Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.04.2016


BPatG 13.04.2016 - 28 W (pat) 11/13

Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "E-BAR" - Antrag auf Löschung nur für einen Teilbereich der von dem Oberbegriff erfassten Waren - zutreffende Behandlung durch die Markenabteilung als Antrag auf vollständige Löschung - Unterscheidungskraft - kein Freihaltungsbedürfnis - keine Täuschungsgefahr - keine bösgläubige Markenanmeldung - Kostenentscheidung - keine Kostenauferlegung bei grundlosem Abbruch von Vergleichsverhandlungen


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
13.04.2016
Aktenzeichen:
28 W (pat) 11/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 044 413

hier: Löschungsverfahren S 83/12

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, der Richterin Uhlmann und des Richters am Landgericht Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Anträge auf Kostenauferlegung werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin und Antragstellerin verfolgt mit der Beschwerde ihren Löschungsantrag gegen die Eintragung der Wortmarke

2

E-Bar

3

weiter, die am 10. August 2011 angemeldet und am 17. Oktober 2011 für die Waren der

4

„Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Geräte zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten, insbesondere Flugmodellen oder ferngesteuerten Flugmodellen, besonders bevorzugt ferngesteuerten Helikoptermodellen

5

Klasse 12: Luftfahrzeuge, Hubschrauber sowie Ersatzteile für die vorgenannten Waren, soweit diese nicht in anderen Klassen enthalten sind

6

Klasse 28: Spiele, Spielzeug, Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Flugmodelle, ferngesteuerte Flugmodelle, ferngesteuerte Helikoptermodelle, sowie Teile und Zubehör für die vorgenannten Artikel“

7

in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden ist.

8

Mit Schreiben vom 7. März 2012 hatte die Markeninhaberin die Beschwerdeführerin sowie mehrere Händler von Flugzeugmodellen wegen Verletzung der verfahrensgegenständlichen Marke abgemahnt, weil diese Steuerungsgeräte unter der Bezeichnung „E-Bar“ vertrieben hatten. Es handelte sich dabei um Geräte der Firma S… Co. Ltd. (im Folgenden: K…), deren Generalimporteurin für Deutschland die Beschwerdeführerin ist.

9

Die Beschwerdeführerin hat daraufhin am 14. März 2012 die teilweise Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke wegen Verstoßes gegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 und 10 MarkenG für nachfolgende Waren beantragt (Einschränkungen durch die Löschungsantragstellerin in Fettdruck):

10

„Klasse 9: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, soweit es sich darum um Apparate und Instrumente zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten handelt; Datenverarbeitungsgeräte und Computer, soweit es sich dabei um Datenverarbeitungsgeräte und Computer zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten handelt; Geräte zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten, insbesondere Flugmodellen oder ferngesteuerten Flugmodellen, besonders bevorzugt ferngesteuerten Helikoptermodellen

11

Klasse 12: Luftfahrzeuge, Hubschrauber sowie Ersatzteile für die vorgenannten Waren, soweit diese nicht in anderen Klassen enthalten sind

12

Klasse 28: Spiele, Spielzeug, Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind und soweit es sich dabei um Flugmodelle handelt; Flugmodelle, ferngesteuerte Flugmodelle, ferngesteuerte Helikoptermodelle, sowie Teile und Zubehör für die vorgenannten Artikel“

13

Des Weiteren hat sie den Antrag gestellt, der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

14

Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Eintragung der Marke „E-Bar“ sei unter Verstoß gegen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft erfolgt. Bereits vor der Anmeldung habe es eine Stabilisierungsvorrichtung für Fluggeräte in Form eines Balkens gegeben, die als „Flybar“ bezeichnet werde. Weitere Benennungen seien „stabilizer bar“, „stabilizing bar“, „Young bar“, „gyrostatic bar“ oder auch nur „bar“. Eine derartige mechanische Steuerung könne durch eine elektrische bzw. elektronische Steuerung ersetzt werden. In diesen Fällen sei es üblich, die elektronische Vorrichtung, die ein bisher gebräuchliches mechanisches Produkt ersetze, mit der Bezeichnung dieses Produkts und einem vorangestellten „E-“ zu bezeichnen, wie z. B. „E-Zigarette“, „E-Mail“ oder „E-Book“. Der Begriff „E-Bar“ sei deshalb für ein elektronisches Steuerungssystem für Fluggeräte, das den bisher gebräuchlichen „Bar“ ersetze, und für sämtliche das System enthaltenden Fluggeräte sowie für alle der Funktion des Stabilisierungssystems dienenden Apparate beschreibend und deshalb auch freihaltebedürftig. Für Luftfahrzeuge, die ein entsprechendes System nicht enthielten, sei die Marke dagegen irreführend.

15

Zudem sei die Anmeldung bösgläubig erfolgt. Die Firma K… habe ein Stabilisierungssystem „EBAR“ erstmals spätestens im Juli 2011 auf den Markt gebracht und mit einem Neuheiten-Flyer beworben. Im Juli 2011 sei ein Verkauf der Modellhelikopter „KDS 550“, „KDS 600“ und „KDS 700“ mit EBAR Flybarless System von dem Schweizer K…“ an den Modellbau-Fachhändler „S…“ in der S… erfolgt. Auf der Modellflugveranstaltung 2011 I… habe ein Vertreter der Firma K… das Stabilisierungssystem am 10. August 2011 präsentiert, was bereits am 9. August 2011 im Internet angekündigt worden sei. Offensichtlich nach Kenntnisnahme der Bezeichnung „EBAR“ habe die Markeninhaberin, die Sponsorin der Flugveranstaltung gewesen sei, die angegriffene Marke zur Registrierung angemeldet. Nach Registrierung und kurz nach Ablauf der Widerspruchsfrist sei sie dann gegen die KDS vorgegangen, um den Verkauf der mit dem Zeichen „EBAR“ gekennzeichneten Stabilisierungsvorrichtung zu unterbinden. Eine eigene Benutzungsabsicht der Markeninhaberin sei nicht zu erkennen, sie benutze zum Vertrieb ihres Produktes die Marke „V-Bar“. Es sei bei Anmeldung für die Markeninhaberin bereits absehbar gewesen, dass die Antragstellerin die Bezeichnung „EBAR“ auf dem deutschen Markt benutzen werde. Die Markenanmeldung sei also augenscheinlich zur Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Antragstellerin erfolgt.

16

Die Beschwerdegegnerin hat dem ihr am 5. April 2012 zugestellten Löschungsantrag am 4. Juni 2012 widersprochen. Sie hat geltend gemacht, sie selbst sei die Erfinderin der elektronischen Fluglagenstabilisierung für Modellhubschrauber, die das Fliegen ohne Paddelstange ermögliche. Der Prototyp sei erstmals im Jahr 2008 auf den Markt gebracht worden, für das Produkt habe sie im Jahr 2009 die EU-Marke „V-Bar“ registrieren lassen. Daneben sei das Konzept einer zweiten Produktlinie entwickelt worden, wofür mit der Firma GAUI aus Taiwan, einem der größten Modellhubschrauberhersteller weltweit, als asiatischem Vertriebspartner im Frühjahr 2011 Gespräche aufgenommen worden seien. Für das Produkt habe sie mit ihrem Kooperationspartner im Frühjahr 2011 den Namen „E-Bar“ entwickelt, einen Begriff, der sich an den Produktnamen „V-Bar“ anlehne, aber minimal anders laute. Die englische Aussprache der beiden Begriffe sei klanglich fast identisch. Der Buchstabe „E“ stehe nicht zwingend für elektronisch, sondern habe vielfältige Interpretationsmöglichkeiten wie „east“, „economical“ oder „Energie“. Als die Firma K… mit einem ähnlichen Flugsystem und fast identischer Bezeichnung wie das Produkt der Beschwerdegegnerin „V-Bar“ auf dem Markt erschienen sei, habe dies die Kooperation mit GAUI erheblich gestört. Man habe sich gezwungen gesehen, auch auf dem asiatischen Markt unter der Marke „V-Bar“ zu agieren. Es sei anzunehmen, dass die Firma KDS von der Absicht der Markeninhaberin erfahren und deshalb ihrerseits die Bezeichnung „EBAR“ gewählt habe, da sie häufig Produkte der Markeninhaberin kopiere und mit ähnlicher Bezeichnung vertreibe. Auch der Vortrag der Beschwerdeführerin zu der Flugveranstaltung I…, einer Veranstaltung in M…, I…, USA, sei unzutreffend. Dort sei die Firma K… überhaupt nicht anwesend gewesen und habe auch keinerlei Produkte ausgestellt, nach Wissen des Veranstalters sei dies auch nicht durch Dritte erfolgt. Dass das Produkt der Firma KDS bereits im Juli 2011 durch einen Flyer beworben worden sei, sei dem undatierten Flyer nicht zu entnehmen und werde bestritten. Auch der behauptete Verkauf in der Schweiz sei für das im Inland geführte Löschungsverfahren irrelevant. Selbst wenn die von der Antragstellerin vorgelegte Rechnung vom 20. Juli 2011 tatsächlich im Juli ausgestellt worden sein sollte, beweise das noch nicht, dass die Marke auch tatsächlich benutzt worden und die Beschwerdegegnerin damit in Berührung gekommen sei. Bei der größten Helikopterveranstaltung in Europa, dem 3-D Masters Wettbewerb in Venlo vom 21. bis 24. Juli 2011, sei die Antragstellerin zwar präsent gewesen, habe ein neues Produkt mit Namen „EBAR“ aber mit keinem Wort erwähnt, obwohl die Veranstaltung die Vermarktungsmöglichkeit schlechthin gewesen sei. Die Beschwerdegegnerin habe die feste Absicht, die angegriffene Marke, die noch in der Benutzungsschonfrist sei, zu benutzen.

17

Mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Löschungsantrag der Beschwerdeführerin sei dahingehend auszulegen, dass die vollständige Löschung der Eintragung der Marke beantragt werde, da die Löschung nur eines Teils der unter einen im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis verwendeten Oberbegriff fallenden Waren nicht zulässig sei. Die angegriffene Marke „E-Bar“ beschreibe die für sie geschützten Waren nicht direkt. Der korrekte und gebräuchliche Ausdruck für ein Fluggeräteprogramm sei „Flybarless-System“. Unter einer „bar“ werde bei Modellhelikoptern eine Stabilisierungsstange verstanden, die bei einem „Flybarless-System“ entfallen könne und durch eine elektronische Steuerung ersetzt werde. Der Buchstabe „E“ stehe nicht zwingend für „elektronisch“, sondern könne auch andere Bedeutungen haben. Eine beschreibende Verwendung von „E-Bar“ sei gänzlich unüblich und nicht nachweisbar. Deshalb bestehe weder ein Freihaltebedürfnis an der Wortbildung, noch fehle ihr die Unterscheidungskraft. Auch eine irreführende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG liege mangels eines beschreibenden Sinngehalts nicht vor.

18

Für eine bösgläubige Anmeldung fehle es an hinreichenden Anhaltspunkten. Die Markeninhaberin habe bei Anmeldung zwar gewusst, dass die Firma K… einen Modellhelikopter unter der Bezeichnung „EBAR“ angeboten habe, daraus allein könne eine Bösgläubigkeit jedoch nicht abgeleitet werden, da aus verschiedenen Umständen hervorgehe, dass die Markeninhaberin in erster Linie zur Förderung des eigenen Wettbewerbs gehandelt habe. Aus der Bestätigung des taiwanesischen Kooperationspartners gehe hervor, dass die Markeninhaberin ihrerseits schon im Frühjahr 2011 die Idee zur Kennzeichnung eigenständig entwickelt und mit der Markenanmeldung zu Ende gebracht habe. Zudem passe das Zeichen zu ihrer weiteren Marke „V-Bar“ und damit gut in das Markenportfolio der Markeninhaberin.

19

Gegen diesen Beschluss, der der ihr am 7. Januar 2013 zugestellt worden ist, richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 6. Februar 2013. Sie hat die Beschwerde nicht begründet.

20

Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß den Antrag,

21

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Dezember 2012 aufzuheben, die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke anzuordnen und der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

22

Die Beschwerdegegnerin stellt sinngemäß den Antrag

23

die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

24

Zur Begründung verweist sie auf ihren Vortrag im Löschungsverfahren vor dem DPMA. Zum Kostenantrag trägt sie vor, die Beschwerdeführerin habe die Vergleichsverhandlungen, die kurz vor einem einvernehmlichen Abschluss gestanden hätten, ohne jegliche Begründung plötzlich abgebrochen und sei nicht mehr erreichbar gewesen. Damit habe sie ihre prozessuale Sorgfaltspflicht verletzt. Die durch die Vergleichsverhandlungen entstandenen Anwaltskosten und die Kosten des Beschwerdeverfahrens seien vermeidbar gewesen.

25

Das Beschwerdeverfahren ist auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten durch Beschluss vom 10. Juni 2013 wegen schwebender Vergleichsverhandlungen zum Ruhen gebracht worden. Am 12. Mai 2014 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin die Vertretung niedergelegt und mitgeteilt, eine aktuelle Adresse der Beschwerdeführerin sei ihnen nicht bekannt.

26

Am 17. Juni 2014 hat die Beschwerdegegnerin beantragt, das Verfahren fortzuführen, weil die Vergleichsverhandlungen wegen Kontaktabbruchs der Beschwerdeführerin gescheitert seien.

27

Mehrere Zustellversuche an die Beschwerdeführerin sind gescheitert. Daraufhin ist antragsgemäß Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und die öffentliche Zustellung der Ladung durch Beschluss vom 11. November 2015 angeordnet worden. Die Beteiligten sind zu dem Verhandlungstermin am 13. April 2016, zu dem sie - die Beschwerdeführerin im Wege der öffentlichen Zustellung - ordnungsgemäß geladen worden sind, nicht erschienen.

28

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

29

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Markenabteilung hat den Antrag auf Löschung der Eintragung der Marke 30 2011 044 413 E-Bar wegen Nichtigkeit mit zutreffender Begründung zurückgewiesen, da der Eintragung der angegriffenen Marke im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung keine Schutzhindernisse gemäß § 8 MarkenG entgegenstanden und dies auch im Zeitpunkt der jetzigen Entscheidung über den Löschungsantrag nicht der Fall ist.

30

Gemäß §§ 50 Abs. 1 und 2, 54 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist.

31

Gegenstand des Verfahrens sind die von der Antragstellerin geltend gemachten Löschungsgründe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 10 MarkenG. Der Antrag auf Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke wegen Verstoßes gegen die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG ist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zulässig innerhalb von 10 Jahren nach der am 17. Oktober 2011 erfolgten Eintragung, nämlich am 14. März 2012 gestellt worden. Für die übrigen Löschungsgründe besteht keine Frist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., 2014, § 50, Rdnr. 18 m. w. N.).

32

Für die absoluten Löschungsgründe nach § 50 Abs. 1 MarkenG gilt, dass eine Löschung nur erfolgen kann, wenn die Schutzhindernisse zu den jeweils maßgeblichen Zeitpunkten vorliegen. Wird geltend gemacht, die Eintragung habe gegen einen oder mehrere Tatbestände des § 8 Abs. 2 MarkenG verstoßen, kann eine Löschung nur erfolgen, wenn das Eintragungshindernis sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke (BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 - Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 483, Rdnr. 22 - test; GRUR 2014, 565, Rdnr. 10 - smartbook) bestanden hat als auch - soweit es um die Tatbestände nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-9 MarkenG geht - im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).

33

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

34

1. Mit zutreffender Begründung hat die Markenstelle den Antrag vom 14. März 2012 auf teilweise Löschung der Eintragung als Antrag auf vollständige Löschung der Eintragung behandelt. Die Löschungsantragstellerin hat die Löschung der Waren Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität nur begehrt, „soweit es sich darum um Apparate und Instrumente zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten handelt“. Die Löschung der Waren Datenverarbeitungsgeräte und Computer wird nur begehrt „soweit es sich dabei um Datenverarbeitungsgeräte und Computer zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten handelt“. Ebenso sollen die Waren Spiele, Spielzeug, Sportartikel nur gelöscht werden, „soweit es sich dabei um Flugmodelle handelt“. Entsprechende Einschränkungen sind im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke jedoch nicht enthalten. In den von der Beschwerdeführerin gebrauchten Formulierungen liegt das Begehren, einen im Warenverzeichnis von der Markeninhaberin gewählten Oberbegriff nur für einen Teilbereich der von dem Oberbegriff erfassten Waren zu löschen. Dies ist jedoch nicht zulässig. Die Bestimmung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses obliegt allein dem Markenanmelder. Wählt er einen Oberbegriff, so kann weder das Deutsche Patent- und Markenamt noch das Gericht diesen Begriff im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis durch andere Formulierungen ersetzen. Stehen der Markenanmeldung Schutzhindernisse für einzelne von dem Oberbegriff erfasste Waren entgegen, so ist die Anmeldung für den gesamten Oberbegriff zurückzuweisen, auch wenn andere unter den Oberbegriff fallende Waren von dem Schutzhindernis nicht erfasst sind (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., 2014, § 8, Rdnr. 385). Eine entsprechende Einschränkung des Warenverzeichnisses kann nur durch den Anmelder erfolgen (Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rdnr. 389). Nichts Anderes gilt bei Löschung der Eintragung einer bereits registrierten Marke für einen im Warenverzeichnis verwendeten Oberbegriff gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG. Auch hier ist der gesamte Oberbegriff zu löschen, auch wenn der Löschungsgrund nur einzelne unter den Oberbegriff fallende Waren erfasst (BGH GRUR 2012, 1044, Rdnr. 17 - Neuschwanstein). Nur der Markeninhaber selbst, nicht aber das DPMA oder das Gericht können das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis durch entsprechende Umformulierung einschränken.

35

Da der in dieser Form unzulässige Antrag entsprechend dem tatsächlich Gewollten rechtserhaltend auszulegen ist (dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 74. Aufl., 2016, Grdz. 128, Rdnr. 52), hat die Markenabteilung die Beschränkung in dem Löschungsantrag zutreffend als bloße Anregung betrachtet und den Löschungsantrag in der Sache als Antrag auf vollständige Löschung der Eintragung behandelt.

36

2. Der Eintragung der Marke „E-Bar“ stand bei Anmeldung am 10. August 2011 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht entgegen.

37

Insoweit kann auf die zutreffende Begründung des angegriffenen Beschlusses verwiesen werden, da die Beteiligten im Beschwerdeverfahren in der Sache nichts Weiteres vorgetragen haben.

38

Das Wortzeichen „E-Bar“ setzt sich erkennbar aus den zwei durch einen Bindestrich verbundenen Elementen „E“ und „Bar“ zusammen. Der Begriff „Bar“ bezeichnet in der beanspruchten substantivischen Schreibweise in der deutschen Sprache eine Schranke, die den Gastraum vom Tresen trennt, ein intimes (Nacht)lokal oder einen hohen Schanktisch mit Barhockern. Daneben ist es die Maßeinheit des Luftdrucks (Duden, Deutsches Universalwörterbuch). Er ist außerdem der Name eines Nebenflusses der Maas und einer Stadt in Montenegro und der Ukraine. In der englischen Sprache hat „bar“ die Bedeutungen „Stange, Stab, Gitterstab, Streifen, Band, Stück, Hindernis“ (PONS, Großwörterbuch Englisch-Deutsch/Deutsch-Englisch, Stuttgart 2008). In Alleinstellung bezeichnet „bar“ jede Art von Stange oder Streifen und wird z. B. auch in eingedeutschten Begriffen wie „Toolbar“ in diesem Sinn verwendet. Der Buchstabe „E“ steht für eine Vielzahl von Begriffen wie Early Warning (Mil.; Flugzeug), East, Edison (Technik), Eilzug, Einfahrt, Einfuhr, Eingabe, Eingang, Einheit, Einkauf, Einphasenstrom, Einsatzwagen, Einschreiben, Einzel, Elektrizität, Elektrizitäts- Elektro-, Elektrostahl, Emission etc. (Duden, Das Wörterbuch der Abkürzungen, 6. Aufl. 2011). In Voranstellung vor Sachbegriffen wird der Buchstabe „E“ häufig als Hinweis auf Elektronik verstanden.

39

Im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren der Klasse 9 „Geräte zur Steuerung oder Regelung der Fluglage von Fluggeräten, insbesondere Flugmodellen oder ferngesteuerten Flugmodellen, besonders bevorzugt ferngesteuerten Helikoptermodellen“ wird der Begriff „Flybar“ gelegentlich auch im Deutschen alternativ zu den entsprechenden deutschen Fachbegriffen „Paddelstange“ und „Stabilisatorstange“ verwendet. Es handelt sich dabei um eine Hilfsrotorebene in Form einer Stange, die der Stabilisierung des Modellhubschraubers dient und die Fernsteuerung des Fluggeräts erleichtert.

40

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, „Bar“ stehe in Alleinstellung für ein Stabilisierungssystem, lässt sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehen und hat sich auch nach einer Recherche des Senats nicht bestätigt. Soweit in den aufgeführten englischsprachigen Patentanmeldungen der Begriff „bar“ in Alleinstellung in der Bedeutung „Stabilisierungsstange“ verwendet wird, bezieht er sich als Kürzel auf die zuvor verwendeten Begriffe „Flybar“ bzw. „Stabilizing bar“. Der „Flybar“ ist lediglich eine einzelne Komponente eines Stabilisierungssystems für Modellhubschrauber, steht aber nicht für das System als Ganzes. Diese Komponente entfällt - dies ist der große Vorteil - bei bestimmten elektronisch gestützten Stabilisierungssystemen, was sich positiv auf die Flugfähigkeit des Helikopters auswirkt. Entsprechend werden solche Systeme auch als „flybarless“ bezeichnet, also nicht als „E-Bar“, da der „Bar“ gerade nicht mehr erforderlich und vorhanden ist. Während also bei „E-Book“, „E-Zigarette“ oder „E-Mail“ noch ein der ursprünglichen Sache äußerlich nahekommender Gegenstand vorhanden ist, entfällt der „Flybar“ bei dem entsprechenden elektronischen Steuerungssystem ersatzlos. Deshalb wird der Verkehr die Wortbildung „E-Bar“ nicht in vergleichbarer Weise wie die Begriffe „E-Book“ oder „E-Zigarette“ ohne weitere Gedankenschritte als Sachhinweis verstehen, zumal auch die entsprechende Paddelstange in der Regel nicht isoliert mit „Bar“ bezeichnet wird, sondern konkreter als „stabilizer bar“ oder „flybar“. Ein Minimum an Unterscheidungskraft ist dem Zeichen zuzusprechen, auch im Hinblick auf die Interpretationsfähigkeit des an den Anfang gestellten „E“. Nichts anderes gilt für die weiteren Waren in den Klassen 9, 12 und 28, für die die angegriffene Marke Schutz genießt. Für diese Waren ist ein beschreibender Sinngehalt des Zeichens „E-Bar“ weder ersichtlich noch von der Beschwerdeführerin vorgetragen.

41

3. Da die Marke über das nötige Minimum an Unterscheidungskraft verfügt, stellt sie auch keine beschreibende und deshalb freihaltebedürftige Merkmalsangabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Auch eine Irreführungsgefahr gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG ist nicht vorhanden, da diese voraussetzt, dass der Begriff als reiner Sachbegriff verstanden wird.

42

4. Auch das Schutzhindernis der bösgläubigen Markenanmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist nicht gegeben, wie die Markenabteilung mit zutreffender Begründung festgestellt hat.

43

Von einer Bösgläubigkeit der Anmeldung ist auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Dies kommt in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbar ähnliches Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen oder aber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt. Als böswillig kann danach eine Markenanmeldung zu beurteilen sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen (BGH GRUR 2016, 378, Rdnr. 17 - LIQUIDROM m. w. N.)

44

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

45

a) Ein schutzwürdiger Besitzstand der Beschwerdeführerin an dem angegriffenen Zeichen ist schon nach ihrem eigenen - von der Beschwerdegegnerin zudem bestrittenen - Vortrag nicht gegeben. Danach hat sie das nahezu identische Zeichen „EBAR“ im Sommer 2011 bei einem einzigen Verkauf an einen Fachhändler von Modellfluggeräten in der Schweiz benutzt und entsprechende Waren unter der Marke „EBAR“ auf der Veranstaltung I… in L…, USA, im August 2011 vorgestellt. Diese Benutzung ist nicht geeignet, einen schutzwürdigen Besitzstand zu begründen. Die Annahme eines schutzwürdigen Besitzstandes setzt voraus, dass das Zeichen im Inland bei Anmeldung der angegriffenen Marke entweder aufgrund einer im Inland erfolgten Nutzung oder im Hinblick auf eine überragende Verkehrsgeltung im Ausland eine gewisse Bekanntheit erreicht hat (BGH GRUR 2008, 621, Rdnr. 22 - AKADEMIKS). Die Anforderungen an einen durch Nutzung im Ausland erworbenen Besitzstand sind damit wesentlich höher, als wenn das Zeichen durch den Dritten im Inland benutzt worden ist. Damit wird dem Territorialprinzip Rechnung getragen, wonach der Schutz im Ausland grundsätzlich die Anmeldung einer gleichen Marke im Inland nicht hindert. Aus der in der Schweiz und den USA jeweils einmaligen Nutzung des Zeichens „EBAR“ kurz vor Anmeldung der angegriffenen Marke kann eine überragende Verkehrsbekanntheit im Ausland nicht abgeleitet werden. Eine solche kann nur angenommen werden, wenn sie durch langjährige Benutzung, hohe Umsatzzahlen, Marktanteile und entsprechende Werbeaufwendungen belegt ist, nicht aber durch eine vereinzelte Benutzung unmittelbar vor dem maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung des angegriffenen Zeichens.

46

b) Auch für die Annahme, die Markeninhaberin habe das Zeichen angemeldet, um es zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Denn die Markeninhaberin hatte zwar nach ihrem eigenen Vortrag Kenntnis von der Vorbenutzung des Zeichens „EBAR“ durch die Beschwerdeführerin im Ausland. Sie hat jedoch vorgetragen und durch Bestätigungen ihrer Geschäftspartnerin glaubhaft gemacht, dass sie das Zeichen „E-Bar“ zeitlich vor der Beschwerdeführerin selbständig mit ihrer Geschäftspartnerin entwickelt hat, um es für eine eigene Produktreihe zu benutzen. Die Beschwerdeführerin ist diesem Vortrag nach seiner Glaubhaftmachung nicht entgegen getreten. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke in Deutschland ebenfalls in erster Linie dem Schutz der eigenen Produkt- und Markenentwicklung der Beschwerdegegnerin im Inland diente und keine wettbewerbswidrigen Ziele mit ihr verfolgt wurden. Der Umstand, dass sie das Zeichen bisher im Inland noch nicht benutzt hat, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung, zumal sich die Marke noch in der Benutzungsschonfrist befindet.

47

5. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt es bei der gesetzlichen Regelung gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, wonach jeder Beteiligte seine eigenen Kosten trägt. Besondere Umstände, die es rechtfertigen, die Kosten aus Billigkeitsgründen der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, sind nicht vorgetragen. Der grundlose Abbruch von Vergleichsverhandlungen stellt keinen solchen Umstand dar, da es jeder Partei frei gestellt sein muss, ob sie eine Einigung mit dem Gegner herbeiführt oder nicht. Auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin das Beschwerdeverfahren nicht mehr aktiv betrieben hat, rechtfertigt eine Auferlegung der Kosten aus Billigkeitsgründen nicht, zumal die Beschwerdegegnerin nicht vorgetragen hat, dass ihr aus diesem Verhalten zusätzliche vermeidbare Kosten entstanden sind. Für eine Kostenauferlegung auf die Beschwerdegegnerin bietet das Verfahren schon deshalb keinen Anlass, weil sie im Beschwerdeverfahren obsiegt.