Entscheidungsdatum: 24.01.2017
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markeneintragung 30 2011 001 033
(hier: Antrag auf Löschung – S 62/13 Lösch)
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. Januar 2017 im schriftlichen Verfahren unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Wort-Bildmarke
ist am 7. Januar 2011 angemeldet und am 10. Februar 2011 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die Waren der
Klasse 1: Konservierungsmittel für Dachziegel
Klasse 6: Dachbeläge aus Metall
Klasse 19: Dachbeläge, nicht aus Metall; Dächer nicht aus Metall
Klasse 37: Dachdeckerarbeiten
eingetragen worden.
Am 5. März 2013 hat die Löschungsantragstellerin einen Antrag auf vollständige Löschung der Eintragung der Marke 30 2011 001 033 gestellt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der angegriffenen Marke fehle die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor. Die angegriffene Marke setze sich aus den beiden Wortbestandteilen „Dach“ und „tuning“ zusammen. Der Bestandteil „tuning“ werde sowohl im deutsch- als auch im englischsprachigen Raum allgemein als Bezeichnung für die Verfeinerung eines Modells verstanden, bezeichne aber auch die optimale Einstellung verschiedener aufeinander wirkender Parameter eines Systems. Durch die Kombination dieses Begriffs mit dem weiteren Bestandteil „Dach“ komme zum Ausdruck, dass es sich um die Verfeinerung/Verbesserung des Daches handele. Im Ergebnis erschöpfe sich die Wortfolge in einer rein dienstleistungsbeschreibenden Angabe der erfassten Waren und Dienstleistungen. Auch die weiteren Elemente der angegriffenen Marke wirkten nicht schutzbegründend. Dies gelte zunächst hinsichtlich der Endung „de“, gehöre diese doch zu den üblichen Protokoll- und Adressangaben. Die Grafik der Marke sei werbeüblich und komme ebenfalls nicht als betrieblicher Herkunftshinweis in Betracht. Dass im Anfangsbuchstaben „D“ der Marke vertikal das Wort „Pannwitt“ enthalten sei, sei nur bei einer analysierenden Betrachtung aus nächster Nähe erkennbar, handele es sich hierbei doch eine mikroskopisch kleine Darstellung. Auf Grund der Tatsache, dass die angegriffene Marke auf Dienstleistungen zur Verbesserung des Daches hinweise, bestehe an ihr auch ein Freihaltebedürfnis.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 17. Mai 2013 dem ihr am 20. März 2013 zugestellten Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Löschungsantragstellerin sei zwar zuzugeben, dass der Kennzeichnung „Dachtuning“ für sich genommen die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Sie habe ihrer Marke jedoch als weiteres Element ihren Namen „Pannwitt“ hinzugefügt, was dieser Unterscheidungskraft verleihe. Entgegen der Auffassung der Löschungsantragstellerin sei auch nicht erst bei einer analysierenden Betrachtung aus nächster Nähe erkennbar, dass die Marke in dem Anfangsbuchstaben „D“ vertikal integriert den Namen „Pannwitt“ enthalte. Der Eigenname gehe in der Gesamtmarke auch nicht unter. Weder sei er schwer zu lesen, noch leicht zu übersehen. Hierauf basierend bestehe an der angegriffenen Marke auch kein Freihaltebedürfnis.
Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 hat das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenabteilung 3.4, die Eintragung der angegriffenen Marke gelöscht. Zur Begründung hat es ausgeführt, ihr fehle die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dieses Schutzhindernis habe auch schon zum Anmeldezeitpunkt vorgelegen. Die angegriffene Marke, die nach Art einer (unvollständigen) Internetadresse aufgebaut sei und sich – für den Verkehr mühelos erkennbar – aus den durch einen Punkt voneinander getrennten Wortbestandteilen „Dachtuning“ und „de“ sowie aus grafischen Elementen zusammensetze, verfüge im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen über einen im Vordergrund stehenden, konkret und unmittelbar beschreibenden Bedeutungsgehalt.
Der im Ursprung englischsprachige Begriff „Tuning“ habe sich in der deutschen Sprache zunächst als Fremdwort im Bereich der Kraftfahrzeugtechnik mit der Bedeutung „nachträgliche Erhöhung der Leistung eines Kraftfahrzeugsmotors“ bzw. „Tunen“ oder „Frisieren“ eines Motors bzw. eines Wagens etabliert. Der Ausdruck sei aber seit langem auch in anderen Bereichen gebräuchlich und bezeichne umgangssprachlich das „Frisieren“ oder „Aufmotzen“. Oftmals finde der Begriff „Tuning“ Verwendung in Kombination mit einem Substantiv, welches den Gegenstand der Tuningmaßnahme bezeichne, wie etwa „Gebäudetuning“, „Gartentuning“ etc. Die vorliegend relevante, sprachüblich gebildete Kombination „Dachtuning“ reihe sich insofern in die Liste derartiger Zusammenstellungen problemlos ein. Sie bezeichne – mühelos erkennbar – „die Verbesserung, die Verfeinerung, die optimale Gestaltung und Ausrüstung, das Frisieren, das Aufmotzen eines Daches“.
Bei dem weiteren Wortbestandteil „de“ mit dem vorangestellten Punkt handele es sich um eine bei der Bildung von Internetadressen übliche, allgemein bekannte und auf die Bundesrepublik Deutschland hinweisende Internetdomain, welche der Verkehr lediglich als übliche Internetprotokoll- und Adressangabe wahrnehme. Der Familienname der Inhaberin der angegriffenen Marke „Pannwitt“ sei vertikal in den Anfangsbuchstaben „D“ des Wortes „Dachtuning“ integriert. Das Publikum werde diesen Namen, der in dem Anfangsbuchstaben „D“ regelrecht versteckt sei, auf Grund der für seine Wiedergabe gewählten äußerst geringen Schriftgröße sowie auf Grund der Tatsache, dass man den Kopf erst auf die linke Seite neigen müsse, um das Wort lesen zu können, mit größter Wahrscheinlichkeit nicht als solchen, sondern - wenn überhaupt - als minimale Verzierung des „D“ wahrnehmen. Letzteres gelte gerade angesichts des für die Wiedergabe der Wortbestandteile gewählten Schrifttyps, der offenbar der in dem Textverarbeitungsprogramm „Word“ angebotenen Schriftart „Old Englisch Text MT“ entspreche.
Die grafischen Gestaltungselemente seien schließlich werbeüblich und nicht geeignet, den im Vordergrund stehenden beschreibenden Bedeutungsgehalt der Marke im Hinblick auf die eingetragenen Waren und Dienstleistungen aufzuheben oder auszugleichen. Sie könnten daher dem verfahrensgegenständlichen Zeichen in seiner Gesamtheit ebenfalls nicht das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft verleihen.
Schließlich habe die Löschungsantragsgegnerin ihre Anmeldung der Marke
für identische Waren und Dienstleistungen (Aktenzeichen 30 628 9504) nach einem Zurückweisungsbeschluss der Markenstelle für Klasse 36 bereits im Jahr 2006 zurückgenommen. Zudem sei ihre weitere, identische Waren und Dienstleistungen betreffende Anmeldung der Wort-/Bildmarke
(Aktenzeichen 30 2008 078 071) durch Erstprüferbeschluss vom 11. Januar 2010 und durch Erinnerungsprüferbeschluss vom 10. November 2010 bestandskräftig zurückgewiesen worden. Demzufolge bestünden keine Zweifel, dass das fragliche Schutzhindernis bereits vor und zum Zeitpunkt der Anmeldung sowie der Eintragung der angegriffenen Marke bestanden habe.
Ob an der angegriffenen Marke auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, das hat Deutsche Patent- und Markenamt offen gelassen.
Hiergegen richtet sich die am 13. Februar 2015 eingegangene Beschwerde der Löschungsantragsgegnerin. Zur Begründung führt sie aus, der angegriffenen Marke fehle es nicht an der erforderlichen Unterscheidungskraft, da sie dieser ihren Eigennamen „Pannwitt“ hinzugefügt und hierdurch für die notwendige Unterscheidungskraft Sorge getragen habe. Der in den Anfangsbuchstaben „D“ vertikal integrierte Name „Pannwitt“ sei ohne weiteres erkenn- und wahrnehmbar, zumal er sich an einer exponierten Stelle befinde. Seine Wahrnehmbarkeit sei auch nicht durch das Hinzutreten grafischer Elemente erschwert.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Januar 2015 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.
Die Löschungsantragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie führt aus, die Beschwerde sei unbegründet. Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat zu Recht die vollständige Löschung der Eintragung der Marke 30 2011 001 033 gemäß §§ 54, 50 Abs. 1, Abs. 2, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG angeordnet. Danach wird die Eintragung einer Marke wegen Nichtigkeit u. a. gelöscht, wenn sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Löschung noch besteht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da der Eintragung der angegriffenen Marke bereits zum Anmeldezeitpunkt das auch aktuell bestehende Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegengestanden hat (vgl. BGH GRUR 2013, 1143 – Aus Akten werden Fakten).
1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 - Freixenet; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. - EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 - HOT; GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 - Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 - Standbeutel; GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 - Link economy).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 - SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006).
Hiervon ausgehend besitzen Zeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 - Link economy; GRUR 2009, 952, Rdnr. 10 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1143 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 - TOOOR!; GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 - FUSSBALL WM 2006).
2. Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze verfügte die angegriffene Marke bei der Anmeldung am 7. Januar 2011 nicht über die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Daran hat sich zum Zeitpunkt der Entscheidung (Januar 2017) nichts geändert.
Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Wörtern „Dach“ und „tuning“ sowie dem Wortbestandteil „de“ zusammen. „Dach“ bezeichnet dabei den „oberen Abschluss eines Hauses, eines Gebäudes, der entweder durch eine horizontale Fläche gebildet wird oder häufiger durch eine mit Ziegeln oder anderem Material gedeckte [Holz]konstruktion, bei der die Flächen in bestimmtem Winkel zueinanderstehen“ (vgl. unter www.duden.de – „Dach“). Der Begriff „Tuning“ stammt ursprünglich aus dem Englischen (abgeleitet von „to tune“ im Sinne von „Abstimmen, in Einklang bringen“) und bedeutet im Deutschen grundsätzlich die Modifikation eines Modells (Modelltuning). Vielfach Verwendung findet der Begriff als Bezeichnung für individuelle Abänderungen bei Kraftfahrzeugen (Fahrzeugtuning - vgl. unter www.wikipedia.de – „Tuning“). Auf den Umstand, dass das Wort „Tuning“ über den reinen Kraftfahrzeugbereich hinaus oftmals mit einem vorangestellten Substantiv verwendet wird, der den Gegenstand der Tuningmaßnahme bezeichnet, hat das Deutsche Patent- und Markenamt in seinem angegriffenen Beschluss unter Verweis auf zahlreiche Belege bereits zutreffend hingewiesen (vgl. Anlagen 8 bis 16 zum Beschluss vom 12. Januar 2015).
Der weitere Zeichenbestandteil „.de" ist die allgemein bekannte Top-Level-Domain für Deutschland, welche der angesprochene Verkehr auch in dieser Adressfunktion wahrnehmen wird, nämlich als Hinweis darauf, dass die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen – zumindest auch – über das Internet bezogen werden können (vgl. hierzu BPatG 29 W (pat) 525/10 - fashion.de). Ihm kommt in Kombination mit den beiden beschreibenden Angaben „Dach“ und „tuning“ daher kein herkunftshinweisender Charakter zu (vgl. EuG GRUR Int 2008, 330 - suchen.de;BPatG 26 W (pat) 48/09 – beauty24.de; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage 2015, § 8, Rdnr. 173).
Die angesprochenen Verkehrskreise der Hauseigentümer, Mitarbeiter von Bauunternehmen, Dachdecker sowie Dacharbeiten ausführenden Laien werden die angegriffene Marke als werbeüblichen und leicht verständlichen Hinweis darauf auffassen, dass die Dienstleistungen der Klasse 37 und die Waren der Klassen 1, 6 und 19 ihrer Art und Beschaffenheit nach, für die Verbesserung bzw. optimale Gestaltung und Ausrüstung von Dächern geeignet und bestimmt sind. Die Wortfolge „Dachtuning.de“ stellt folglich eine reine Sachangabe dar, die die mit einer Marke verbundene Herkunftsfunktion nicht erfüllen kann.
Dass der Wortfolge „Dachtuning“ die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, hat auch die Inhaberin der angegriffenen Marke nicht in Abrede gestellt (vgl. Schriftsatz vom 21. Juni 2013, Seite 1 unten). Ihr ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass sie in den Anfangsbuchstaben „D“ der angegriffenen Marke ihren Familiennamen „Pannwitt“ eingefügt hat - dieser ist hingegen aber kaum lesbar. Das Wort ist in minimaler, nahezu mikroskopischer, Schriftgröße gehalten. Darüber hinaus nimmt es auch nicht an der schriftbildlichen Ausrichtung der Wortfolge „Dachtuning.de“, nämlich von links nach rechts, teil, sondern ist in den Buchstaben „D“ von unten nach oben, mithin vertikal, integriert. Um das Wort überhaupt lesen zu können, muss der angesprochene Verkehr seinen Kopf erst auf die linke Seite neigen, also von seiner normalen und üblichen Leseposition abweichen. Im Ergebnis wird der angesprochene Verkehr den Eigennamen der Inhaberin der angegriffenen Marke entweder überhaupt nicht wahrnehmen oder ihn lediglich als dekoratives Element des Großbuchstabens „D“ ansehen, so dass auch dieser Zusatz eine hinreichende Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens nicht zu begründen vermag.
Entsprechend verhält es sich auch hinsichtlich der gewählten Schrifttype. Es handelt sich hierbei um die auch vom Textverarbeitungsprogramm „Microsoft Word“ angebotene Schriftart „Old English Text MT“, die gerade in der letzten Zeit in Teilen der Bevölkerung zunehmend an Beliebtheit gewonnen hat und die dem Verkehr bekannt ist. Werbeübliche Schriftformen, die sich nicht wesentlich von Standardschriften unterscheiden, sind jedoch nicht geeignet, einer rein sachbezogenen Angabe einen über die sachliche Aussage hinausgehenden schutzfähigen Gesamteindruck zu verleihen (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 191).
Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft stand der Eintragung der angegriffenen Marke auch schon zum Anmeldezeitpunkt entgegen (vgl. BGH GRUR 2013, 1143 – Aus Akten werden Fakten). Das „Tunen“ von Kraftfahrzeugen wird bereits seit Jahrzehnten betrieben. Der Begriff hat über den reinen Kraftfahrzeugbereich hinaus seit geraumer Zeit auch als Bezeichnung für das Verbessern von anderen Produkten Verwendung gefunden. Nicht zuletzt hat das Deutsche Patent- und Markenamt die ebenfalls von der Beschwerdeführerin stammende Anmeldung der Marke 30 2008 078 071
für identische Waren und Dienstleistungen durch Beschlüsse vom 11. Januar 2010 und vom 10. November 2010 wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG rechtskräftig zurückgewiesen.
3. Unter Berücksichtigung obiger Ausführungen kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Eintragung der angegriffenen Marke auch das weitere Schutzhindernis eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht respektive bereits zum Anmeldezeitpunkt entgegengestanden hat.
4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.