Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 05.11.2014


BPatG 05.11.2014 - 28 W (pat) 33/12

Markenbeschwerdeverfahren – "M (Wort-Bild-Marke)/M MENCK YOUR SUCCESS – BASED ON MENCK (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)" – Widerspruch aus IR–Marke, deren Schutzumfang sich nicht auf die Bundesrepublik Deutschland erstreckt – unzulässiger Widerspruch – keine Auslegung, dass Grundlage des Widerspruchs eine deutsche Marke sein soll


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
05.11.2014
Aktenzeichen:
28 W (pat) 33/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 009 235

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 5. November 2014 durch die Richterin Dorn, den Richter Hermann sowie die Richterin Kriener

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Widersprechende.

Gründe

I.

1

Die Wort/Bildmarke 30 2011 009 235

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2

ist am 15. Februar 2011 angemeldet und am 24. Mai 2011 für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 01, 02, 04, 06, 07, 09, 11, 13, 14, 19, 35, 37, 40 und 42 unter der Nummer 30 2011 009 235 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden.

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Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 24. Juni 2011 veröffentlicht wurde, hat die Widersprechende unter Verwendung des vom DPMA zur Verfügung gestellten Formblatts (W 7202) mit am 8. August 2011 eingegangenem Schreiben Widerspruch erhoben und unter Ziffer 2 des Formblatts bei den „Angaben zum Widerspruchskennzeichen“ als Widerspruchskennzeichen die Nummer der international registrierten Widerspruchsmarke IR 817 804 angegeben, unter Ziffer 3 „Wiedergabe des Widerspruchskennzeichens“ auf die dem Formblatt als Anlage beigefügte Abbildung des Widerspruchszeichens

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verwiesen und bei der Ziffer 6 des Formblatts „Der Widerspruch stützt sich bei International registrierten Marken auf den Länderteil“ „Deutschland“ angekreuzt. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schreiben vom 23. November 2011 darauf hingewiesen, dass die Widerspruchsmarke IR 817 804, die auf einer deutschen Marke basiert, Schutz für China, Japan, Singapur und die USA, nicht aber für Deutschland genießt und nicht auf Deutschland erstreckt wurde. Die Widersprechende hält den Widerspruch aufrecht und hat mit Schreiben vom 19. Dezember 2011, eingegangen beim DPMA am 22. Dezember 2011, erklärt, Grundlage des Widerspruchs sei nicht die unzutreffend und versehentlich angegebene Nummer der IR-Marke, sondern die ihr zugrunde liegende deutsche Marke mit der Registernummer 303 30 923, die auch in der Anlage korrekt wiedergegeben worden sei. Die versehentliche Verwechslung sei für das DPMA offensichtlich gewesen, da aus dem Registerauszug der IR-Marke, der zusammen mit dem Widerspruchsformular eingereicht worden sei, leicht zu ersehen sei, dass die angegebene IR-Marke keinen Schutz für Deutschland habe und auf der zugrundeliegenden identischen deutschen Basismarke mit der Registernummer 303 30 923 basiere.

5

Mit Beschluss vom 31. Januar 2012 hat die Markenstelle für Klasse 6 des DPMA den Widerspruch als unzulässig verworfen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Widerspruch sei auf die IR-Marke 817 804, die keinen Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beanspruche, gestützt worden. Der auf die gleichlautende deutsche Marke mit der Registernummer 303 30 923 gestützte Widerspruch sei nicht fristgerecht erhoben worden. Anders als die Widersprechende meine, könnten die Angaben zum Widerspruchszeichen auch nicht berichtigt werden. Mit Angabe der Nummer der international registrierten Marke als Widerspruchskennzeichen sei gemäß § 30 Abs. 1 MarkenV die Identität des Widerspruchskennzeichens hinreichend feststellbar gewesen. Dem Widerspruchsformular sei kein Registerauszug der IR-Marke beigefügt gewesen, der auf die deutsche Basismarke hinweise. Anhaltspunkte für eine offensichtlich unrichtige Angabe der Widersprechenden in Bezug auf das Widerspruchskennzeichen seien für die Markenstelle weder zum Zeitpunkt der Erhebung des Widerspruchs noch zum Entscheidungszeitpunkt erkennbar gewesen. Jegliche Angaben zu der als Widerspruchskennzeichen geltend gemachten deutschen Marke fehlten im Widerspruch, sodass deren Identität als Widerspruchsmarke nicht habe festgestellt werden können. Insoweit habe auch kein Raum für eine etwaige Berichtigung offensichtlicher Fehler bestanden.

6

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, auch wenn die Angaben aus dem Widerspruchsformular nicht korrekt seien, genüge ein Blick in das beim DPMA geführte Register, um festzustellen, dass die international registrierte Marke IR 817 804 zwar keinen deutschen Länderteil besitze, aber auf der Grundlage der deutschen Basismarke 303 30 923 registriert worden sei. Als identische Marken gehörten sie eng zusammen. Dies sei einem im Markenrecht geschulten Mitarbeiter ohne Weiteres und ohne weitere Nachforschungen klar, sodass auch offensichtlich gewesen sei, dass es sich bei der Nennung der IR 817 804 als Widerspruchsmarke offenbar um ein Versehen gehandelt habe und stattdessen die deutsche Basismarke gemeint gewesen sei. Der Bescheid des DPMA vom 12. Dezember 2011, mit dem auf den mangelnden Schutz der IR-Marke für Deutschland und auf die zugrundeliegende Basismarke hingewiesen worden sei, zeige, dass das Erkennen dieses Umstands dem DPMA problemlos möglich gewesen sei. Der Irrtum hätte zudem noch innerhalb der Widerspruchsfrist aufgeklärt werden können, wenn der Amtsbescheid früher und damit noch innerhalb der Widerspruchsfrist ergangen wäre. Innerhalb der Widerspruchsfrist hätten daher alle notwendigen Angaben zur Identifizierung der wirklich gemeinten Widerspruchsmarke vorgelegen. Die Angabe der Nummer der Widerspruchsmarke sei offensichtlich unrichtig im Sinn des § 65 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG i. V. m. § 30 Abs. 2 MarkenV und die Korrektur dieser Unrichtigkeit mit geringstem Aufwand von Seiten der Markenstelle möglich gewesen.

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Die Widersprechende und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 6, vom 31. Januar 2012 aufzuheben.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdegegnerin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

11

Der Widerspruch sei unzulässig, da er auf einer IR-Marke, deren Schutz nicht auf Deutschland erstreckt worden sei, basiere.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der von der Widersprechenden erhobene Widerspruch aus der für sie eingetragenen IR-Marke 817 804 ist nicht zulässig, da die Widerspruchsmarke nicht über einen Schutz in Deutschland verfügt und somit kein geeignetes Widerspruchszeichen darstellt. Der Widerspruch wurde daher zu Recht als unzulässig verworfen. Für einen Austausch des Widerspruchszeichens dahingehend, dass anstelle der IR-Marke 817 804 die deutsche Marke 303 30 923 zugrunde zu legen ist, besteht keine Grundlage.

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1. Für die Frage, auf welche Grundlage der nach § 42 MarkenG eingelegte Widerspruch gestützt ist, sind in erster Linie die Angaben aus dem Widerspruchsschreiben maßgebend. Nach § 30 MarkenV muss der Widerspruch Angaben enthalten, die es erlauben, die Identität des Widerspruchszeichens festzustellen. Als Angaben zur Identifizierung der Widerspruchsmarke ist dabei die Registernummer der Marke am ehesten geeignet (vgl. auch § 30 Abs. 2 Nr. 2, 3, und 4 MarkenV). Die Angaben aus dem Widerspruchsschriftsatz vom 8. August 2011, der unter Verwendung des vom DPMA herausgegebenen Formblatts eingereicht wurde, sind insoweit eindeutig. Denn dort wird in der Ziffer 2 des Formulars „Nummer der international registrierten Widerspruchsmarke“ die Registernummer der IR-Marke „IR 817 804“ genannt und ist in der Ziffer 6 „Der Widerspruch stützt sich bei international registrierten Marken auf den Länderteil: „Deutschland“ angekreuzt. Gemäß §§ 119 Abs. 1, 124, 112, 116 MarkenG kann ein Widerspruch gegen die Eintragung einer Marke nach § 42 MarkenG auf eine international registrierte Marke gestützt werden. Die genannten Vorschriften sind allerdings nur dann anwendbar, wenn der Schutz der IR-Marke sich auch auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt, was bei der in dem Widerspruchsschreiben vom 8. August 2011 angegebenen IR-Marke 817 804 zweifelsfrei aber nicht der Fall ist.

15

Für eine Auslegung des Widerspruchsschreibens, dass Grundlage nicht die insoweit ungeeignete IR-Marke sein soll, ist angesichts der Eindeutigkeit der darin enthaltenen Angaben kein Raum (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 30. Januar 1974 27 W (pat) 312/72 - Mitt. 1974, 131; Beschluss vom 13. Juli 1983, 28 W (pat) 542/82 - Mitt. 1985, 94). Die im Widerspruchsschreiben gemachten Angaben sind nicht unvollständig, widersprüchlich oder mehrdeutig. Mit Ausnahme einer Abbildung des Widerspruchszeichens (ohne Angabe einer Registernummer) sind dem Widerspruchsformblatt ausweislich der Akten des DPMA keine weiteren Anlagen, insbesondere auch kein Registerauszug der IR-Marke, beigefügt gewesen. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführerin und Widersprechenden bei der Angabe der Widerspruchsmarke ein Fehler unterlaufen ist, indem sie ihren Widerspruch durch die Benennung der IR-Marke auf diese und nicht auf die deutsche Marke gestützt hat, ist dem Widerspruchsschreiben nicht zu entnehmen. Anders als die Widersprechende meint, war die Unrichtigkeit bei der Angabe des Widerspruchszeichens keineswegs offensichtlich. Um erkennen zu können, dass die als Widerspruchskennzeichen genannte IR-Marke keinen Schutz in Deutschland besitzt, als Widerspruchszeichen also ungeeignet ist, und vielmehr die der IR-Marke zugrundeliegende identische deutsche Marke mit der Registernummer 303 30 923 als Widerspruchszeichen gemeint war, bedurfte es eines Befassens mit dem Widerspruch sowie einer Abfrage der jeweiligen Register (WIPO Datenbank Romarin und Register DPMA). Hierzu ist das DPMA vor Ablauf der Widerspruchsfrist aber weder verpflichtet, noch hatte es dazu Veranlassung, da das Widerspruchsschreiben keine widersprüchlichen Angaben enthielt. Eine solche Prüfungs- oder Mitteilungspflicht des Amtes zugunsten des Widersprechenden wäre mit dem Grundsatz der Unparteilichkeit des DPMA nicht zu vereinbaren.

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Auch für den nach Ablauf der Widerspruchsfrist mit beim DPMA am 22. Dezember 2011 eingegangenem Schreiben beantragten Wechsel des Widerspruchszeichens, dass an die Stelle der IR-Marke 817 804 die deutsche Marke 303 30 923 im Wege einer Berichtigung gesetzt wird, fehlt die rechtliche Grundlage. Die Widerspruchserklärung ist eine fristgebundene verfahrensrechtliche Erklärung, die nur innerhalb der vorgesehenen Widerspruchsfrist berichtigt werden kann. Die Widerspruchsfrist begann vorliegend nach § 42 Abs. 1, § 41 MarkenG i. V. m. §§ 186, 187 BGB am 25. Juni 2011 (Veröffentlichung der Eintragung – 24. Juni 2011) und endete gemäß §§ 188 Abs. 2 Alt. 1, 193 BGB am 26. September 2011. Nach Fristablauf ist nach ständiger Rechtsprechung ein Wechsel eines eindeutig bestimmten Widerspruchszeichens nicht mehr möglich (vgl. hierzu auch die bisherigen Entscheidungen des Bundespatentgerichts, a. a. O.; sowie Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 42 Rdnr. 43). Damit war die beim DPMA am 22. Dezember 2011 eingegangene Mitteilung der Widersprechenden, wonach das richtige Widerspruchszeichen die deutsche Marke 303 309 23 sei, nicht rechtzeitig.

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2. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht Anlass, der Widersprechenden aus Gründen der Billigkeit die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Grundsätzlich hat jeder Verfahrensbeteiligte unabhängig vom Ausgang des Verfahrens seine Kosten selbst zu tragen. Eine Kostenauferlegung zu Lasten eines Beteiligten kommt jedoch in Betracht, wenn dies aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls der Billigkeit entspricht (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Solche besonderen Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verhalten vorliegt, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist. Davon ist aber vor allem dann auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht. Mit der Entscheidung der Markenstelle vom 31. Januar 2012 hat das DPMA mit zutreffender und ausführlich dargelegter Begründung eine Berichtigung des im Widerspruchsschriftsatz versehentlich angeführten Widerspruchszeichens abgelehnt. Die darin getroffene Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl. auch o. g. Entscheidungen BPatG). Die hiergegen mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände stellten nur eine Wiederholung des vor dem DPMA vorgebrachten Vorbringens dar und hatten von vorneherein keine Aussicht auf Erfolg.