Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 22.07.2011


BPatG 22.07.2011 - 28 W (pat) 523/11

Markenbeschwerdeverfahren – "fensterbau24" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
22.07.2011
Aktenzeichen:
28 W (pat) 523/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 026 648. 1

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 22. Juli 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Klante, der Richterin Martens und des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet zur Eintragung ins Register ist die Wortmarke

2

fensterbau24

3

für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 19 und 37

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„Baumaterialien aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Fenster aus Metall; Baumaterialien, nicht aus Metall; transportable Bauten, nicht aus Metall; Fenster, nicht aus Metall; Fensterrahmen, nicht aus Metall; Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten“

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Die Anmeldung wurde von der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die angemeldete Marke beinhalte im Hinblick auf die beanspruchten Waren einen unmittelbar beschreibenden Charakter, weshalb ihr die angesprochenen Verbraucher ausschließlich einen Sachhinweis auf einen Rund-um-die-Uhr-Service im Bereich des Fensterbaus, aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis entnehmen würden.

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Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und sinngemäß vorgetragen, der angemeldeten Marke könnten keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden. Vor allem aus der großen Zahl von bereits eingetragenen Marken mit dem Bestandteil „24“ ergebe sich, dass die Zurückweisung der angemeldeten Marke willkürlich sei und nicht mit der Rechtsprechung des EuGH in Einklang stehe. Der angefochtene Beschluss interpretiere den Begriffsgehalt des Markenbestandteils „Fensterbau“ zudem viel zu weit und damit unzutreffend, da dieser nichts mit Servicedienstleistungen, Ersatzlieferungen und sogenannten Problemlösungen zu tun habe. Der von der Markenstelle zugrunde gelegte, vermeintlich beschreibende Bedeutungsgehalt der Anmeldemarke erschließe sich ohnehin erst bei einer zielgerichteten, näher analysierenden Betrachtungsweise, wie sie im Markenrecht jedoch keine Stütze finde.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die nach den §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

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Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH, MarkenR 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; BGH, GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006). Ob ein Zeichen diese Unterscheidungskraft aufweist, ist stets im Hinblick auf die beanspruchten Produkte und Dienstleistungen sowie die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. EuGH, GRUR 2008, 608 ff., Rdn. 66 f. – EUROHYPO). Keine Unterscheidungskraft besitzen zum einen Zeichen, die im Hinblick auf die einschlägigen Produkte oder Dienstleistungen einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen. Bei solchen beschreibenden Angaben ist nicht davon auszugehen, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH, GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard). Darüber hinaus werden von dieser Norm auch nicht unmittelbar beschreibende Angaben erfasst, wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (EuGH, GRUR 2004, 674, 677, Rdn. 70, 86 – Postkantoor; BGH, GRUR 2009, 411, Rdn. 9 – STREETBALL). Für eine Zurückweisung beschreibender Angaben ist es somit keineswegs erforderlich, dass ein Zeichen aus Begriffen besteht, mit denen die fraglichen Waren bzw. Dienstleistungen direkt bezeichnet oder Merkmale beschrieben werden, die ihnen unmittelbar anhaften (vgl. EuGH, GRUR RR 2008, 47, Rdn. 32 – map&guide).

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Im vorliegenden Fall richten sich die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vornehmlich an die allgemeinen Endverbraucherkreise. Diese werden in der Anmeldemarke ohne weitere Überlegungen einen unzweideutigen, schlagwortartigen Hinweis auf die Art und den Bestimmungszweck sowie die 24-stündige Verfügbarkeit der fraglichen Produkte und Leistungen sehen. Bei diesen Produkten und Leistungen kann es sich ausweislich des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses um Fenster und Fensterrahmen handeln bzw. um für ihren Einbau erforderliche Baumaterialien und Aufbauten, sowie auf den Fensterbau bezogene Montage und Serviceleistungen, zu denen etwa auch die erforderlichen Installation bei motorischen Fenster-Steuerungssystemen zählen können, wie z. B. funkgesteuerte Verschluss- und Öffnungsmelder, Regensensoren oder elektronische Verriegelungssysteme. Ein Sachbezug des Anmeldezeichens ist somit im Hinblick auf sämtliche verfahrensgegenständliche Waren und Leistungen möglich.

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Aus der konkreten Kombination des Fachbegriffs „fensterbau“ mit der Zahl „24“ ergibt sich unter keinem Gesichtspunkt ein schutzbegründender Gesamteindruck. Vielmehr entspricht die Anmeldemarke in ihrem Aufbau in jeder Hinsicht den allgemeinen (Werbe-)Sprachgewohnheiten. Das inländische Publikum ist bereits seit langem auf nahezu allen Produkt- und Dienstleistungsbereichen an eine Vielzahl vergleichbar gebildeter Zusammenstellungen gewöhnt, die aus einer den jeweils einschlägigen Waren- oder Dienstleistungsbereich konkretisierenden Sachangabe und der nachgestellten Zahl „24“ gebildet sind, wie dies bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt und mit verschiedenen Rechtsprechungsangaben belegt hat. Gerade im Zuge der zunehmenden Nutzung des Internets hat sich die Zahl „24“ zu einem der Sach- bzw. Werbekürzel schlechthin entwickelt und weist in Kombinationen mit einem vorangestellten Sachbegriff für das inländische Publikum unmissverständlich auf die rund um die Uhr bestehende Verfügbarkeit der jeweils beworbenen Waren oder Dienstleistungen hin. Zwar sind solche Zeichen oder Angaben, die als Werbemittel verwendet werden können, nicht schon aus diesem Grund als schutzunfähig anzusehen (vgl. EuGH, GRUR 2010, 228, Rdn. 35 – Vorsprung durch Technik; BGH, WRP 2010, 1149, Rdn. 15 – Marlene-Dietrich-Bildnis II). Ordnen die Verbraucher einem Wortzeichen aber ausschließlich eine sachbezogene Aussage und nicht zumindest auch eine betriebskennzeichnende Funktion zu, steht seiner Eintragung das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen (vg. EuGH, GRUR 2004, 674, Rdn. 97 – Postkantoor; BGH, GRUR 2005, 257, 258 – Bürogebäude). Dies ist hier der Fall, da die angemeldete Marke in keiner Weise über die bloße Summenwirkung der beiden verwendeten Sachangaben „fensterbau“ und „24“ hinausgeht. Insoweit wäre nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ohnehin nicht schon jede, irgendwie geartete Abweichung von der Alltagssprache ausreichend. Vielmehr muss die Ungewöhnlichkeit der Kombination in jedem Fall relevante Aspekte wie die Form des Zeichens oder dessen Bedeutungsgehalt betreffen, damit sie eine schutzbegründende Eigenart besitzt und sich nicht in der bloßen Aneinanderreihung beschreibender Bestandteile erschöpft (vgl. EuGH, GRUR 2010, 931, Rdn. 61 ff. – COLOR EDITION; BGH, GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Nur dann ist es den Verbrauchern möglich, eine solche Wortkombination ohne analysierende Betrachtungen oder linguistische Bewertungen als betriebskennzeichnend i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu werten.

12

Die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen hat der Senat bei der Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Zeichens berücksichtigt. Hieraus haben sich aber keinerlei schutzfähigkeitsbegründende Gesichtspunkte ergeben. Eine Bindung an die angeführten Vorentscheidungen scheidet nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus (vgl. EuGH, MarkenR 2009, 478, Rdn. 57 – American Clothing; BGH, GRUR 2011, 230, Rdn. 10 ff. – SUPERgirl). Dies gilt selbst für den Fall, dass für denselben Anmelder bereits einmal eine identische Marke für schutzfähig erachtet und eingetragen wurde (vgl. BGH, GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – STREETBALL).

13

Da das Anmeldezeichen somit bereits nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, kann die Frage dahingestellt bleiben, ob an seiner freien Verwendbarkeit auch ein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht.

14

Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen. Der Senat konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin und Beschwerdeführerin keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat und ein solcher Termin auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich war (§ 69 MarkenG).