesel auf“ v. 29. November 2006 sowie v. 6. Juli 2008 „Saubere Aussichten“, ein Fahrbericht über den Mercedes ML 320 Bluetec, jeweils unter www. spiegel.de/auto/aktuell). Von einer „blauen“ Technologie der Autoindustrie wird im Zusammenhang mit einem erdgasbetriebenen Fahrzeug gesprochen und ausgeführt: „Was für die IT-Industrie die Farbe grün, ist im Autobereich blau. Bluetec und andere blaue Begriffe zeigen in Richtung Umweltverträglichkeit“ (vgl. hitec HANDEL , offizielles Organ des Bundesverband Technik des Einzelhandels e.V., Ausgabe Mai 2008, Seite 10). Über die Präsentation des VW Polo Bluemotion im Frühjahr 2006 schreibt die Zeitschrift STERN: „Blau soll Umwelt bedeuten und gleich zeigen, dass der neue Polo ein Sparfuchs mit Manieren ist“ (v. 13. März 2006, vgl. Anlage BF 8). Zum gleichen Thema führt SPIEGEL ONLINE unter dem Titel „Blaue Stunde in Wolfsburg“ aus: „Was bislang grün war, ist künftig blau. Zumindest im automobilen Kosmos. Deshalb nennt Mercedes seinen saubersten Diesel der Welt nicht „Green“, sondern „Bluetec“. Und bei VW heißt der sparsamste Polo aller Zeiten „ Bluemotion “ (v. 2. März 2006, vgl. Anlage BF 5). Die Widersprechende selbst hat im Februar 2010 eine Kampagne „Think Blue“ gestartet, mit der sie ihre Haltung zur ökologischen Nachhaltigkeit zum Ausdruck bringen und einen Denkanstoß geben will (vgl. Anlage BG 10). Diese Beispiele zeigen, dass in der Automobilindustrie „blue“ bzw. „blau“ teils in Alleinstellung oder als Bestandteil von Kennzeichnungen - und zwar herstellerübergreifend - als eine synonyme Bezeichnung eingesetzt wird, um den Verkehr auf eine besonders umweltfreundliche Technologie mit sparsamen oder alternativen Antrieben bei Kraftfahrzeugen aufmerksam zu machen.
Aufgrund der dargestellten Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem vorliegenden Warengebiet und der dementsprechenden Wahrnehmung durch die beteiligten Verkehrskreise handelt es sich bei der Angabe „Blue“ somit um eine rein beschreibende Sachaussage. Für die Frage der Kennzeichnungskraft, die die ältere Marke von Haus aus besitzt, ist jedoch maßgeblich auf den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke abzustellen, so dass insgesamt nicht von einer deutlich reduzierten Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgegangen werden kann, wenn auch berücksichtigt werden muss, dass auch der weitere Bestandteil „motion“ als bekanntes Wort der englischen Sprache vom Verkehr ohne weiteres mit „Bewegung“ wiedergegeben wird.
Soweit die Widersprechende geltend macht, ihre Marke habe infolge intensiver Benutzung eine erhöhte Kennzeichnungskraft erworben, kann im Ergebnis zu ihren Gunsten ein noch über dem Durchschnitt liegender Kennzeichnungsgrad unterstellt werden. Zwar weisen die zur Glaubhaftmachung eingereichten Unterlagen deutliche Mängel auf, so dass der behauptete Zuordnungsgrad von ca. 60 Prozent nicht annähernd erreicht wird. Die Vorlage von Auszügen aus einer lediglich firmeninternen Untersuchung (Anlage BF1) ist als Nachweis einer erhöhten Bekanntheit der älteren Marke ebenso wenig geeignet wie der Hinweis auf die Online-Umfrage (Anlage BF3), die nicht die Anforderungen an eine repräsentative demoskopische Befragung erfüllt, mit der der Bekanntheitsgrad zuverlässig hätte ermittelt werden können. Zur Glaubhaftmachung erforderlich wären konkrete Angaben zum Umsatz der Widersprechenden mit der Widerspruchsmarke und zu den Werbeaufwendungen gewesen. Gegenstand der Untersuchungen bzw. der Fahrberichte ist zudem überwiegend (vgl. Anlage BF1, BF2, BF3, BF5, BF6 sowie BF7) nicht die Widerspruchsmarke in ihrer eingetragenen Form, sondern in abweichender Wiedergabe als „ BlueMotion “. Die Unterlagen der Widersprechenden wie auch die eigenen Ermittlungen des Senats lassen jedoch erkennen, dass es sich bei „ BlueMotion “ mit Abstand um das bekannteste inländische Umweltlabel im Kraftfahrzeugbereich handelt und der Verkehr die Widersprechende damit in Verbindung bringt (Anlage BF2). Das unterstreichen zahlreiche Fahrberichte und Presseartikel über neue Fahrzeugmodelle der Widersprechenden mit der Sonderausstattung bzw. der Produktlinie auch in der Schreibweise „BLUEMOTION“.
Ausgehend von einem noch über dem Durchschnitt liegenden Kennzeichnungsgrad der Widerspruchsmarke reicht die geringe Markenähnlichkeit nicht aus, um in einer Gesamtabwägung aller relevanten Umstände eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken anzunehmen.
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können (vgl. BGH GRUR 2009, 772, Rdnr. 54 - Augsburger Puppenkiste m. w. N.). Weiter ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung erhält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl. EuGH , GRUR 2005, 1042 Rdnr. 30 THOMSON LIFE ; BGH , GRUR 2004, 865 [866] = NJW-RR 2004, 1491 = WRP 2004, 1281 Mustang). Bei der Identität oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr i. S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen ( EuGH , GRUR 2005, 1042 Rdnr. 31 THOMSON LIFE ; BGH , GRUR 2007, 1066 Rdnr. 40 = WRP 2007, 1466 Kinderzeit). Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die auf dem konkreten Warengebiet vorherrschenden Kennzeichnungsgewohnheiten und die Gewöhnung der beteiligten Verkehrskreise an solche Gepflogenheiten. So ist auf dem Automobilsektor festzustellen, dass Unternehmensbezeichnungen - wie vorliegend erkennbar der Bestandteil „Hyundai“ der jüngeren Marke - neben der Bezeichnung des Fahrzeugstyps selbst im Allgemeinen in den Hintergrund treten. Der Verkehr orientiert sich im Regelfall vorrangig an der eigentlichen Produktkennzeichnung als solcher, etwa „Golf“, „Astra“, „B-Klasse“ oder „A4“, ohne dabei die Unternehmensbezeichnungen „VW“, „Opel“, „Daimler“ oder „AUDI“ mitzubenennen. Von diesem üblichen Verkehrsverständnis unterscheidet sich die angegriffene Marke in ihrer Zeichenbildung offensichtlich, denn sie kennzeichnet nicht ein bestimmtes Fahrzeug des Herstellers Hyundai, sondern die Fahrzeugreihe bzw. die Ausstattungsvariante des Herstellers, die über einen alternativen Antrieb verfügt. Folglich geht für den Verkehr die eigentliche produktidentifizierende Wirkung der jüngeren Marke von der Herstellerbezeichnung „HYUNDAI“ aus, zumal der weitere Markenbestandteil „BlueDrive “ deutlich produktbeschreibende Anklänge aufweist. Dies ist nicht nur bei „Blue“ der Fall, sondern gilt auch für das weitere Element „Drive“, das der Verkehr im Zusammenhang mit den Waren als englischen Fachbegriff für Kraftfahrzeugantrieb kennt. Aufgrund der konkreten Zeichenbildung der jüngeren Kennzeichnung ist es daher ausgeschlossen, den Zeichenvergleich auf die Gegenüberstellung von „ BLUEMOTION “ und „ BlueDrive “ zu beschränken. Vielmehr prägt die Herstellerbezeichnung „HYUNDAI “ den Gesamteindruck der jüngeren Marke ganz wesentlich mit. Aus der Übereinstimmung des Bestandteils „Blue“ in beiden Kennzeichnungen allein könnte schon aus Rechtsgründen keine Verwechslungsgefahr angenommen werden, denn glatt warenbeschreibenden Zeichenelementen fehlt die Unterscheidungskraft, so dass sie keine Prägung des Gesamteindrucks der Marke bewirken können (BGH GRUR 2007, 1066 ff. Rdn. 41 - Kinderzeit m. w. N.). Für die in ihrer Kennzeichnungskraft deutlich reduzierte Kombination „BlueDrive“ kann daher zwar noch eine Mitprägung angenommen werden, die jedoch in der Gesamtabwägung die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht rechtfertigt. Dies beruht bereits auf dem Erfahrungssatz, dass auf dem vorliegenden Warengebiet der Verkehr einschließlich der Endverbraucher besonders sorgfältig mit Marken umgeht. Dem Kauf eines Fahrzeugs geht schon wegen der hohen Anschaffungskosten eine längere intensive Auseinandersetzung mit den Angeboten verschiedener Hersteller voraus, die auch Information darüber umfasst, welche Motorvarianten zur Auswahl stehen und inwieweit sie den Spritverbrauch beeinflussen. Selbst für den Fall, dass der Verkehr bei näherer Analyse der Vergleichszeichen auf gewisse begriffliche Übereinstimmungen im Aufbau der Markenwörter „ BlueDrive “ bzw. „ BLUEMOTION “ stoßen würde, kann ausgeschlossen werden, dass er einer Herkunftstäuschung unterliegt, schon weil er dann ebenso sorgfältig auf die weiteren Zeichenbestandteile achten und den Herstellerhinweis nicht vernachlässigen wird. In klanglicher wie schriftbildlicher Hinsicht kann nichts anderes gelten, zumal der Verkehr neben dem gemeinsamen generischen Wortanfang um so eher die Unterschiede in den Vokalfolgen und der Silbenzahl wahrnimmt. Im Ergebnis kommt daher eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht in Betracht.
Entgegen der Ansicht der Widersprechenden kann vorliegend von einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nicht ausgegangen werden. Eine solche setzt voraus, dass ein mit der Widerspruchsmarke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in das jüngere Zeichen aufgenommen wurde, in dem er neben einem Unternehmenskennzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält und so wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, die so gekennzeichneten Waren stammten aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen (BGH GRUR 2010, 646 Rdn. 15 - OFFROAD m. w. N.). Wie bereits festgestellt, kann zwischen dem Bestandteil „ BlueDrive “ der jüngeren Marke und der Widerspruchsmarke allenfalls eine geringe Ähnlichkeit angenommen werden. Die Übereinstimmungen beschränken sich dabei auf den jeweils beschreibenden Wortanfang „blue“, dem aus Rechtsgründen bereits keine kennzeichnende Wirkung zukommen kann. Grundsätzlich kann zwar eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu einer selbständigen kennzeichnenden Stellung in der jüngeren Marke führen, doch scheitert diese Annahme vorliegend, da sich die Übereinstimmungen zwischen den Vergleichsmarken gerade im nicht kennzeichnenden Bereich bewegen. Die bloße Tatsache, dass die jüngere Marke neben dem Bestandteil „ BlueDrive “ das Unternehmenskennzeichen eines bekannten Herstellers enthält, kann schon wegen der aufgezeigten besonderen Wahrnehmungsgewohnheiten von Marken im Automobilbereich, eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nicht begründen.
Nicht anderes kann gelten, soweit die Widersprechende geltend macht, sie sei Inhaberin einer Zeichenserie mit dem Bestandteil „ BLUE “, in die sich die jüngere Marke einfüge, so dass die Marken vom Verkehr gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten. Bereits das rein warenbezogene Verständnis des Verkehrs von „BLUE“ im Sinne einer umweltfreundlichen Ausstattung von Fahrzeugen schließt eine Eignung dieses Markenelements als Stammbestandteil einer Serie und damit als Hinweis auf den Betrieb der Widersprechenden aus.
Nach allem war die Beschwerde des Widersprechenden zurückzuweisen. Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG).