Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 03.12.2015


BPatG 03.12.2015 - 28 W (pat) 125/12

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "headfuck statement fashion" – Verstoß gegen die guten Sitten


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
03.12.2015
Aktenzeichen:
28 W (pat) 125/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 019 919

(hier Löschungsverfahren S 79/12)

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch die Vorsitzende Richterin Friehe, die Richterin Uhlmann und den Richter am Landgericht Dr. Söchtig am 3. Dezember 2015

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Löschungsantragstellerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) vom 17. Oktober 2012 aufgehoben. Die Löschung der Marke 30 2011 019 919 wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Die am 6. April 2010 angemeldete Wortmarke

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headfuck statement fashion

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ist am 25. Mai 2011 in das bei dem Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden und nach einer Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses am 10. Mai 2012 (Einschränkungen fett markiert) für die folgenden Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 14: Schmuckwaren. Ausgenommen sind hierbei ausdrücklich Waren mit pornographischen oder sittlich anstößigen Inhalten und/oder Symbolik;

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Klasse 16: Druckereierzeugnisse. Ausgenommen sind hierbei ausdrücklich Waren mit pornographischen oder sittlich anstößigen Inhalten und /oder Symbolik;

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Klasse 25: Bekleidungsstücke, insbesondere Textilien mit politik-, gesellschafts-, sozialkritischen Motiven oder satirischem Bezug, ausgenommen Tennis- und Skibekleidung sowie sonstige funktionelle Sportbekleidung; Schuhwaren, Kopfbedeckungen. Ausgenommen sind zudem Waren mit pornographischen oder sittlich anstößigen Inhalten und/oder Symbolik.

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geschützt.

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Mit am 6. März 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin die vollständige Löschung der Marke aufgrund absoluter Schutzhindernisse gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 MarkenG beantragt. Dazu hat sie ausgeführt, die Eintragung der angegriffenen Marke verstoße gegen die guten Sitten im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG. Das der englischen Sprache entnommene Wort „Fuck" sei ein Vulgärausdruck und stelle in der Kombination mit „head" (Kopf) auch in der englischen Sprache einen rohen Vulgärausdruck für Fellatio dar. Die weiteren Bestandteile „statement fashion“ seien ein bloß beschreibender Zusatz, der besage, dass es sich um Modeartikel, diesbezügliche Druckereierzeugnisse oder Schmuck handele, mit denen eine Aussage beabsichtigt sei. Deshalb sei der Wortkombination als ganzer die Schutzfähigkeit wegen Sittenwidrigkeit abzusprechen.

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Der Markeninhaber hat dem Löschungsantrag, der ihm am 16. März 2012 mit Aufgabe zur Post zugesandt wurde, am 3. Mai 2012 widersprochen und beantragt, den Löschungsantrag zurückzuweisen.

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Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 17. Oktober 2012 zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Zeichen verstoße nicht gegen die guten Sitten im Sinn von § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG. Das Wort „fuck" sei ein Vulgärausdruck, der in der deutschen Sprache u. a. als Verb für die Ausübung des Geschlechtsverkehrs oder als Substantiv für Geschlechtsverkehr verwendet werde. Die Wortkombination (headfuck) habe in der englischen Sprache verschiedene Bedeutungen. In mehreren englischsprachigen Internetnachschlagewerken werde der Begriff beschrieben als Substantiv der Vulgär- bzw. Umgangssprache für etwas oder ein Ereignis, das den Verstand verstöre. In dem einzigen deutschsprachigen Nachschlagewerk, in dem eine Definition des Ausdrucks enthalten sei, werde sowohl diese Bedeutung als auch die Bedeutung als Synonym der sexuellen Praktik der Fellatio erwähnt. Dass der Begriff als Synonym für Fellatio sowohl im englischen wie auch im deutschen Sprachraum Verwendung finde, lasse sich durch Recherchebelege des Amtes belegen. Der Umstand, dass bei einer Google-Recherche die sexuelle Bedeutung des Begriffs auf den ersten Ergebnisseiten nicht auftauche, sei darauf zurückzuführen, dass diese von Google aus Rechtsgründen nicht angezeigt würden. Auf anderen Suchmaschinen seien schon auf den ersten Seiten mehrere Treffer mit sexuellen Inhalten angezeigt worden. Der Begriff sei ein derber Ausdruck der Vulgärsprache, der das Sittlichkeitsempfinden eines erheblichen Bevölkerungsteils verletze und in einem sprachlichen Kontext verwendet werde, der nicht nur überaus abstoßend, sondern auch diskriminierend sei. Daraus folge jedoch noch nicht, dass das Zeichen in seiner Gesamtheit sittenwidrig sei. In Kombination mit den weiteren Bestandteilen „statement fashion“, die ihrerseits nicht anstößig seien, trete die sittlich anstößige Bedeutung des Wortes „headfuck“ derart in den Hintergrund, dass das sittliche Empfinden des angesprochenen Verkehrs nicht verletzt werde. Es habe für den angesprochenen Verkehr, der das Zeichen nicht analysierend wahrnehme, einen unklaren Aussagegehalt. „statement fashion“ bedeute wörtlich übersetzt „Erklärung, Äußerung, Stellungnahme Mode“. Die Wortbestandteile träten bei der Wahrnehmung des Zeichens nicht in den Hintergrund, da die Wortfolge für die maßgeblichen Waren keine beschreibende Angabe sei, sondern allenfalls einen diffusen Bedeutungsgehalt aufweise. Der Verkehr werde die angegriffene Marke daher in ihrer Gesamtheit als Wortkombination erfassen und ihr deshalb keinen sittlich anstößigen Sinngehalt entnehmen können.

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Auch aus der bestehenden Entscheidungspraxis des DPMA ergebe sich keine Schutzunfähigkeit des angegriffenen Zeichens. Die Abweichung von der Löschungsentscheidung des DPMA bezüglich der Wort-/Bildmarke Abbildung am 16. März 2012 resultiere aus der abweichenden Gestaltung der verfahrensgegenständlichen Wortmarke. Die in der Wort-/Bildmarke enthaltenen graphischen Elemente seien, anders als die vorliegende Wortkombination, nicht geeignet gewesen, den sittlich anstößigen Charakter des Wortes „Headfuck“ aufzuheben.

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Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

14

Sie trägt vor, die Sittenwidrigkeit der angegriffenen Marke sei nicht anders zu beurteilen als die Sittenwidrigkeit der Wort-/Bildmarke Abbildung des Inhabers der angegriffenen Marke, die auf den Löschungsantrag der Beschwerdeführerin bereits durch Beschluss der Markenabteilung des DPMA vom 3. Februar 2012 gelöscht worden sei. Die Beschwerde gegen den Löschungsbeschluss sei durch das Bundespatentgericht mit Beschluss vom 17. Dezember 2012 zurückgewiesen worden. Dies entspreche auch der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts.

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Die weitere Wortfolge „statement fashion“ der angegriffenen Marke besage, dass es sich um Waren handele, mit denen eine bestimmte Geisteshaltung ausgedrückt werden solle. Insbesondere T-Shirts, Sweater etc. könnten Träger solcher Statements sein. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise verstünden die Bedeutung von statement fashion und konzentrierten sich bei Wahrnehmung der Marke deshalb in erster Linie auf den Begriff „headfuck“. Es sei davon auszugehen, dass die Bekleidungsstücke der Inhaberin der angegriffenen Marke deshalb mit dem als sittlich verwerflich gekennzeichneten Schlagwort „headfuck“ gekennzeichnet würden. Die Marke sei daher zu löschen, wie dies bei ähnlichen Marken mit dem Bestandteil „fuck“ bereits geschehen sei. Dabei sei auch Art. 3 GG zu beachten, der die Einheitlichkeit der Rechtsordnung sichere. Dieselbe Markenstelle habe wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt und damit gegen den in Art. 3 GG niedergelegten, verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsprechung verstoßen.

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Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag,

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den Beschluss vom 17. Oktober 2012 aufzuheben.

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Der Beschwerdegegner stellt sinngemäß den Antrag,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Er trägt vor, die angegriffene Marke sei weder obszön noch habe sie sexuelle Motive und sie sei auch nicht geeignet, das Schamgefühl zu verletzen. Was das Schamgefühl verletzen könne, sei kaum greifbar und kein objektiver Begriff. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verstießen nur solche Marken gegen die guten Sitten, die das Empfinden eines beachtlichen Teils der beteiligten Verkehrskreise zu verletzen geeignet seien, indem sie sittlich, politisch oder religiös anstößig wirkten oder eine grobe Geschmacksverletzung enthielten. Diese Grundsätze seien schon bei der Löschung der entsprechenden Wortbildmarke der Beschwerdegegnerin Abbildung nicht angemessen berücksichtigt worden. Insbesondere sei nicht dargelegt worden, weshalb ein wesentlicher Teil der Bevölkerung durch die Marke in seinem Scham- oder Sittlichkeitsgefühl durch geschlechtsbezogene Angaben unerträglich verletzt sein solle. Der Beschwerdeführerin gehe es zudem nicht um die Wahrung der guten Sitten, sondern darum, dass die angegriffene Marke ihre etablierte Sportmarke erheblich beeinträchtige. Eine Verletzung des Scham- und Sittlichkeitsempfindens des angesprochenen Allgemeinverkehrs sei nur anzunehmen, wenn die angemeldete Marke über eine bloße Geschmacklosigkeit hinaus sexuelle Aussagen enthalte, die massiv diskriminierend und/oder die Menschenwürde beeinträchtigend seien. Diese Voraussetzungen seien bei der angegriffenen Marke jedoch nicht gegeben. Durch die Spezifizierung im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis sei eine Unterstellung sexueller Motive nicht mehr angebracht und auch nicht der Sache angemessen. Der Anmelder verwende den Begriff „fuck“ nicht als Bezeichnung für die Ausübung des Geschlechtsverkehrs. Zudem sei ein Verstoß gegen die guten Sitten bisher nur angenommen worden, wenn der Begriff über die bloße sexuelle Anzüglichkeit hinaus als diskriminierend empfunden werden könne. Die Bestimmung der Sittenwidrigkeit sei zudem im Licht der Grundrechte auszulegen, weshalb sowohl besonders strenge als auch besonders liberale Ansichten einzelner nicht berücksichtigt werden dürften. In dem besagten Löschungsverfahren sei die angeblich sexuelle Bedeutung des Begriffs „headfuck“ durch eine einseitige Recherche belegt worden, bei der der Begriff mit sexuell eindeutigen Zusatzbegriffen kombiniert worden sei. Damit habe man die Deutungshoheit des Begriffes den Anbietern schmuddeliger Sexseiten überlassen. Tatsächlich habe der Begriff in der englischen Sprache keinerlei sexuelle Bedeutung, sondern sei ein umgangssprachlicher oder Vulgärausdruck für eine bewusste Täuschung oder Irreführung des Geistes oder den Zustand der Geistesverwirrung, bzw. in seltenen Fällen für starke Narkotica, die einen Zustand der Geistesverwirrung hervorrufen könnten.

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Der Begriff „Fuck“ werde in vielfältigen Bedeutungen verwendet. Entsprechend seien auch mehrere Marken mit dem Bestandteil „Fuck“ im Markenregister eingetragen. Auch die Entscheidungen zu „Ficken" und „Fick Shui" des Bundespatentgerichts sprächen gegen die Bejahung des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG. Zudem würden die Waren des Beschwerdegegners nur über einen Online-Shop vertrieben, den man gezielt ansteuern müsse, das Publikum habe also die Möglichkeit, der Begegnung mit der Marke auszuweichen.

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Zum weiteren Vortrag wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die angegriffene Marke war gemäß §§ 50 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG auf Antrag der Beschwerdeführerin zu löschen, weil sie bereits bei ihrer Anmeldung gegen die guten Sitten verstoßen hat und dies auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag der Fall ist.

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1. Das Löschungsverfahren war durchzuführen, nachdem der Antragsgegner dem zulässigen Löschungsantrag auf die an ihn am 16. März 2012 übersandte Mitteilung nach § 54 Abs. 3 Satz 1 MarkenG am 3. Mai 2012 rechtzeitig widersprochen hat. Über die Beschwerde kann gemäß § 69 MarkenG ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da der Markeninhaber keinen Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gestellt hat und der Senat diese auch nicht für erforderlich hält.

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2. Die angegriffene Marke war auf Antrag der Beschwerdeführerin zu löschen. Nach §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG kann eine Marke auf Antrag gelöscht werden, wenn zum Zeitpunkt der Eintragung ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 9 MarkenG bestand und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch fortbesteht.

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Die angegriffene Marke war bereits im Zeitpunkt der Eintragung nach § 50 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Diese Vorschrift nimmt Kennzeichnungen vom Markenschutz aus, welche gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen.

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Von einem Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG ist auszugehen, wenn das angemeldete Zeichen geeignet ist, das Empfinden der angesprochenen Verkehrskreise erheblich zu verletzen, indem es etwa in sittlicher, politischer oder religiöser Hinsicht anstößig oder herabwürdigend wirkt oder eine grobe Geschmacksverletzung darstellt. Maßgeblich ist insoweit die Sicht eines durchschnittlichen Angehörigen der angesprochenen Verkehrskreise, wobei nicht nur die Verkehrskreise zu berücksichtigen sind, an die sich die mit der angemeldeten Marke beanspruchten Waren oder Dienstleistungen unmittelbar richten, sondern auch die Teile des Publikums, die dem Zeichen im Alltag zufällig begegnen. Maßgeblich ist weder eine übertrieben nachlässige noch eine besonders feinfühlige und empfindsame, sondern eine normal tolerante und durchschnittlich sensible Sichtweise. Auch darf die Prüfung des Schutzversagungsgrunds nicht in einer Geschmackszensur bestehen. Soweit eine Liberalisierung der Anschauungen des angesprochenen Verkehrs im Hinblick auf die Verwendung vulgärer, obszöner oder beleidigender Worte stattgefunden hat, muss ihr Rechnung getragen werden. Andererseits ist eine noch nicht eingetretene, sondern sich nur in Ansätzen abzeichnende Liberalisierung oder Banalisierung in der Sichtweise grob anstößiger Ausdrücke in der Eintragungspraxis nicht vorweg zu nehmen (BGH GRUR 2013, 729, 730 - READY TO FUCK m. w. N.)

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Bei Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs war und ist die angegriffene Marke headfuck statement fashion für die beanspruchten Waren nicht eintragungsfähig.

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Sie besteht aus den Wortelementen „headfuck“, „statement“ und „fashion“. Hinsichtlich des Wortelementes „headfuck“ kommt der Senat aufgrund seiner Recherche zu der gleichen Beurteilung wie der 27. Senat in der Entscheidung zu der Wort-/Bildmarke Abbildung (GRUR RR 2013, 253 f.). Der Begriff „headfuck“ wurde und wird im Inland unmittelbar verstanden, weil sowohl „head“ als auch „fuck“ im Inland geläufige englische Begriffe sind. Die wörtliche Übersetzung bedeutet „Kopffick“. „Fuck“ oder deutsch „Fick“ ist ein Vulgärausdruck für den Geschlechtsverkehr, „headfuck“ oder deutsch „Kopffick“ bezeichnet in grob vulgärer Weise die Sexualpraktik der Fellatio. Auch wenn Teile der Bevölkerung den Vulgärausdruck im übertragenen Sinn benutzen, um eine Verwirrung des Geistes zu beschreiben, ist der Begriff gleichwohl ursprünglich sexuell konnotiert und wird so auch noch immer von weiten Teilen der Bevölkerung verstanden. Entsprechend belegen die dem Beschwerdegegner vorab übersandten Rechercheergebnisse des Senats die Verwendung dieser Begriffe zur Beschreibung und Darstellung von abstoßenden, gewaltsamen und menschenverachtenden Inhalten sexueller Natur. Weite Kreise der Allgemeinheit werden den Begriff deshalb als grob anstößig empfinden, wenn sie ihm auf den beanspruchten Waren begegnen. Die Tatsache, dass auch an sich unverfängliche Begriffe wie „Hausfrau“ oder „Schulmädchen“ mit entsprechenden Darstellungen in Zusammenhang gebracht werden können, nimmt dem Ausdruck „headfuck“ nicht die Anstößigkeit, weil der Begriff im konkreten Fall gerade die Sexualpraktik selbst auf vulgäre Art bezeichnet, was bei den genannten unverfänglichen Bezeichnungen nicht der Fall ist.

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Die weiteren Wortelemente „statement fashion“ sind entgegen der Auffassung der Markenabteilung nicht geeignet, dem Gesamtzeichen die vulgäre sexuelle Konnotation zu nehmen. Denn nach den Recherchen des Senats ist davon auszugehen, dass die Wortfolge „statement fashion“ bereits bei Anmeldung im Jahr 2011 als bloßer Sachhinweis auf die beanspruchten Waren verstanden wurde. Der englische Begriff „statement“ hat im Deutschen die Bedeutung „Aussage, Erklärung, Signal, Stellungnahme“. Der englische Begriff wird auch im Inland in diesen Bedeutungen benutzt. Auch wenn die Verwendung des Begriffs „Statement fashion“ bei Anmeldung der Marke nicht oder nur ganz gelegentlich nachweisbar ist, wurde er schon zu diesem Zeitpunkt als Bezeichnung einer Mode mit einer bestimmten Aussage verstanden, wie sich aus den übersandten Recherchebelegen ergibt. Denn die daran angelehnten Begriffe „Statement Shirt“ und „Statement-Schmuck“ waren dem Verkehr in dieser Bedeutung bereits bei Anmeldung geläufig, sodass er auch den entsprechenden Oberbegriff „statement fashion“ nur als Sachhinweis darauf verstanden hat, dass es sich bei den bezeichneten Waren um Modeartikel handelt, die eine Sachaussage transportieren. Dies gilt auch für die Druckereierzeugnisse in Klasse 16, da der Begriff „statement fashion“ dort als Hinweis auf den geistigen Inhalt der Waren verstanden werden kann. Die Wortfolge „statement fashion“ tritt deshalb gegenüber dem Wort „headfuck“ in der Beachtung der Verbraucher zurück, sodass der Verbraucher in erster Linie den am Anfang des Zeichens stehenden sexuell anstößigen Begriff „headfuck“ wahrnimmt.

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Die vom Markeninhaber vorgenommenen Einschränkungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses durch die Formulierungen „insbesondere Textilien mit politik-, gesellschafts-, sozialkritischen Motiven oder satirischem Bezug“ und „ausgenommen sind hierbei ausdrücklich Waren mit pornographischen oder sittlich anstößigem Inhalt und/oder Symbolik“ sind nicht geeignet, die sittliche Anstößigkeit des Begriffs entfallen zu lassen. Insoweit verkennt der Markeninhaber, dass es hier nicht um eine ggf. inhaltsbeschreibende Verwendung geht, die ggf. eingeschränkt werden könnte. Vielmehr ist der in Rede stehende Begriff generell als vulgär nicht eintragungsfähig. Ungeachtet dessen dürfte die nachträgliche Einschränkung auch zu unbestimmt sein, um Wirksamkeit zu entfalten. Denn die gewählte Formulierung „Ausgenommen sind Waren mit pornographischem oder sittlich anstößigem Inhalt“ enthält keine objektiven Kriterien, die den Umfang der geschützten Waren dauerhaft, klar und eindeutig erkennbar einzugrenzen (Ströbele/Hacker Markengesetz, 11. Aufl. 2014, § 39 Rn. 4, § 8 Rn. 392).

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Die Argumentation des Beschwerdegegners, die Teile der Bevölkerung, die von der Marke abgestoßen seien, könnten der Marke ausweichen, indem sie den Online-Shop des Beschwerdegegners nicht aufsuchten, verkennt, dass Marken den Verbrauchern nicht nur beim Kauf, sondern auch im täglichen Leben ständig begegnen. Ihre Anbringung erfolgt im hier vorrangig relevanten Bereich der Bekleidung nicht nur verdeckt auf an den Innenseiten der Bekleidung angebrachten Etiketten, sondern auch als plakativer Aufdruck auf der Kleidung, sodass der Allgemeinheit ein Ausweichen im Alltag praktisch unmöglich ist. Auch Kinder, die bei der Konfrontation mit derb herabwürdigen Ausdrücken aus dem Sexualbereich besonders schutzbedürftig sind, begegnen Bekleidungsmarken in ihrem Alltag, ohne ihnen ausweichen zu können. Deshalb ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur auf die konkret angesprochenen Verkehrskreise - die nach dem hier maßgeblichen breiten Warenverzeichnis im Übrigen auch aus der Allgemeinheit der Verbraucher bestehen - sondern auch auf solche Personengruppen abzustellen, die der Marke zufällig begegnen.

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Daher war die Löschung der angegriffenen Marke unter Aufhebung des Amtsbeschlusses anzuordnen.

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3. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.