Entscheidungsdatum: 25.04.2017
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2014 071 839.1
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein und der Richter Schmid und Dr. Söchtig am 25. April 2017
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 7, vom 20. April 2015 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
I.
Die Anmelderin hat am 20. November 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) beantragt, die Bezeichnung
AUMA
als Wortmarke in das dort geführte Markenregister einzutragen. Die Anmeldung bezieht sich auf die nachgenannten Waren und Dienstleistungen:
Klasse 7: Mechanische, pneumatische, hydraulische Steuerungsgeräte für Maschinen oder Motoren; Stellantriebe [Motoren] mit elektronischer Steuerung zur Steuerung und Regelung des Betriebs von beweglichen Ausrüstungen und Mechanismen, einschließlich der Steuerung und Regelung des Betriebs von Ventilen, motorangetriebenen Absperrvorrichtungen und ähnlichen Mechanismen zur Verwendung in Rohrleitungen und Kanälen; alle vorgenannten Waren insbesondere für die Industrie der Bereiche Kraft- und Fernheizkraftwerke, Wasserversorgung und Abwasser, der Chemie und Petrochemie, Pharmazie, Lebensmittel, Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, Papier und Zement, Schiff- und U-Bootbau sowie in der Energieerzeugung; Teile und Zubehör für alle genannten Waren, soweit in dieser Klasse vorhanden;
Klasse 9: Elektrische Steuerungsgeräte zur Regelung und Steuerung von Geräten und Anlagen der Industrie; elektronische Baugruppen, Computerhardware und Computersoftware zur Steuerung und Regelung von Industrieverfahren; elektrische/elektronische Steuerungsgeräte und -anlagen zur Steuerung und Regelung des Betriebs von beweglichen Ausrüstungen und Mechaniken, einschließlich der Steuerung und Regelung des Betriebs von Ventilen, Absperrvorrichtungen und ähnlichen Mechanismen zur Verwendung in Rohrleitungen und Kanälen; Analysegeräte [nicht für medizinische Zwecke] zur Messung von physikalischen Eigenschaften und chemischen Zusammensetzungen von festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen; alle vorgenannten Waren zur Verwendung in Industrieverfahren insbesondere in der chemischen, pharmazeutischen, petrochemischen Industrie und Verfahrenstechnik bei der Herstellung von Lebensmitteln, Papier und Zement; Analysegeräte [nicht für medizinische Zwecke] zur Emissionsüberwachung insbesondere zur Ansteuerung von Stellantrieben; Teile und Zubehör für alle genannten Waren, soweit in dieser Klasse vorhanden;
Klasse 37: Wartung und Instandhaltung für Geräte und Anlagen zur Steuerung und Regelung in der Industrie soweit sie in den Klassen 7 und 9 enthalten sind.
Das DPMA, Markenstelle für Klasse 7, hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch Beschluss vom 20. April 2015 für alle Waren der Klassen 7 und 9 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die angemeldete Angabe „AUMA“ der Name einer in Thüringen gelegenen Stadt sei, die nach den örtlichen Gegebenheiten als Herstellungsort der gegenständlichen Waren in Betracht komme. Das Anmeldezeichen könne daher der Bezeichnung ihrer geographischen Herkunft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen. In diesem Sinne werde die Angabe auch von örtlichen Herstellern als Sachhinweis verwendet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt sinngemäß die Aufhebung des Beschlusses des DPMA vom 20. April 2015 im Umfang der Zurückweisung der Anmeldung.
Von der Einreichung einer Beschwerdebegründung hat sie abgesehen. Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass eine Verwendung der Bezeichnung „AUMA“ als geographische Herkunftsangabe in Bezug auf die gegenständlichen Waren angesichts der geringen Größe und Bekanntheit der Stadt nicht zu erwarten sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, das Vorbringen der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angegriffene Beschluss war aufzuheben, da der Eintragung des Anmeldezeichens in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren kein Schutzhindernis gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 MarkenG entgegensteht.
1. Die Bezeichnung „AUMA“ stellt insoweit keine freihaltebedürftige beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Nach dieser Vorschrift sind Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung insbesondere der Art, der Beschaffenheit, der geographischen Herkunft oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck der Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits die bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 8, Rdnr. 337). Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rdnr. 25, 30, 32 - Chiemsee; GRUR 2004, 146, Rdnr. 31 f. - DOUBLEMINT; BGH GRUR 2012, 272, Rdnr. 9, 17 - Rheinpark-Center Neuss).
Das Allgemeininteresse an der Freihaltung von geographischen Angaben kann darauf beruhen, dass sie nicht nur die Qualität und andere Eigenschaften der betroffenen Waren oder Dienstleistungen anzeigen, sondern auch die Vorlieben der Verbraucher in anderer Weise beeinflussen können, etwa dadurch, dass sie eine Verbindung zwischen den Waren und einem Ort herstellen, der positiv besetzte Vorstellungen hervorrufen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rdnr. 26 - Chiemsee; BPatG GRUR 2006, 509, Rdnr. 19 - PORTLAND).
„Auma“ war der Name einer thüringischen Stadt, die zum Zeitpunkt der Markenanmeldung im November 2014 ihre Eigenständigkeit bereits seit geraumer Zeit verloren hatte, nachdem sie am 1. Dezember 2011 mit anderen Gemeinden zur Stadt „Auma-Weidatal“ (ca. 3.600 Einwohner) vereinigt wurde (vgl. Anlage 1 zum Beanstandungsbescheid vom 10. Februar 2015). Bei dieser Sachlage liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bezeichnung „Auma“ zum Anmeldezeitpunkt als Hinweis auf die geographische Herkunft der vorliegend in Rede stehenden Waren der Klassen 7 und 9, insbesondere mechanische und elektrische Steuerungsgeräte, ernsthaft in Frage gekommen ist. Es handelt sich um technisch anspruchsvolle Spezialwaren, die der Steuerung vor allem von Energie- und anderen Großanlagen dienen. Sie sind einem ständigen Innovationsprozess unterworfen und werden regelmäßig von international anbietenden Unternehmen hergestellt oder vertrieben. Demzufolge sind die gegenständlichen Waren häufig für einen überregionalen Markt bestimmt. Auf diesem werden normalerweise Begriffe verwendet, mit denen die Abnehmer bestimmte Vorstellungen verbinden können. Es ist demzufolge nicht davon auszugehen, dass die Anbieter der gegenständlichen Produkte eine veraltete Stadtbezeichnung verwenden werden, um deren geographische Herkunft deutlich zu machen.
Mit „Auma“ wird zudem ein Ortsteil der Stadt „Auma-Weidatal“ bezeichnet (vgl. http://www.rathaus-auma.de/auma/auma.htm). In dieser Bedeutung eignet sich das Anmeldezeichen ebenfalls nicht zur Benennung der geographischen Herkunft der einschlägigen Waren der Klassen 7 und 9. Denn auch sie dürfte der weit überwiegenden Zahl der angesprochenen Verkehrsteilnehmer nicht bekannt sein. Zudem ist es unüblich, lediglich den Namen eines Stadtteils als Hinweis auf den Ort der Herstellung oder des Vertriebs der genannten Waren zu verwenden. Ein entsprechendes, der Eintragung als Marke entgegenstehendes Bedürfnis der Mitbewerber der Beschwerdeführerin ist demzufolge nicht erkennbar.
Die vom DPMA herangezogenen Fundstellen bestätigen diese Annahmen. Die in den Anlagen A5 und A6 zum Beanstandungsbescheid vom 10. Februar 2015 genannten Unternehmen verwenden die aktuelle Stadtbezeichnung „Auma-Weidatal“. Die Anlage A7 betrifft einen sachlich anders gelagerten Fall, da die Verwendung der Bezeichnung „Auma“ durch einen Dachdeckerbetrieb im Hinblick auf den ortsbezogenen Zuschnitt eines derartigen Gewerbes als Hinweis auf den Standort und den Wirkungskreis naheliegt.
2. Auch fehlt dem beanspruchten Zeichen in Bezug auf die in Rede stehenden Waren nicht jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die angesprochenen Verkehrskreise ihm lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen würden (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 - Link economy) oder wenn es aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen würde, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2016, 934, Rdnr. 12 - OUI; GRUR 2014, 872, Rdnr. 21 - Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH GRUR 2014, 1204, Rdnr. 12 - DüsseldorfCongress).
Das angemeldete Wortzeichen „AUMA“ eignet sich – wie bereits unter 1. Ausgeführt - nicht als unmittelbar beschreibende Ortsangabe in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 7 und 9. Ebenso wird es nicht als sonstiger Sachhinweis aufgefasst. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Bezeichnung „AUMA“ dem Großteil der angesprochenen inländischen Verkehrskreise nicht bekannt ist, zumal es sich um eine veraltete und nicht aus sich heraus verständliche Ortsangabe handelt.
Für das Vorliegen anderer Schutzhindernisse bestehen keine Anzeichen. Der Beschwerde der Anmelderin war daher stattzugeben.