Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 08.03.2012


BPatG 08.03.2012 - 27 W (pat) 8/11

Markenbeschwerdeverfahren – "telespargel event" – Bezeichnungen von Gebäuden, die keine öffentlichen Bereiche umfassen – Eignung als Herkunftshinweise - Etablissementbezeichnungen sind nicht beschreibend für Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Hausrechtsinhaber stattfinden können


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
08.03.2012
Aktenzeichen:
27 W (pat) 8/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Telespargel

1. Bezeichnungen von Gebäuden, die keine öffentlichen Bereiche umfassen, sind als Herkunftshinweise für dort hergestellte bzw. angebotene Waren und Dienstleistungen geeignet.

2. Etablissementbezeichnungen sind nicht beschreibend im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Hausrechtsinhaber stattfinden können.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 302 009 001 947.9

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. September 2010 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Zurückweisung der zur Eintragung für die Dienstleistungen

2

"Veranstaltung und Organisation von Partys und Events zu Unterhaltungszwecken; Catering; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen"

3

angemeldeten Wortmarke 30 2009 001 947.9

4

 telespargel  event

5

hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts damit begründet, es handle sich um eine beschreibende Angabe dahingehend, dass es um Dienstleistungen gehe, die mit Veranstaltungen rund um den Berliner Fernsehturm zu tun hätten. Es liege also ein beschreibender Hinweis auf Art, Thematik und Erbringungsort der beanspruchten Dienstleistungen vor. Breite Verkehrskreise würden die Wortkombination ohne weiteres so verstehen, da eine sprachüblich gebildete Wortzusammensetzung aus dem umgangssprachlichen Begriff " Telespargel " für den Berliner Fernsehturm und dem inzwischen in die deutsche Sprache eingegangenen Wort "event" für ein Ereignis, eine Veranstaltung u. ä. vorliege.

6

Dass die Bezeichnung " Telespargel " für den Berliner Fernsehturm benutzt werde, sei aus den dem Beschluss beigefügten Internetauszügen ersichtlich. Selbst wenn die Spitznamen für die berühmten Berliner Gebäude ("Hohler Zahn" für die alte Gedächtniskirche, "Lippenstift und Puderdose" für die neue Gedächtniskirche, "Bundeswaschmaschine" für das Bundeskanzleramt usw.) nicht stets verwendet würden, so seien sie doch weitgehend bekannt.

7

Die angesprochenen Verkehrskreise würden nicht davon ausgehen, dass es nur eine Institution gebe, die Events in Zusammenhang mit dem Berliner Fernsehturm veranstalte. Der angemeldete Markenbegriff werde daher nicht mit einem bestimmten Unternehmen in Verbindung gebracht.

8

Die vom Anmelder zitierte Voreintragung "Langer Lulatsch" sei noch nach dem alten Warenzeichengesetz erfolgt. Seitdem hätten sich aber Rechtsprechung und Sprachempfinden deutlich gewandelt.

9

Dagegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er beantragt sinngemäß,

10

den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen.

11

Dies begründet er damit, " Telespargel " weise auf einen individualisierbaren Anbieter hin. Dies hätte die Markenstelle offenbar auch bei den eingetragenen Marken " Goldelse " und "Bierpinsel Berlin" so gesehen.

II.

12

1. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

13

a) Einer Registrierung der angemeldeten Bezeichnung als Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht entgegen.

14

aa) Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist. Ausgehend hiervon besitzen Marken keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.

15

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der streitgegenständlichen Marke in ihrer Gesamtheit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

16

Die angemeldete Marke setzt sich zusammen aus dem Wort " Telespargel " und dem in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenen ursprünglich englischsprachigen Wort "event", das für ein besonderes Ereignis steht (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim 2006).

17

Durch die dem Beschluss beigefügten Internetausdrucke hat die Markenstelle zwar belegt, dass " Telespargel " eine in Berlin verwendete Bezeichnung für den Fernsehturm am Alexanderplatz in Berlin ist. Weiten Teilen des inländischen Publikums wird diese Bedeutung jedoch nicht bekannt sein, so dass insoweit von einer geteilten Verkehrsauffassung auszugehen ist.

18

Unabhängig von der Bekanntheit des Wortes " Telespargel " hält der Senat die streitgegenständliche Marke jedoch für unterscheidungskräftig. Für den Teil des inländischen Publikums, dem die Bedeutung des Wortes " Telespargel " nicht bekannt ist, ist die angemeldete Marke bereits deshalb unterscheidungskräftig, weil er dieses Wort für einen Phantasiebegriff halten wird, dem er keinerlei beschreibende Bedeutung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen entnehmen wird.

19

Die Eignung als Betriebskennzeichen hat die angemeldete Marke jedoch auch im Hinblick auf den Personenkreis, dem " Telespargel " als Spitzname für den Berliner Fernsehturm bekannt ist. Das Publikum ist nämlich daran gewöhnt, Gebäude-Bezeichnungen, die keinen öffentlichen Bereich umfassen, einen Herkunftshinweis für die dort hergestellten bzw. angebotenen Waren und Dienstleistungen zu entnehmen, wie dies z. B. bei bekannten Hotels, etwa "Adlon" in Berlin, oder dem "Henninger Turm" in Frankfurt/Main der Fall ist.

20

Das Publikum wird deshalb auch in " telespargel  event" einen betrieblichen Herkunftshinweis sehen.

21

Unterscheidungskraft ist auch gegeben für Dienstleistungen, die sich auf Angebote beziehen, die anlässlich eines " telespargel  event" stattfinden (können). Etablissementbezeichnungen, die für das Etablissement selbst unterscheidungskräftig sowie nicht beschreibend sind, sind auch für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Betreiber der Veranstaltungsstätte stattfinden können, unterscheidungskräftig.

22

b) Die angemeldete Marke unterliegt auch keinem Freihaltungsbedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, weil " telespargel  event" keine Merkmalsbezeichnung ist.

23

Unter die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallen nämlich nur solche Angaben, die im normalen Sprachgebrauch die angemeldeten Waren bzw. Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können. Bei Zeichen aus mehreren Wörtern müsste ein etwaiger beschreibender Charakter nicht nur gesondert für jedes Wort, sondern auch für das durch die Wörter gebildete Ganze festgestellt werden.

24

Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich nicht um eine freihaltungsbedürftige, geographische Angabe. Als Herkunftsangaben kommen zwar auch Bauwerks-Bezeichnungen in Betracht, die einen Ort, hier Berlin, hinreichend deutlich bezeichnen. Für Benennungen bekannter Bauwerke und Wahrzeichen gilt dies jedoch nur, wenn sie einen Ort, eine Stadt oder einen Landstrich ohne Weiteres identifizieren. Dies ist für " Telespargel " weder dargelegt noch vom Senat feststellbar. Zwar beschreibt " Telespargel " hier die Örtlichkeit, an dem die Veranstaltung stattfindet. Etablissementbezeichnungen sind jedoch für Dienstleistungen und Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Inhaber des Hausrechts stattfinden können, nicht freihaltungsbedürftig.

25

2. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.