Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 04.09.2014


BPatG 04.09.2014 - 28 W (pat) 102/12

Markenbeschwerdeverfahren – "grünadriges vierstrahliges Sternenkreuz (Bildmarke)/Himmelskörper mit minus-Zeichen (Bildmarke)/Himmelskörper mit plus-Zeichen (Bildmarke)" –Warenidentität und –ähnlichkeit – keine Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
04.09.2014
Aktenzeichen:
28 W (pat) 102/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 039 677

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Mai 2014 durch die Richterin Dorn, die Richterin Uhlmann und die Richterin kraft Auftrags Kriener

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die farbige (grün, schwarz, weiß) Bildmarke

Abbildung

2

ist am 9. Juli 2009 angemeldet und am 9. September 2009 unter der Nummer 30 2009 039 677 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen für die Waren der

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Klasse 29: Diätische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel nicht für medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren, und Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen, einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten;

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Klasse 30: Nährstoffkonzentrate als Nahrungsmittel, soweit in Klasse 30 enthalten, vorzugsweise auf der Basis von Kohlehydraten, auch unter Zusatz von Vitaminen, Mineralstoffen, Pflanzenfasern, Getreide, getrocknetem Obst und Zucker, sowohl in fester als auch in flüssiger Form, auch als diätische oder kalorienarme Erzeugnisse, nicht für medizinische Zwecke, soweit in Klasse 30 enthalten;

5

Klasse 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer sowie andere alkoholfreie Getränke, insbesondere als Aufbaugetränke für den Sport- und Fitnessbereich, nicht für medizinische Zwecke soweit in Klasse 32 enthalten, insbesondere enthaltend Carnin, Cholin, Inositol, Vitamine, Mineralstoffe und Zucker, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, sowie andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, soweit in Klasse 32 enthalten, für nichtmedizinische Zwecke.

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Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 9. Oktober 2009 veröffentlicht wurde, hat die Widersprechende mit am 8. Dezember 2009 beim DPMA eingegangenem Schreiben Widerspruch erhoben, und zwar aus der jeweils für die Waren der

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Klasse 05: Diätetische Nektare, Fruchtsaftgetränke, fruchthaltige alkoholfreie Getränke und Gemüsetrünke für medizinische Zwecke;

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Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Konfitüren; Marmeladen; Brotaufstriche mit Früchten; Fruchtmark;

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Klasse 30: Brot, feine Back- und Konditorwaren;

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Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Fruchtsaftkonzentrat; Gemüsetrünke; Gemüsesäfte; Molkegetränke, Brottrunk; Kwass, diätetische Fruchtsaftgetränke und Nektare sowie fruchthaltige alkoholfreie Getränke und Gemüsetrünke für nichtmedizinische Zwecke

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am 19. Juli 2005 eingetragenen Bildmarke (schwarz/weiß) 305 19 732 (im folgenden Widerspruchsmarke zu 1)

Abbildung

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und der am 19. Juli 2005 eingetragenen Bildmarke (schwarz/weiß) 305 19 733 (im folgenden Widerspruchsmarke zu 2)

Abbildung

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Mit Beschluss vom 2. August 2012 hat die Markenstelle für Klasse 29 des DPMA eine Verwechslungsgefahr zwischen den sich jeweils gegenüberstehenden Marken verneint und die Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken sei durchschnittlich, die sich in der Klasse 32 gegenüberstehenden Waren seien identisch, die sich in den Klassen 29 und 30 gegenüberstehenden Waren zumindest ähnlich, die jeweils zu vergleichenden Marken jedoch, selbst bei identischen Waren, nicht verwechselbar ähnlich. Die angegriffene Marke zeige ein grünes, sternförmiges Gebilde, von dessen Mitte vier Strahlen symmetrisch abgingen. Der grüne Stern sei von Adern durchzogen, die an den Enden stärker hervorträten und wie Blitze wirkten. Ebenso sei der schwarze Hintergrund von feinen grünen Adern durchzogen. Die Darstellung wirke durch die Farbgestaltung und die weißen „Energieadern“ dynamisch und energetisch. Demgegenüber wirkten die sternförmigen weißen Gebilde der Widerspruchsmarken, die sich voneinander nur durch ein Minus- bzw. Pluszeichen in der Mitte unterschieden, mit ihren vier schmalen Strahlen, die nach außen hin blasser würden, ruhig, unaufgeregt, nächtlich und stünden aufgrund dessen im Gegensatz zur dynamischen Wirkung der angegriffenen Marke. Zudem unterstütze die verschiedene Farbgebung ein Auseinanderhalten der Marken. Ebenso könne ein identischer Sinngehalt der Marken aufgrund der unterschiedlichen Gestaltung, selbst unter Annahme desselben Grundmotivs – Stern vor dunklem Hintergrund – ausgeschlossen werden, wobei ein Motivschutz dem deutschen Recht fremd sei.

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Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie geltend macht, die von der Markenstelle vorgenommene Beurteilung der Zeichenähnlichkeit sei fehlerhaft. Das wesentliche Charakteristikum der Widerspruchsmarken sei das vierstrahlige Sternenkreuz, das in heller Farbe auf dunklem Hintergrund abgebildet sei und aus einem rundlichen Zentrum bestehe, das von einem Halo bzw. einem Lichthof umgeben sei, wobei das Minus- bzw. Pluszeichen eher zurücktrete. Die Kreuzarme seien symmetrisch und leicht schräg angeordnet, würden ausgehend vom Zentrum nach außen schmaler und verliefen sich schließlich im Dunkel des Hintergrunds. Die angegriffene Marke weise ebenfalls einen hellen vierstrahligen Stern mit rundlichem Zentrum auf dunklem Hintergrund auf. Durch die feinen hellen Linien im Zentrum des Sterns werde auch bei der angegriffenen Marke der Effekt eines Halos oder eines Lichthofes erzeugt. Die Vergleichszeichen seien angesichts der jeweils symmetrischen und leicht schrägen Anordnung der Kreuzarme nahezu deckungsgleich. Auch bewirke die farbliche Gestaltung keinen abweichenden Gesamteindruck, da die Vergleichszeichen in heller Farbe auf dunklem Hintergrund dargestellt seien und bezüglich des Halos übereinstimmten. Bei einer Wiedergabe der Widerspruchsmarken in grüner Farbe werde, wie den von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung überreichten Abbildungen der Widerspruchsmarken in grüner Farbe zu entnehmen sei, die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken offenkundig. Die unterschiedliche Größe der Zeichen begründe keinen abweichenden Gesamteindruck, da die Verbraucher an Marken unterschiedlicher Größen auf differierendem Untergrund gewöhnt seien und die angegriffene Marke als Vergrößerung der Widerspruchsmarke erkennen würden. Bei einer Verkleinerung der angegriffenen Marke seien die als Energieadern bezeichneten Kreuzarme nicht mehr wahrnehmbar. Da in dem maßgeblichen Warenbereich, Lebensmittel des täglichen Verbrauchs, die Aufmerksamkeit des Durchschnittverbrauchers als gering anzusehen sei, blieben diesem nicht die wenigen unterschiedlichen Details der Marken in Erinnerung, sondern vor allem die in den zu vergleichenden Marken identischen, leicht schrägen vierarmigen symmetrischen Leuchtkreuze auf dunklem Hintergrund. Der angeblich dynamische, energetische Eindruck der angegriffenen Marke werde vom Durchschnittsverbraucher weder bemerkt noch verbleibe er in Erinnerung und beruhe zudem auf einer analytischen Betrachtungsweise. Ein Motivschutz werde nicht beansprucht, da kein schlichter Stern dargestellt werde, sondern ein originell gestaltetes Leuchtkreuz.

15

Die Widersprechende und Beschwerdeführerin beantragt,

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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 29, vom 2. August 2012 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

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Die angegriffene Marke ist am 20. November 2012 vom vormaligen Markeninhaber G… auf die F… GmbH umgeschrieben worden, die mit Schreiben vom 29. November 2012 in das Widerspruchs- und Beschwerdeverfahren eingetreten ist.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdegegnerin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

20

Sie trägt vor, eine Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Bildmarken bestehe aus den im Beschluss der Markenstelle angeführten Gründen nicht. Zu Recht habe die Markenstelle die unterschiedliche Farbgestaltung der Vergleichszeichen berücksichtigt, da gerade durch die grüne Farbgestaltung ein anderer Gesamteindruck entstehe. Die angegriffene Marke stelle nicht nur ein grünes Kreuz dar, vielmehr sei auch der schwarze Hintergrund von grünen Adern durchzogen, die deutlich hervorträten und in den Widerspruchsmarken nicht vorhanden seien. Im Unterschied zu den Widerspruchsmarken, die ein aus einer Quelle herausstrahlendes Licht darstellten, verästelten sich bei der angegriffenen Marke vier Aderstränge zu einem gemeinsamen „Kraftzentrum“. Dieses Motiv werde durch kleinere Adern im Hintergrund ergänzt. Die angegriffene Marke stelle keinen Stern, also ein Licht ausstrahlendes Gebilde, dar, vielmehr bestünde sie aus einer nach innen gerichteten Verästelung der dargestellten (Energie)Adern. Einzige Gemeinsamkeit der zu vergleichenden Zeichen seien vier Arme, die in den Zeichen jedoch auf ganz unterschiedliche Weise dargestellt seien. Die Merkmale der Widerspruchsmarken, wie die Lichtreflexionen, ein Halo oder Vergleichbares fehlten in der angegriffenen Marke völlig. Selbst wenn man davon ausginge, die angegriffene Marke beinhalte die Darstellung eines Leuchtkreuzes, wäre der gemeinsame Oberbegriff der Zeichen „kreuzhaft“, der wohl eine Vielzahl der im Register eingetragenen Bildmarken umfasse. Auch sei das „+“ bzw. „-“ – Zeichen in den Widerspruchsmarken deutlich durch den diese schmückenden und umrahmenden Stern hervorgehoben. Diese Zeichen wiederum fehlten in der angegriffenen Marke völlig.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

22

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

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Zwischen der angegriffenen Bildmarke Abbildung und den Widerspruchsmarken zu 1) Abbildung und zu 2) Abbildung besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinn der §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Widersprüche zu Recht zurückgewiesen hat.

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Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. hierzu EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICARO/ PICASSO; BGH GRUR 2012, 1040, 1042, Tz. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 64, Tz. 9 - Maalox/Melox-Gry; GRUR 2013, 833, Tz. 30 - Culinaria/Villa Culinaria).

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1. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist für die Frage der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren die Registerlage maßgebend.

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Danach können sich die Vergleichsmarken in der Klasse 32 auf identischen Waren begegnen. Die übrigen Waren der angegriffenen Marke sind zu den Waren der Widerspruchsmarken hochgradig bzw. durchschnittlich ähnlich. Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH MarkenR 2009, 47, 53 Tz. 65 - Edition Albert René; BGH GRUR 2004, 901 – d-c-fix/DC-Fix; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/ REVIAN).

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Die Waren der Klasse 29 „Diätische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel nicht für medizinische Zwecke (…)“ der angegriffenen Marke sind hochgradig ähnlich mit den Widerspruchswaren „Fruchtsäfte; alkoholfreie Getränke“ der Klasse 32 der Widerspruchsmarken (vgl. BPatG 26 W (pat) 31/95 – Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 16. Auflage, S. 68 linke Spalte; BPatG 28 W (pat) 216/94 – Richter/Stoppel, a. a. O. - S. 69 mittlere Spalte) und den Lebensmitteln der Klasse 30 (vgl. BPatG 05, 24 W (pat) 211/03 – Richter/Stoppel, a. a. O. – S. 67 rechte Spalte), die gleichermaßen diätetischen Vorgaben unterliegen können. Die Waren der Klasse 30 „Nährstoffkonzentrate als Nahrungsmittel, soweit in Klasse 30 enthalten …“ der angegriffenen Marke dienen der Nahrungsergänzung und können in den Waren der Widerspruchsmarken „alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke, Präparate für die Zubereitung von Getränken, diätetische Fruchtsaftgetränke sowie fruchthaltige alkoholfreie Getränke“ enthalten sein, da diese häufig mit Vitaminzusätzen (Calcium, ACE, Kohlehydrate, Mineralstoffe usw.) angereichert sind, um sie etwa als besonders geeignet zur Unterstützung einer Diät oder der Leistungsfähigkeit beim Sport anzubieten. Insoweit liegt den Waren der gleiche Verwendungszweck zugrunde und sie ergänzen bzw. konkurrieren miteinander, sodass bei den beteiligten Verkehrskreisen der Gedanke an einen gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich aufkommen kann. Sie sind insoweit als durchschnittlich ähnlich anzusehen.

28

Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken als durchschnittlich anzusehen.

29

2. Ausgehend hiervon hält die angegriffene Marke selbst bei identischen Waren und nur durchschnittlicher Sorgfalt der angesprochenen breiten Verkehrskreise beim Erwerb der mit den Marken gekennzeichneten Waren den erforderlichen deutlichen Abstand noch ein.

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Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2010, 933 Tz. 33 - Barbara Becker; BGH, a. a. O. - Maalox/Melox-GRY; a. a. O. - pure/pjur). Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Bedeutungs- oder Sinngehalts zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei in der Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGH GRUR 2011, 824 Nr. 26 - Kappa; GRUR 2009, 1055 Rdnr. 26 - airdsl; MarkenR 2008, 393, 395 Rdnr. 21 - HEITEC).

31

Zu berücksichtigen ist, dass beim Vergleich der Marken mehr auf die Übereinstimmungen der Marken als auf deren Abweichungen abzustellen ist. Dies gilt vor allem aufgrund des Erfahrungssatzes, dass der Verkehr die Marken regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrnimmt, sie deshalb nicht miteinander vergleichen kann und daher lediglich anhand einer meist undeutlichen Erinnerung an eine der beiden Marken Verwechslungen unterliegen kann, wenn er sie in einer anderen ähnlichen Marke wiederzuerkennen glaubt (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 237 – Davidoff II; GRUR 2005, 264, 265 – Das Telefon-Sparbuch).

32

Beim Vergleich der jüngeren Bildmarke mit den älteren Bildmarken ist ausschließlich auf die bildliche und begriffliche Ähnlichkeit der Zeichen abzustellen. Auszugehen ist von dem Gesamteindruck der Zeichen.

33

Eine unmittelbare bildliche Verwechslungsgefahr zwischen den Marken kann aus Sicht des Senats wegen der bestehenden zahlreichen und auffälligen Unterschiede der Darstellungen ausgeschlossen werden.

34

Bei den Widerspruchsmarken handelt es sich um filigrane und helle, angesichts des schwarzen Hintergrunds an Himmelskörper erinnernde Kreuze mit helleren Schnittpunkten und einem Lichthof. Die vier „Strahlenarme“ der Widerspruchsmarken sind zum Teil nur angedeutet und werden in den schwarzen Hintergrund laufend immer schwächer. In der Mitte des hellsten Bereichs ist jeweils ein deutliches „+“ - (Widerspruchsmarke zu 2) bzw. ein „-“ - Zeichen (Widerspruchsmarke zu 1) angebracht. Diese Bestandteile der Widerspruchsmarken können jedenfalls bei einem Zeichenvergleich nicht vernachlässigt werden.

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Die angegriffene Marke dagegen ist gekennzeichnet durch vier von weißen Linien durchzogene an Sternzacken erinnernde kräftige Strahlenarme, deren breite Mitte auffällig den Vordergrund darstellt und deren jeweilige Enden in die Ecken des Bildes sich verjüngend auseinanderstreben. Die Strahlenarme sind nicht vollständig dargestellt, sie sehen wie abgeschnitten aus. Unregelmäßige grün gehaltene Linien durchziehen horizontal wie vertikal den schwarzen Hintergrund. Sie erscheinen wie ein dünnes Geflecht. Insgesamt wirkt die Darstellung der angegriffenen Marke nicht wie ein Himmelskörper oder Himmelsstern, sondern wie ein von der Mitte ausgehend auseinandergezogenes kreuz- oder sternförmiges energiegeladenes (Adern)Gebilde.

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Das markante jeweils mittig angeordnete „+-“ bzw. das „-“-Zeichen der Widerspruchsmarken findet keine Entsprechung in der jüngeren Marke. Zudem ist die jüngere Marke farbig eingetragen. Durch die farbige Eintragung entsteht bereits ein gegenüber den älteren Marken anderer Gesamteindruck. Denn dadurch werden gerade die breiten Zacken, an deren Ende die weißen Linien kräftiger/dicker werden, besonders auffällig. Während die Widerspruchsmarken eher durch die Gestaltung des Lichtscheins und die auffälligen Plus- bzw. Minuszeichen gekennzeichnet sind, steht bei der angegriffenen Marke eher die Darstellung der Strahlenarme - ohne Lichtschein - mit verdicktem Mittelpunkt im Vordergrund. Diese Unterschiede der Marken bleiben aber auch bei einer Wiedergabe der sich gegenüberstehenden Marken in jeweils grüner Farbe, wie sie in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin vorgelegt wurde, hinreichend deutlich.

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In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die gegenüberstehenden Marken daher bildlich ausreichend voneinander.

38

Vorliegend lässt sich auch keine unmittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr feststellen. Für die Annahme einer Ähnlichkeit von Bildmarken, die darauf beruht, dass die Darstellungen wegen eines übereinstimmenden Begriffsgehalts mit dem gleichen Begriff benannt werden, gelten strenge Anforderungen. Die bloße Möglichkeit, dass in zwei bildlich verschiedenen Abbildungen dasselbe Motiv erkannt wird und die Marken danach benannt werden können, reicht noch nicht aus. Es gilt vielmehr der Grundsatz, dass Bildmarken umso weniger als begrifflich ähnlich angesehen werden, je allgemeiner ein gemeinsamer Sinngehalt gefasst werden müsste, um die Gleichheit des Motivs zu begründen (vgl. auch EuGH GRUR 1998, 387, 390 – Tz. 25 – Sabèl/Puma; BGH GRUR 1996, 198, 200 – Springende Raubkatze; -BPatG, Beschluss vom 10. Dezember 2009, 30 W (pat) 77/09 – Chinese/Mädchen (als Ampelmännchen)). Dies gilt nur dann nicht, wenn es sich bei der Widerspruchsmarke um ein im Verkehr weitgehend als Marke bekanntes Bildzeichen handelt (vgl. BGH GRUR 2004, 594, 597 f – Ferrari-Pferd).

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Die beiderseitigen Darstellungen könnten zwar möglicherweise mit dem gleichen Begriff als „Sterndarstellungen“ bezeichnet werden, diese sehr allgemeine begriffliche Übereinstimmung reicht nach oben Gesagtem für die Bejahung einer begrifflichen Ähnlichkeit der Marken aber nicht aus. Wie die Markenstelle bereits ausgeführt hat, ist dem deutschen Rechtssystem ein Motivschutz fremd. Hinzu kommt, dass die Darstellung von Sternen wegen ihres allgemeinen Gebrauchs als abgegriffenes und verbrauchtes Bildmotiv anzusehen ist. (vgl. Ströbele/Hacker, 10. Auflage § 9 Rdnr. 269).

40

Anhaltspunkte dafür, dass aus sonstigen Gründen die Gefahr von Verwechslungen bestehen könnte, sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich.

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3. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen.