Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 14.11.2011


BPatG 14.11.2011 - 28 W (pat) 47/11

Markenbeschwerdeverfahren – "LCM" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
14.11.2011
Aktenzeichen:
28 W (pat) 47/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die angemeldete Marke 30 2009 044 922.8

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. November 2011 durch die Vorsitzende Richterin Klante und die Richter Schwarz und Schell

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 07 vom 19. April 2011 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 07 vom 19. April 2011 die Anmeldung der Buchstabenfolge

2

LCM

3

als Wortmarke für die Waren

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Klasse 07:

5

Werkzeugmaschinen, Schleifmaschinen, Honmaschinen, Läppmaschinen, Maschinen für die Superfinish-Bearbeitung, Maschinen und maschinelle Geräte für die Oberflächenbearbeitung und -behandlung; Walzenbearbeitungsmaschinen; Maschinenwerkzeuge, Drehmaschinen und Drehautomaten;

6

Klasse 40:

7

Oberflächenbearbeitung und -behandlung, insbesondere Superfinish-Bearbeitung, von Walzen, Nockenwellen, Kurbelwellen, Werkstücken aus Metall, Kunststoff, Keramik oder Glas;

8

Klasse 42:

9

technische Beratung zur Oberflächenbearbeitung und -behandlung von Walzen, Nockenwellen, Kurbelwellen, Werkstücken aus Metall, Kunststoff, Keramik oder Glas

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nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die Buchstabenfolge „LCM“ sei, wie sich insbesondere aus einem Eintrag bei der englischsprachigen WIKIPEDIA ergebe, als Abkürzung für „Liquid Crystal Monitore“ gebräuchlich, die u. a. bei der Steuerung und Kontrolle von Maschinen als Industriemonitore Verwendung fänden. Damit weise die Anmeldemarke nur auf eine mögliche Eigenschaft der beanspruchten Waren hin, weil bei diesen solche Monitore verwendet werden könnten. Für die Annahme einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit der Anmeldemarke gebe es keine Grundlage, weil die gebräuchlichen sonstigen Bedeutungen der Abkürzung „LCM“ für die hier in Rede stehenden Waren ersichtlich fern lägen.

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Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, es möge zwar sein, dass „LCM“ als Abkürzung für „liquid crystal monitor“ verwendet werde, Monitore würden von ihr aber auch nicht als geschützte Waren beansprucht. Soweit Monitore bei Werkzeugmaschinen, die allein Gegenstand ihres Warenverzeichnisses seien, zur Anwendung kämen, wiesen die von der Markenstelle vorgelegten Belege durchweg nur eine kennzeichenmäßige Verwendung dieser Buchstabenfolge auf. Darüber hinaus seien Monitore bei den von ihr vertriebenen Werkzeugmaschinen von solch untergeordneter Bedeutung, dass aus Sicht des Verkehrs die Buchstabenfolge keinen Hinweis auf Monitore gebe. Für die Schutzfähigkeit sprächen im Übrigen auch vergleichbare Eintragungen auf dem einschlägigen und auf benachbarten Warensektoren.

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Die Anmelderin beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 07 vom 19. April 2011 aufzuheben.

II.

14

Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die angemeldete Kennzeichnung ist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder als freihaltungsbedürftige Angabe noch wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

15

Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht nicht das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Danach sind nur solche Kennzeichnung vom Markenschutz ausgenommen, die zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2008, 160, 162 [Rz. 35] - HAIRTRANSFER) ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können, sofern es sich hierbei um für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände handelt (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 - FÜNFER), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 - Berlin Card). Dies lässt sich jedoch für die hier zu beurteilende Anmeldemarke nicht feststellen.

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Allerdings steht der Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses nicht bereits der Einwand der Anmelderin entgegen, sie beanspruche keine Monitore und für den Verkehr spielten sie bei den allein beanspruchten Werkzeugmaschinen keine Rolle. Es ist allseits bekannt, dass Werkzeugmaschinen heutzutage auch Monitore enthalten, da die meisten Maschinen zwischenzeitlich (schon aus Arbeitsschutzgründen) per Computer gesteuert und überwacht werden, was selbstverständlich Monitore erfordert. Wäre die Anmeldemarke daher für Monitor in dem von der Markenstelle genannten Sinne beschreibend, würde der Verkehr, wenn er sie in Zusammenhang mit einer (ohne Weiteres unter das Warenverzeichnis fallenden) Werkzeugmaschine sieht, die einen Monitor aufweist, die angemeldete, insoweit beschreibende Kennzeichnung ohne Weiteres als bloßen Sachhinweis darauf verstehen, dass die so gekennzeichnete Maschine einen entsprechenden Monitor enthält.

17

Allerdings vermag der Senat der Annahme der Markenstelle, dass die Buchstabenfolge „LCM“ als Abkürzung für bestimmte Monitore gebräuchlich und damit eine beschreibende Angabe für die beanspruchten Waren sei, nicht zu folgen. Zwar weist der von der Markenstelle genannte, allerdings sich nur in der englischsprachigen Ausgabe befindliche WIKIPEDIA-Eintrag „LCM“ als Abkürzung für „liquid crystal monitor“ auf, dass die Abkürzung aber tatsächlich in diesem Sinne verwendet wird oder gar üblich sei, lässt sich nicht feststellen. Vielmehr kann einer über die Suchmaschine GOOGLE vom Senat vorgenommenen Abfrage entnommen werden, dass die Abkürzung „LCM“ weder allgemein noch im Zusammenhang mit Werkzeugmaschinen in dem sich nach WIKIPEDIA vermeintlich aufdrängenden Sinne gebräuchlich ist. So weist GOOGLE auf die entsprechende Anfrage „LCM“ oder „liquid crystal monitor“ wie selbstredend nur Treffer auf „LCD-Monitore“ auf und fragt zudem bei den Anfragen, ob nicht Treffer, die auf entsprechende LCD-Monitore hinweisen, gemeint sei, korrigiert also die aufgrund der bei GOOGLE hinterlegten Datenbank fehlerhafte Abfrage. Für eine Interpretation von „LCM“ als „LCD-Monitor“ gibt es für den Verkehr auch sonst keinen Anlass. Dagegen spricht bereits, dass für entsprechende Monitore allein die Abk. „LCD“ für „liquid crystal device monitor“ gebräuchlich ist, so dass der Verkehr sie, soll auf eine entsprechende Ausstattung von Monitoren hingewiesen werden, geradezu erwartet und daher bei „LCM“ nicht einmal auf die Idee kommen dürfte, dass hiermit ein „LCD-Monitor“ gemeint sein könnte. Gerade die von der Markenstelle zusätzlich genannten Belege insbesondere für eine Verwendung von LCD-Monitoren bei Werkzeugmaschinen zeigen, dass überwiegend, soweit eine Abkürzung nicht verwendet wird, nur von „liquid crystal device monitor“ - also einem „LCD-Monitor“ - die Rede ist (vgl. insbesondere die von der Markenstelle beigefügte taiwanesische Fundstelle bei http.//ir.lib.stut.edu.tw//handle/987654321/3788). Im Übrigen vermochte auch der Senat nur einen rein kennzeichnenden (in der Regel firmenmäßigen) Gebrauch von „LCM“, gerade auch in Zusammenhang mit Werkzeugmaschinen, festzustellen. Daraus lässt sich aber nicht entnehmen, der (inländische) Verkehr verstehe die angemeldete Buchstabenfolge „LCM“ nur als übliche Abkürzung für eine Sachangabe, nämlich für LCD-Monitore.

18

Da auch ein anderer möglicher beschreibender Sinngehalt der Buchstabenfolge „LCM“ weder von der Markenstelle dargetan noch vom Senat zu ermitteln war, kann ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, welches der Eintragung der Anmeldemarke entgegen stehen könnte, nicht festgestellt werden. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht damit nicht das im Allgemeininteresse liegende Ziel entgegen, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke zugunsten eines Unternehmens monopolisiert werden können (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rn. 25 - CHIEMSEE; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 35, 36 - BIOMILD).

19

Aus denselben Gründen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Anmeldemarke die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, so dass sich auch hierauf eine Schutzrechtsversagung nicht stützen lässt.

20

Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zu Unrecht die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Beschluss der Markenstelle aufzuheben.