Entscheidungsdatum: 18.04.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 026 806.7
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. April 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein und der Richter Schmid und Dr. Söchtig
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 12, vom 5. Februar 2015 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die nachgenannten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:
Klasse 12:
Motorisierte Landfahrzeuge sowie deren Teile; Motoren und Antriebssysteme für Landfahrzeuge, Antriebe für Landfahrzeuge sowie deren Teile; Kupplungen für Landfahrzeuge; Fahrwerke für Landfahrzeuge; Chassis für Fahrzeuge; Karosserien für Fahrzeuge; Reifen (Pneus), Schläuche für Reifen, Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen, Flickzeug für Reifenschläuche, selbstklebende Flickgummis für die Reparatur von Reifenschläuchen, Reifen für Fahrzeugräder, Spikes für Reifen, Gleitschutzketten, Schneeketten, Felgen für Fahrzeugräder, Vollgummireifen für Fahrzeugräder, Fahrzeugräder, Radnaben von Automobilen; Stoßdämpfer für Fahrzeuge, Stoßdämpferfedern für Fahrzeuge; Kopfstützen für Fahrzeugsitze; Fahrzeugsitze; Rückspiegel; Alarmanlagen für Fahrzeuge, Diebstahlsicherungen für Fahrzeuge; Zigarettenanzünder für Automobile; Kraftfahrzeuge, Automobile und deren Teile; Autobusse; Lastkraftwagen; Wohnwagen; Anhänger und Sattelauflieger für Fahrzeuge, Anhängerkupplungen für Fahrzeuge; Traktoren; Motorräder, Mopeds; Omnibusse;
Klasse 28:
Verkleinerte Fahrzeugmodelle, Modellautos und Spielzeugautos; Modellbausätze [Spielwaren]; Fahrzeuge für Kinder (soweit in Klasse 28 enthalten), Roller (Kinderfahrzeuge); Plüschtiere und sonstige Plüschspielzeugartikel;
Klasse 35:
Unternehmensverwaltung und organisatorische Verwaltung von Kraftfahrzeug-Fuhrparks für Dritte;
Klasse 37:
Reparatur, Instandhaltung, Demontage, Wartung, Pflege, Reinigung von Fahrzeugen, Motoren und deren jeweiligen Teilen; Lackieren von Motoren und deren Teilen sowie von Teilen von Fahrzeugen; Montage von Fahrzeugen, Motoren und deren jeweiligen Teilen für Dritte, Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe.
I.
Die Anmelderin hat am 11. April 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, die Bezeichnung
CHOICE
als Wortmarke für die folgenden Waren und Dienstleistungen in das Markenregister einzutragen:
Klasse 12:
Motorisierte Landfahrzeuge sowie deren Teile; Motoren und Antriebssysteme für Landfahrzeuge, Antriebe für Landfahrzeuge sowie deren Teile; Kupplungen für Landfahrzeuge; Fahrwerke für Landfahrzeuge; Chassis für Fahrzeuge; Karosserien für Fahrzeuge; Reifen (Pneus), Schläuche für Reifen, Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen, Flickzeug für Reifenschläuche, selbstklebende Flickgummis für die Reparatur von Reifenschläuchen, Reifen für Fahrzeugräder, Spikes für Reifen, Gleitschutzketten, Schneeketten, Felgen für Fahrzeugräder, Vollgummireifen für Fahrzeugräder, Fahrzeugräder, Radnaben von Automobilen; Stoßdämpfer für Fahrzeuge, Stoßdämpferfedern für Fahrzeuge; Kopfstützen für Fahrzeugsitze; Fahrzeugsitze; Rückspiegel; Alarmanlagen für Fahrzeuge, Diebstahlsicherungen für Fahrzeuge; Zigarettenanzünder für Automobile; Kraftfahrzeuge, Automobile und deren Teile; Autobusse; Lastkraftwagen; Wohnwagen; Anhänger und Sattelauflieger für Fahrzeuge, Anhängerkupplungen für Fahrzeuge; Traktoren; Motorräder, Mopeds; Omnibusse;
Klasse 28:
Verkleinerte Fahrzeugmodelle, Modellautos und Spielzeugautos; Modellbausätze [Spielwaren]; Fahrzeuge für Kinder (soweit in Klasse 28 enthalten), Roller (Kinderfahrzeuge); Spielkarten; Plüschtiere und sonstige Plüschspielzeugartikel; Unterhaltungs- und Spielgeräte, Videospielgeräte, tragbare Spiele mit LCD-Display;
Klasse 35:
Einzel- und Großhandelsdienstleistungen bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör; Einzel- und Großhandelsdienstleistungen für den Versandhandel bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör; Dienstleistungen des Einzel- und Großhandels über das Internet bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör; Einzel- und Großhandelsdienstleistungen mittels Teleshopping-Sendungen bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör; das Zusammenstellen (ausgenommen deren Transport) verschiedener Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeugteile oder verschiedenen Kraftfahrzeugzubehörs für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren in einer Einzelhandelsverkaufsstelle zu erleichtern; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör; Unternehmensverwaltung und organisatorische Verwaltung von Kraftfahrzeug-Fuhrparks für Dritte;
Klasse 37:
Umbau, Reparatur, Instandhaltung, Demontage, Wartung, Pflege, Reinigung und Lackieren von Fahrzeugen, Motoren und deren jeweiligen Teilen, Montage von Fahrzeugen, Motoren und deren jeweiligen Teilen für Dritte, Reparatur von Fahrzeugen im Rahmen der Pannenhilfe; kundenspezifische Durchführung von Umbauten an Karosserie, Fahrwerk und Motor von Kraftfahrzeugen (Tuning), soweit in Klasse 37 enthalten.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 12, hat die Anmeldung nach vorausgehender Beanstandung durch Beschluss vom 5. Februar 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das angemeldete Zeichen entbehre für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Das englischsprachige Wort „CHOICE“ bedeute als Substantiv u. a. Auswahl, Auslese. Es werde häufig als Werbeschlagwort verwendet, das als Qualitätsangabe für die besondere Auswahl aus einem umfangreichen Sortiment stehe. Das Anmeldezeichen erschöpfe sich daher in einer werblich anpreisenden Aussage, die nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen verstanden werde.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 10. März 2015. Sie meint, das angemeldete Wortzeichen unterliege keinem Eintragungshindernis. Es benenne keine Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Ebenso sei eine tatsächliche Verwendung des Zeichens „CHOICE“ als Qualitätsangabe nicht feststellbar.
Die Beschwerdeführerin hat mit Eingabe vom 29. Januar 2018 mitgeteilt, dass sie die Anmeldung für die nachgenannten Waren und Dienstleistungen nicht aufrechterhält:
Klasse 28:
Spielkarten; Unterhaltungs- und Spielgeräte, Videospielgeräte, tragbare Spiele mit LCD-Display;
Klasse 35:
Einzel- und Großhandelsdienstleistungen bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör; Einzel- und Großhandelsdienstleistungen für den Versandhandel bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör; Dienstleistungen des Einzel- und Großhandels über das Internet bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör; Einzel- und Großhandelsdienstleistungen mittels Teleshopping-Sendungen bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör; das Zusammenstellen (ausgenommen deren Transport) verschiedener Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeugteile oder verschiedenen Kraftfahrzeugzubehörs für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren in einer Einzelhandelsverkaufsstelle zu erleichtern; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör;
Klasse 37:
Umbau von Fahrzeugen, Motoren und deren jeweiligen Teilen; Lackieren von Fahrzeugen; kundenspezifische Durchführung von Umbauten an Karosserie, Fahrwerk und Motor von Kraftfahrzeugen (Tuning), soweit in Klasse 37 enthalten.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 12, vom 5. Februar 2015 aufzuheben, soweit die Anmeldung für die noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat im beschwerdegegenständlichen Umfang Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „CHOICE“ stehen insoweit keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG, insbesondere nicht das Fehlen der Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, entgegen. Der angegriffene Beschluss war daher im tenorierten Umfang aufzuheben.
Soweit die Beschwerdeführerin die Anmeldung auf Grund ihrer Erklärung vom 29. Januar 2018 nicht mehr aufrechterhält, ist der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Februar 2015 gegenstandslos.
1. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 - HOT). Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets ausschließlich als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2014, 1204, Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress; GRUR 2013, 731, Rdnr. 22 - Kaleido; GRUR 2016, 934, Rdnr. 12, 23 - OUI; GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 - FUSSBALL WM 2006).
Nach diesen Grundsätzen kann dem angemeldeten Wortzeichen „CHOICE“ nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
Das - wie am Ausdruck „multiple choice“ ersichtlich - im Inland gebräuchliche englische Wort „choice" hat im Deutschen die Bedeutungen „(freie) Wahl", „(große) Auswahl", „Auslese“ bzw. - als Adjektiv - „auserlesen" (vgl. Langenscheidt Muret-Sanders, Großwörterbuch Englisch-Deutsch, 2001, Seite 211).
Hinsichtlich der Bedeutungen „Auslese“ bzw. „auserlesen“, auf die das Deutsche Patent- und Markenamt in der Sache abgestellt hat, fehlen ausreichende Anhaltspunkte für ein Verständnis des Zeichens, insbesondere als Sachangabe oder Werbeanpreisung. Die Markenstelle für Klasse 12 hat sich zur Begründung der Zurückweisung auf die lexikalische Wortbedeutung gestützt, ohne die behauptete häufige Verwendung als Werbeschlagwort näher zu erläutern. Nach den Ermittlungen des Senats konnte eine tatsächliche Verwendung des Anmeldezeichens als qualitätsanpreisende Angabe in den beschwerdegegenständlichen oder in vergleichbaren Produkt- bzw. Tätigkeitsbereichen weder im Inland noch in anderen Ländern festgestellt werden. Die Recherchen des Senats lassen vielmehr darauf schließen, dass der Begriff „CHOICE“ in der Bedeutung „Auslese“ - ähnlich wie im Deutschen - nur in Bezug auf Sachen gebraucht wird, deren Qualität maßgeblich von der Auslese hochwertiger natürlicher Rohstoffe abhängt. So ist der Ausdruck „choice“ als Fachbezeichnung für den besten Tabak-Qualitätsgrad im US-Standard-Grading-System eingeführt (vgl. Voges, Tobacco Encyclopedia, Seite 73). Auch in Wörterbüchern findet sich diese Bedeutung des Wortes „choice“ regelmäßig im Zusammenhang mit der Auswahl von natürlichen Rohstoffen oder Produkten (vgl. Online-Lexikon BEOLINGUS, u. a. „choice wines“ oder „we select only the choicest apples“). Im Bereich der noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen kommt hingegen eine Verwendung des Wortes „choice“ im Sinne von „Auslese“ oder „auserlesen“ nicht in Betracht.
In den Bedeutungen „(freie) Wahl“ oder „(große) Auswahl“ verfügt das Anmeldezeichen über keinen ausreichend deutlichen Sachbezug zu den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen. Zwar können erstgenannte - wie beispielsweise bei Kraftfahrzeugen - mit alternativen Modell- und Leistungsoptionen, ggf. nach Art eines Baukastens, angeboten werden. Dem Kunden wird damit eine Auswahl an Produktvarianten ermöglicht. Eine derartige Sachaussage vermittelt aber nicht unmittelbar und ohne analysierende Betrachtung das Zeichen „CHOICE“ als solches. Es ist schon zweifelhaft, ob es ohne nähere Konkretisierung - wie sie etwa bei der Wortkombination „your choice“ erfolgt ist - aus sich heraus als Hinweis auf eine Wahlmöglichkeit des Kunden verstanden wird. Sofern dies der Fall sein sollte, ist dem Zeichen in Verbindung mit den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen dennoch nicht ohne weiteres zu entnehmen, dass aus verschiedenen Produkt- oder Tätigkeitsvarianten ausgewählt werden kann. Das Publikum erwartet eine erläuternde Angabe darüber, worauf sich die Wahlmöglichkeit konkret bezieht. In Betracht kommen hierbei vielfältige Varianten, wie etwa Motorleistung, Farbe, Ausstattung oder Reparaturumfang. Insofern kann das Publikum aus dem Zeichen in Verbindung mit den noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen allenfalls darauf schließen, dass irgendetwas von ihm ausgewählt werden kann oder vom Hersteller bzw. Erbringer ausgewählt worden ist. Eine ausreichend klare Sachaussage ergibt sich daraus jedoch nicht. Dass das Zeichen zu produktbezogenen Assoziationen Anlass geben oder eine ausgesuchte Produktqualität andeuten kann, reicht für die Annahme des Vorliegens des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht aus.
Andere unmittelbar verständliche Sach- oder Werbebotschaften sind mit dem Anmeldezeichen ebenfalls nicht verbunden.
2. Aus den unter Ziffer 1. genannten Gründen steht der Eintragung des Zeichens „CHOICE“ für die im Tenor aufgeführten Waren und Dienstleistungen auch nicht das Eintragungshindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Insoweit stellt es keine unmittelbar beschreibende freihaltebedürftige Angabe dar.
Der Beschwerde war somit im beschwerdegegenständlichen Umfang stattzugeben.