Entscheidungsdatum: 18.10.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die angemeldete Marke 30 2008 058 702.4
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. Oktober 2011 durch die Vorsitzende Richterin Klante und die Richter Schwarz und Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 vom 6. Mai 2010 die Anmeldung der Darstellung
als Bildmarke für die Waren
Diätetische und nicht diätetische Erzeugnisse nicht für medizinische Zwecke, soweit in Klasse 29 enthalten; Milch, Milcherzeugnisse, Trockenmilcherzeugnisse für Nahrungszwecke, ausschließlich Getränke; Milcheiweiß für Nahrungszwecke, Molkepulver, Molkeprotein, Nährstoffkonzentrate als fertige Nahrungsmittel oder zur eigenen Anmischung, insbesondere enthaltend Milchpulver und/oder tierische und/oder pflanzliche Eiweißstoffe und/oder Kohlenhydrate und/oder Koffein und/oder Tein und/oder Guarana, auch unter Zusatz von Vitaminen, Mineralstoffen und Zucker, sowohl in fester als auch in flüssiger Form; alle vorgenannten Waren, soweit in Frage kommend, auch als diätetische oder kalorienarme Erzeugnisse und/oder als Nahrungsergänzungsmittel und/oder als Produkte zur Gewichtsreduzierung, für nicht medizinische Zwecke und insbesondere für den Sport- und Fitnessbereich; diätetische und nicht diätetische Erzeugnisse nicht für medizinische Zwecke, soweit in Klasse 30 enthalten, Nährstoffkonzentrate als fertige Nahrungsmittel oder zur eigenen Anmischung, insbesondere enthaltend tierische oder pflanzliche Eiweißstoffe und/oder Kohlenhydrate und/oder Koffein und/oder Tein und/oder Guarana auch unter Zusatz von Pflanzenfasern, Getreide, getrocknetem Obst und Zucker, sowohl in fester als auch in flüssiger Form; alle vorgenannten Waren, soweit in Frage kommend, auch als diätetische oder kalorienarme Erzeugnisse und/oder als Nahrungsergänzungsmittel und/oder als Produkte zur Gewichtsreduzierung, für nicht medizinische Zwecke und insbesondere für den Sport- und Fitnessbereich; diätetische und nicht diätetische Erzeugnisse nicht für medizinische Zwecke, soweit in Klasse 32 enthalten, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Getränke soweit in Frage kommend als Aufbaugetränke, insbesondere enthaltend Fruchtsubstanzen, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Vitamine, Mineralstoffe und Zucker; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, alle vorgenannten Waren, soweit in Frage kommend, auch als diätetische oder kalorienarme Erzeugnisse und/oder als Nahrungsergänzungsmittel und/oder als Produkte zur Gewichtsreduzierung, für nicht medizinische Zwecke und insbesondere für den Sport- und Fitnessbereich
nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe und mit weiterem Beschluss vom 21. September 2010 auch die hiergegen eingelegte Erinnerung des Anmelders mit der Begründung zurückgewiesen, dass es sich bei der in der Marke enthaltenen Buchstabenfolge „naNOTECH“ um die im Verkehr gebräuchliche und den angesprochenen Abnehmern der beanspruchten Waren auch unmittelbar verständliche Kurzform des Wortes „Nanotechnologie“ handele, die, wie zahlreiche Belege nachwiesen, auch auf dem hier einschlägigen Lebensmittelsektor Anwendung finde. Auch die grafische Gestaltung gebe dem Verkehr keinen Herkunftshinweis; denn angesichts des glatt beschreibenden Markenwortes „naNOTECH“ seien hierfür an die Grafik hohe Anforderungen zu stellen, welche die angemeldete Darstellung aber weder in ihren grafischen Einzelteilen noch in ihrem Gesamteindruck erfülle.
Mit seiner Beschwerde macht der Anmelder im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil „naNOTECH“ mit „Nanotechnologie“ nicht gleichgesetzt werden dürfe und im Übrigen die Grafik für sich allein bereits die Schutzfähigkeit begründe.
Der Anmelder beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Mai 2010 und 21. September 2010 aufzuheben.
II.
Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde, über die im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann, da der Anmelder keinen (Hilfs-) Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und der Senat eine solche auch nicht für sachdienlich erachtet, hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass.
Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit).
Nach diesen Vorgaben fehlt der hier zu beurteilenden Marke die erforderliche Unterscheidungskraft, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) und auch ihre grafische Ausgestaltung wegen ihrer Werbeüblichkeit einen Schutz der angemeldeten Kennzeichnung nicht zu begründen vermag (vgl. BGH WRP 2001, 1201, 1202 - anti-KALK).
Dabei kann dahinstehen, ob die in der angemeldeten Darstellung ohne Mühe erkennbare Buchstabenfolge „naNOTECH“ lexikalisch nachweisbar ist. Hierauf kommt es nämlich nach ständiger Rechtsprechung nicht an. Vielmehr fehlt einer Buchstabenfolge oder einem Wort, das in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann, selbst dann die Unterscheidungskraft, wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD; BGH WRP 2002, 982, 984 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I). Gleiches gilt auch für ein aus mehreren Begriffen zusammengesetztes Zeichen, wenn die verwendeten Einzelbegriffe für sich genommen schutzunfähig sind, sofern ihre Verbindung im Gesamtzeichen infolge einer ungewöhnlichen Veränderung - etwa syntaktischer oder semantischer Art - nicht hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 98] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 39 f.] – BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 28] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 29] - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 [Rz. 77 f.] - CELLTECH).
Ungeachtet dessen handelt es sich bei dem in der angemeldeten Kennzeichnung erkennbaren Einzelelement „TECH“ bekanntlich nach ständiger Rechtsprechung um die gebräuchliche Kurzform des Wortes „Technologie“ (vgl. BPatG 28 W (pat) 214/94 - TECH; 32 W (pat) 71/95 - ÖKOTECH; 32 W (pat) 182/95 - PROFI-TECH-DIAMANT; 32 W (pat) 80/97 - POWERTECH; 29 W (pat) 392/00 - HOMETECH; 28 W (pat) 20/05 - PrintTech; 28 W (pat) 22/05 - MultiTech; s.a. HABM R 213/98-1 - POWERTECH; R 486/99-2 - LABOTECH; R 80/00-1 - MYCOTECH; R 646/01-2 - HOMETECH; R 218/02-2 - CELLTECH R&D; R 659/02-2 - CELLTECH; R 912/05-4 - SHOWTECH; R 1042/07-1 - ALUTECH; R 1676/08-2 - TECH AND DESIGN; R 474/09-2 - EUROTECH; R 158/09-4 - SHRED-TECH; sämtliche vorgenannten Entscheidungen veröffentlicht auf https://www.pavisproma.de/index.htm). Zusammen mit dem vorangestellten Wort „naNO“ wird der Verkehr die Buchstabenfolge „naNOTECH“ damit zwanglos ohne Weiteres im Sinne von „Nanotechnologie“ verstehen. Hierfür spricht auch, dass die Kurzform „Nanotech“ bereits heute, wie das Patentamt in seinem Erstbeschluss durch entsprechende Internetauszüge hinreichend nachgewiesen hat, als Kurzform für „Nanotechnologie“ allgemein verwendet wird. Da, wie das Patentamt weiter festgestellt und wogegen auch der Anmelder in seiner Beschwerdebegründung keine Einwendungen vorgetragen hat, die Nanotechnologie in dem hier einschlägigen Lebensmittelbereich zum Einsatz kommt, wird der Verkehr die Wortelemente in der angemeldeten Marke ohne Weiteres als bloßen beschreibenden Hinweis hierauf auffassen, so dass ihm die Idee, dass stattdessen die Herkunft der so gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen angegeben werden soll, erst gar nicht kommt.
Eine solche Vorstellung wird der Verkehr auch nicht der grafischen Gestaltung entnehmen können. Zwar ist es grundsätzlich auch bei beschreibenden Angaben nicht auszuschließen, dass die Verbraucher den zur Bejahung der Schutzfähigkeit einer Kennzeichnung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderlichen Herkunftshinweis allein der grafischen Gestaltung entnehmen; dabei gilt aber der Grundsatz, dass an die Grafik umso höhere Anforderungen zu stellen sind, je beschreibender die Wortelemente der angemeldeten Kennzeichnung sind (vgl. BGH WRP 2001, 1201, 1202 - anti-KALK). Wegen des glatt beschreibenden Charakters des Wortelements „naNOTECH“ bedürfte es daher bei der grafischen Gestaltung der angemeldeten Darstellung über die Verwendung üblicher Stilmittel - auch in ihrer Kombination - hinausgehender charakteristischer Merkmale, um der angemeldeten Kennzeichnung trotz ihres glatt beschreibenden Wortelements noch in den Augen der angesprochenen Verbraucher den erforderlichen Herkunftshinweis zu vermitteln. Solche charakteristischen Merkmale vermag der Senat jedoch genauso wenig wie die Markenstelle zu erkennen. Die Kombination von Klein- und Großbuchstaben stellt vielmehr genauso ein übliches Stilmittel, das in der Werbung auch bei beschreibenden Angaben verwendet wird, dar wie die Kombination aus unterschiedlich hohen Einzelbuchstaben, das höhenversetzte (auch „treppenförmige“) Schreiben einzelner Wortbestandteile und die Schattierung einzelner Buchstaben. Diese Stilmittel werden dabei ebenfalls häufig miteinander verbunden, so dass die Verbraucher auch aufgrund ihrer Verbindung im angemeldeten Gesamtzeichen noch keinen Anlass haben, in diesem einen über die bloße Angabe eines (möglichen) Merkmals der gekennzeichneten Waren hinausgehenden Herkunftshinweis zu sehen. Damit kann auch die grafische Gestaltung allein dem angemeldeten Zeichen nicht die für eine Schutzgewährung erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vermitteln.
Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.