Entscheidungsdatum: 14.12.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2015 000 591.6
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. Dezember 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 37, vom 7. Dezember 2015 aufgehoben.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Der Anmelder hat am 27. Januar 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, die Bezeichnung
EINSTEIN’S GARAGE
für die nachgenannten Dienstleistungen als Wortmarke in das Markenregister einzutragen:
Klasse 35:
Einzel- und Großhandelsdienstleistungen auch über das Internet betreffend Fahrzeuge, Fahrzeugersatzteile, Fahrzeugaccessoires, Tuning-Zubehör, Farben, Lacke, Bekleidung, Schuhe; Werbung; Marketing; Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken; Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien, für den Einzelhandel; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von e-commerce; Online-Werbung in einem Computernetzwerk;
Klasse 37:
Fahrzeugservice, -reparatur, -wartung und -betankung; Tuning von Motoren; Tuning von Fahrzeugen; Mobile Tuningdienstleistungen für Fahrzeuge; Lackierungen;
Klasse 40:
Kundenspezifische Fabrikations- und Anfertigungsdienstleistungen bezüglich Fahrzeuge.
Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA), Markenstelle für Klasse 37, hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluss vom 7. Dezember 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Anmeldezeichen der erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entbehre. Es sei eine sprachüblich gebildete Wortkombination mit der Bedeutung „Autoreparaturwerkstätte oder Garage eines überragenden Forschers oder Genies“ und erschöpfe sich damit in einem Hinweis auf den Ort der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen. Garagen seien Räume, die sich typischerweise zur Reparatur von Autos eigneten. Der Wortbestandteil „GARAGE“ benenne zudem die Art der Lokalität, von der aus die angemeldeten betriebswirtschaftlichen Dienstleistungen (Klasse 35) regelmäßig erbracht würden. Insbesondere bei einschlägigen Start-Up-Unternehmen sei das Publikum hieran gewöhnt. Das Zeichenelement „EINSTEIN´S“ werde vorliegend metaphorisch als Umschreibung eines Genies verstanden. Ein derartiger Sprachgebrauch sei weit verbreitet. Das DPMA bezieht sich hierbei auf verschiedene, erstmals im angegriffenen Beschluss erwähnte Zitate (z. B. „Ein echter Einstein unter den Papageien?“ unter „www.amazon.de“ - Kundenbewertung eines Buches). Die Markenstelle für Klasse 37 hat offen gelassen, ob das Anmeldezeichen auch als eine nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltebedürftige Angabe von der Eintragung ausgeschlossen ist.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 8. Januar 2016. Er beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. Dezember 2015 aufzuheben.
Der Anmelder hat seine Beschwerde nicht begründet. Im Amtsverfahren führte er aus, dass das Anmeldezeichen keinen ohne Weiteres erkennbaren inhaltlichen Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen aufweise. Der Wortbestandteil „EINSTEIN´S“, der nicht zwingend Albert Einstein benenne, stehe in keinem Sachzusammenhang mit den gegenständlichen Tätigkeiten. Eine Assoziation mit der Intelligenz und dem Erfindungsreichtum von Albert Einstein liege nicht auf der Hand.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens stehen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen. Der Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 37, vom 7. Dezember 2015 war daher aufzuheben.
1. Der Senat sieht davon ab, die Sache wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG zurückzuverweisen. Gemäß § 59 Abs. 2 MarkenG hätte dem Beschwerdeführer vor der Zurückweisung seiner Anmeldung Gelegenheit zur Stellungnahme zu den im Beschluss vom 7. Dezember 2015 erstmals genannten Belegen zur Verwendung des Namens „EINSTEIN“ als Synonym für „Genie“ gegeben werden müssen. Diese Verletzung des rechtlichen Gehörs stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Aus Gründen der Verfahrensökonomie entscheidet der Senat jedoch in der Sache selbst.
2. Dem angemeldeten Zeichen fehlt nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 - HOT). Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt ihrer Anmeldung lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2014, 1204, Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress; GRUR 2013, 731, Rdnr. 22 - Kaleido; GRUR 2016, 934, Rdnr. 12, 23 - OUI; GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 - FUSSBALL WM 2006).
Die angemeldete Wortkombination „EINSTEIN´S GARAGE“ stellt entgegen der Auffassung des DPMA insbesondere keine Angabe dar, mit der die Stätte, an der die beanspruchten Tätigkeiten üblicherweise erbracht werden, gattungsmäßig bezeichnet wird (vgl. zu nicht schutzfähigen Etablissementbezeichnungen Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, § 8, Rdnr. 86).
Das in Rede stehende Zeichen besteht erkennbar aus dem geläufigen Ausdruck „GARAGE“ (vgl. Duden Online: 1. Raum zum Einstellen von Kraftfahrzeugen, 2. Autowerkstatt), dem das Wort „EINSTEIN´S“ in Form eines besitzanzeigenden Genitivs vorausgestellt ist. Zwar mag der Name „Albert Einstein“ bzw. der Nachname „Einstein“ als solcher im Einzelfall als Synonym für „Genie“ verwendet werden. Bei der Wortfolge „EINSTEIN´S GARAGE“ kommt ein derartiges Verständnis jedoch nicht in Betracht, so dass dahingestellt bleiben kann, ob ihr in diesem Fall jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen wäre. Der Name einer historischen Persönlichkeit steht dann für eine besondere Begabung oder Eigenschaft, wenn dies in geeigneter Weise – etwa durch die Verwendung eines Artikels oder eines Pronomens (z. B. „ein/der/unser Mozart der Zahlen“) - kenntlich gemacht wird. Auch kann sich in anderer Weise aus dem Gesamtzusammenhang ergeben, dass der Personenname ein bestimmtes Merkmal zum Ausdruck bringen soll (z. B. Beschreibung der Persönlichkeit, etwa in Form von „echter/junger Einstein“). Hierfür sind vorliegend jedoch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Insbesondere hat das DPMA nicht konkret ausgeführt, worauf es ein derartiges Verkehrsverständnis stützt. Die Verwendungsbeispiele, die das Amt ohne nähere Einordnung im angegriffenen Beschluss zitiert, enthalten Formulierungen, von denen sich die Begriffskombination „EINSTEIN´S GARAGE“ deutlich abhebt (vgl. Seite 10: „Ein echter Einstein unter den Papageien?“, „Mensch Peter, Du bist ein echter Einstein“; Seite 11: „Wer ist unser Einstein?“, „Du hast den Finger genau an der richtigen Stelle - mein junger Einstein“; Seite 12: „Du brauchst zwar kein junger Einstein sein“, „man muss kein junger Einstein sein“).
Sollte das Publikum die Wortfolge „EINSTEIN´S GARAGE“ als Hinweis auf eine Garage, die Albert Einstein gehört hat, verstehen, kann ihr ebenfalls nicht jede Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Einem Zeichen, das den Namen einer berühmten Persönlichkeit aufnimmt, fehlt nur dann die erforderliche Unterscheidungskraft, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in dem Namen lediglich eine sachbezogene oder werbewirksame Aussage sehen (vgl. BPatG GRUR 2008, 518, 521 - Karl May; GRUR 2014, 79, 80 ff. - Mark Twain; Beschluss vom 1. Juni 2017, 25 W (pat) 4/17 - einstein concept/Einstein). Eine solche vermittelt jedoch das Anmeldezeichen nicht. Insbesondere weisen die beanspruchten Dienstleistungen keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der Forschungstätigkeit Albert Einsteins im Bereich der theoretischen Physik auf, so dass das Anmeldezeichen sich von vornherein nicht als Hinweis auf die Art oder den Inhalt der gegenständlichen Tätigkeiten eignet.
Die in Rede stehende Wortfolge „EINSTEIN´S GARAGE“ kommt auch nicht als Ortsangabe im weiteren Sinn in Betracht (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 8, Rdnr. 441). Selbst wenn einzelne Verkehrsteilnehmer sie nicht als fiktiven Ausdruck ansehen sollten, so können sie ihr doch keine verständliche Sachinformation entnehmen. Sie benennt nämlich kein bekanntes Gebäude und damit keinen eindeutig identifizierbaren Ort, an dem die in Rede stehenden Dienstleistungen erbracht werden.
3. Da das Anmeldezeichen nach den vorstehenden Ausführungen nicht ausschließlich aus Angaben besteht, die im Verkehr bedeutsame Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen beschreiben können, steht seiner Eintragung auch nicht das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
4. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr beruht auf § 71 Abs. 3 MarkenG. Dies entspricht der Billigkeit, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Beschwerde nicht eingelegt worden wäre, wenn das DPMA dem Anmelder gemäß § 59 Abs. 2 MarkenG Gelegenheit gegeben hätte, sich vor der Beschlussfassung zu den in der angegriffenen Entscheidung herangezogenen Unterlagen zur Verwendung des Namens „Einstein“ als Synonym für ein „Genie“ zu äußern. Hätte das Amt der Vorgabe des § 59 Abs. 2 MarkenG entsprochen, hätte der Beschwerdeführer geltend machen können, dass sich die ermittelten Belege auf Formulierungen beziehen, die mit dem Anmeldezeichen nicht vergleichbar sind.