Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 26.10.2017


BPatG 26.10.2017 - 28 W (pat) 502/17

Markenbeschwerdeverfahren – "viva westwood LONDON (Wort-Bild-Marke)/Vivienne Westwood (Unionsmarke, Wort-Bild-Marke)/VIVIENNE WESTWOOD (Unionswortmarke)" – zur Warenidentität - zur Kennzeichnungskraft – klangliche Verwechslungsgefahr – teilweise Gegenstandslosigkeit der Beschwerde


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
26.10.2017
Aktenzeichen:
28 W (pat) 502/17
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2017:261017B28Wpat502.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2013 039 943

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Anordnung der Löschung der Eintragung der Marke 30 2013 039 943 für die Waren „Brillen, Sonnenbrillen“ und „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Taschen/Handtaschen“ auf Grund des Widerspruchs aus der Marke UM 000 976 183 richtet.

2. Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist derzeit gegenstandslos, soweit sie sich gegen die Anordnung der Löschung der Eintragung der Marke 30 2013 039 943 für die Waren „Brillen, Sonnenbrillen“ und „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Taschen/Handtaschen“ auf Grund des Widerspruchs aus der Marke UM 005 089 719 richtet.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke 30 2013 039 943

Abbildung

2

ist am 4. Juli 2013 angemeldet und am 26. September 2013 für die nachgenannten Waren in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden:

3

Klasse 9:

4

Brillen, Sonnenbrillen;

5

Klasse 17:

6

Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate);

7

Klasse 18:

8

Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Taschen/Handtaschen.

9

Gegen diese Eintragung hat die Inhaberin der Marken UM 000 976 183 (im Folgenden „Widerspruchsmarke 1“) und 005 089 719 (im Folgenden „Widerspruchsmarke 2“) Widerspruch erhoben.

10

Die Wort-/Bildmarke UM 000 976 183

Abbildung

Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

11

ist am 4. November 1998 angemeldet und am 2. März 2000 für die nachstehenden Waren in das beim EUIPO (damals: Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt) geführte Markenregister eingetragen worden:

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„Klasse 9: Brillen (Optik), Sonnenbrillen; Brillenetuis; Gläserfassungen für Brillen; Brillengläser; Brillengestelle; Brillen; Brillenkettchen; Brillenbänder; wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte.

13

Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmeßinstrumente.

14

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren.

15

Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Bett- und Tischdecken.

16

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.“.

17

Die Wortmarke UM 005 089 719

18

VIVIENNE WESTWOOD

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ist am 22. Mai 2006 angemeldet und am 4. Mai 2007 für die nachstehenden Waren in das beim EUIPO geführte Markenregister eingetragen worden:

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„Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel.

21

Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte.

22

Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente.

23

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren.

24

Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Bett- und Tischdecken.

25

Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.“.

26

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 17, hat die Eintragung der angegriffenen Marke auf Grund der Widersprüche aus den Widerspruchsmarken 1 und 2mit Beschluss vom 28. September 2015 für die Waren „Brillen, Sonnenbrillen“ sowie „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Taschen/Handtaschen“ gelöscht und die Widersprüche im Übrigen zurückgewiesen.

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Zum Widerspruch aus der Widerspruchsmarke 1 hat es ausgeführt, dass die jüngere Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen deutlichen Zeichenabstand im Bereich der Waren „Brillen, Sonnenbrillen“ und „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Taschen/Handtaschen“ nicht einhalte. Diese Waren und für die Widerspruchsmarke 1 registrierte Waren seien identisch oder jedenfalls hochgradig ähnlich. Es bestehe angesichts der Übereinstimmung im Bestandteil „Westwood“ bzw. „westwood“ eine ausgeprägte Zeichenähnlichkeit. Der Begriff „Westwood“ werde dabei als prägendes Element beider Marken wahrgenommen, da die Modedesignerin Vivienne Westwood unter den angesprochenen Verkehrsteilnehmern bekannt sei. In Bezug auf die in Klasse 17 registrierten Waren der angegriffenen Marke sei das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr mangels Warenähnlichkeit dagegen zu verneinen.

28

Der Widerspruch aus der Widerspruchsmarke 2 greife angesichts beachtlicher Waren- und Zeichenähnlichkeit ebenfalls im vorgenannten Umfang durch.

29

Hiergegen richtet sich die Inhaberin der angegriffenen Marke mit ihrer Beschwerde vom 2. November 2015. Nach ihrer Auffassung besteht keine Verwechslungsgefahr zwischen der jüngeren Marke und den Widerspruchsmarken. Das Publikum verstehe die Wörter „viva“ und „westwood“ als begriffliche Einheit im Sinne von „es lebe der Westerwald“. Der Bestandteil „viva“ trete daher im klanglichen Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht zurück. In schriftbildlicher Hinsicht sei zu beachten, dass die maßgeblichen Wortelemente der angegriffenen Marke im Unterschied zu den Widerspruchsmarken ausschließlich in Kleinbuchstaben wiedergegeben seien.

30

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. September 2015 aufzuheben, soweit darin die Löschung der Eintragung der Marke 30 2013 039 943 auf Grund der Widersprüche aus den Marken UM 000 976 183 und UM 005 089 719 für die Waren „Brillen, Sonnenbrillen“ und „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Taschen/Handtaschen“ angeordnet worden ist.

32

Die Widersprechende beantragt,

33

die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückzuweisen.

34

Nach ihrer Auffassung hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Vorliegen der Verwechslungsgefahr aus zutreffenden Erwägungen bejaht. Es liege fern, dass das Publikum den Zeichenbestandteilen „viva westwood“ der jüngeren Marke die Bedeutung „es lebe der Westerwald“ beimesse. Das englische Wort „westwood“ bedeute nicht „Westerwald“. Von einem derartigen Verständnis führe auch die abweichende geografische Angabe „LONDON“ in der angegriffenen Marke weg. Zwischen den Streitzeichen bestehe sowohl in klanglicher als auch in begrifflicher und optischer Hinsicht eine hochgradige Zeichenähnlichkeit, so dass im beschwerdegegenständlichen Umfang von einer Verwechslungsgefahr auszugehen sei.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

36

1. Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke bleibt in der Sache ohne Erfolg, soweit das Deutsche Patent- und Markenamt aufgrund des Widerspruchs aus der Widerspruchsmarke 1 die Teillöschung der angegriffenen Marke für die Waren der Klassen 9 und 18 angeordnet hat.

37

Zwischen der angegriffenen Wort-/Bildmarke Abbildung und der Widerspruchsmarke 1 Abbildung besteht im Bereich der beschwerdegegenständlichen Waren „Brillen, Sonnenbrillen“ (Klasse 9) und „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Taschen/Handtaschen“ (Klasse 18) Verwechslungsgefahr, so dass das Deutsche Patent- und Markenamt zu Recht die Teillöschung der Eintragung der jüngeren Marke in diesem Umfang angeordnet hat (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 43 Abs. 2 Satz 1, § 125b Nr. 1 MarkenG).

38

a) Die aus der Widerspruchsmarke 1 Widersprechende ist im Unionsmarkenregister als Inhaberin dieser Marke eingetragen. Nachdem keine anderen Anhaltspunkte bestehen, ist deswegen im Rahmen des registerrechtlich geprägten Widerspruchsverfahrens davon auszugehen, dass der Widersprechenden das durch die Eintragung begründete Recht zusteht (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 42, Rdnr. 19; für nationale Registermarken s. § 28 Abs. 1 MarkenG). Entgegen den Ausführungen der Inhaberin der angegriffenen Marke im Amtsverfahren (vgl. Schriftsatz vom 22. April 2014) bestand daher kein Anlass, dass die Widersprechende als eingetragene Inhaberin der Widerspruchsmarke 1 ihre sachliche Berechtigung an dem Zeichen gegenüber Dame Vivienne Westwood darlegt.

39

b) Die Frage der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR 2010, 1098, Rdnr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Rdnr. 32 - Barbara Becker; GRUR 2006, 237 - PICARO/PICASSO; BGH GRUR 2014, 488, Rdnr. 9 - DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2012, 1040, Rdnr. 25 - pjur/pure; GRUR 2010, 235, Rdnr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Rdnr. 23 - METROBUS; GRUR 2008, 905, Rdnr. 12 - Pantohexal; GRUR 2008, 258, Rdnr. 20 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2006, 859, Rdnr. 16 - Malteserkreuz I; GRUR 2006, 60, Rdnr. 12 - coccodrillo m. w. N.). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a. a. O. - Barbara Becker; GRUR Int. 2010, 129, Rdnr. 60 - Aceites del Sur-Coosur SA/Koipe Corporación SL [Carbonelle/La Espagnola]; BGH GRUR 2013, 833, Rdnr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; a. a. O. - pjur/pure).

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(1) Auszugehen ist vorliegend von dem Verständnis eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Endverbrauchers von „Brillen, Sonnenbrillen“ und „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, Taschen/Handtaschen“ (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 83). Die in Rede stehenden Waren, insbesondere Brillen, werden nach Funktion und Wert regelmäßig mit mittlerer Aufmerksamkeit wahrgenommen.

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(2) Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke 1 nicht bestritten hat, ist im Rahmen des Warenvergleichs die Registerlage zugrunde zu legen. Die Streitmarken sind jeweils für die Waren „Brillen, Sonnenbrillen“ (Klasse 9) und „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus“ (Klasse 18) eingetragen, so dass insoweit Warenidentität besteht. Ferner sind die für die angegriffene Marke registrierten Waren „Taschen/Handtaschen“ (Klasse 18) von dem für die Widerspruchsmarke 1 eingetragenen Oberbegriff „Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind“ (Klasse 18) umfasst, so dass auch diesbezüglich Identität besteht.

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(3) Die Widerspruchsmarke 1, deren Wortbestandteile „Vivienne Westwood“ zwanglos als eine aus dem Englischen stammende Verbindung von Vor- und Familienname wahrgenommen werden, verfügt über eine durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft. Ob ihr, wie das Deutsche Patent- und Markenamt im angegriffenen Beschluss angenommen hat, im Bereich der vorliegend streitgegenständlichen Waren, u. a. „Brillen“ und „Lederwaren“, eine durch umfangreiche Benutzung erhöhte Verkehrsbekanntheit zukommt, kann dahingestellt bleiben. Der Widerspruch greift im beschwerdegegenständlichen Umfang nämlich auch dann durch, wenn von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 1 ausgegangen wird.

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(4) Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-) Bild, im Klang und im Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die von ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Markenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. BGH GRUR 2014, 382, Rdnr. 25 - REAL-Chips; GRUR 2011, 824, Rdnr.  25 f. - Kappa m. w. N.). Die Vergleichszeichen sind dabei jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den - durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen  Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859, Rdnr. 18 - Malteserkreuz I).

44

Die angegriffene Wort-/Bildmarke

Abbildung

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und die ältere Wort-/Bildmarke

Abbildung

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sind in klanglicher Hinsicht jedenfalls durchschnittlich ähnlich.

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(aa) Die angegriffene Marke enthält das Wort „LONDON“, das in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung hat. Deswegen unterscheiden sich die beiderseitigen Zeichen in ihrer Gesamtheit ausreichend voneinander.

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(bb) Bei Bewertung der klanglichen Ähnlichkeit der Streitzeichen sind allerdings auf Seiten der angegriffenen Marke die beiden Wortbestandteile „viva westwood“ als eigenständige Komponente zu berücksichtigen. Das Publikum wird sie als den kennzeichnenden Kern auffassen, so dass ihnen im klanglichen Gesamteindruck des angegriffenen Zeichens die prägende Bedeutung zukommt.

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Das grafisch herausgestellte Wortelement „westwood“ wird im Gesamteindruck der jüngeren Marke vornehmlich als britischer Familienname aufgefasst, gerade weil die Modedesignerin Dame Vivienne Westwood bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke beachtliche Bekanntheit genossen hat (vgl. Reclams Mode- und Kostümlexikon, 6. Auflage, 2011, Seite 600). Auch ansonsten ist das Wortelement „wood“ im Englischen ein geläufiger Name oder Namensbestandteil (vgl. Wikipedia (engl.) - Wood). Zudem unterstützt die geografische Angabe „LONDON“ die Interpretation des Wortelements „westwood“ im Sinne eines britischen Nachnamens. Sie wirkt demgegenüber einem Verständnis des Wortelements „westwood“ als Substantiv mit der Bedeutung „Westerwald“ entgegen, für das überdies jeder lexikalische Anhalt fehlt.

50

In Verbindung mit dem als Nachnamen verstandenen Wort „westwood“ und auf Grund seiner in den Hintergrund tretenden grafischen Anordnung liegt es nahe, den Ausdruck „viva“ als Vornamen (vgl. www.vorname.com) oder als englischsprachige Abwandlung eines Vornamens aufzufassen. Dagegen kommt eine Interpretation im Sinne des spanischen Ausrufs „es lebe …“ (vgl. die Wendung „viva España“) nicht vorrangig in Betracht.

51

Durch die Wiedergabe der Zeichenkomponente „LONDON“ in kleineren Buchstaben und am Ende der angegriffenen Marke wird der Eindruck erweckt, als ob sie die geografische Herkunft des Namensträgers angibt. Sie erschöpft sich damit in einer erläuternden Funktion und tritt folglich im Gesamteindruck des jüngeren Zeichens zurück. Dies lässt erwarten, dass sie regelmäßig nicht mit ausgesprochen wird, wobei die Funktion des jüngeren Zeichens als Marke dadurch nicht maßgeblich berührt wird.

52

Der Annahme einer Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke durch die Bestandteile „viva westwood“ steht nicht entgegen, dass einzelne Verkehrsteilnehmer gegebenenfalls nur den Bestandteil „westwood“ herausgreifen werden, zumal wenn der Widerspruchsmarke eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukommen sollte. Gerade drei- oder mehrteilige Kombinationsmarken werden im Interesse praktikabler Wiedergabe nicht selten in verschiedener Weise abgekürzt (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdnr. 383 ff., 392 ff.). Dies berührt jedoch nicht den kennzeichnenden Gehalt der beiden Zeichenelemente „viva“ und „westwood“, die trotz ihrer unterschiedlichen Schreibweise aufeinander bezogen sind und als zusammengehörige begriffliche Einheit wirken.

53

Der klangliche Gesamteindruck der Widerspruchsmarke 1 wird durch die Wortbestandteile „Vivienne Westwood“ geprägt. Bei der klanglichen Wiedergabe von Wort-/Bildmarken orientiert sich das Publikum regelmäßig an den Wortbestandteilen, da diese die einfachste Form der Benennung eines derartigen Zeichens darstellen (vgl. BGH GRUR 2009, 1055 - airdsl). Vorliegend ist ferner zu berücksichtigen, dass die in der Widerspruchsmarke 1 enthaltene bildliche Darstellung einer Krone durch ihre konkrete Anordnung und Größe als ein symbolkräftiges Zierelement wahrgenommen wird, das lediglich den Namen „Vivienne Westwood“ herausstellt.

54

Ausgehend von den Wortbestandteilen „viva westwood“ der angegriffenen Marke und „Vivienne Westwood“ der Widerspruchsmarke 1 weisen die Vergleichszeichen in klanglicher Hinsicht erhebliche Übereinstimmungen auf. Neben den gemeinsamen Komponenten „westwood“ bzw. „Westwood“ besteht auch zwischen den Elementen „viva“ und „Vivienne“ eine beachtliche klangliche Annäherung, da sie denselben Wortstamm „viv“ bzw. „Viv“ aufweisen, der von dem lateinischen Wort „vivus“ für „lebendig, lebhaft“ herrührt. Zudem wird bei den Worten „viva“ und „Vivienne“ jeweils die erste Wortsilbe betont. Die Variation im Bereich der Wortendungen „-va“ bzw. „-vienne“, gesprochen „vi-en“, hat nach Umfang und Gewicht keinen nachhaltigen Einfluss auf den Gesamteindruck der in Rede stehenden Zeichenbestandteile „viva westwood“ bzw. „Vivienne Westwood“ und kann bei einem Zeichenvergleich nach dem oft unsicheren Erinnerungsbild überhört werden. Den beiden Bestandteilen „viva“ und „Vivienne“, die als Abwandlungen desselben Vornamens verstanden werden können, kommt des Weiteren kein sofort erkennbarer unterschiedlicher Sinngehalt zu, der die Abgrenzung der Zeichen unterstützen würde. Insbesondere wird - wie bereits ausgeführt - das Wort „viva“ in der angegriffenen Marke regelmäßig nicht als der spanische Ausdruck für „es lebe“ verstanden werden.

55

(5) Ausgehend von identischen Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 1 ist bei jedenfalls durchschnittlicher Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegeben.

56

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke war daher insoweit zurückzuweisen.

57

2. Da die durch das Deutsche Patent- und Markenamt angeordnete Teillöschung der Eintragung der angegriffenen Marke bereits auf Grund des Widerspruchs aus der Widerspruchsmarke 1 zu bestätigen war, ist die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen die Anordnung der Löschung der Eintragung auf Grund der Widerspruchsmarke 2 derzeit - und mit Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Sachentscheidung auch abschließend - gegenstandslos (vgl. BGH GRUR 2008, 714, Rdnr. 46 - idw; BPatG, 30 W (pat) 43/12 - Sinuvex/CinnoVex/Sinupret; 25 W (pat) 542/11 - ORIGINAL CHINO/Tchibo).

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3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.