Entscheidungsdatum: 12.05.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 306 25 664
hier: Löschungsverfahren
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 12. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Schell
beschlossen:
1. Der Beschluss Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenabteilung 3.4 vom 9. Dezember 2009 wird aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Wortmarke 306 25 664
PLASMA Compact
die am 19. Juli 2006 für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 6, 7 und 9
„Transportable Bauten aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall; Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Transportbehälter und Tanks aus Metall;
Maschinen für die Metallverarbeitung; Schleifmaschinen; industrielle Schneidemaschinen; Schweißmaschinen; Brennschneidemaschinen und Teile der genannten Maschinen;
Apparate und Instrumente zum Messen und zur Übermittlung von Befehlen; elektrische Geräte zur Fernsteuerung industrieller Arbeitsvorgänge“
in das Markenregister eingetragen wurde.
Die Beschwerdegegnerin hat die Teillöschung der Marke für die Waren der Klasse 9 wegen absoluter Schutzhindernisse beantragt. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2009 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke für diese Waren angeordnet. Das für die Übermittlung dieses Beschlusses gefertigte Anschreiben an die Verfahrensbeteiligten datiert vom 13. Januar 2010. Abgesandt wurde der Beschluss ausweislich eines Vermerks auf dem amtlichen Empfangsbekenntnis-Formular am 25. Januar 2010. Zwischenzeitlich hatte die Antragstellerin ihren Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 5. Januar 2010 insoweit berichtigt, als dieser sich ausdrücklich nicht gegen die Waren der Klasse 9, sondern nur gegen die von der angegriffenen Marke umfassten Waren der Klasse 7 richten sollte. Dieser Schriftsatz wurde von der Markenabteilung nicht mehr berücksichtigt.
Gegen den Beschluss der Markenabteilung wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung trägt sie vor, die Markenabteilung habe über einen nicht mehr existenten Löschungsantrag entschieden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Verfahren ist unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, da das patentamtliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet (§ 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG).
Mit Beschluss vom 9. Dezember 2009 hat die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts die Teillöschung der angegriffenen Marke - wie ursprünglich beantragt - für die Waren der Klasse 9 angeordnet. Da das für die Übermittlung dieses Beschlusses gefertigte Anschreiben an die Verfahrensbeteiligten vom 13. Januar 2010 datiert und der Beschluss ausweislich des Vermerks auf dem amtlichen Empfangsbekenntnis-Formular von der Poststelle am 25. Januar 2010 abgesandt wurde, ist die Übergabe des Beschlusses durch die Geschäftsstelle an die Postabfertigungsstelle zwischen diesen beiden Zeitpunkten erfolgt. Nachdem die Antragstellerin in der Zwischenzeit mit ihrem Schriftsatz vom 5. Januar 2010 (Eingang beim Deutschen Patent- und Markenamt ausweislich der Perforierung am 7. Januar 2010) einen abgeänderten Löschungsantrag eingereicht hatte, mit dem ausdrücklich nur die Löschung der angegriffenen Marke für die von ihr umfassten Waren der Klasse 7 beantragt wurde, hätte die Markenabteilung aber erneut in das Löschungsverfahren eintreten müssen. Denn maßgeblich für das Wirksamwerden einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist nicht etwa das Datum der eigentlichen Beschlussfassung, sondern der Zeitpunkt der Herausgabe der Beschlussausfertigung durch die Geschäftsstelle an die Postabfertigungsstelle des Amtes (vgl. Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 61 Rdn. 8; Zöller, ZPO, 28. Aufl. § 329, Rdn. 6 m. w. N.). Bis dahin müssen Eingaben der Parteien berücksichtigt werden. Zum maßgeblichen Zeitpunkt hatte sich die Sach- und Rechtslage durch den fraglichen Schriftsatz der Löschungsantragstellerin aber grundlegend geändert, da der Löschungsantrag der angegriffenen Marke für die Waren der Klasse 9 nicht mehr weiterverfolgt und stattdessen die Teillöschung nur für die von der angegriffenen Marke umfassten Waren der Klasse 7 beantragt worden war. Der fragliche Schriftsatz wurde von der Markenabteilung aber nicht mehr berücksichtigt. Somit hat die Markenabteilung mit ihrem Beschluss vom 9. Dezember 2009 über einen nicht verfahrensgegenständlichen Antrag entschieden, so dass der angefochtene Beschluss ins Leere geht.
Der Beschluss vom 9. Dezember 2009 war somit aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung an das DPMA zurückzuverweisen.
Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage entsprach es der Billigkeit, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, wenn die Zurückverweisung einer Beschwerdesache an das Deutsche Patent- und Markenamt wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels erfolgt und die fehlerhafte Sachbehandlung durch das Amt hierfür kausal war (§ 71 Abs. 3 MarkenG). Im vorliegenden Fall hat das Deutsche Patent- und Markenamt verfahrensfehlerhaft über einen nicht verfahrensgegenständlichen Löschungsantrag entschieden. Ob der Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 5. Januar 2010 der Markenabteilung möglicherweise erst nach der Übergabe des angefochtenen Beschlusses an die Poststelle zur Kenntnis gelangt ist - wofür angesichts der erfahrungsgemäß sorgfältigen Bearbeitungsweise der Markenabteilung vieles spricht - und seine Berücksichtigung deshalb faktisch nicht möglich war, ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Denn unabhängig von der tatsächlichen Kenntnisnahme durch die Markenabteilung entfaltete der fragliche Schriftsatz und die in ihm enthaltenen Anträge seine rechtserheblichen Wirkungen bereits mit dem Eingang beim Deutschen Patent- und Markenamt am 7. Januar 2010 (vgl. hierzu Thomas-Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 329 Rdn. 5). Die erforderlichen, organisatorischen Vorkehrungen, um eine unverzügliche Kenntnisnahme neuer Anträge sowie ihre Einbeziehung in den Entscheidungsablauf sicherzustellen, fallen ausschließlich in die Einflusssphäre des Amtes, so dass selbst eine nachvollziehbare Verspätung des Schriftsatzeingangs bei der Markenabteilung nicht zu Lasten der Verfahrensbeteiligten gehen kann (vgl. hierzu BVerfG NJW RR 2000, 726).