Entscheidungsdatum: 14.12.2011
In der Beschwerdesache
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betreffend die IR-Marke 883 986
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 14. Dezember 2012 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Martens und den Richter Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die unter der Nummer 883 986 international registrierte Marke
MASAI BAREFOOT TECHNOLOGY
sucht für die nachfolgend wiedergegebenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 10 und 41
„Articles orthopédiques pour exercices physiques et gymnastique sanitaire, à savoir chaussures orthopédiques ou chaussures avec des semelles orthopédiques.
Formation, à savoir instruction et initiation à la méthode pour programmer le commandement moteur du cerveau concenant la façon de marcher, l’allure et l’attitude“
um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland nach.
Die Markenstelle für Klasse 10 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Schutzerstreckung mit zwei Beschlüssen vom 12. Dezember 2008 sowie vom 16. Juni 2010, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, verweigert.
Zur Begründung ist ausgeführt, der Verkehr entnehme der sprachüblich gebildeten und ohne Weiteres verständlichen IR-Marke lediglich die beschreibende Bedeutung, die beanspruchten Waren seien nach einer Technologie gefertigt, die dem Barfußlauf der Massai nachempfunden sei. In diesem Sinn seien auch die mit den Waren im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen zu verstehen. Somit stünden einem Schutz die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie trägt vor, die Marke besitze das geforderte Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Weder die einzelnen Bestandteile noch die Marke in ihrer maßgeblichen Gesamtheit seien beschreibend. Sie stelle eine sprachliche Neuschöpfung dar, die der Verkehr zwar auch als „Massai Barfuß Technologie“ wiedergebe. Die Marke sei aber nicht aus sich heraus verständlich, denn die Massai hätten keine Technologie für orthopädische Schuhe entwickelt. Jedenfalls ergebe eine Gesamtschau der Marke jede Menge Interpretationsspielraum. Nur wer die Hintergründe der Entwicklung des Produkts der Markeninhaberin kenne, könne eine Verbindung zwischen der Marke und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen herstellen. Der orthopädische Schuh besitze ein speziell entwickeltes Fußbett, das für den Träger einen instabilen unebenen Boden simuliere. Daraus folge, dass der Träger der Schuhe reflexartig beim Gehen eine aufrechte Haltung einnehme. Allein in diesem aufrechten Gang ergäbe sich die Assoziation zwischen der Marke und den Angehörigen der Massai, denen eine aufrechte Körperhaltung beim Gehen nachgesagt werde. Hieraus könne aber ein beschreibendes Verständnis des beanspruchten Begriffs nicht konstruiert werden, denn die Funktionsweise des Schuhs sei konträr zum physiologischen Prozess, wie er beim barfuß laufenden Massai stattfinde. Für die Annahme des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 fehle es daher an einem hinreichend deutlichen Bezug der Wortfolge zu den Waren bzw. Dienstleistungen. Das belege auch die im Jahr 2001 erfolgte Eintragung der entsprechenden Marke in deutscher Sprache durch das DPMA.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist nicht begründet.
Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland wegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. §§ 107 Abs. 1, 113 MarkenG verweigert.
Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen. Obwohl Marken daneben auch noch weitere rechtlich geschützte Funktionen ausüben, ist die Herkunftsfunktion nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 27 – BioID; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE). Die Eintragung einer Marke kommt somit nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen die notwendige Unterscheidungskraft aufweist, um diese Herkunftsfunktion erfüllen zu können (vgl. BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist diese Voraussetzung bei einer Marke nicht erfüllt, widerspricht es dem Allgemeininteresse, dieses Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen. Ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist stets im Hinblick auf die mit ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen und aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen.
Bei den Waren und Dienstleistungen, für die die Markeninhaberin um Schutz nachsucht, handelt es sich um orthopädische Schuhe oder mit orthopädischen Sohlen ausgestattete Schuhe. Diese Produkte der Markeninhaberin richten sich an Fachleute von Orthopädiebetrieben wie auch an das allgemeine Publikum und erfordern offensichtlich eine Anleitung in die durch das Tragen der Schuhe bzw. Sohlen bedingte spezielle Form des Gehens. Hierzu dienen die Schulungsdienstleistungen der Klasse 41, die sich mit dem vom Gehirn gesteuerten Bewegungsablauf und dem Einfluss auf Gangart und Körperhaltung beschäftigen. Wie die Markeninhaberin nicht in Abrede stellt, entnimmt der Verkehr der beanspruchten Wortfolge die Aussage „Massai Barfuß Technologie“. Dem Verkehr ist bekannt, dass Barfußlaufen die Gesundheit fördert, indem die Sensibilität der Füße gesteigert wird. Dadurch soll sich die Fußmuskulatur verbessern und so Fehlhaltungen und Beschwerden des Bewegungsapparats entgegengewirkt werden. Das seit langem geläufige Wassertreten nach Kneipp ist nur eine der zahlreichen Therapien, in der das Barfußlaufen als besondere Heilmethode herausgestellt wird. Die Einrichtung von sog. Barfußparks etwa soll den gesundheitsfördernden Effekt haben, auf natürlichen Wegen die Fußreflexzonen zu aktivieren mit positiven Auswirkungen auf die inneren Organe (vgl. Online- Lexikon Wikipedia zum Stichwort „Barfüssigkeit“). Auf dem Markt sind zudem spezielle Zehen-Schuhe, die das Barfußlaufen simulieren sollen (vgl. www.zehenschuhe.de).
Vor diesem Hintergrund bezieht der gesundheitsbewußte Verbraucher auf dem vorliegenden Warengebiet die beanspruchte Wortfolge ausschließlich auf eine neue Technik, mit der für das Barfußlaufen nach Art der Massai geworben wird. Dabei handelt es sich für den Verkehr erkennbar um den Namen des bekanntesten ostafrikanischen Volksstamms. Mit der Wortfolge erschließt sich dem Verkehr daher nur eine rein sachbezogene Aussage, nicht aber der Bezug auf einen bestimmten Hersteller der so gekennzeichneten Schuhe. Entgegen der Annahme der Markeninhaberin besitzt die Wortfolge von Haus aus keine Unterscheidungsfunktion und nicht erst nachdem der Verkehr sich mit der Funktionsweise ihrer Produkte auseinandergesetzt hat. Für die Wertung der schutzsuchenden Marke als ausschließliche Sachinformation spielt es dabei keine Rolle, ob das Volk der Massai tatsächlich über eine besondere Barfuß-Gangart verfügt oder nicht. Vielmehr vermittelt der Begriff „Masai“ für sich gesehen wie auch in der Wortkombination unmittelbar und zwanglos Assoziationen zu einer natürlichen Art der Fortbewegung, die durch das Wort „Barefoot“ unterstützt wird. Markenschutz begründen kann daher weder die vorgetragene Neuheit der Wortbildung an sich, noch der angebliche Interpretationsspielraum der Wortfolge. Maßgeblich ist auf die übliche Wahrnehmung der Bezeichnung durch die angesprochenen Verkehrkreise abzustellen, die in der Bezeichnung insgesamt lediglich eine sachbezogene Aussage erkennen, mit der auf eine Therapieform oder ein neues Gesundheitsprodukt aufmerksam gemacht wird. Dabei könnten zwar bei den jeweiligen Verkehrsteilnehmern im Einzelfall inhaltlich abweichende Assoziationen auftreten, die aber den beschreibenden Bereich nicht verlassen und somit die erforderliche Unterscheidungskraft der Marke nicht begründen können. Denn die Vorstellungen beziehen sich ausschließlich auf Aussagen, die im Zusammenhang mit der Lauftechnik bzw. Fortbewegungsmethode an sich stehen.
Im Ergebnis kann daher eine Eignung zur Betriebskennzeichnung weder den einzelnen Wortelementen noch der Bezeichnung insgesamt entnommen werden, da durch deren Verbindung kein gedanklicher Überschuss entsteht, der das Mindestmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gewährleistet.
Eine für die Markeninhaberin positive Entscheidung rechtfertigt auch nicht die zu ihren Gunsten erfolgte Voreintragung. Vielmehr ist ausschließlich darauf abzustellen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen eines der gesetzlich geregelten Schutzhindernisse im Einzelfall gegeben sind. Der Umstand, dass (vermeintlich) identische oder ähnliche Zeichen als Marken eingetragen sind, ist demgegenüber nicht maßgebend (BGH GRUR 2011, 230 SUPERgirl unter Bezugnahme auf EuGH GRUR 2009, 667 Rn. 14 f. - Bild digital u. a./ Präsident DPMA; speziell zu Voreintragungen desselben Markeninhabers vgl. BGH GRUR 2009, 411 STREETBALL).
Die Beschwerde war daher im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hatte die Markeninhaberin weder beantragt noch hat sie der Senat als sachdienlich angesehen (§ 69 MarkenG).