Entscheidungsdatum: 19.11.2014
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2010 046 199.3
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. November 2014 durch die Richterin Dorn, den Richter Hermann und die Richterin Kriener
beschlossen:
Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 29, vom 12. Januar 2011 und 14. August 2012 werden aufgehoben, soweit darin die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
I.
Das Wortzeichen 30 2010 046 199.3
STAR FARM
ist am 2. August 2010 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Bouillon, Bouillonkonzentrate, Brotaufstrich (fetthaltig), Butter, Erdnussbutter, Fleischbrühekonzentrate, Fleischgallerten, Früchte in Alkohol, Zubereitungen für die Herstellung von Fleischbrühe, Fruchtgelees, Hummer (nicht lebend), Joghurt, Kakaobutter, kandierte Früchte, Kartoffelchips, Kartoffelpuffer, Käse, Kefir, Kokosbutter, Kokosnüsse (getrocknet), Kraftbrühe, Suppen, Kroketten, Krustentiere (nicht lebend), Leberpastete, Mandeln (verarbeitet), Margarine, Marmeladen, Milchgetränke mit überwiegendem Milchanteil, Molke, Nüsse (verarbeitet), Oliven (konserviert), Pickles, Pilze (konserviert und/oder tiefgekühlt), Pollen, zubereitet, für Nahrungszwecke, Rosinen, Sahne (Rahm), Sauerkraut, Schalentiere und Weichtiere für Speisezwecke (nicht lebend), Schinken, Sojabohnen (konserviert) für Speisezwecke, Speck, Speisegelatine, Suppenpräparate, Tofu, Tomatenpüree, Tomatensaft für die Küche, Trüffel (konserviert), Wurst (Bratwurst, Brühwurst), Wurstwaren; Fleisch-, Fisch-, Geflügel- und Wildwaren, Hack- und Fleischzubereitungen, Fertiggerichte und Halbfertiggerichte sowie Fertigsalate, im Wesentlichen bestehend aus Fleisch und/oder Fisch und/oder Geflügel und/oder Wurst und/oder Wild, Fertig- und Halbfertiggerichte sowie Fertigsalate, im Wesentlichen bestehend aus Obst und/oder Gemüse, Brotaufstrich auf vegetarischer Basis (soweit in Klasse 29 enthalten), Buttermilch, Crème fraîche, Dickmilch, Milchpulver für Nahrungszwecke; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, unter Beigabe von Fettsäuren, Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten, Fruchtmus, Hülsenfrüchte (verarbeitet), verarbeitete Kartoffeln und zubereitete Kartoffelprodukte, soweit sie in Klasse 29 enthalten sind, Käseprodukte und Käsezubereitungen, Kaffeeweißer, Kartoffelknödel, Kartoffelpüree, Kaviar, Kokosnussmilch, Knabberartikel, soweit in Klasse 29 enthalten, im Extrudierverfahren hergestellte Kartoffelprodukte für Nahrungszwecke, soweit in Klasse 29 enthalten, Kartoffelsticks, getrocknete Früchte, Haselnuss-, Erdnuss-, Macadamia-, Cashewkerne, Pistazienkerne, getrocknet, geröstet, gesalzen, überbacken und/oder gewürzt, Pommes frites, Quark, Rösti, Schmand, Lebensmittel aus Soja hergestellt (soweit in Klasse 29 enthalten), Rote Grütze, sämtliche vorgenannten Waren in Klasse 29 sofern möglich auch als Konserven oder tiefgekühlt; Gnocchi;
Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Aromastoffe (pflanzliche), für Getränke, ausgenommen ätherische Öle, Aromen (pflanzliche), ausgenommen ätherische Öle, Backaromen, ausgenommen ätherische Öle, Bindemittel für Kochzwecke, Bindemittel für Speiseeis, Biskuits, Bonbons, Brötchen, Brote (belegt), Cornflakes, Eistee, Essenzen für Nahrungszwecke, ausgenommen ätherische Essenzen und Öle, Fleischbeizmittel (Mittel zum Zartmachen) für Haushaltszwecke, Fleischpasteten, Fleischsaft, Frühlingsrollen, Gebäck, Getreideflocken, Gerstengraupen, Getränke auf der Basis von Tee, Gewürzmischungen, Glukose für Nahrungszwecke, Gluten für Nahrungszwecke, Hefe, Kaffeearomen, Kaffeegetränke, Kakaoerzeugnisse, Kakaogetränke, Kandiszucker für Speisezwecke, Kapern, Kartoffelmehl für Speisezwecke, Kaugummi, nicht für medizinische Zwecke, Kekse, Ketchup (Sauce), Kuchenmischungen (pulverförmig), Kuchen, Kuchenteig, Kuchenverzierungen (essbar), Mais (gemahlen), Mais (geröstet), Maismehl, Maltose, Malz für den menschlichen Verzehr, Marzipan, Mayonnaise, Mehlspeisen, Milchbrei für Nahrungszwecke, Muskatnüsse, Mühlenprodukte, Müsli, Nudeln, Paniermehl, Panierbrösel, Pasteten (Backwaren), Pasteten (mit Teigmantel), Pfannkuchen (Crêpes), Pizzas, Popcorn, Pudding, Puffmais, Quiches, Ravioli, Salatsaucen, Sandwiches, Sauerteig, Schokolade, Schokoladegetränke, Senfmehl, Sojamehl, Sojasauce, Sorbets (Speiseeis), Spaghetti, Speiseeispulver, Speisestärke, Stärke für Nahrungszwecke, Sushi, Süßungsmittel (natürlich), Tacos, Tapiokamehl für Nahrungszwecke, Tomatensauce, Teigwaren, Torten, Tortillas, Traubenzucker für Nahrungszwecke, Waffeln, Würzmittel, Würzzubereitungen für Nahrungsmittel, Zuckerwaren, Konfekt, Zwieback, Zuckerwaren als Christbaumschmuck; Fertig- und Halbfertiggerichte sowie Fertigsalate, im Wesentlichen bestehend aus Reis und Teigwaren, Backpulver, Getreideprodukte, Getreidesnacks, Toastbrot, Sandwichbrot, Croissants und Baguettes, sämtlich belegt oder unbelegt, Knäckebrot, Hamburger, Gemüseburger, Hotdogs, Reissnacks, im Extrudierverfahren hergestellte Weizen-, Reis- und Maisprodukte für Nahrungszwecke, Maischips, Salzstangen, Salzgebäck, Salzbrezeln; Süßwaren, Pralinen, auch gefüllt, Schaumzuckerwaren, Schokoladewaren, Schokoküsse, Wein- und Fruchtgummi, Lakritze (Süßwaren), süße Brotaufstriche, soweit in Klasse 30 enthalten, Süßspeisen und Desserts (soweit in Klasse 30 enthalten), Puddingpulver, Milchreis, Tortellini, Makkaroni, Lasagne, Spätzle, Maultaschen, Fruchtsaucen, Fertigsaucen, Remoulade, Pfeffer, diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten, Küchenkräuter (konserviert) (Gewürz);
Klasse 31: Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; lebende Tiere; frisches Obst und Gemüse; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Futtermittel; Malz; Algen für die menschliche oder tierische Ernährung, Austern (lebend), Brennnesseln, Endiviensalat, Erdnüsse (Früchte), Esskastanien (frisch), Fischeier, Getreidekörner (nicht verarbeitet), Getreidekörner, Haselnüsse, Hummer (lebend), Kartoffeln, Kokosnüsse, Kokosschalen, Kopfsalat, Kork (roh), Krustentiere (lebend), Küchenkräuter (frisch), Kürbisse, Mais, Maronen (frisch), Nüsse, Oliven (frisch), Palmblätter, Pflanzen (getrocknet) für Dekorationszwecke, Pilze (frisch), Reis, unbehandelt, Schalentiere und Weichtiere (lebend), Setzlinge, Tierzuchterzeugnisse, Trüffel (frisch), Wacholderbeeren, Wurzeln für Nahrungszwecke, Zuckerrohr;
Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholfreie Aperitifs, Brausepulver für Getränke, Brausetabletten für Getränke, alkoholfreie Cocktails, Erdnussmilch (alkoholfrei), Essenzen für die Zubereitung von Getränken, Fruchtnektare (alkoholfrei), Gemüsesäfte (Getränke), isotonische Getränke, Limonaden, Limonadensirupe, Lithiumwässer, Malzbier, Mandelmilch (Getränk), Mandelmilch (Sirup), Molkegetränke, Most (unvergoren), Präparate für die Zubereitung von Likören, Sarsaparilla (alkoholfreies Getränk), Selterswasser, Sodawasser, Sorbets (Getränke), Tafelwässer, Tomatensaft (Getränke), Traubenmost, Wässer (Getränke), Fruchtextrakte (alkoholfreie), Erzeugnisse zur Herstellung von kohlensäurehaltigen Wässern, Erzeugnisse für die Herstellung von Mineralwässern;
Klasse 35: Werbung, Geschäftsführung, betriebswirtschaftliche Beratung im Agrar- und Nahrungsmittelbereich, Erstellen von Wirtschaftsprognosen für landwirtschaftliche Betriebe; betriebswirtschaftliche Beratung; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken für die Erstellung von Analysen zur Ertragsoptimierung von Agrarerzeugnissen; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung hinsichtlich der Produktionsabläufe in landwirtschaftlichen Betrieben;
Klasse 40: Lebensmittelverarbeitung; Räuchern von Fisch; Beratungsdienstleistungen in Bezug auf die in Klasse 40 genannten Dienstleistungen;
Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; technische und wissenschaftliche Beratung im Agrar- und Nahrungsmittelbereich; Erstellen von technischen Gutachten, Durchführung von Inspektionen (technische Überprüfungen), Durchführung von technischen Bewertungen, Durchführung von Prüfungsverfahren im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Nahrungsmitteln und technische Beratung; Qualitätskontrolle und Ausstellung von Qualitätszertifikaten; technische Überprüfung und technische Überwachung der Einhaltung der Vorschriften in Bezug auf Apparate, Maschinen, Instrumente, Vorrichten, Geräte und Anlagen aller Art in Industrie und Unternehmen, insbesondere im Bereich von Sicherheit, Qualität und Industrievorschriften des Agrar- und Nahrungsmittelsektors; Durchführung von Inspektionen (technische Überprüfung), Qualitätskontrolle, technische Prüfungen, Durchführung von wissenschaftlichen/technischen Studien, technische Projektplanungen in Verbindung mit Arbeitssicherheit und -gesundheit, Umweltschutz und Schutz von Personen;
Klasse 44: Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft; Ernährungsberatung.
Die Markenstelle für Klasse 29 hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 12. Januar 2011 und 14. August 2012, von denen Letzterer – unter teilweiser Aufhebung des Erstbeschlusses – im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen, und zwar für die Waren und Dienstleistungen der
Klasse 29: Fleischextrakte; Gallerten (Gelees); Bouillonkonzentrate, Fleischbrühekonzentrate, Fleischgallerten, Zubereitungen für die Herstellung von Fleischbrühe;
Klasse 30: Kühleis; Fleischbeizmittel (Mittel zum Zartmachen) für Haushaltszwecke, Fleischsaft, Glukose für Nahrungszwecke, Gluten für Nahrungszwecke, Maltose, Malz für den menschlichen Verzehr;
Klasse 32: Erzeugnisse zur Herstellung von kohlensäurehaltigen Wässern, Erzeugnisse für die Herstellung von Mineralwässern;
Klasse 41: Erziehung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Klasse 44: Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Ernährungsberatung.
Im Übrigen wurde die Anmeldung bzw. Erinnerung zurückgewiesen. Zur Begründung der teilweisen Zurückweisung ist ausgeführt, das angemeldete Zeichen setze sich sprachüblich aus den geläufigen Bestandteilen „STAR“ (werbeüblicher Hinweis auf eine qualitative Spitzenstellung) und „FARM“ (Agrarbetrieb, Bauernhof, Landgut, landwirtschaftlicher Betrieb) zusammen. In seiner Gesamtheit würden die angesprochenen Verkehrskreise das Anmeldezeichen daher ohne weiteres im Sinne von „hervorragender Bauernhof“ verstehen. Da Bauernhöfen als Erzeugungsstätten oftmals direkt verbundene Geschäfte angeschlossen seien (sog. Hofläden), benenne das Wort „FARM“ insoweit sowohl die Produktions- als auch die Vertriebsstätte der jeweiligen Waren. Die Bezeichnung „STAR FARM“ enthalte somit einen beschreibenden Hinweis auf irgendeinen Betrieb, in dem landwirtschaftliche Produkte auf Spitzenniveau erzeugt und/oder vertrieben würden. Betreiber von Hofläden beschränkten sich auch häufig nicht nur auf den Verkauf und Vertrieb der von ihnen erzeugten Produkte, sondern vertrieben regelmäßig auch Waren, die aus den vom Bauernhof stammenden Ausgangswaren weiterverarbeitet worden seien oder mit diesen gemeinsam konsumiert würden. Sämtliche zurückgewiesenen Waren könnten aus irgendeiner „STAR FARM“, also einem besonders hohen Qualitätsanforderungen entsprechenden Bauernhof stammen bzw. dort vertrieben werden. Insoweit sei das Anmeldezeichen daher ein schlagwortartiger Hinweis auf die Art der Herstellungs- und/oder Vertriebsstätte und die Qualität der Waren. Im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Dienstleitungen erschöpfe sich die angemeldete Wortkombination in einem Sachhinweis auf Gegenstand, Inhalt und Thematik dieser Dienstleistungen, da sie alle für oder auch in einer solchen Farm auf Spitzenniveau erbracht werden bzw. sich inhaltlich/thematisch damit beschäftigen könnten. Aus den von der Anmelderin angeführten Voreintragungen lasse sich ebenfalls keine Schutzfähigkeit herleiten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie ausführt, im deutschsprachigen Raum sei ein Begriff wie „Spitzen-Farm“ nicht geläufig. Für das von der Markenstelle angenommene Verständnis des Anmeldezeichens sei nicht nur ein Übersetzungsvorgang, sondern auch eine gedankliche Verknüpfungsleistung erforderlich. Der Begriff „Star“ werde üblicherweise mit einzelnen Individuen assoziiert bzw. auf Produkte übertragen, nicht jedoch mit einem Betrieb als solchem gebraucht. “STAR FARM“ stelle hier keine unmittelbare Produktbezeichnung dar, sondern erzeuge eine mehrdeutigen Sinn (etwa im Sinne von „Sternen-Hof“ oder „Farm der Stars“), der keinem konkreten Produkt unmittelbar zugeordnet werden könne. Die Recherchebelege der Markenstelle belegten im Übrigen keinen beschreibenden, sondern allein einen namens- und markenmäßigen Gebrauch des Bestandteils „Star“. Für eine Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens spreche im Übrigen eine Vielzahl von Voreintragungen mit dem Bestandteil „Star“. Die Anmelderin verweist in diesem Zusammenhang ferner auf die Entscheidungen des BPatG 29 W (pat) 12/10 – Getränke Star – und 27 W (pat) 8/00 – TRAVEL-STAR.
Die Beschwerdeführerin und Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 29, vom 12. Januar 2011 und 14. August 2012 aufzuheben, soweit darin die Markenanmeldung zurückgewiesen wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „STAR FARM“ als Marke stehen zur Überzeugung des Senats in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rdnr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rdnr. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100, Rdnr. 10 - TOOOR!; GRUR 2010, 825, 826, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – HOT; a. a. O. – TOOOR!; GRUR 2009, 778 Rdnr. 11 – Willkommen im Leben). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten), wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2013, 522 Rdnr. 11 – Deutschlands schönste Seiten; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 – DeutschlandCard; a. a. O. Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855, Rdnr. 19, 28 f. - FUSSBALL WM 2006).
Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass das Anmeldezeichen dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegt. Denn es weist in seiner Gesamtheit für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann.
a) Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den beiden geläufigen Wortbestandteilen „STAR“ und „FARM“ zusammen.
aa) Das Wort "Star" entstammt der englischen Sprache, bedeutet als Substantiv "Stern", "berühmte (Bühnen-, Film- oder Musik-) Persönlichkeit", als Verb "brillieren", als Adjektiv "hervorragend" im Superlativ (vgl. Pons, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 2002, S. 880 f.; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]) und ist in der Bedeutung "gefeierter, berühmter Künstler/in; jemand, der auf einem bestimmten Gebiet Berühmtheit erlangt hat" auch in die deutsche Sprache eingegangen (http://www.duden.de/rechtschreibung/Star_Kuenstler_Beruehmtheit), in welcher mit "Star" auch eine Vogelart bezeichnet wird (http://www.duden.de/rechtschreibung/Star_Vogel).
In der Werbesprache ist "Star" ein gängiges Wort, mit dem auf eine Spitzenleistung bzw. Spitzenstellung hingewiesen wird. Es wird insbesondere bei Personen (z. B. „Staranwalt“) oder Produkten („Der neue Star unter den Kopierern..." oder „star piece“ = Superprodukt) allgemein als Werte- bzw. Eigenschaftsversprechen eingesetzt (vgl. Anglizismen-Wörterbuch, Band 3, 2001, S. 1401 f.; Wörterbuch der Werbesprache, 1. Aufl., S. 212 f.; Rolf Strauch, Das Werbelexikon, S. 198 f.). Auch nach ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts ist das vorangestellte „Star“ in Wortzusammensetzungen bei bestimmten Produkten oder Leistungen üblicherweise nur ein allgemeiner Hinweis auf eine "qualitative Spitzenstellung" bzw. ein "werbeübliches Versprechen" (vgl. z.B. BPatG 25 W (pat) 176/09 – Star Tape; 33 W (pat) 126/07 – BIOSTAR; 28 W (pat) 198/04 – StarGloss; 32 W (pat) 196/03 – CURLSTAR; 30 W (pat) 15/00 – StarLab; 27 W (pat) 306/00 - StarLine; 32 W (pat) 151/00 – Star Toys).
bb) Das ursprünglich aus dem Englischen stammende und in den deutschen Sprachgebrauch eingegangene Wort „Farm“ hat die Bedeutungen „größerer landwirtschaftlicher Betrieb (in angelsächsischen Ländern); größerer Betrieb, in dem Geflügel oder Pelztiere gehalten, gezüchtet werden“, Synonyme sind „Agrarbetrieb, Bauerngut, Bauernhof, Gehöft, Gut, Gutshof, Hazienda, Hof, Landgut, Landwirtschaft, landwirtschaftlicher Betrieb, Plantage, Ranch, Wirtschaftshof“ (http://www.duden.de/rechtschreibung/Farm).
b) Anders als die Markenstelle geht der Senat allerdings nicht davon aus, dass das angesprochene inländische Publikum die im deutschen Sprachgebrauch nicht gebräuchliche Wortzusammensetzung „STAR FARM“ in ihrer Gesamtheit unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken als beschreibende Sachangabe dahingehend versteht, dass die so gekennzeichneten beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 29 – 32 aus irgendeinem, besonders hohen Qualitätsanforderungen entsprechenden Bauernhof stammen bzw. einem Betrieb, in dem landwirtschaftliche Produkte auf Spitzenniveau erzeugt und/oder vertrieben werden, und die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 35, 40 – 42 und 44 von einem Bauernhof auf Spitzenniveau erbracht werden bzw. sich inhaltlich/thematisch damit beschäftigen.
Die Recherche des Senats hat ergeben, dass es in der hier in Rede stehenden Branche jedenfalls im maßgeblichen Anmeldezeitpunkt (2. August 2010, vgl. BGH a. a. O. – Aus Akten werden Fakten) in der Werbung nicht üblich war, einen Bauernhof bzw. landwirtschaftlichen Betrieb mit vorangestellten Qualitätshinweisen wie „Star-“ oder „Spitzen-“ bzw. mit dem Zusatz „auf Spitzenniveau“ anzupreisen. In diesem Bereich spielten und spielen nach wie vor vielmehr vorangestellte Angaben wie „Bio-Bauernhof“, „Öko-Bauernhof/-Landwirtschaft“, „Demeter-zertifizierte Landwirtschaft“ eine Rolle. Bei einem Verständnis des Wortelements „Star“ im obigen Sinne ist die Wortverbindung „STAR FARM“ daher ungewöhnlich und löst einen Gedankenprozess über die Bedeutung des Gesamtbegriffs aus, anders als dies z. B. bei Personen oder Produkten, bei denen üblicherweise das vorangestellte Wort „Star“ als qualitativer Hinweis auf eine Spitzenstellung anpreisend verwendet wird, der Fall wäre. Vor diesem Hintergrund ist eine unmittelbare Übersetzung von „STAR FARM“ mit „hervorragender Bauernhof“ oder „landwirtschaftlicher Betrieb auf Spitzenniveau“ durch den inländischen Verkehr im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht zu erwarten. Ein solches Verständnis erschließt sich jedenfalls nicht ohne weiteres Nachdenken und ohne gedankliche Zwischenschritte. Auch eine Interpretation von „STAR FARM“ dahingehend, dass die so gekennzeichneten Waren von einem Bauernhof oder landwirtschaftlichen Betrieb stammen, der Produkte auf Spitzenniveau herstellt bzw. vertreibt, bedarf einer analysierenden Betrachtungsweise sowie gedanklicher Ergänzungen.
Dem Anmeldezeichen kann daher nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.
2. Im Hinblick auf die fehlende Eignung der Wortkombination „STAR FARM“ zur unmittelbaren Beschreibung der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen unterliegt das angemeldete Zeichen insoweit auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.