Entscheidungsdatum: 22.03.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2015 054 400.0
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Dr. Söchtig und des Richters Dr. Meiser
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Februar 2016 aufgehoben.
I.
Das Wortzeichen
fitjewels
ist am 29. September 2015 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für nachfolgende Waren angemeldet worden:
Klasse 14: Schmuck für Fitness-Tracker.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 14, hat die Anmeldung, nach vorangegangener Beanstandung vom 7. Dezember 2015, mit Beschluss vom 8. Februar 2016 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, das Anmeldezeichen bestehe aus der Zusammensetzung der englischen Begriffe „fit“ (= fit, gesund, in guter körperlicher Verfassung bzw. passend, geeignet) und „jewels“ (= Schmuck). Die angesprochenen Verkehrskreise würden es lediglich als Sachhinweis dergestalt auffassen, dass der angemeldete Schmuck für Fitness-Tracker zum fit oder gesund bleiben bzw. für Fitness oder Training bestimmt oder geeignet sei. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn der Schmuck bestimmte Eigenschaften wie Robustheit, Wasserdichte etc. aufweise, so dass er auch beim Training getragen werden könne. Auch könnten darin Messgeräte zum Tracken oder Überwachen von Körperfunktionen integriert sein. Unter Verweis auf eine von ihm durchgeführte Internetrecherche hat das Deutsche Patent- und Markenamt weiter ausgeführt, dass die Verwendung von Schmuck und modischen Accessoires mit der Eignung für Sport und Fitness oder mit Funktionen zum Tracking von Körperfunktionen beim Fitnesstraining üblich sei. Alternativ könnten die Verkehrskreise „fitjewels“ auch als eine den englischen Grammatikregeln entsprechende, lediglich das Leerzeichen weglassende Wortzusammensetzung aus Adjektiv und Substantiv (fit jewels = passende Schmuckstücke) und demzufolge als Sachhinweis auffassen, dass passender oder geeigneter Schmuck angeboten werde. Selbst wenn auf Grund der vorstehend geschilderten Varianten eine Doppeldeutigkeit der Begriffskombination vorliege, führe dies nicht zur Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens. Dies, da bereits ein möglicher beschreibender Sinngehalt das Vorliegen des Schutzhindernisses begründe. Zudem seien vorliegend auch beide Deutungsmöglichkeiten ausschließlich sachbezogen und mithin zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet. Soweit die Anmelderin auf eine Voreintragung der Bezeichnung „fitjewels“ in den Vereinigten Staaten von Amerika verwiesen habe, entfalte diese für vorliegendes Verfahren keine Bindungswirkung.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 10. März 2016, mit der sie sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Februar 2016 aufzuheben.
Zur Begründung führt sie aus, das Deutsche Patent- und Markenamt habe in unzulässiger Weise die einzelnen englischen Wortbestandteile des Anmeldezeichens übersetzt und den Schluss gezogen, jeder für sich hätte eine beschreibende Bedeutung. Dabei sei jedoch verkannt worden, dass die beiden Wortelemente gerade in ihrer Kombination einen sich aufdrängenden Bedeutungsgehalt hätten, der über die Summe der Einzelbestandteile hinausgehe, was vom Verkehr auch entsprechend wahrgenommen werde. Durch die Verbindung der Begriffe „fit“ und „jewels“ zu einem Wort werde deutlich, dass es sich um Schmuck für einen Tracker handele. Schließlich verweist die Anmelderin auch noch darauf, dass das von ihr beanspruchte Zeichen zwischenzeitlich als IR-Marke registriert und auch als Unionsmarke eingetragen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist begründet, da der Eintragung des Anmeldezeichens kein Schutzhindernis entgegensteht.
1. Bei der Wortfolge „fitjewels“ handelt es sich nicht um eine unmittelbar beschreibende freihaltebedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
a) Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben oder Zeichen bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die Monopolisierung solcher Angaben oder Zeichen zugunsten eines Wettbewerbers widerspräche nämlich einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung, ohne dass es darauf ankommt, ob das Zeichen bereits tatsächlich als Sachangabe verwendet wird (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723, Rdnr. 25, 30, 32 - Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rdnr. 31 f. - DOUBLEMINT; BGH, GRUR 2012, 272, Rdnr. 9, 17 - Rheinpark-Center Neuss). Auch Wortneubildungen kann das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich hervortritt, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe ohne Weiteres erfüllen können. Insbesondere hat ein Zeichen, das sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht (vgl. EuGH, GRUR Int. 2004, 410, 413, Rdnr. 41 - BIOMILD; EuGH, GRUR Int. 2004, 500, 507, Rdnr. 100 - Postkantoor). Ein sachbezogenes Verständnis der am Handel beteiligten Fachkreise kann für sich gesehen die Eignung als beschreibende Angabe begründen (vgl. Ströbele, MarkenR 2006, 433, 435). Bei fremdsprachigen Angaben - wie vorliegend - ist es erforderlich, dass die beteiligten Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem angemeldeten Zeichen und den beanspruchten Waren bzw. Dienstleistungen derzeit oder vernünftigerweise in Zukunft herstellen können (vgl. EuGH, GRUR 2010, 534, Rdnr. 29 - PRANAHAUS; GRUR 1999, 723, Rdnr. 31 - Chiemsee; GRUR 2004, 674, Rdnr. 56 - Postkantoor).
b) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden englischen Wörtern „fit“ und „jewels“ zusammen. Das erste wird auf Grund seiner Voranstellung als Adjektiv aufgefasst und kann demzufolge vorliegend mit „fit“ oder „geeignet“ bzw. „passend“ übersetzt werden (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch - Deutsch, 1. Auflage, 2002, Seite 324). Dem zweiten kommen im Deutschen die Bedeutungen „Juwelen“ oder „Schmuck“ zu (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch - Deutsch, a. a. O., Seite 475; Anlagen zum Beanstandungsbescheid vom 7. Dezember 2015).
c) Um zu dem vom Deutschen Patent- und Markenamt angenommenen Begriffsverständnis des Anmeldezeichens zu gelangen, der Schmuck für Fitness-Tracker sei zum fit oder gesund bleiben bzw. für Fitness oder Training bestimmt bzw. geeignet, bedarf es mehrerer Gedankenschritte. Zuerst muss der angesprochene Verbraucher erkennen, dass das Adjektiv „fit“ (im Sinne von trainiert) nicht das nachfolgende Substantiv „jewels“ inhaltlich näher beschreibt, da Schmuckgegenstände nicht über eine gute (körperliche) Verfassung verfügen können. Als nächstes muss er den Schluss ziehen, dass das Adjektiv „fit“ substantivisch zu verstehen ist und einen Hinweis auf Fitness, also auf den Fitnessbereich respektive das Fitnesstraining beinhaltet. Sodann muss er in einem weiteren Gedankenschritt erkennen, dass es sich bei den gekennzeichneten Schmuckwaren um solche handelt, die besonders geeignet sind, sogenannte Fitness-Tracker, also Armbänder zur Messung von Körperfunktionen aufzunehmen oder zu verzieren. Schließlich hat er, um eine sinnvolle Sachaussage zu erhalten, seine Aufmerksamkeit auf die Fitness-Tracker lenken, da in erster Linie diese und nicht Schmuck der Erhaltung der Fitness und der Gesundheit dienen bzw. bei Fitness und Training eingesetzt werden. Das obige von der Markenstelle für 14 zugrunde gelegte Verständnis erfordert folglich eine weitreichende Interpretation der einander nur bedingt ergänzenden Begriffe „fit“ und „jewels“.
d) Das Deutsche Patent- und Markenamt hat in seinem Beschluss vom 8. Februar 2016 dem Anmeldezeichen des Weiteren die Bedeutung „passende Schmuckstücke“ beigemessen und es demzufolge als Sachhinweis auf die Eignung des beanspruchten Schmucks für Fitness-Tracker angesehen. Allerdings ist auch diese Bedeutung für die beteiligten Verkehrskreise nicht sofort und ohne weiteres Nachdenken erkennbar.
Zum einen ist die Wortfolge „fitjewels“ im Englischen unüblich. Für die deutschen Adjektive „passend“ oder „geeignet“ sind in der englischen Sprache die Worte „suitable“, „matching“ oder „fitting“ gebräuchlich. Demzufolge werden beispielsweise die deutschen Ausdrücke „passende Schmuckstücke“ bzw. „passender Schmuck“, „geeigneter Schmuck“, „passende Juwelen“ oder „geeignete Juwelen“ im Englischen mit „matching jewelry“, „suitable jewelry“, „matching jewels“ oder „suitable jewels“ übersetzt (vgl. https://de.langenscheidt.com; https://translate.google.de; http://de.pons.com; http://www.babelfish.de). Angesichts der weiten Verbreitung der englischen Sprache auch und gerade im täglichen Leben (vgl. hierzu Kur/Eichelberger, Markenrecht, 1. Auflage, 2017, § 8, Rdnr. 273; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, § 8, Rdnr. 168) liegt es nahe, dass die angesprochenen Verkehrskreise um die eben genannten korrekten englischen Bezeichnungen wissen.
Zum anderen ist davon auszugehen, dass im Zusammenhang mit Schmuck für Fitness-Tracker der Großteil der angesprochenen sportlich und modisch interessierten inländischen Durchschnittsverbraucher die gegenständliche Wortfolge „fitjewels“ zunächst mit Fitness in Verbindung bringen, sie demzufolge vornehmlich mit „fitter Schmuck“ übersetzen und danach individuell interpretieren wird. Hierbei ist ergänzend zu berücksichtigen, dass der Zeichenbestandteil „fit“ mit dem deutschen Adjektiv „fit“ vollständig übereinstimmt und der Zeichenbestandteil „jewels“ deutlich erkennbare Gemeinsamkeiten mit dem deutschen Substantiv „Juwelen“ aufweist.
e) Schließlich liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der inländische Verkehr das gegenständliche Zeichen „fitjewelry“ als beschreibende Angabe gegenwärtig oder in Zukunft benötigt. Die Recherchen des Senats haben ergeben, dass es im Internet ausschließlich von der Anmelderin verwendet wird (vgl. https//www.google.de - „fitjewels“). Es konnten zwar Wortfolgen wie „Get Fit Jewels Tank“ oder „Nike Get Fit Jewels Tanktop Damen pink/schwarz“ ermittelt werden (vgl. http://www.intersport.de; https://www.joergs-sportladen.de). In ihnen sind die Zeichenbestandteile „fit“ und „jewels“ jedoch nicht aufeinander bezogen. Vielmehr benennt letztgenannter das Muster eines Kleidungsstücks.
Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass das angemeldete Zeichen vom inländischen Verkehr überwiegend nicht ohne Weiteres als beschreibende Angabe aufgefasst wird und damit nicht geeignet ist, von den Mitbewerbern der Anmelderin als warenbezogene Angabe eingesetzt zu werden (vgl. auch BPatG, GRUR 1996, 408 – COSA NOSTRA). Demzufolge ist ein Freihaltebedürfnis vorliegend zu verneinen.
2. Dem gegenständlichen Zeichen fehlt aus oben genannten Gründen auch nicht die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 - Link economy). Dieses Mindestmaß an Unterscheidungskraft weist die Wortkombination „fitjewels“ auf, da ihr ein beschreibender Hinweis zur Verwendung des angemeldeten Schmucks für Fitness-Tracker direkt nicht zu entnehmen ist. Folglich ist nicht auszuschließen, dass sie hinreichend eigenständig wirkt und die erforderliche Hinweisfunktion aufweist (vgl. BGH, GRUR 1989, 666, Rdnr. 9 - Sleepover). Zudem sind die Anforderungen an die Unterscheidungskraft bei Fehlen eines Freihaltebedürfnisses nicht zu hoch anzusetzen (vgl. BPatG, GRUR 1998, 399, Rdnr. 16 - Rack-Wall). Insgesamt lässt sich dem angemeldeten Zeichen damit eine gewisse Eigenart und folglich die Eignung als Marke nicht absprechen.
3. Weitere Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich, so dass der Beschwerde stattzugeben war.