Entscheidungsdatum: 20.08.2014
In der Beschwerdesache
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betreffend die IR Marke 898 323
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. August 2014 durch den Richter Hermann als Vorsitzenden, die Richterin Uhlmann sowie die Richterin kraft Auftrags Kriener
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Der Schutz für die unter der Nummer 898 323 international registrierte Wort-/Bildmarke
ist am 21. Februar 2006 auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstreckt worden für die Waren der
Klasse 03: Désodorisants pour le bain, savons, matières à astiquer, produits de nettoyage, détergents, cires à polir, liquides pour le nettoyage du verre, préparations à polir, shampooings, produits pour l'embellissement des motos, produits de nettoyage pour les casques, les visières anti-buée et les carrosseries de motos; produits pour le polissage du chrome;
Klasse 04: Graisses lubrifiantes;
Klasse 05: Produits pour l'hygiène des casques de moto;
Klasse 06: Cadenas, chaînes antivol, anneaux pour clés;
Klasse 07: Filtres (parties de moteurs de motos);
Klasse 08: Clés dévisse-boulon, clés dévisse-filtre, clés dévisse-bougie, outils à main;
Klasse 09: Casques, lunettes, étuis pour pince-nez, batteries, clignotants (signaux lumineux), câbles électriques pour batteries, antennes pour autoradios, haut-parleurs, supports pour téléphones, gants pour la protection contre les accidents, thermomètres lumineux pour véhicules, manomètres pour pneumatiques, mallettes en matières plastiques destinées à contenir des cassettes musicales ou des disques compacts musicaux; interrupteurs pour allumer ou éteindre les feux; protections pour le cou pour motocyclistes, protège-jambes pour motocyclistes;
Klasse 10: Ceintures lombaires;
Klasse 11: Feux d'arrêt supplémentaires, phares de motos, feux antibrouillard, torches et lampes de poche, lampes et ampoules pour motos, lumières DEL pour motos, feux stroboscopiques pour motos, phares lumineux pour motos, néons lumineux pour motos, lumières pour plaques d'immatriculation, catadioptres;
Klasse 12: Filets porte-bagages pour véhicules, antivols mécaniques et électriques, antivols à blocage de disque pour motos, poignées pour motos, porte-bagages pour motos, rétroviseurs pour motocycles, porte-blocs-notes pour motos, garnitures pour motos en matières plastiques, à savoir porte-monnaie, porte-bouteilles, porte-vignette d'assurance, poches porte-objets, coffres pour motos (top cases), housses pour motos, caches pour valves de pneus, pneus, cache-bouchon de réservoir, pédales antidérapantes, filets à bagages pour motos, protecteurs de réservoirs en plastique, stabilisateurs pour guidons;
Klasse 14: Horloges;
Klasse 17: Bandes flexibles adhésives lumineuses, bandes réfléchissantes à haute visibilité;
Klasse 21: Peaux synthétiques et daim, peaux pour le nettoyage, tampons de polissage, éponges, ustensiles à main pour laver les vitres, torchons de nettoyage, chiffons en microfibre, instruments de nettoyage, brosses, gants à polir;
Klasse 25: Habillement sportif, habillement pour motocyclistes, combinaisons en cuir,vestes coupe-vent, pantalons imperméables, gants, foulards.
Gegen die Schutzbewilligung dieser Marke für Deutschland hat die Widersprechende aus der am 4. Juni 1999 registrierten und am 5. August 1999 veröffentlichten für die Waren der
Klasse 01: Additifs pour carburants, additifs chimiques visant à réduire les émissions polluantes des carburants, additifs chimiques visant à diminuer la consommation des carburants;
Klasse 04: Huiles et graisses industrielles; lubrifiants; combustibles (y compris les essences pour moteurs); supercarburants sans plomb
eingetragenen international registrierten Wortmarke IR 714 158
EVOLUTION
mit am 28. Februar 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingegangenem Schreiben Widerspruch erhoben.
Mit Beschlüssen vom 17. Februar 2010 und 16. Oktober 2012, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die IR Markenstelle für Klasse 12 des DPMA eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, in der Klasse 4 stünden sich mit „Graisses lubrificantes“ der angegriffenen Marke und „Huiles et grasses industrielles; lubrifiants“ der Widerspruchsmarke identische bzw. hochgradig ähnliche Waren der Klasse 4 gegenüber. Im Übrigen sei eine Ähnlichkeit der Waren, die nach ihrer Art, Beschaffenheit und ihrem Verwendungszweck verschieden seien, zu verneinen. Der Widerspruchsmarke komme kein beschreibender Sachgehalt zu, der Begriff „Evolution“ werde im Bereich der „Motorenöle, -fette und Schmiermittel“ üblicherweise nicht zur werblichen Anpreisung verwendet und der älteren Marke komme auch keine erhöhte Verkehrsbekanntheit zu, so dass die Widerspruchsmarke über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfüge. Die zu vergleichenden Marken kämen sich weder in klanglicher noch schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht nahe. Bei der schriftbildlichen Wahrnehmung der angegriffenen Marke könne der auffallende Bildbestandteil des Motorradfahrers, mag diese Darstellung im Bereich der Waren „Schmierfette" auch einen beschreibenden Sinngehalt haben, nicht völlig vernachlässigt werden. Daher würden sich die Vergleichsmarken schon durch diesen deutlich auffallenden Bildbestandteil voneinander unterscheiden. In klanglicher Hinsicht stünden sich die Worte „R. Evolution“ und „EVOLUTION“ gegenüber, wobei die angesprochenen Verkehrskreise den Wortbestandteil der angegriffenen Marke als „R“ – „EVOLUTION“ oder zusammengesprochen als „REVOLUTION“ und damit unterschiedlich zu „EVOLUTION“ wahrnehmen würden. Da die gesamte Wortfolge „R.EVOLUTION“ unterstrichen sei, stelle sie eine Gesamtaussage dar, die den angesprochenen Verkehrskreis nicht dazu veranlasse, das dem Wort vorangestellte „R.“ zu vernachlässigen. Als wortspielartige Phantasiebezeichnung weiche „R.EVOLUTION“ deutlich von dem Wort „EVOLUTION“ in Alleinstellung ab. Demzufolge sei das Vorliegen einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr zu verneinen. Anhaltspunkte für das Bestehen der mittelbaren Verwechslungsgefahr fehlten. Die Frage der rechtserhaltenden Benutzung könne angesichts der fehlenden Verwechslungsgefahr dahingestellt bleiben.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit der sie vorträgt, über die von der Markenstelle festgestellte Identität der von der Widersprechenden benutzten Ware „Motorenöle“ und der unter diesen Begriff fallenden Waren der Klasse 4 der angegriffenen Marke hinaus, bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit zwischen der Ware „Schmieröle“ der Widerspruchsmarke und den in der Klasse 3 von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „Reinigungsmittel für Motorräder, Helme und Karosserien von Motorrädern; Poliermittel für Chrom; Schmierfette; Seifen“ sowie der in der Klasse 7 beanspruchten Ware „Filter (Teile von Motorradmotoren)“ und in der Klasse 8 befindlichen Ware „Schlüssel für Filter“, da sich diese Waren mit den von der Widerspruchsmarke geschützten „Motorölen“ typischerweise ergänzten, teilweise von denselben Unternehmen stammten bzw. zumindest regelmäßig zusammen verkauft würden. Die Widersprechende und Beschwerdeführerin hat, nachdem sie bereits im Verfahren vor dem DPMA Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung für den Zeitraum von 2002 bis 2007 eingereicht hat, auch im Beschwerdeverfahren diverse Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke für die Ware der Klasse 4 „Motorenöle“ eingereicht, u. a. eine eidesstattliche Versicherung der Leiterin der Markenabteilung für den Benutzungszeitraum 2007 bis 2012, Abbildungen der Etiketten für die genannte Ware und Werbeanzeigen sowie Rechnungen. Sie trägt zudem vor, durch die nachgewiesene umfangreiche Benutzung der Widerspruchsmarke sei deren Kennzeichnungskraft gesteigert.
Zur Zeichenähnlichkeit führt die Beschwerdeführerin und Widersprechende aus, angesichts des für „Schmierfette“ beschreibenden Inhalts der Bildbestandteile der angegriffenen Marke und des allgemeinen Grundsatzes „Wort vor Bild“ seien klanglich nur die Wortbestandteile der angegriffenen Marke zu berücksichtigen. Das Wortelement „Motorbike“ werde dabei aufgrund seines beschreibenden Charakters ebenso wie der zusätzliche Buchstabe „R“ in dem wappenartigen Element gänzlich vernachlässigt, letzterer, weil der angesprochene Verkehr das wappenartige Element als gesondertes Zeichen wahrnehme. Entgegen der Auffassung des DPMA sei zudem auch das dem Wort „EVOLUTION“ vorangestellte „R.“ wegen des geringen Kontrasts mit dem dunklen Hintergrund nicht wahrnehmbar und deshalb unbeachtlich. Es stünden sich klanglich die identischen Zeichen „EVOLUTION“ gegenüber. Aber auch bei einem klanglichen Zeichenvergleich der Wörter „EVOLUTION“ mit „REVOLUTION“ bestehe angesichts des einzigen Unterschieds in dem zusätzlichen Anfangsbuchstaben „R“ bei der angegriffenen Marke phonetisch kein ausreichender Abstand. Schriftbildlich seien sich die Zeichen „EVOLUTION“ und „R.EVOLUTION“ gleichermaßen hochgradig ähnlich. Jedenfalls sei aber vom Vorliegen einer Zeichenähnlichkeit im weiteren Sinne auszugehen. Das angegriffene Zeichen übernehme den Bestandteil „EVOLUTION“ identisch und dieser behalte in der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung, so dass „EVOLUTION“ wie das Unternehmenskennzeichen in Erscheinung trete und die angesprochenen Verbraucher entsprechend davon ausgingen, die Inhaber der jeweiligen Marken seien wirtschaftlich miteinander verflochten.
Die Beschwerdeführerin und Widersprechende beantragt,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 12 IR, vom 17. Februar 2010 und 16. Oktober 2012 aufzuheben.
Die Beschwerdegegnerin und Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie führt im Wesentlichen aus, die angegriffene Marke sei als komplexe Wort-/Bildmarke nicht allein auf ihren Wortbestandteil zu reduzieren. Selbst wenn aber nur auf die Wortbestandteile abgestellt werde, sei eine klangliche oder begriffliche Ähnlichkeit der Worte „EVOLUTION“ und „R.EVOLUTION“ zu verneinen. Klanglich ergebe sich durch den Buchstaben „R.“ im Wortanfang der angegriffenen Marke eine im Vergleich zur Widerspruchsmarke zusätzliche Silbe, die auch als „ER-DOT“ ausgesprochen werde. Die nur geringe phonetische Ähnlichkeit reiche nicht aus, um eine Ähnlichkeit der Zeichen zu begründen. Auch habe die Bezeichnung „Evolution" in der angegriffenen Marke keine selbstständig kennzeichnende Stellung inne, da sich „Evolution“ mit dem vorangestellten Buchstaben „R.“ zu der abweichenden Gesamtaussage „Revolution“ verbinde. In begrifflicher Hinsicht bestehe zwischen den Zeichen ein erheblicher Unterschied, die Begriffe „Revolution“ und „Evolution“ würden in ihrer semantischen Bedeutung nicht verwechselt. Die Einrede der rechtserhaltenden Benutzung hält die Inhaberin der angegriffenen Marke aufrecht, sie spricht auch den neu eingereichten Benutzungsunterlagen der Widersprechenden die Eignung ab, die rechtserhaltende Benutzung, oder die behauptete Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen. Als produktübergreifend verwendete allgemeine Werbeanpreisung im Sinne eines „fortschrittlichen Produkts“ stelle die Bezeichnung „Evolution“ einen sehr kennzeichnungsschwachen Begriff dar, sodass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke äußerst gering sei.
Bezüglich der Frage der Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren sei lediglich im Bereich bestimmter Waren der Klasse 4 eine Ähnlichkeit festzustellen, hinsichtlich der übrigen Waren der Klassen 3, 7 und 8 sei keine Ähnlichkeit gegeben. Aus den von Seiten der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen sei eine lediglich geringe Anzahl von Unternehmen erkennbar, die „Motorenöle“ und „Ölfilter“ gemeinsam vertreiben würden, hieraus könne noch nicht auf eine entsprechende grundsätzliche Übung in der Branche geschlossen werden. Überschneidungen der Produkte seien weder in Bezug auf deren Verkaufsstätten noch hinsichtlich der jeweils angesprochenen Verkehrskreise festzustellen. Eine Verwechslungsgefahr sei folglich zu verneinen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Zwischen der angegriffenen Marke „“ und der Widerspruchsmarke „EVOLUTION“ besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinn der §§ 119, 124, 114, 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. Art. 5 PMMA, Art. 6 quinquies B PVÜ, so dass die Markenstelle den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen hat.
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. hierzu EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICARO/ PICASSO; BGH GRUR 2012, 1040, 1042, Tz. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 64, Tz. 9 - Maalox/Melox-Gry; GRUR 2013, 833, Tz. 30 - Culinaria/Villa Culinaria).
1. Auf die Frage, ob die Widersprechende auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke zulässig erhobene Einrede der Nichtbenutzung nach §§ 119, 116 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG die Benutzung der Widerspruchsmarke „EVOLUTION“ in Bezug auf die Ware „Motorenöle“ glaubhaft machen konnte, kommt es vorliegend nicht an. Zugunsten der Widersprechenden kann eine erfolgreiche Glaubhaftmachung unterstellt werden. Danach stehen sich mit der Ware (übersetzt) „Motorenöle“ der Widerspruchsmarke und jedenfalls der Ware „Schmieren/Schmierfette“ der angegriffenen Marke in der Klasse 4 identische bzw. hochgradig ähnliche Waren gegenüber (vgl. hierzu Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 16. Auflage, Seite 198 rechte Spalte).
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen ist grundsätzlich dann anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH MarkenR 2009, 47, 53 Rn. 65 - Éditions Albert René; BGH GRUR 2014, 488, 489 – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2007, 1066 Rn. 23 – Kinderzeit; GRUR 2004, 901 – d-c-fix/DC-Fix; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/ REVIAN).
Die genannten Waren besitzen identische Eigenschaften, sind nahezu gleich beschaffen, werden in gleicher Weise genutzt und dienen dem übereinstimmenden Zweck des Schmierens bzw. Geschmeidighaltens von Motoren oder deren Teile.
2. Die Widerspruchsmarke „EVOLUTION“ verfügt über eine eher schwache Kennzeichnungskraft.
Kennzeichnungskraft ist die Eignung eines Zeichens, sich dem angesprochenen Verkehrskreis aufgrund seiner Eigenart einzuprägen, d. h. als Herkunftshinweis erkannt, in Erinnerung behalten und wieder erkannt zu werden. Je größer die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist, umso größer ist ihr Schutzumfang und umso eher ist auch eine Verwechslungsgefahr zu bejahen (EuGH GRUR 1998, 387 - Springende Raubkatze, GRUR Int. 1999, 734 - Lloyd Schuhfabrik).
Der Begriff der „EVOLUTION“ wird, wie dies bereits in Entscheidungen des Bundespatentgerichts festgehalten wurde (vgl. beispielsweise die Feststellungen in BPatG Beschluss vom 9. Oktober 2012, 33 W (pat) 531/10 – evolution (angemeldet für Sportartikel); Beschluss vom 25. November 1995, 28 W (pat) 94/95 – EVOLUTION (angemeldet für Kraftfahrzeuge und deren Teile)), über den engen ursprünglichen Bedeutungsgehalt in der Biologie hinaus im allgemeinen Sprachgebrauch und in der Werbung verwendet, um die fortlaufende Entwicklung von insbesondere technischen Produkten zu beschreiben. Die Ergebnisse der in der mündlichen Verhandlung überreichten Internetrecherche zeigen, dass der Begriff „Evolution“ als Werbeschlagwort dabei in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt wird (Anlagen 1 und 2) und im hier einschlägigen Produktbereich auch von anderen Herstellern zur Kennzeichnung der Ware „Motorenöle“ Verwendung findet („10 W – 60 EVOLUTION RT“ „…hochlegiertes Motorenöl…“ - www.profi-car.com; „Mitsubishi Diamond Evolution 5W – 30, 1 L“ „…vielseitiges High-Tech Motoröl“ – www.ato24.de/mitsubishi-diamond-evolution – Anlage 3). Aufgrund dessen werden die angesprochenen Verkehrskreise „EVOLUTION“ im Zusammenhang mit „Motorenölen“ lediglich dahingehend verstehen, dass es sich um das aus einer langen Entwicklung hervorgegangene und neuen Erkenntnissen entsprechend angepasste Produkt handelt. Damit eignet sich „EVOLUTION“ zur Beschreibung eines Merkmals, einer Eigenschaft der Ware. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist daher aufgrund des Charakters von „Evolution“ als werbeübliches beschreibendes Schlagwort als von Haus aus unterdurchschnittlich einzustufen.
Entgegen der Ansicht der Widersprechenden vermögen die vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen (eidesstattliche Versicherungen der Leiterin Marken vom 11. Februar 2008 und vom 18. Februar 2013 samt Anlagen) eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „EVOLUTION“ aufgrund intensiver Benutzung in Deutschland weder zum maßgeblichen Registrierungszeitpunkt der angegriffenen IR Marke noch zum Entscheidungszeitpunkt zu rechtfertigen. Diese kann, wie die Widersprechende selbst einräumt, nicht allein aus den erzielten Umsatzzahlen hergeleitet werden, da selbst umsatzstarke Marken wenig bekannt und andererseits Marken mit geringen Umsätzen weithin bekannt sein können. Darüber hinaus müssen die Umsatz- und Absatzzahlen im jeweiligen Marktumfeld gesehen werden, das nach objektiv-wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen ist (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, § 9 Rdnr. 139 ff). Vorliegend wurden zwar hohe Umsatzzahlen für die Jahre 2002 bis 2007 bzw. 2007 bis 2012 in der Bundesrepublik Deutschland mitgeteilt, es fehlen jedoch neben den Angaben über Werbeaufwendungen vor allem objektive Angaben zu Vergleichsgrößen (Gesamtmarkt im Bereich Motorenöle), so dass der Marktanteil der von der Widersprechenden vertriebenen Motorenöle im maßgeblichen Zeitraum nicht bekannt ist. Auch die angeführte kontinuierliche und langjährige Benutzung der Widerspruchsmarke und die vorgelegten Verwendungsnachweise reichen nicht aus, um eine Steigerung der unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu belegen. Eine solche ist auch nicht gerichtsbekannt.
3. Ausgehend von einer sehr geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „EVOLUTION“ reichen selbst bei identischen bzw. hochgradig ähnlichen Waren der Klasse 4 bereits geringe Unterschiede der Marken aus, um die Gefahr von Verwechslungen zu vermeiden.
Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2010, 933 Tz. 33 - Barbara Becker; BGH, a. a. O. - Maalox/Melox-GRY; a. a. O. - pure/pjur). Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei in der Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGH GRUR 2011, 824 Nr. 26 - Kappa; GRUR 2009, 1055 Rdnr. 26 - airdsl; MarkenR 2008, 393, 395 Rdnr. 21 - HEITEC).
In der Gesamtwirkung der Vergleichszeichen besteht keine Zeichenähnlichkeit in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht. Wegen der nur in der angegriffenen Marke zusätzlich vorhandenen, unübersehbaren Wort- und Bildbestandteile unterscheiden sich die Zeichen in jeder Hinsicht deutlich voneinander.
Der klangliche Gesamteindruck wird bei einer Wort- /Bildmarke in der Regel durch den Wortbestandteil geprägt. Aus Sicht des Senats werden die angesprochenen breiten Verkehrskreise dabei die angegriffene Marke mit dem Wortbestandteil „R.EVOLUTION“ wiedergeben. Denn hierbei handelt es sich bei dem in der angegriffenen Marke größenmäßig gegenüber dem Begriff „Motorbike“ am stärksten hervortretenden Wortbestandteil. Das vorangestellte „R.“ im Gesamtbegriff „R.EVOLUTION“ kann angesichts gleicher Buchstabengröße, gleicher Zeilenhöhe sowie des die begriffliche Einheit hervorhebenden gleichmäßigen Unterstrichs nicht vernachlässigt werden. Die im Vergleich zu der Wiedergabe von „EVOLUTION“ unterschiedliche leicht graue Farbgebung des Buchstabens führt, angesichts des in der Marke ohnehin stattfindenden Spiels mit Weiß-, Schwarz- und Grautönen nicht ohne Weiteres dazu, dass die angesprochenen Verkehrskreise diesen überhaupt nicht wahrnehmen werden. Somit stehen sich klanglich die Wörter „Revolution“ oder „R-Punkt Evolution“ und „Evolution“ gegenüber, die sich hinreichend deutlich durch den die Anfangssilbe dominierenden klangstarken harten Konsonanten „R“ unterscheiden. Insoweit liegt allenfalls eine geringe klangliche Ähnlichkeit vor.
Selbst wenn aber vorliegend zugunsten der Widersprechenden von einer Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke durch das Wort „EVOLUTION“ ausgegangen wird, ist im Hinblick auf die erhebliche Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke und ihren stark eingeschränkten Schutzumfang eine zur Bejahung der Verwechslungsgefahr führende Zeichenähnlichkeit nicht festzustellen. Denn aus Übereinstimmungen allein in schutzunfähigen Markenbestandteilen kann nach gefestigter ständiger Rechtsprechung eine Verwechslungsgefahr nicht hergeleitet werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2003, 963 – AntiVir/AntiVirus; GRUR 2012, a. a. O. – pjur/pure; BlPMZ 2013, 254 – Tz. 59 – AMARULA/Marulablu). Besteht die ältere Widerspruchsmarke, wie im vorliegenden Fall, aus einer schutzunfähigen Angabe, ist insoweit ausgeschlossen, dass die jüngere angegriffene Marke, die auch aus der betreffenden schutzunfähigen Angabe oder einer Abwandlung hiervon besteht, in den geringen Schutzbereich der älteren Marke eingreift.
Es besteht auch keine Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. In diesem Zusammenhang darf nicht jegliche wie auch immer geartete gedankliche Assoziation als Schutzhindernis im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 MarkenG angesehen werden. Ein rechtlich relevantes Inverbindungbringen zweier Marken kann jedenfalls nicht angenommen werden, wenn sich die Übereinstimmung dieser Marken auf einen kennzeichnungsschwachen Bestandteil beschränkt (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 459, 473). Auch die Voraussetzungen einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn durch die Aufnahme der älteren Marke in identischer oder hochgradig ähnlicher Form in ein jüngeres Kombinationszeichen, wobei dieser darin eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, liegen nicht vor. Angesichts dessen, dass in der angegriffenen Marke wegen des als gesamtbegriffliche Einheit wirkenden Wortbestandteils „R.EVOLUTION“ das Wort „Evolution“ schon nicht identisch übernommen wurde, fehlt es insoweit an einer selbständig kennzeichnenden Stellung der Widerspruchsmarke und zudem kommt „EVOLUTION“ im maßgeblichen Produktbereich eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.
Im Hinblick auf die festgestellte Identität bzw. die hochgradige Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren, der unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und allenfalls einer geringen klanglichen Ähnlichkeit der Marken ist eine Verwechslungsgefahr insgesamt nicht zu befürchten und die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.
4. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen.