Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 10.08.2010


BPatG 10.08.2010 - 27 W (pat) 89/10

Markenbeschwerdeverfahren – "Q2E" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
10.08.2010
Aktenzeichen:
27 W (pat) 89/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 032 587.1/41

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 10. August 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. November 2009 und vom 29. April 2010 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortmarke

2

Q2E

3

für folgende Dienstleistungen beantragt:

4

Klasse 41: Vorbereitung und Durchführung von Seminaren; Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen; Durchführung und Veranstaltung von Konferenzen; Durchführung und Veranstaltung von Weiterbildungsangeboten zum Qualitätsmanagement bei Schulen und Hochschulen

5

Klasse 35: Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Schulen und Hochschulen; Beratung und Fragen der Geschäftsführung; Personalmanagementberatung

6

Klasse 42: Dienstleistungen im Bereich der Wissenschaft und der Technologie sowie diesbezügliche Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen; Qualitätssicherung durch Durchführung von Qualitätsprüfungen; Zertifizierungen, nämlich Durchführung von Zertifizierungsaudits zum Qualitätsmanagement; Zertifizierungen, nämlich Durchführung und Veranstaltung von externen Schulbewertungen nach Qualitätsgesichtspunkten.

7

Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 19. November 2009 und 29. April 2010, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.

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Die Anmelderin hat dagegen Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, Q2E sei ein Modell ganz konkreten Zuschnitts und kein allgemein gültiges, welches eine beliebige Ausgestaltung erfahren könnte. Sie selbst habe das Verfahren mitentwickelt und exklusiv weiterentwickelt. Q2E sei kein Akronym.

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Sie beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen.

II.

11

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.

12

Dass Q2E eine beschreibende Angabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, hat die Markenstelle offen gelassen. Der Senat hat keinen Anlass, Q2E eine beschreibende Bedeutung beizumessen. Die Aussage „Qualität durch Evaluation/Entwicklung“ mag für sich beschreibend sein, kommt aber in Q2E nicht zum Ausdruck, zumal die 2 in mancherlei Zusammenhängen zwar ein englisches „to“ ersetzt, aber kein „durch“ und auch kein dem deutschen Wort „durch“ entsprechendes fremdsprachiges Wort. Gerade im hier vorliegenden wissenschaftlichen Bereich wird es auch als „Q hoch 2“ oder „Q Quadrat“ angesehen, wie auch die Markenstelle, z. B. zu I 2 C, recherchiert hat.

13

Diese Lesart führt aber nicht zu einem auf der Hand liegendem Verständnis von besonders hoher Qualität.

14

Ohne beschreibende Aussage wäre das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) aber nur gegeben, wenn es sich bei Q2E um eine Bezeichnung handeln würde, die von den angesprochenen Kreisen - etwa wegen einer entsprechenden allgemeinen Verwendung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.

15

Die von der Markenstelle durchgeführten Internet-Recherchen (siehe Anlagen zum Beschluss vom 19. November 2009) zeigen Q2E als Orientierungsmodell für den Aufbau eines Qualitätsmanagements an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. Das Modell soll die Schulen beim Aufbau und bei der Umsetzung eines schulinternen Qualitätsmanagements durch die praxisnahe Beschreibung von Instrumenten, Verfahren und Problemlösungen unterstützen. In den von der Markenstelle recherchierten Fundstellen sprechen Anwender in diesem Zusammenhang von dem „schweizerischen Qualitätsmanagementmodell Q2E“ bzw. von dem „Q2E-Modell nach Prof. Dr. L…“. Ferner zeigen die Belege ein Buch über Q2E, das von einem interkantonalen Projekt mit dem Titel Q2E handelt.

16

Es fehlen jedoch Nachweise dafür, dass Q2E von den hier angesprochenen Kreisen, insbesondere den für Bildungseinrichtungen Verantwortlichen, als Hinweis auf ein allgemein von verschiedenen Anbietern beziehbares Modell benutzt und verstanden wird, das nicht einem Anbieter zugeschrieben ist, sondern durch Q2E nur verfahrensmäßig bestimmt ist. Die Fundstellen zeigen Q2E nicht als bloße Typenangabe bzw. sonstige Sachaussage.

17

Dass das Q2E-Verfahren und seine Bezeichnung von der Anmelderin entwickelt worden sind, ist allerdings entgegen deren Argumentation nicht entscheidungserheblich (vgl. BPatG, Beschluss vom 24. April 2007, Az: 27 W (pat) 67/07 - MP3). Maßgeblich ist allein, dass Q2E auch noch im heutigen, für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblichen Zeitpunkt, auf dem einschlägigen Markt nicht als gattungsbegriffliche Bezeichnung verwendet wird, die die angesprochenen Kreise als Sachbegriff verstehen.

18

Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.