Entscheidungsdatum: 01.10.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2009 062 018
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 1. Oktober 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht und der Richterinnen Kopacek und Hartlieb
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Mai 2012 aufgehoben, der Widerspruch aus der Marke Gemeinschaftsmarke 6 176 515 wird zurückgewiesen.
I.
Die am 20. Oktober 2009 angemeldete Wort/Bildmarke
ist am 25. November 2009 unter der Nummer 30 2009 062 018 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden für:
"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Aufkleber; Sticker; Druckereierzeugnisse; Künstlerbedarfsartikel;
Durchführung von Live-Veranstaltungen; Eintrittskartenvorverkauf (Unterhaltung); Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; Party-Planung (Unterhaltung); Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Erziehung; Unterhaltung; Ausbildung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren;
Bewirtung und Verpflegung von Gästen in Restaurants; Verpflegung von Gästen in Schnellimbissrestaurants (Snackbars); Verpflegung von Gästen in Cafeterias; Verpflegung von Gästen in Cafés; Party-Planung (Verpflegung); Verpflegung von Gästen in Kantinen; Verpflegung von Gästen in Selbstbedienungsrestaurants; Beherbergung von Gästen"
Die Veröffentlichung erfolgte am 24. Dezember 2009.
Gegen die Eintragung ist am 24. März 2010 Widerspruch erhoben worden aus der
Gemeinschaftsmarke 6 176 515
LUCIANO PAVAROTTI
die seit dem 30. Juli 2008 eingetragen ist u.a. für folgende Waren und Dienstleistungen:
"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen- und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke;
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten;
Verpflegung; Beherbergung von Gästen"
Die Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch einen Prüfer des höheren Dienstes mit Beschluss vom 23. Mai 2012 die angegriffene Marke wegen Verwechslungsgefahr gelöscht.
Hiergegen hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt und ausgeführt, es bestehe keine Verwechslungsgefahr.
Die Markeninhaberin erhebt zudem die Einrede der Nichtbenutzung.
Sie beantragt,
den angefochtenen Beschluss des Amtes aufzuheben und den Widerspruch der Beschwerdegegnerin zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Löschung der Marke 30 2009 062 018 auf die Klassen 16 und 41 zu beschränken.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat in ihrer Beschwerdeerwiderung keine weiteren Ausführungen zur Sache gemacht und auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Markenstelle und zur Zurückweisung des Widerspruchs, da die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Gemeinschaftsmarke 6 176 515 gemäß § 43 Abs. 1, § 125 b Abs. 4 MarkenG i.V.m. Art. 15 GMV im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht hat.
Die Markeninhaberin hat die Einrede mangelnder Benutzung i.S.v. § 43 Abs. 1 MarkenG erhoben, welcher gemäß § 125 b Nr. 4 MarkenG bei einem Widerspruch aus einer Gemeinschaftsmarke entsprechend anzuwenden ist. Die maßgeblichen Benutzungszeiträume richten sich damit nicht nach § 43 Abs. 2 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (GMV), sondern nach § 43 Abs. 2 S. 1 und 2 MarkenG. Jedoch tritt nach § 125 b Nr. 4 MarkenG an die Stelle der Benutzung der Marke gemäß § 26 MarkenG die Benutzung der Gemeinschaftsmarke gemäß Art. 15 GMV, so dass eine ernsthafte Benutzung "in der Gemeinschaft" glaubhaft zu machen ist. Maßgebend ist hier insoweit allein der Zeitraum von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch gemäß § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da die Widerspruchsmarke (eingetragen am 30. Juli 2008) zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngeren Marke (24. Dezember 2009) noch nicht fünf Jahre eingetragen war.
Nachdem der Schriftsatz der Markeninhaberin mit der Nichtbenutzungseinrede vom 28. Januar 2013 ausweislich des bei der Gerichtsakte befindlichen Empfangsbekenntnisses am 8. Februar 2013 dem Vertreter der Widersprechenden zugestellt worden ist, war es eine Obliegenheit der Widersprechenden, vorzutragen und eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Gemeinschaftsmarke im maßgeblichen Benutzungszeitraum, d.h. hier im Zeitraum Oktober 2008 bis Oktober 2013 glaubhaft zu machen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Benutzung einer Gemeinschaftsmarke - abgesehen davon, dass eine ernsthafte Benutzung in der Gemeinschaft gemäß Art. 15 Abs. 1 GMV vorliegen muss - dieselben wie in § 43 Abs. 1 MarkenG sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 125b Rdn. 14). Das ist nicht geschehen. Die Widersprechende hat sich zur Einrede der Nichtbenutzung nicht geäußert.
Für einen solchen Sachvortrag und zur Einreichung von Glaubhaftmachungsunterlagen bedurfte es keiner besonderen Aufforderung durch das Gericht. Die Widersprechende hat nach Übermittlung der Einrede von sich aus unverzüglich alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Der im Rahmen des Benutzungszwanges herrschende Beibringungsgrundsatz lässt es grundsätzlich nicht zu, die Widersprechende auf diese Verpflichtung zum Vortrag hinzuweisen. Zwar besteht eine Hinweispflicht des Gerichtes entsprechend § 139 ZPO § 139 ZPO auch im Widerspruchsverfahren. Sie hat aber ihre Grenze in Fällen, in § 139 ZPO auch im Widerspruchsverfahren. Sie hat aber ihre Grenze in Fällen, in denen ein solcher Hinweis die Stellung der einen Partei stärken und gleichzeitig die der anderen schwächen würde, also zu einer Parteinahme des Gerichts führen würde (vgl. BPatG GRUR 2004, 950, 953 – ACELAT/Acesal). Insoweit hat das Gericht auch das Gebot der Unparteilichkeit zu beachten (vgl. Ströbele/Hacker a.a.O., § 43, Rdn. 48, 50 m.w.N.).
Die Widersprechende hatte ausreichend Gelegenheit, zur Nichtbenutzungseinrede vorzutragen.
Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG können im Falle der zulässigen Erhebung der Nichtbenutzungseinrede bei der Entscheidung über einen Widerspruch nur die Waren und Dienstleistungen berücksichtigt werden, für die die Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Da die Widersprechende für keine der Waren und Dienstleistungen, für die ihre Marke eingetragen ist, eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft gemacht hat, war ihr Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen. Ausführungen zur Frage einer Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG erübrigen sich hiermit.
Die Beschwerde der Markeninhaberin hatte aus diesen Gründen Erfolg.