Entscheidungsdatum: 02.02.2017
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2012 057 747.4
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundepatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig am 2. Februar 2017
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 4, vom 11. April 2013 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
I.
Das dreidimensionale Zeichen
ist am 3. November 2012 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register angemeldet worden. Nach einer im Anmeldeverfahren erfolgten Änderung des Warenverzeichnisses sucht es nunmehr Schutz für die folgenden Waren nach (beschwerdegegenständliche Waren in Fettdruck):
Klasse 1: Antiklopfmittel für Verbrennungsmotoren; Bremsflüssigkeiten; chemische Imprägniermittel für Textilien; chemische Imprägniermittel für Leder; chemische Zusätze für Öle; chemische Zusätze für Kraftstoff und Treibstoff; destilliertes Wasser; Feuchtigkeitsimprägniermittel für Textilien; Feuchtigkeitsimprägniermittel für Leder; Fluide für Getriebe; Frostschutzmittel; Hydraulikflüssigkeiten
Klasse 2: Farben; Korrosionsschutzmittel; Lacke; Rostschutzfette; Rostschutzmittel; Rostschutzöle; Unterbodenschutz für Fahrgestelle
Klasse 3: Fettentfernungsmittel, außer zur Verwendung in Herstellungsverfahren; Luftbeduftungsmittel; Öle für Reinigungszwecke; Putzmittel; Poliermittel; Reinigungsmittel
Klasse 4: Automatikgetriebeöle; Bearbeitungsöle (technische Öle), Brennstoffe; Getriebeöle; Hydrauliköle; Industrieöle (technische Öle); Motorenöle; Öle für technische Zwecke; Schmierfette; Schmiermittel; Schmieröle; technische Fette; Treibstoffe.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 4, hat nach vorangegangenem Beanstandungsbescheid vom 23. Januar 2013 mit Beschluss vom 11. April 2013 die Anmeldung für die beschwerdegegenständlichen Waren zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Anmeldezeichen fehle im Umfang der Zurückweisung die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Das angemeldete dreidimensionale Zeichen weise die übliche Form einer Flasche für Flüssigkeiten und alle notwendigen technischen Eigenschaften einer solchen wie Greifbarkeit, Ausgießöffnung, Standfähigkeit sowie Flächen zur Etikettierung auf.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens hinsichtlich der beanspruchten Waren sei vom Verkehrsverständnis eines Autofahrers bzw. einer Autofahrerin auszugehen. Diesen begegneten die Produkte als solche in einer greifbaren Form überwiegend beim Tanken und im Super- oder Baumarkt im typischen Massenangebot verschiedener Marken. Dabei wiesen die jeweiligen Produkte eine große, gut erkennbare marken- und inhaltsmäßige Kennzeichnung auf, nämlich durch schriftliche und bildliche Darstellung auf den im Vergleich zu den gestalterischen Elementen großen Etikettierungsflächen. Diese Flächen seien auch bei den verfahrensgegenständlichen Abbildungen des Anmeldezeichens vorhanden. Es dürfte kaum möglich sein, die angemeldeten Waren ohne eine klare und weitreichende Kennzeichnung zumindest hinsichtlich der technischen Eigenschaften im Einzelhandel zu platzieren. Somit bestehe für den Käufer nicht die Notwendigkeit, bei der Auswahl der Produkte seine Aufmerksamkeit in besonderer Weise auf deren Detailgestaltung (bzw. auf die Verpackung) zu richten. Vielmehr müssten primär die für das entsprechende Fahrzeug notwendigen technischen Parameter erfüllt sein, die sich nur durch schriftliche Informationen auf dem Behältnis ermitteln ließen, wo sich auch markenmäßige Kennzeichnungen befänden. Daneben werde sich der Verkehr eher noch an der Farbe des verwendeten Behältnisses orientieren, da diese in einem breiten Angebot deutlich schneller zu erkennen sei als die Details der Formgestaltung.
Die angedeutete Form eines Motor-Kolbens mit Pleuelstange sei zwar originell, aber dennoch nicht ausreichend prägnant in Bezug auf den Gesamteindruck, zumal im Verkaufsregal entsprechende Produkte im Wesentlichen mit einer der Etikettenflächen zum Kunden hin ausgerichtet seien. Es sei außerdem fraglich, ob sich dem angesprochenen Verkehr die angedeutete Kolben-Pleuel-Darstellung als solche überhaupt erschließe. Schließlich würden technisch erfahrene Käufer, die die Andeutung erkennen würden, darin einen Sachhinweis sehen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 22. Mai 2013, mit der sie sinngemäß beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. April 2013 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Zur Begründung führt sie aus, die vermeintlich übliche Verkaufsposition, bei der dem Kunden ein Etikett zugewandt sei, sei nicht allein maßgeblich zur Beurteilung der Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens. Vielmehr weise dieses in seiner angemeldeten Form keinerlei Etikett auf und müsse in seiner Gesamtheit, also als dreidimensionales Objekt geprüft werden. Eine bestimmte Seitenansicht sei hingegen nicht maßgeblich. Tatsächlich trage die im Anmeldezeichen enthaltene Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung dazu bei, dass ihm unabhängig von der Sichtbarkeit des Etiketts, folglich auch bei einer andersartigen Verkaufspositionierung die erforderliche Hinweisfunktion zukomme.
Ferner sei die Gestaltung durch die angedeutete Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung auch originell, da branchenübliche Verpackungen lediglich abstrakte oder funktionsmäßig bedingte Gestaltungsmerkmale aufwiesen. Zwar sei die Anordnung kleiner als die weiteren Bereiche der Flasche. Diese seien allerdings lediglich zweckmäßig geformt, würden also hinter ihr zurücktreten und von ihr nicht ablenken. Die Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung dominiere daher den Gesamteindruck des beanspruchten Zeichens. Sie sei schon deshalb für die angesprochenen Verbraucher – und nicht nur für technisch besonders erfahrene Käufer – erkennbar, da jeder Autofahrer seit seiner Führerscheinausbildung den Kolbenmotor kenne. Die Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung werde dabei aber nicht als Sachhinweis verstanden. Ein solcher sei lediglich mit einem entsprechenden zweidimensionalen Aufdruck verbunden. Das Anmeldezeichen kombiniere aber die Andeutung der Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung mit der Form der Flasche in derart spezieller Weise, dass ihm nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist begründet, da der Eintragung des Anmeldezeichens für die beschwerdegegenständlichen Waren insbesondere nicht die Schutzhindernisse des Fehlens der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sowie der Eignung zur Täuschung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG entgegenstehen.
1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 – Freixenet; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 – HOT; GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 – Standbeutel; GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 – BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 – EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 – VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 – Link economy).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/ oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 – SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006).
Unter solchen Umständen ist eine angemeldete Waren- oder Verpackungsform nicht bereits deshalb unterscheidungskräftig, weil sie sich in irgendeiner Weise von branchenüblichen Produktformen unterscheidet. Vielmehr vermag eine solche dreidimensionale Marke die erforderliche Herkunftsfunktion nur dann zu erfüllen, wenn sie erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht. Hierzu muss die Marke charakteristische Merkmale aufweisen, die deutlich aus dem Rahmen der gebräuchlichen Gestaltungsvielfalt auf dem jeweiligen Warengebiet fallen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 8, Rdnr. 283). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Formmarke ist dabei der von ihr hervorgerufene Gesamteindruck.
a) Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich sowohl um Durchschnittsverbraucher als auch um Fachkreise, die sich beruflich mit Betriebsmitteln für Maschinen beschäftigen.
b) Das dreidimensionale Zeichen weicht vorliegend erheblich von der branchenüblichen Gestaltung von Verpackungen der beschwerdegegenständlichen Waren ab. Bei ihnen herrschen entweder rein zweckmäßige und teilweise technisch notwendige Verpackungsgestaltungsmerkmale vor oder diese erschöpfen sich in leichten Abweichungen ästhetischer Art. Die im Anmeldezeichen enthaltende Andeutung eines realen Gegenstandes, der von dem Produkt selbst und der notwendigen Verpackungsform unabhängig ist, ist bei vergleichbaren Verpackungen für die beschwerdegegenständlichen Waren gänzlich unüblich. Dies zeigt zunächst die vom Deutschen Patent- und Markenamt selbst durchgeführte Recherche (vgl. die Anlagen zum Beanstandungsbescheid vom 23. Januar 2013). Aber auch eine ergänzend vom Senat durchgeführte Überprüfung hat ergeben, dass die Andeutung eines konkreten Gegenstands als Bestandteil der Produktverpackung für die verfahrensgegenständlichen Waren, insbesondere die Darstellung des Teils, wo die Waren zur Anwendung kommen sollen, nicht üblich ist und erheblich von sonstigen Verpackungsgestaltungen in der Branche abweicht.
So werden Antiklopfmittel, Bremsflüssigkeiten sowie Getriebefluide der Klasse 1 zwar überwiegend ebenfalls in flaschenförmigen Gebilden angeboten. Diese sind jedoch zumeist eher funktional gehalten. Die Inkorporierung eines konkreten Gegenstands als Designelement innerhalb der jeweiligen Verpackung findet sich bei Drittanbietern nicht (vgl. Anlagen 1 bis 3, in denen – wie in den weiteren Anlagen auch – eine Vielzahl von Verpackungen der betreffenden Waren abgebildet ist). Frostschutzmittel werden auf dem Markt üblicherweise nicht in Flaschen, sondern vielmehr in großen kanisterförmigen Behältnissen vertrieben, wobei auch hier deren Funktionalität – primär deren Fassungsvermögen – im Vordergrund steht, ohne dass ergänzend besondere Designelemente in die jeweiligen Behältnisse eingearbeitet sind (vgl. Anlage 4).
Ähnlich verhält es sich auch hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Waren in Klasse 2. So werden Korrosionsschutzmittel überwiegend in Dosenform angeboten. Lediglich vereinzelt verwenden Hersteller Flaschen, ohne diesen jedoch ein irgendwie geartetes besonderes Design zu verleihen (vgl. Anlage 5). Auch Rostschutzmittel werden überwiegend in Dosen vertrieben. Weder sie noch die teilweise verwendeten Flaschen weisen jedoch besondere gestalterische Merkmale auf (Anlage 6). Entsprechend verhält es sich auch hinsichtlich der Ware Unterbodenschutz. Ebenso ist hier die Dose als Verpackungsform vorherrschend (Anlage 7).
Bei den Waren Fettentferner und Reinigungsmittel der Klasse 3 ist zwar die Verwendung von Flaschen üblich. Vornehmlich werden diese jedoch mit einem Sprühkopf versehen. Vereinzelt von einigen Anbietern verwendete Flaschen ohne einen solchen sowie Kanister weisen wiederum keine besonderen Gestaltungen auf (vgl. Anlagen 8 und 9).
Hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren in Klasse 4 hat die Recherche des Senats ergeben, dass beispielsweise Automatikgetriebeöle zwar überwiegend in Flaschenform angeboten werden (vgl. Anlage 10). Den Produkten fehlt jedoch wiederum regelmäßig die Inkorporierung eines konkreten Gegenstandes als Designelement. Bei Motorenölen finden wiederum überwiegend Kanister als Verpackung Verwendung. Soweit diesbezüglich verwendete Kanister eine individuelle Gestaltung aufweisen, beschränkt sich diese auf einfachste Elemente, wie etwa die Verwendung von Rillenanordnungen. Die Einarbeitung konkreter Gegenstände als Bestandteil der jeweiligen Kanisterform selbst findet sich hingegen bei keinem der dortigen Anbieter (vgl. Anlage 11). Entsprechend verhält es sich auch hinsichtlich der Anbieter von Getriebeölen (vgl. Anlage 12). Sofern dort entsprechende Produkte auch in Flaschenform angeboten werden, beschränkt sich deren Design wiederum auf rein funktionale Gestaltungen. Schmiermittel wiederum werden überwiegend in Dosenform angeboten. Soweit einzelne Anbieter insoweit auch Flaschenformen verwenden, weisen diese wieder keine über deren bloße Zweckmäßigkeit hinausgehende besondere Gestaltungen auf (vgl. Anlage 13).
c) Die Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung wirkt im maßgeblichen Gesamteindruck nicht zu klein, um ausreichend prägnant zu sein und eine hinreichende Unterscheidungskraft zu begründen. Dies gilt auch unter Zugrundelegung einer auf die Etikettenfläche gerichteten Perspektive. Es ist grundsätzlich nicht notwendig, dass ein die Unterscheidungskraft begründendes Gestaltungsmerkmal einen bestimmten Größenanteil des Gesamtzeichens ausmacht. Die Anmelderin hat zutreffend ausgeführt, dass die übrigen Gestaltungsmerkmale des dreidimensionalen Zeichens im Wesentlichen zweckmäßig sind. Die Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung ist dagegen originell und sticht somit gegenüber den weiteren rein zweckmäßigen Gestaltungsmerkmalen hervor, dominiert also den Gesamteindruck des angemeldeten Zeichens. Der angesprochene Verkehr wird originelle, von der Norm abweichende Gestaltungselemente weitaus eher wahrnehmen, als solche, die der Funktion oder Handhabung des Produkts dienen.
d) Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts in seinem angegriffenen Beschluss kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Orientierung des Verbrauchers an dreidimensionalen Gestaltungsmerkmalen nicht notwendig ist und somit unterbleibt. Für die beschwerdegegenständlichen Waren ist vielmehr das Gegenteil anzunehmen. Da die besonders großen Etikettierflächen üblicherweise eine Fülle von technischen Informationen enthalten, wird der Verbraucher andere, einfachere Orientierungsmöglichkeiten suchen, um Rückschlüsse auf den entsprechenden Hersteller der Ware ziehen zu können. Hierfür ist ein originelles Gestaltungselement der Flasche in besonderem Maße geeignet, zumal wenn ein solches nicht technisch bedingt ist.
Ein Großteil der angesprochenen Verkehrskreise (insbesondere die Fachkreise) wird die Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung als solche erkennen. Dies gilt speziell jedenfalls für den überwiegenden Teil der beschwerdegegenständlichen Waren, die Betriebsmittel für Maschinen darstellen. Doch auch für die sonstigen Waren, insbesondere Frostschutz- und Reinigungsmittel, ist zu berücksichtigen, dass der Hubkolbenmotor eine so grundlegende technische Errungenschaft darstellt und demzufolge von überwiegenden Bevölkerungskreisen erkannt wird. Unerheblich ist dabei, ob speziell der Verkehrskreis der Durchschnittsverbraucher die in Rede stehende Verpackungsgestaltung zutreffend mit Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung benennen wird.
e) Die Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung ist auch nicht als klarer Sachhinweis auf die beschwerdegegenständlichen Waren anzusehen. Sie vermittelt zwar gewisse Assoziationen zu den beschwerdegegenständlichen Waren, die für Verbrennungsmotoren bestimmt sind. Allerdings stellt das in Rede stehende Gestaltungsmerkmal keine naturgetreue Wiedergabe einer Kolben-Pleuelstangen-Kurbelwellen-Anordnung dar. Vielmehr handelt es sich um eine abstrakte und verfremdete Wiedergabe eines Kolbens, an dem unten die Pleuelstange befestigt ist. Während letztgenannte durch die längliche Ausformung unter Umständen schon auf den ersten Blick erkannt werden kann, gilt dies für den darüber befindlichen Kolben eher nicht. Die unterhalb der Ausflussöffnung angebrachten Rillen kommen sowohl als Griffhilfe als auch als Teil des Kolbens in Betracht. Ebenso ist die Kurbelwelle lediglich durch die oberhalb des Bodens angebrachte kreisförmige Vertiefung angedeutet. Demzufolge kann die Kolben-, Pleuelstangen- und Kurbelwellenkombination als solche erst bei genauerem Hinschauen erkannt werden.
Zudem erschwert der in der Vorderansicht erkennbare breite, von unten nach oben bis unter den Kolben verlaufende Steg die Interpretation der Gestaltung als technisch korrekte Wiedergabe einer Kolben-Pleuelstangen-Anordnung. Er kann durch die darunter befindlichen zwei Einkerbungen auch als dritte Pleuelstange angesehen werden. Dies widerspricht jedoch den tatsächlichen Gegebenheiten in einer Hubkolbenmaschine, wo einem Kolben nur eine Pleuelstange zugeordnet ist. Dieser Bruch mit der technischen Wirklichkeit führt allerdings dazu, dass der Betrachter unabhängig von seiner jeweiligen Perspektive an eine Kolben-Pleuelstangen-Anordnung erinnert werden kann. Dies trägt wesentlich zur einem bloßen Sachhinweis entgegenstehenden Originalität des Zeichens bei.
2. Aus vorstehend Gesagtem folgt im Ergebnis weiter, dass auch die Voraussetzungen für das Bestehen eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben sind.
3. Soweit das Anmeldezeichen auch Schutz für Waren, wie etwa Unterbodenschutz für Fahrgestelle, beansprucht, die keinen unmittelbaren Bezug zu Verbrennungsmotoren aufweisen, steht dessen Eintragung nicht das Schutzhindernis der Täuschungsgefahr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG entgegen. Die Zurückweisung einer Markenanmeldung nach dieser Vorschrift kommt nur in Betracht, wenn die Eignung zur Täuschung ersichtlich ist (§ 37 Abs. 3 MarkenG). Dies setzt voraus, dass in jedem nur denkbaren Fall einer anmeldungsgemäßen Verwendung der Marke für die beanspruchten Waren Täuschungen auftreten. Demgegenüber schließt die auch nur theoretische Möglichkeit einer nicht irreführenden Markenbenutzung die Täuschungsgefahr aus (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 737).
Die Verkehrskreise, die die im Anmeldezeichen enthaltene Kolben-Pleuelstangen-Anordnung als solche erkennen, können sie auch als Hinweis auf eine Maschine oder ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor auffassen. Dafür können die oben genannten Waren jedoch eingesetzt werden. Zudem vermindert die nicht naturgetreue Wiedergabe der Kolben-Pleuelstangen-Anordnung die Gefahr, dass sie als eindeutiger Hinweis auf die Verwendbarkeit aller beschwerdegegenständlichen Waren in oder für Verbrennungsmotoren aufgefasst wird. Damit besteht die Möglichkeit eines nicht irreführenden Einsatzes des Anmeldezeichens, was die Anwendbarkeit des besagten Schutzhindernisses der Täuschungsgefahr ausschließt (vgl. EuGH GRUR 2006, 416, Rdnr. 48 und 49 – ELIZABETH EMANUEL).
Die Verkehrskreise, welche in der auf der Vorderseite angebrachten Gestaltung keine Kolben-Pleuelstangen-Anordnung sehen, werden das Anmeldezeichen nicht als Sachhinweis auffassen. Demzufolge können sie keiner unzutreffenden Vorstellung über den Bestimmungszweck der beschwerdegegenständlichen Waren unterliegen.
Weitere Eintragungshindernisse sind nicht ersichtlich, so dass der Beschwerde stattzugeben war.