Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 02.05.2011


BPatG 02.05.2011 - 28 W (pat) 504/11

Markenbeschwerdeverfahren – "Citymower" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
02.05.2011
Aktenzeichen:
28 W (pat) 504/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 051 866.9

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 2. Mai 2011 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Martens sowie den Richter Schell

beschlossen:

1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 7, vom 29. Oktober 2010 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung darin für die Waren

„Kompressoren und Hochdruckreiniger als Maschinen; Sauger (als Maschinen); motorisch betriebene Sägen“

zurückgewiesen worden ist.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke

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Citymower

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als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 7

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„Motorisch betriebene landwirtschaftliche Geräte und Gartengeräte; Gartenmaschinen; Gebläse, Kompressoren und Hochdruckreiniger als Maschinen; Sauger (als Maschinen);

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Rasenmäher und motorisch betriebene Geräte zum Vertikutieren des Rasens, maschinelle Boden- und Rasenbearbeitungsgeräte und Rasentrimmer; motorisch betriebene Sägen; maschinelle Schneidegeräte; motorisch betriebene Scheren; motorisch betriebene Häcksler; Pumpen (soweit in Klasse 7 enthalten), insbesondere Wasserpumpen; maschinenbetriebene Pflege- und Reinigungsgeräte; Filter (Teile von Maschinen oder Motoren); Teile, Werkzeuge und Zubehör für die vorgenannten Waren, soweit in Klasse 7 enthalten“.

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Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der angemeldeten Marke handle es sich um eine sprachüblich gebildete Wortkombination, die vom angesprochenen Publikum ohne Weiteres im Sinne von „Stadtrasenmäher“ oder „Stadtmäher“ verstanden werde. In dieser Bedeutung besitze die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren einen unmittelbar beschreibenden Charakter, weshalb der Verkehr die Marke lediglich als Sachhinweis auffassen und ihr keine Herkunftsfunktion beimessen werde. Dies gelte umso mehr, als die Sachbegriffe „Stadt(rasen)mäher“ und „Citymower“ ausweislich der durchgeführten Recherchen bereits im Verkehr gebräuchlich seien. Aus diesem Grund fehle der Marke bereits die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Wegen ihrer Beschreibungseignung stehe der beantragten Eintragung der Marke zudem ein Freihaltungsbedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, der angemeldeten Marke fehle weder die erforderliche Unterscheidungskraft noch sei sie wegen eines schutzwürdigen Freihaltungsinteresses von der Eintragung ausgeschlossen. Das Markenwort sei in Deutschland ungebräuchlich und beinhalte keine im Vordergrund stehende Sachaussage, zumal der Wortbestandteil „mower“ vom angesprochenen Publikum mangels ausreichender Englischkenntnisse nicht mit „Mäher“ übersetzt werde. Soweit die Markenstelle Recherchebelege zu dem Begriff „Stadtmäher“ ermittelt habe, handle es sich dabei um eine zufällige Verwendung dieser Bezeichnung in wenigen Einzelfällen, die keinen entsprechenden Bedeutungsgehalt des Markenworts belegen könne. Da die angemeldete Wortkombination keinen unmittelbar beschreibenden Aussagegehalt aufweise, ermögliche sie auch keinerlei Rückschlüsse auf konkrete Eigenschaften der verfahrensgegenständlichen Waren, so dass der angemeldeten Marke keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden könnten.

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Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 7, vom 29. Oktober 2010 aufzuheben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

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Die nach den §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat lediglich in dem im Tenor genannten Umfang in der Sache Erfolg. Im Hinblick auf die übrigen verfahrensgegenständlichen Waren steht der beantragten Eintragung der Marke bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

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1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind alle Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 – BIOMILD; BGH GRUR 2000, 211, 212 – FÜNFER). Dies gilt sowohl für Begriffe, die bereits lexikalisch belegbar sind, wie auch für Wortneubildungen mit einem derart unzweideutigen Aussagegehalt, dass sie zur Produktbeschreibung dienen können. Bei fremdsprachigen Begriffen ist ein Freihaltebedürfnis allerdings nur dann zu bejahen, wenn davon auszugehen ist, dass ihre beschreibende Bedeutung von den angesprochenen, inländischen Verkehrskreisen auch erkannt werden kann (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 26 – Matratzen Concord/Hukla).

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Bei der hier konkret angemeldeten Wortverbindung „Citymower“ handelt es sich um einen lexikalisch nicht nachweisbaren Begriff. Der sprach- und werbeüblichen Kombination der beiden englischen Substantive „City“ und „mower“ lässt sich nach den allgemeinen Sprachbildungsregeln als naheliegendster Bedeutungsgehalt die Aussage „Stadtmäher, Stadtrasenmäher“ zuordnen (vgl. hierzu Langenscheidts Großwörterbuch Muret-Sanders, Englisch-Deutsch, 2010, Stichworte: „city“ und „mower“). Dieser Bedeutungsgehalt ist für den inländischen Verkehr auch ohne weiteres verständlich, zumal der hier ebenfalls zu berücksichtigende, mit den fraglichen Waren befasste Handel über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse verfügt (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 ff., Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, 725, Rdn. 29 – Chiemsee). Mit dem genannten Bedeutungsgehalt ist das Markenwort geeignet auf die Art bzw. Beschaffenheit der beanspruchten „motorisch betriebene landwirtschaftliche Geräte und Gartengeräte, Gartenmaschinen, maschinelle Boden- und Rasenbearbeitungsgeräte und Rasentrimmer“ hinzuweisen, die über eine entsprechend hohe Flächenleistung verfügen können, wie sie typischerweise für die Pflege und Instandhaltung von kommunalen Grünflächen erforderlich sind. Hinsichtlich der übrigen mit der Anmeldemarke beanspruchten Waren werden die angesprochenen Verkehrskreise dem Markenwort einen produktbeschreibenden Hinweis auf ihre Eignung als entsprechendes Equipment und Zubehör entnehmen.

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Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfasst auch keineswegs nur Angaben, die umfassende und abschließende Produktinformationen beinhalten. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang vielmehr der Gesichtspunkt, ob eine Angabe geeignet ist, zur Beschreibung eines wesentlichen Produktmerkmals dienen zu können. Dies ist hier der Fall, da es sich bei dem dargestellten Hinweis auf den Bestimmungszweck der Waren um eine wesentliche Information für die Verbraucher handelt. Derartige merkmalsbeschreibende Begriffe sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich vom Schutz ausgeschlossen, völlig unabhängig von ihrer aktuellen Gebräuchlichkeit (vgl. EuGH WRP 2011, 550, Rdn. 40 – 1000; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Kann eine Bezeichnung jedoch im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als aktuell verwendete Sachangabe ermittelt werden, spricht dies eindeutig für ein schutzwürdiges Interesse der Wettbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit. Die Markenstelle hat der Anmelderin Recherchenachweise übermittelt, mit denen etwa die Verwendung des Sachbegriffs „Stadtrasenmäher“ dokumentiert wurde („Einen ungehinderten Durchgang für den Stadtrasenmäher und Fußgänger schaffen die …“, vgl. Bl. 15 der Verwaltungsakte), der in seinem Bedeutungsgehalt als deutschsprachiges Pendant zu dem hier angemeldeten Markenwort anzusehen ist. Entgegen der Wertung der Anmelderin veranschaulicht dieser Nachweis die Sprachüblichkeit des dargestellten Bedeutungsgehalts der Anmeldemarke und damit ihre produktbezogene Beschreibungseignung. Soweit die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung geltend macht, die von der Markenstelle ermittelten Internetauszüge seien zufällige Einzelfälle, geht dies an der Sache vorbei, da die Anzahl von aktuellen Verwendungsbeispielen – wie bereits ausgeführt – im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gerade keine Rolle spielt.

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Das angemeldete Markenwort ist somit im Hinblick auf die nicht im Tenor genannten Waren als unzweideutiger Sachhinweis auf die Beschaffenheit bzw. den Bestimmungszweck der beanspruchten Waren zu werten. Soweit die Anmelderin sinngemäß eine Mehrdeutigkeit des Markenwortes geltend macht, bleibt auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hinzuweisen, nach der ein Wortzeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es – wie hier – zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der infrage stehenden Waren bezeichnet (EuGH GRUR 2004, 146 – DOUBLEMINT). Als sprachübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Wortelemente, aus der sich eine ebenfalls beschreibende Gesamtbezeichnung ergibt, steht der Eintragung der Marke ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Auf die Frage, ob ihr auch die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

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2. Eine andere Beurteilung ergibt sich jedoch im Hinblick auf die im Tenor genannten Waren „Kompressoren und Hochdruckreiniger als Maschinen; Sauger (als Maschinen); motorisch betriebene Sägen“. Hier fehlt es an einem hinreichend eindeutigen, beschreibenden Produktbezug und die Anmeldemarke bezieht sich mit ihrem dargestellten Bedeutungsgehalt auch nicht auf Umstände, durch die ein so enger beschreibender Bezug zu den fraglichen Waren hergestellt wird, dass sie die angesprochenen Verbraucher nur als Werbewort ansehen werden. Vielmehr ist die Anmeldemarke für diese Produkte als hinreichend unterscheidungskräftig zu werten, um bei einer branchenüblichen Verwendung vom angesprochenen Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verstanden werden zu können (vgl. hierzu EuGH GRUR 2004, 674, 678, Rdn. 99 – Postkantoor; BGH GRUR 2002, 64, 65 – INDIVIDUELLE).

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Mangels Eignung zur Merkmalsbeschreibung dienen zu können, scheidet auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit des Markenworts nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus. Andere Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG sind ebenfalls nicht ersichtlich.

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3. Somit war der angefochtene Beschluss der Markenstelle hinsichtlich der im Tenor genannten Waren aufzuheben und die weitergehende Beschwerde zurückzuweisen. Die Entscheidung konnte im vorliegenden Fall ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Anmelderin keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt hat und ein solcher Termin auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich war.