Entscheidungsdatum: 26.04.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2011 053 050.5
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. April 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Klante, der Richterin Dorn und des Richters am Amtsgericht Jacobi
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 14, vom 27. Februar 2012 wird aufgehoben, soweit die Markenanmeldung teilweise zurückgewiesen wurde für die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 5: Lösungen für Kontaktlinsen, Reinigungsmittel für Kontaktlinsen;
Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-,
fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-,
Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und
-instrumente; Apertometer, Brillen, Kontaktlinsen,
Kontaktlinsenetuis, Korrektionslinsen, Lupen, Objektive, Optikerwaren, Prismen, Vorsatzlinsen, Fernrohre, Mikroskope;
Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine;
Klasse 44: Dienstleistungen eines Augenoptikers.
I.
Das Wortzeichen 30 2011 053 050.5
specs
ist am 20. Oktober 2011 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 9, 14, 25 und 44 angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 14 hat die Anmeldung mit Beschluss vom 27. Februar 2012 teilweise wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, nämlich für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass es sich bei dem Zeichenwort „specs“ um die umgangssprachliche Abkürzung des englischen Begriffs „spectacles“ mit der Bedeutung „Brille“ handle. Die Bezeichnung weise damit beschreibend auf den Gegenstand, die Art und Bestimmung der zurückgewiesenen Waren hin. Das angesprochene Publikum werde nur wahrnehmen, dass die so gekennzeichneten Waren selbst Brillen verkörperten bzw. für Brillen geeignet oder für deren Herstellung, Anpassung und Reparatur bestimmt seien. Hinsichtlich der in Klasse 44 beanspruchten Dienstleistung eigne sich das Anmeldezeichen als beschreibender Hinweis auf deren Tätigkeitsfeld. Die vom Anmelder vertretene Auffassung, dass die englische Abkürzung „specs“ in der deutschen Sprache nicht gebräuchlich sei, könne nicht geteilt werden. Da Englisch zur Welthandelssprache gehöre, sei vielmehr davon auszugehen, dass der Großteil der Verbraucher die Bedeutung des Zeichens verstehen werde. Auch die vom Anmelder angeführte Mehrdeutigkeit führe nicht zur Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, die bislang nicht begründet wurde. Im Verfahren vor dem Amt hat er vorgetragen, dass den inländischen Verkehrskreisen die vom DPMA angeführte Bedeutung der Bezeichnung „specs“ im Zusammenhang mit Brillen nicht geläufig sei. Abgesehen davon eigne sich das Zeichenwort nicht zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Das Anmeldezeichen verfüge damit über die erforderliche Unterscheidungskraft und sei auch nicht freihaltebedürftig.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat Erfolg. Mangels eines Sachantrags geht der Senat von einer Anfechtung des zurückweisenden Teils des Beschlusses des DPMA vom 27. Februar 2012 aus.
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „specs“ als Marke stehen in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
Bei dem Anmeldezeichen handelt es sich zunächst nicht um eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe.
Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 35, 36 - BIOMILD; GRUR 1999, 723, 725 Rdnr. 25 - Chiemsee).
Für die markenrechtliche Schutzfähigkeit fremdsprachiger Angaben kommt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung darauf an, ob die beteiligten inländischen Verkehrskreise im Stande sind, die Bedeutung des fremdsprachigen Markenwortes zu erkennen, wobei gleichermaßen auf die Durchschnittsverbraucher als auch auf die am Handel beteiligten inländischen Fachkreise abzustellen ist (EuGH GRUR 2010, 534 - PRANAHAUS; GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdnr. 393 f. m. w. N.). Unter den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallen dabei insbesondere aus gängigen Ausdrücken einer Welthandelssprache gebildete beschreibende Angaben.
Das Zeichenwort „specs“ lässt sich im Englischen als umgangssprachliche Abkürzung des Substantivs „spectacles“ mit der Bedeutung „Brille“ belegen (Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]; PONS - Großwörterbuch Englisch - Deutsch, 1. Aufl. 2008, S. 935). Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass dieser Begriff zum englischen Grundwortschatz gehört und den überwiegenden Teilen der inländischen Verkehrskreise, insbesondere den Durchschnittsverbrauchern, geläufig ist. Wie eine Recherche des Senats, auch im Internet unter www.google.de, ergeben hat, taucht dieser Begriff im Zusammenhang mit Brillen auf deutschen Seiten nur ganz vereinzelt auf, und zwar entweder markenmäßig („Le Specs Brillen“ bzw. „Rec Specs Sportschutzbrille“) oder als Firmenbezeichnung eines Optikers (vgl. http://www.specs-berlin.de/). Die übrigen Treffer auf den ersten Seiten einer Google-Suche zu „specs“ beziehen sich - abgesehen von Wörterbucheinträgen - auf die Verwendung dieses Wortes in anderen Bedeutungen bzw. in anderen Branchen (u. a. Computer, Telefone, Sport) sowie als Unternehmenskennzeichen. Abgesehen davon ist dem deutschen Publikum in erster Linie der englische Begriff „glasses“ für „Brille“ geläufig, wohingegen „spectacles“ nur einem geringen Teil der Durchschnittsverbraucher bekannt sein dürfte. Dies gilt erst recht für die Abkürzung „specs“.
Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen kann auch nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass den beteiligten inländischen Fachkreisen, zu denen bei den hier angemeldeten Waren und Dienstleistungen insbesondere die Augenoptiker gehören, die Bezeichnung „specs“ in der Bedeutung von „Brillen“ ohne Weiteres geläufig und deshalb verständlich ist.
Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen kommt daher ein Ausschluss von der Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht in Betracht.
Dem Anmeldezeichen kann auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH MarkenR 2012, 19, Rdnr. 8 - Link economy; GRUR 2010, 1100, Rdnr. 10 - TOOOR!; GRUR 2010, 825, 826, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006).
Mangels eines dem inländischen Publikum ohne Weiteres verständlichen Aussagegehalts der Bezeichnung „specs“ weist diese für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann. Damit eignet sich das angemeldete Wortzeichen als betrieblicher Herkunftshinweis.