Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 24.04.2013


BPatG 24.04.2013 - 28 W (pat) 518/12

Markenbeschwerdeverfahren – "dreidimensionale Marke (Knarrenkasten)" kein Schutzausschließungsgrund – fehlende Unterscheidungskraft -


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
24.04.2013
Aktenzeichen:
28 W (pat) 518/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 011 768.3

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. April 2013 durch die Richterin Dorn als Vorsitzende, den Richter Schwarz und die Richterin Kopacek

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das dreidimensionale, farbige (türkis/schwarz) Zeichen 30 2011 011 768.3

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ist am 25. Februar 2011 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für die Waren der

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Klasse 06: Werkzeugkasten;

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Klasse 20: Werkzeugkasten.

5

Die Markenstelle für Klasse 06 hat mit Beschluss vom 17. Januar 2012 die Markenanmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass sich das Anmeldezeichen in einer bloßen Warendarstellung eines gefüllten Knarrenkastens erschöpfe und deshalb nicht geeignet sei, die Ware ihrer Herkunft nach zu individualisieren. Bei der äußeren Form der Ware setze das Publikum nämlich das Vorhandensein besonderer Konstruktions- und Gestaltungsmerkmale, auch im Sinne einer Funktionsunterstützung, als selbstverständlich voraus. Abgerundete Ecken fänden sich im Übrigen auch bei Knarrenkästen von Mitkonkurrenten. Auch die schräg diagonal eingesteckten Handgriffe, die halbkreisförmige Verbindung, der schwarz abgesetzte Rand und die bogenförmige Fortsetzung hätten für den angesprochenen Verbraucher der in Rede stehenden Waren keine Markenfunktion. Die Einprägung in Form einer „Skispitze“ auf dem Scharnier sowie die „Welle“ auf dem Verschlussknopf fielen in der Gesamtbetrachtung der Darstellung nicht auf und könnten eine Unterscheidungskraft nicht begründen. Das Warenumfeld weise bereits eine große Vielfalt an Formen auf, in die sich das angemeldete Zeichen ohne Weiteres einfüge. Auch die Farbgebung werde innerhalb der Kombinationsmarke neben den schutzunfähigen Elementen nicht als eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst, da insoweit eine vom Üblichen abweichende, charakteristische Ausgestaltung nicht vorliege.

6

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie ausführt, bei dem angemeldeten Zeichen handle es sich um die dreidimensionale Darstellung eines Werkzeugkastens zur Aufnahme eines Steckschlüsselsortiments (Knarrenkasten). Er unterscheide sich von den Knarrenkästen aus dem Stand der Technik (vgl. Abbildungen von Knarrenkästen in der Anlage 1 zum Schriftsatz vom 9. Oktober 2012) durch folgende Merkmale:

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- die beiden rechteckförmig konfigurierten Schalenkörper seien über ihre Kurzseiten bzw. Schmalseiten schwenkbar miteinander gekoppelt, während die vorbekannten kofferartig ausgebildeten Knarrenkästen an ihren Längsseiten aufklappbar miteinander verbunden seien;

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- zur Koppelung der beiden Schalenkörper werde kein herkömmliches Scharnier oder Klavierband genutzt, sondern an jedem Schalenkörper zwei ¾-kreisförmige Scheibenkörper, die ineinandergriffen;

9

- zwischen den Scheibenkörpern sei ein schwenkbarer Walzenkörper eingegliedert, in welchen die Handhaben (Knarren) eingesteckt seien, die bei geöffnetem Knarrenkasten schräg in einem Winkel nach oben stehend präsentiert würden, was bei herkömmlichen Knarrenkästen nicht der Fall sei;

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- auf dem Walzenkörper sei eine Einprägung in Form einer Skispitze vorgesehen;

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- der gegenständliche Knarrenkasten sei in der Farbgebung Türkis/Schwarz ausgebildet. Bei dem Türkiston handle es sich um den Farbton Greyish Turquoise, der gleichsam für die in Rede stehenden Waren als EU-Farbmarke unter der Registernummer 9 543 927 eingetragen sei und als Herkunftshinweis auf das Unternehmen der Anmelderin seit mehr als 50 Jahren diene. Die Farbgebung Türkis sei gegenüber den standardisiert genutzten Farben Schwarz, Rot, Silber oder Blau deutlich abgesetzt und werde daher als extravaganter Farbton mit eindeutig unternehmenshinweisendem Charakter für den Warensektor Werkzeuge/Handwerkzeuge aufgefasst.

12

Die o. g. Elemente seien als über die Warenform und die technisch notwendige Gestaltung eines Knarrenkastens hinausgehende charakteristische Merkmale zu bezeichnen, in denen der Verkehr einen betrieblichen Herkunftshinweis sehe.

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Die Beschwerdeführerin beantragt,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 06, vom 17. Januar 2012 aufzuheben.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

17

Der Eintragung des angemeldeten dreidimensionalen Zeichens als Marke steht in Bezug auf die beanspruchten Waren das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem angemeldeten Zeichen daher zu Recht die Eintragung versagt.

18

1. Bei dem Anmeldezeichen, das sich auf die Form einer Ware bezieht, handelt es sich allerdings um ein nach § 3 Abs. 1 MarkenG grundsätzlich markenfähiges Zeichen. Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die es rechtfertigen, die abstrakte Unterscheidungseignung des angemeldeten Formzeichens nach § 3 Abs. 1 MarkenG zu verneinen. Es erfüllt auch das in § 8 Abs. 1 MarkenG aufgestellte Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit. Durch die Vorlage von Lichtbildern, welche das Formzeichen zweidimensional in fünf verschiedenen Ansichten aus unterschiedlichen Perspektiven wiedergeben, wird der beanspruchte Schutzgegenstand in allen seinen wesentlichen Merkmalen, insbesondere seiner Dreidimensionalität, hinreichend deutlich dargestellt.

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2. Der Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 MarkenG greift bei dem in Rede stehenden Zeichen ebenfalls nicht ein. Diesem Schutzhindernis unterfallen Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist oder die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Es handelt sich bei dieser Vorschrift, die Art. 3 Abs. 1 lit. e MarkenRL umsetzt, nicht um eine Frage der Markenfähigkeit, sondern um ein absolutes Schutzhindernis, bei dem die Schutzfähigkeit des Zeichens als Marke für die im Warenverzeichnis genannten Waren zur Beurteilung steht (BGH GRUR 2008, 510 Rdnr. 16 – Milchschnitte; GRUR 2006, 589 Rdnr. 15 – Rasierer mit drei Scherköpfen; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 3 Rdnr. 75, 96).

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a) Die Voraussetzungen des hier allenfalls in Betracht kommenden Schutzausschließungsgrundes des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liegen jedoch nicht vor. Zweck dieses Ausschlussgrundes ist es zu verhindern, dass einem Unternehmen durch das Markenrecht letztlich ein Monopol ohne zeitliche Begrenzung für technische Lösungen oder Gebrauchseigenschaften einer Ware eingeräumt wird (EuGH GRUR 2010, 1008 Rdnr. 43 – Lego; GRUR 2002, 804 Rdnr. 78 – Philips; GRUR 2003, 514 – Linde, Winward u. Rado; BGH GRUR 2004, 507, 508f. – Transformatorengehäuse). Der EuGH hat den Ausschlussgrund des Art. 3 Abs. 1 lit. e MarkenRL schon dann für gegeben erachtet, wenn die angemeldete Form in ihren wesentlichen Merkmalen ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die für das Erreichen der fraglichen technischen Wirkung technisch kausal und hinreichend ist (EuGH a. a. O. Rdnr. 51, 52 – Lego; a. a. O. Rdnr. 79, 80 – Philips; ebenso BGH a. a. O., 509 – Transformatorengehäuse; GRUR 2004, 502, 504 – Gabelstapler II). Die Eintragung eines solchen Zeichens als Marke kann nach dieser Bestimmung allerdings dann nicht abgelehnt werden, wenn in der Form der betreffenden Ware ein wichtiges nichtfunktionales Element, wie ein dekoratives oder phantasievolles Element, verkörpert wird, das für diese Form von Bedeutung ist (EuGH a. a. O. Rdnr. 52 – Lego). Bei der Frage, was wesentlich ist und was nicht, ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Form als solche, so wie sie beansprucht ist, vermittelt (EuGH a. a. O. Rdnr. 70 – Lego; Ströbele/Hacker a. a. O. Rdnr. 105, 109). Die Ermittlung der wesentlichen Merkmale eines dreidimensionalen Zeichens kann bei einem nicht allzu schwierig gelagerten Fall - wie hier – anhand einer bloßen visuellen Prüfung dieses Zeichens erfolgen (EuGH a. a. O. Rdnr. 71 – Lego).

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b) Der Senat ist nach einer Prüfung des angemeldeten dreidimensionalen Formzeichens anhand der bei der Anmeldung vorgelegten Lichtbilder zu dem Ergebnis gekommen, dass zu den wesentlichen Merkmalen im Gesamteindruck neben funktionalen Elementen jedenfalls auch einige Gestaltungsmerkmale gehören, die in ihrer konkreten Formgebung zur Erzielung einer technischen Wirkung nicht erforderlich, sondern frei variierbar sind. Diese bestehen in der konkreten Farbgebung des Knarrenkastens als dekoratives Element, den zwei als Verbindungsglied dienenden ¾-kreisförmigen Endabschnitten (Scheibenkörper), die im aufgeklappten Zustand deutlich über die Höhenlinie der rechteckförmigen Grundkörper überstehen, sowie der konkreten Anordnung und Ausgestaltung des Walzenkörpers mit den darin schräg in einem Winkel nach oben stehend eingesteckten Handhaben. Diese Elemente stehen der Annahme entgegen, die wesentlichen Merkmale des angemeldeten Formzeichens dienten ausschließlich technischen Funktionen, so dass das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht eingreift. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die übrigen wesentlichen Formmerkmale des angemeldeten Zeichens für das Erreichen einer technischen Wirkung erforderlich sind. Die Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 MarkenG kommen hier nicht in Betracht.

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3. Das angemeldete Zeichen verfügt jedoch nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass allein aus dem Nichteingreifen eines Schutzausschließungsgrundes gemäß § 3 Abs. 2 MarkenG noch nicht auf die konkrete Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geschlossen werden kann (EuGH GRUR Int. 2004, 631 Rdnr. 32 – Dreidimensionale Tablettenform I).

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a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2012, 1143 – Starsat; MarkenR 2012, 19, Rdnr. 8 - Link economy; GRUR 2010, 1100, Rdnr. 10 - TOOOR!; GRUR 2010, 825, 826, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2004, 507, 509 – Transformatorengehäuse). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. -FUSSBALL WM 2006).

24

Diese Kriterien finden auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken Anwendung, die aus der Form der Ware bestehen; bei ihnen ist kein strengerer Maßstab anzulegen als bei herkömmlichen Markenformen (EuGH a. a. O., Rdnr. 38 – Dreidimensionale Tablettenform I; GRUR Int. 2006, 233 Rdnr. 27 – Standbeutel; GRUR 2010, 138 Rdnr. 24 – ROCHER-Kugel; BGH a. a. O. – Transformatorengehäuse). Jedoch ist bei Anwendung dieser Kriterien zu berücksichtigen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise eine dreidimensionale Marke, die im Wesentlichen mit dem äußeren Erscheinungsbild der beanspruchten Ware übereinstimmt, nicht notwendig in gleicher Weise als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen werden wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit der Marke bezeichneten Waren unabhängig ist. Denn wenn grafische oder Wortelemente fehlen, schließen die Durchschnittsverbraucher aus der Form der Waren oder ihrer Verpackung gewöhnlich nicht auf die Herkunft dieser Waren; daher kann es schwieriger sein, die Unterscheidungskraft einer solchen dreidimensionalen Marke nachzuweisen als diejenige einer Wort- oder Bildmarke (EuGH GRUR Int. 2008, 43 Rdnr. 36 – Rot-weiße rechteckige Tablette mit blauem ovalem Kern; GRUR Int. 2004, 639 Rdnr. 36 – Dreidimensionale Tablettenform III; BGH a. a. O. – Transformatorengehäuse).

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Unter solchen Umständen ist eine angemeldete Waren- oder Verpackungsform nicht bereits deshalb unterscheidungskräftig, weil sie sich in irgendeiner Weise von branchenüblichen Produktformen unterscheidet. Vielmehr vermag eine solche dreidimensionale Marke die erforderliche Herkunftsfunktion nur dann zu erfüllen, wenn sie erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht (EuGH a. a. O. Rdnr. 37 - Rot-weiße rechteckige Tablette mit blauem ovalem Kern; a. a. O. Rdnr. 37 - Dreidimensionale Tablettenform III). Hierzu muss die Marke charakteristische Merkmale aufweisen, die deutlich aus dem Rahmen der gebräuchlichen Gestaltungsvielfalt auf dem jeweiligen Warengebiet fallen (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdnr. 224 m. w. N.). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Formmarke ist dabei der von ihr hervorgerufene Gesamteindruck. Dieser Grundsatz schließt aber nicht aus, dass die einzelnen Gestaltungselemente der Marke für sich und nacheinander geprüft werden (EuGH a. a. O. Rdnr. 39 - Rot-weiße rechteckige Tablette mit blauem ovalem Kern). Hierbei kann aus dem Umstand, dass sich die Marke durch eines ihrer Merkmale von den üblichen Formen abhebt, noch nicht ohne Weiteres auf die erforderliche Unterscheidungskraft geschlossen werden (EuGH GRUR 2008, 339 Rdnr. 87 – Deverley/HABM).

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b) Die von der Anmelderin aufgeführten Gestaltungsmerkmale sind weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit hinreichend charakteristisch, um eine Unterscheidungskraft des angemeldeten Formzeichens zu begründen.

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aa) Aus den vom Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichten Recherchebelegen ergibt sich, dass bei Werkzeugkästen eine Scharnierverbindung an der Schmalseite nicht unüblich ist (vgl. die Angebote verschiedener Werkzeugkästen, bei denen die rechteckigen Schalenkörper auf der Schmalseite miteinander verbunden sind, unter www.amazon.de, www.profiwelten.com, https://shop.afterbuy.de, http://compare.ebay.de, Anlagen 1a-d zum Protokoll vom 24. April 2013). Entsprechendes gilt für griffbereite, schräg in einem Winkel nach oben stehende Werkzeugteile bei geöffnetem Werkzeugkasten (vgl. Werkzeugkasten/Bohrerset von MAKITA, Anlage 1d zum Protokoll). Die parabelförmige Einprägung („Skispitze“) auf dem Walzenkörper sowie die „Welle“ auf dem Verschlusskopf fallen schon wegen ihrer geringen Größe im Verhältnis zu den übrigen Elementen im Gesamteindruck nicht auf. Eine gewisse Eigentümlichkeit weisen allenfalls die als Verbindungsstück zwischen den beiden Schalenkörpern dienenden ¾-kreisförmigen Scheibenkörper auf, die im dargestellten aufgeklappten Zustand erkennbar über die Höhenlinie der rechteckförmigen Grundkörper überstehen und in die der Walzenkörper eingegliedert sind. Dieses Merkmal mag sich zwar in gewisser Hinsicht von den branchenüblichen Scharnierformen auf diesem Warengebiet abheben, reicht für sich allein jedoch nicht aus, um eine branchenbezogene eigenständige Charakteristik der angemeldeten Warenform annehmen zu können. Abgesehen davon wird das angesprochene Publikum ein besonderes Gestaltungsmerkmal bei technischen Geräten bzw. Gebrauchsgegenständen, zu denen Werkzeugkästen zählen, in erster Linie nur als funktionsbedingt, zweckmäßig oder allenfalls dekorativ, aber nicht als betriebskennzeichnend ansehen (BGH a. a. O., 509 – Transformatorengehäuse; Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rdnr. 235, 236 m. w. N.). Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Verkehr die Produkte der verschiedenen Hersteller auf dem betreffenden Warengebiet anhand der Form voneinander unterscheidet.

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bb) Bei einem dreidimensionalen Zeichen hat auch die Farbgestaltung grundsätzlich keine schutzbegründende Wirkung. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich bei der gewählten Farbgebung um eine branchenübliche Farbgestaltung handelt (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 47 – Dreidimensionale Tablettenform I; a. a. O. Rdnr. 42 – 45 – Rot-weiße rechteckige Tablette mit blauem ovalem Kern). Dies ist vorliegend der Fall. Ausweislich der vom Senat überreichten Recherchebelege ist bei Werkzeugkästen eine farbige Ausgestaltung in türkis/schwarz durchaus üblich (vgl. die angebotenen Werkzeugkästen unter www.amazon.de, www.bordis-wunderland.de, www.twenga.de, Anlagen 3 – 6 zum o. g. Protokoll). Die Anmelderin hat auch kein bestimmtes Türkis für das gegenständliche Formzeichen angemeldet, so dass ihr Argument, der Farbton Greyish Turquoise sei für die in Rede stehenden Waren als EU-Farbmarke eingetragen und diene seit mehr als 50 Jahren als Herkunftshinweis auf ihr Unternehmen, in diesem Zusammenhang ins Leere geht. Abgesehen davon fehlt ein nachvollziehbarer und belegter Vortrag dazu, dass es sich hierbei tatsächlich um eine bekannte „Hausfarbe“ des Unternehmens der Anmelderin handelt.

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Das angemeldete Formzeichen geht damit in seinem Gesamteindruck nicht deutlich über die gebräuchliche Gestaltungsvielfalt auf diesem Warengebiet hinaus, so dass es sich nicht als betrieblicher Herkunftshinweis eignet.