Entscheidungsdatum: 15.10.2014
Roots 64
1. Wird eine Marke als „in Farbe“ angemeldet, kann das DPMA auch dann keine Eintragung in „schwarz-weiß“ vornehmen, wenn der Anmelder keine ausreichende Darstellung und Festlegung der Farbe vornimmt.
2. Einer Mängelbeseitigung nach § 36 MarkenG steht eine Beanstandung ohne Setzen einer Frist mit Aus-schlusscharakter nicht entgegen.
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung Nr. 30 2023 018 214.6
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 15. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht sowie der Richter Hermann und Schmid
beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 17. Oktober 2013 wird aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I.
Der Anmelder hatte in seiner Markenanmeldung vom 19. Februar 2013 die Eintragung einer Bildmarke "in Farbe" beantragt (Feld 5 des Anmeldeformulars), ohne bestimmte Farben zu benennen. Der ausschließlich als Telefax übermittelten Anmeldung war folgende Darstellung (schwarz/weiß) beigefügt:
Darauf hat die Markenstelle für Kl. 25 den Anmelder durch Schreiben vom 15. Mai 2013 und erneut vom 15. Juli 2013 aufgefordert, die beanspruchten Farben binnen eines Monats anzugeben. Andernfalls werde die Anmeldung zurückgewiesen.
Nachdem der Anmelder hierauf nicht reagiert hat, hat die Markenstelle durch Beschluss vom 17. Oktober 2013 sinngemäß entschieden, die Wort-Bildmarke in schwarz-weißer Darstellung einzutragen.
In seiner gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde hat der Anmelder farbige Darstellungen jeweils eines der beiden Wappen vorgelegt. Ergänzend hat er durch am 5. März 2014 eingegangenen Schriftsatz mitgeteilt, die Eintragung ausschließlich des farbigen Wappens mit der Aufschrift "ROUTE 64" zu beantragen. Im Anschluss hat er sich mit der Verschiebung des Anmeldetags auf den 5. März 2014 einverstanden erklärt.
Der Anmelder beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 17. Oktober 2013 aufzuheben.
II.
Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, s. § 69 MarkenG.
Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat Erfolg. Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und das Eintragungsverfahren zur Prüfung die Anmeldung in Form der nachträglich durch den Anmelder bestimmten Markenwiedergabe an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, vgl. § 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG.
1. Der angegriffene Beschluss der Markenstelle vom 17. Oktober 2013 entspricht nicht der Rechtslage.
Die darin angeordnete Eintragung als schwarz-weiße Bildmarke entsprach nicht dem Eintragungsantrag (vgl. § 41 Satz 1, § 32 MarkenG). Gegenstand der Anmeldung war nach den Angaben im Anmeldungsformular eine Bildmarke, deren Eintragung der Anmelder in Abgrenzung zur im Formular alternativ angebotenen schwarz-weißen Gestaltung ausdrücklich "in Farbe" beantragt hat.
Die im Beschluss ausgesprochene Rechtsfolge, die "in Farbe" angemeldete Marke in schwarz-weißer Ausführung einzutragen, ist auch nicht als Reaktion auf die unterbliebene Beseitigung des Mangels der Anmeldung haltbar.
Die Rechtsfolgen einer mangelbehafteten Markenanmeldung richten sich nach der Art des Mangels (vgl. § 36 MarkenG). Der Anmelder hat sich im Eintragungsverfahren vor der Markenstelle nicht zur der konkreten Farbgebung, die dem Grunde nach beantragt war, erklärt. Da das Anmeldezeichen in der Anmeldung so klar und eindeutig festgelegt sein muss, dass eine genaue Identifizierung und Bestimmung des Schutzgegenstandes möglich ist (BGH GRUR 2004, 502, 503 – Gabelstapler II), und die Farbgebung einer Bildmarke ihren Schutzgegenstand bestimmt (vgl. BGH GRUR 2004, 683, 684 – Farbige Arzneimittelkapsel), ermangelte die Anmeldung damit einer anmeldetagsbegründenden Wiedergabe der Marke, § 36 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 2 Nr. 2, § 33 Abs. 1 MarkenG.
§ 36 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG bestimmt, dass die Anmeldung als zurückgenommen gilt, sofern ein derartiger Mangel nicht innerhalb einer vom DPMA gesetzten Frist beseitigt wird. Mit dieser Rechtsfolge, die dem Eintragungsverfahren unmittelbar kraft Gesetzes die Grundlage entzieht (vgl. auch Regel 5 Abs. 1 Satz 1 Ausführungsordnung zum Markenrechtsvertrag) und damit auch im Interesse der Rechtsklarheit einen zügigen Abschluss des Verfahrens vorsieht, ist die im angegriffenen Beschluss angeordnete Fortsetzung des Eintragungsverfahrens, zumal auf der Grundlage eines vom erklärten Anmelderwillen abweichenden Anmeldegegenstands, unvereinbar.
Die Einreichung der in Rede stehenden Anmeldung per Fax rechtfertigt keine andere Betrachtung (s. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 32 Rn. 21). Für eine Sonderbehandlung derartiger Anmeldungen besteht jedenfalls kein Anlass, wenn ein anmeldetagserheblicher Mangel der Markenwiedergabe nicht binnen einer vom DPMA gesetzten Frist beseitigt ist, weil der Mangel dann nicht mehr auf den spezifischen Beschränkungen dieser Übermittlungsform beruht.
Außerdem entspricht das Vorgehen der Markenstelle nicht den nach den Beanstandungsbescheiden vom 15. Mai und 15. Juli 2013 angekündigten Maßnahmen, nämlich der – ebenfalls mit § 36 Abs. 2 Satz 1 MarkenG unvereinbaren – Zurückweisung der Anmeldung. Sie lässt ferner die Bindung des Zeitrangs an die Mangelbeseitigung gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 MarkenG außer Betracht.
2. Den Mangel der unbestimmten Markenwiedergabe hat der Anmelder im Beschwerdeverfahren behoben, indem er mit am 5. März 2014 eingegangenem Schriftsatz vom 4. März 2014 das Zeichen, auf den der Eintragungsantrag sich bezieht, festgelegt hat. Die nachträgliche Bestimmung des – noch nicht feststehenden – Anmeldegegenstands ist gesetzlich vorgesehen (§ 36 Abs. 2 Satz 2 MarkenG) und daher zulässig.
Mängel der Anmeldeerfordernisse können nach § 36 Abs. 2 S. 2 MarkenG zwar nur innerhalb einer vom Deutschen Patent- und Markenamt gesetzten Frist behoben werden. Den mit Beanstandungsbescheiden vom 15. Mai und 15. Juli 2013 gesetzten Fristen kommt diese Wirkung aber nicht zu. Selbst wenn eine Fristsetzung nach § 36 Abs. 2 Satz 1 MarkenG möglicherweise nicht zwingend mit einem Hinweis auf die mit Fristablauf eintretende Rücknahmefiktion versehen sein muss (so aber Kramer in Heidelberger Kommentar zum Markenrecht, 2. Aufl., § 36 Rn. 3), hat die Markenstelle hier nicht eine nach § 36 Abs. 2 Satz 1 MarkenG vorgesehene Frist mit Ausschlusscharakter, sondern eine wesensverschiedene (sog. "eigentliche") Frist mit Zurückweisungsandrohung gesetzt, deren Ablauf entsprechend nach § 36 Abs. 4 MarkenG gesetzten Fristen (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 36 Rn. 6) einer nachträglichen Beseitigung der gerügten Mängel durch den Anmelder nicht entgegenstand. Eine derartige Fristsetzung ist nicht geeignet, die gesetzliche Rücknahmefiktion auszulösen.
Der vorgenommenen Bestimmung des Anmeldegegenstands durch Schriftsatz vom 4. März 2014 steht überdies nicht entgegen, dass der Anmelder sich damit nachträglich auf ein aus einem einzigen Wappen bestehendes Zeichen bezieht, das objektiv zunächst nur Bestandteil eines zwei Wappen umfassenden Zeichens war. Zwar kann der Anmelder im Rahmen desselben Eintragungsverfahrens kein völlig verschiedenes Zeichen aufnehmen, sondern muss sich auf grundsätzlich auf eine Mängelbehebung beschränken. Andererseits besteht im Hinblick auf die zwingende Anmeldetagsverschiebung nach § 36 Abs. 2 Satz 2 MarkenG auch keine Rechtfertigung für eine restriktive Handhabung. Da eine aus zwei unterschiedlichen Wappen bestehende Zeichenbildung ungewöhnlich ist, handelt es sich dabei um eine nach den Umständen nachvollziehbare und möglicherweise von vornherein in diesem Sinn vorgesehene Bestimmung der Marke. Ob eine Änderung im Rahmen einer sachgerechten Beanstandung nach § 36 Abs. 2 Satz 1 MarkenG nur innerhalb der Beanstandung zulässig ist, kann hier offen bleiben, da die Beanstandungen der Markenstelle vom 15. Mai und 15. Juli 2013 diesen Anforderungen nicht genügt.
Die Beschwerde hat daher Erfolg.
Aus Billigkeitsgründen war die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen (s. § 71 Abs. 3 MarkenG).
Das Vorgehen der Markenstelle war hier aufgrund der Abweichung zwischen den in den Beanstandungen angekündigten Rechtsfolgen und dem Beschlussinhalt weder in sich konsequent noch entsprach es der klaren gesetzlichen Regelung nach § 36 Abs. 2 MarkenG. Wenngleich das Vorgehen der Markenstelle dem Anmelder die Möglichkeit eröffnet hat, den Mangel der Anmeldung noch im Beschwerdeverfahren zu beheben, hat die Sachbehandlung durch die Markenstelle den Anmelder keineswegs gegenüber den gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgen begünstigt, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine zutreffende Beanstandung nach § 36 Abs. 2 Satz 1 MarkenG den Anmelder frühzeitig veranlasst hätte, den Mangel der Anmeldung zu bereinigen.