Entscheidungsdatum: 31.01.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2009 033 662
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 31. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Hartlieb
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. September 2011 wird aufgehoben.
Auf den Widerspruch aus der Marke 304 41 679 ist die Marke 30 2009 033 662 zu löschen.
I.
Gegen die am 9. Juni 2009 angemeldete und am 15. Oktober 2009 für die Dienstleistungen
„Ausbildung, Veranstaltung und Durchführung von Seminaren“
eingetragene Wortmarke 30 2009 033 622
G.A.L.A.
hat die Widersprechende Widerspruch eingelegt aus ihrer am 19. Juni 2004 angemeldeten und am 25. November 2004 u. a. für die Waren und Dienstleistungen
„Klasse 16: Druckereierzeugnisse, Buchbindeartikel;
Klasse 41: Erziehung, Ausbildung, alle vorgenannten Dienstleistungen nicht im Bereich Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau; Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung (ausgenommen Durchführung von und Berichterstattung über Gala-Veranstaltungen), Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Veröffentlichung und Herausgabe von Verlagserzeugnissen in Print- und elektronischer Form mit redaktionellen Inhalten oder Werbeinhalten im Off- und Online-Betrieb eines Verlagsgeschäftes, soweit in Klasse 41 enthalten; sportliche und kulturelle Aktivitäten (ausgenommen Durchführung von und Berichterstattung über Gala-Veranstaltungen)“
eingetragenen Wort-/Bildmarke 304 41 679
Der Widerspruch wird auf die vorgenannten Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen alle Dienstleistungen der angegriffenen Marke.
Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 7. September 2011 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Dazu ist ausgeführt, ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und teilweiser Dienstleistungsidentität und im Übrigen hochgradiger Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit scheitere eine unmittelbare Verwechslungsgefahr am Vorliegen einer relevanten Zeichenähnlichkeit.
Von ihrem jeweiligen Gesamteindruck her seien beide Marken deutlich verschieden, schon weil die jüngere Marke als reine Wortmarke das in der älteren kombinierten Wort-/Bildmarke befindliche farbige Gestaltungselement (rechteckiger roter Hintergrund) bzw. einen besonderen Schrifttyp nicht enthalte. Eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Markenähnlichkeit könne deshalb allenfalls dann in Betracht kommen, wenn man den in der älteren Wort-/Bildmarke aufweisenden Wortbestandteil (Gala bzw. G.A.L.A.) der jüngeren Kombinationsmarke gegenüberstelle und den Vergleich darauf reduziere. Das verbiete sich indes bereits aus Rechtsgründen, denn der Schutz eines aus einem Kombinationszeichen herausgelösten Elements sei dem Markenrecht fremd, so dass es rechtsfehlerhaft wäre, ohne weiteres eine Kollision lediglich aufgrund eines aus einem Gesamtzeichen isoliert entnommenen Elements feststellen zu wollen, selbst wenn dieses in der jüngeren Marke identisch vorhanden wäre.
Des Weiteren sei von dem Grundsatz auszugehen, dass schutzunfähige Zeichen und Angaben für sich gesehen nicht Grundlage einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr sein könnten. Das bedeute insbesondere, dass der Schutzbereich von Marken, die nur eine geringe Unterscheidungskraft aufwiesen oder an freihaltungsbedürftige Angaben angelehnt seien, eng zu bemessen sei und sich auf die jeweilige (ggf. nur minimale) eintragungsbegründende Eigenprägung beschränke. Dasselbe gelte für beschreibende Angaben, die nur aufgrund ihrer besonderen graphischen Ausgestaltung dem Markenschutz zugänglich seien. In all diesen Fällen könne ein Schutz für die zugrunde liegende schutzunfähige Bezeichnung selbst nicht beansprucht werden.
Dies sei vorliegend der Fall, denn bei „Gala“ handle es sich um einen beschreibenden und allgemein anpreisenden Sachhinweis, der auf Festkleidung und Veranstaltungen in einem besonders festlichen Rahmen hinweise. Die Widerspruchsmarke sei letztlich nur durch wegen ihren graphischen Gestaltungsmittel schutzfähig.
Zu berücksichtigen sei zwar, dass alle verkehrsüblichen Schreibweisen beim Vergleich zu berücksichtigen seien. Jedoch stellten die Versalien der jüngeren Marke durch die Punktsetzung nach jedem Großbuchstaben eine Art Verkürzung ausgeschriebener Begriffe dar, wodurch der Eindruck einer nicht näher verständlichen begrifflichen Abkürzung entstehe.
Von einer Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Wortmarke durch den Wortbestandteil könne demnach nicht ausgegangen werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die die Marken für verwechselbar hält. Originär sei die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die hier allein relevanten Dienstleistungen „Erziehung, Ausbildung“ durchschnittlich. Aufgrund der Bekanntheit der wöchentlich unter diesem Zeichen seit 18 Jahren mit einer durchschnittlichen Auflage von …Exemplaren erscheinenden Zeitschrift sei die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke erhöht. Den in Anbetracht der Dienstleistungsidentität bzw. hochgradigen -ähnlichkeit erforderlichen Abstand halte die jüngere Marke in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht nicht ein, da insoweit jeweils hochgradige Ähnlichkeit bestehe. Allein die nur in schriftbildlicher Hinsicht überhaupt erkennbare besondere Schreibweise der jüngeren Marke reiche für die Herstellung des erforderlichen Abstands nicht aus.
Die Widersprechende beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. September 2011 aufzuheben und das angegriffene Zeichen zu löschen.
Der Inhaber des angegriffenen Zeichens beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hat das Dienstleistungsverzeichnis im Beschwerdeverfahren auf die Dienstleistungen
“Ausbildung auf dem Gebiet des Verkaufstrainings; Veranstaltung und Durchführung von Verkaufstrainingsseminaren“
beschränkt. Er verteidigt den angegriffenen Beschluss der Markenstelle und hält die Zeichen nicht für verwechselbar. Nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses auf sehr spezielle Ausbildungs- und Veranstaltungsdienstleistungen, die in keinem Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Widersprechenden stünden, sei davon auszugehen, dass eine relevante Dienstleistungsähnlichkeit nicht mehr gegeben sei.
II.
1.
Da nur die Widersprechende, nicht aber der Inhaber der angegriffenen Marke hilfsweise um die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gebeten hat und der Senat eine solche für nicht erforderlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden, nachdem der Inhaber der angegriffenen Marke ausreichend Gelegenheit hatte, zu der Beschwerde der Widersprechenden schriftlich Stellung zu nehmen.
2.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken kann im Ergebnis nicht verneint werden.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren und Dienstleistungen. Darüber hinaus sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei besteht eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 2006, 237 - PICASSO; BGH GRUR 2007, 321 - Cohiba).
a)
Die einander gegenüberstehenden Dienstleistungen sind teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich. Daran vermag die vom Inhaber des angegriffenen Zeichens im Beschwerdeverfahren vorgenommene Einschränkung seines Dienstleistungsverzeichnisses nichts zu ändern. Ausbildung auf dem Gebiet des Verkaufstrainings ist identisch mit der zugunsten der Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistung Ausbildung, da sie unter den Oberbegriff „Ausbildung“ fällt. Die weiteren vom Inhaber des angegriffenen Zeichens beanspruchten Dienstleistungen Veranstaltung und Durchführung von Verkaufsseminaren sind wegen der gleichen Zielsetzung mit der zugunsten der Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistung Ausbildung hochgradig ähnlich.
Inwieweit die angegriffenen Dienstleistungen mit den übrigen zugunsten der Widerspruchsmarke in den Klassen 16 und 41 eingetragenen Waren und Dienstleistungen ähnlich sind, kann aufgrund der vorgenannten Dienstleistungsidentität bzw. hochgradigen -ähnlichkeit als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
b)
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält der Senat in Bezug auf die hier allein relevante Dienstleistung „Ausbildung“ von Haus aus für durchschnittlich. Einen diese Dienstleistung beschreibenden oder allgemein anpreisenden Sachhinweis enthält der Begriff „Gala“ nicht.
Entgegen der Auffassung der Widersprechenden kann hier aufgrund der von ihr behaupteten Bekanntheit der Zeitschrift „Gala“ nicht von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bezüglich der Dienstleistung „Ausbildung“ ausgegangen werden. Der erweiterte Schutzumfang einer Marke kann nämlich nur auf eng verwandte Waren/Dienstleistungen ausstrahlen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9 Rn. 150).
c)
Den auch bei nur durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen der Identität der Dienstleistungen erforderlichen weiten Abstand halten die Marken nur in schriftbildlicher Hinsicht aufgrund der besonderen graphischen Ausgestaltung der als Wort-/Bildmarke eingetragenen Widerspruchsmarke und aufgrund der vier Punkte in der angegriffenen Marke ein.
Dies gilt jedoch nicht in klanglicher und begrifflicher Hinsicht. Insoweit liegt hier nämlich eine Zeichenidentität vor, da beachtliche Teile des Publikums die jüngere Marke ungeachtet der Punkte zwischen den Buchstaben ebenso wie die Widerspruchsmarke mit „Gala“ benennen werden. Eine Aussprache als „Gala“ hält der Senat als die wahrscheinlichste jedenfalls aber nicht zu vernachlässigenden wörtliche Wiedergabe der jüngeren Marke. Dass das Publikum die Buchstaben G, A, L und A einzeln aussprechen wird, hält der Senat eher für unwahrscheinlich. Dies gilt erst recht für eine Aussprache „Ge-Punkt - A-Punkt - El-Punkt - A-Punkt“.
Die Gesamtabwägung von Dienstleistungsidentität und im Übrigen hochgradiger Dienstleistungsähnlichkeit, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie phonetischer und begrifflicher Markenidentität ergibt abweichend von der Auffassung der Markenstelle die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken.
3.
Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).