Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 19.12.2013


BPatG 19.12.2013 - 27 W (pat) 556/12

Markenbeschwerdeverfahren – "Strinx" – zur eindeutigen Klassifizierung von Dienstleistungen der Klasse 41 – zur Bestimmtheit der beanspruchten Dienstleistungen - keine unzulässige Erweiterung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
19.12.2013
Aktenzeichen:
27 W (pat) 556/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 066 312.2

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 19. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und den Richter k. A. Schmid

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle vom 11. Juli 2012 wird aufgehoben.

Gründe

I.

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Als Wortmarke angemeldet am 20. Dezember 2011 wurde

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Strinx

3

für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 28 und 41, in der Klasse 41 für die Dienstleistungen

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„Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen, Büchern, Zeitschriften und Zeitungen; Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen, einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form; Verfassen von Texten (keine Werbetexte); Entwurf von Spielen“.

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Im Rahmen der Klärung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses hat der Anmelder nach Beanstandung durch die Markenstelle mit Schriftsatz vom 13. April 2012 den von der Markenstelle vorgeschlagenen Dienstleistungen widersprochen und als Kompromiss folgende Dienstleistungen vorgeschlagen:

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„Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen; Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen, einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form; Dienstleistungen eines Spielautors“.

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Hierzu hat er ausgeführt, die „Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen“ sei für den Anmelder von zentraler Wichtigkeit. Die Beschränkung der Spiele auf Verlagsdruckerzeugnisse sei nicht akzeptabel, denn es gäbe zahlreiche Spiele, die keine Druckerzeugnisse oder nicht ausschließlich Druckerzeugnisse seien. Die Begründung, dass in Klasse 41 nur Verlagsdruckerzeugnisse herausgegeben oder veröffentlicht würden, sei schlicht unrichtig und stehe im Widerspruch zu den erläuternden Anmerkungen der Nizza-Klassifikation, wonach Klasse 41 insbesondere u.a. Dienstleistungen enthalte, deren Hauptzweck die Zerstreuung, Belustigung oder Entspannung von Personen sei. Warum dies nur für Verlagsdruckerzeugnisse, nicht aber Verlagserzeugnisse zutreffen solle, bleibe unerfindlich. Außerdem werfe dies – unter dem Dogma der Vollständigkeit der Klassifikation – die Frage auf, in welcher Klasse denn dann die Verlagserzeugnisse, die keine Druckerzeugnisse seien, herausgegeben und veröffentlicht werden dürften.

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Die gleiche Argumentation treffe analog für die beanstandeten Dienstleistungen „Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen, einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form“ zu. Diese Formulierung habe im Übrigen das Deutsche Patent- und Markenamt bereits für die Marke 30 2011 029 797 eingetragen.

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Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 11. Juli 2012 teilweise für die Dienstleistungen

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„Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen; Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form; Dienstleistungen eines Spielautors“

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Zurückgewiesen und dies damit begründet, die eingereichte Markenanmeldung entspreche für die zurückgewiesenen Dienstleistungen nicht den formellen Anforderungen der §§ 36, 32 Abs. 3 MarkenG, §§ 19, 20 MarkenV und sei deshalb für diese Dienstleistungen zurückzuweisen.

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Die in Klasse 41 angemeldeten „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen“ sowie „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen, einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form“, seien zu unbestimmt, da sie keine klare Klassenzuordnung gemäß der Nizzaer Klassifikation zuließen.

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Die Nizzaer Klassifikation sehe in Klasse 41 weder die Angabe „Dienstleistungen eines Verlages“ noch die Angaben „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen“ oder „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen, einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form“ vor, sondern nur die Angabe „Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte)“. Unter „Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte)“ könnten zwar Dienstleistungen eines Verlages, nämlich „Herausgabe von Verlagsdruckerzeugnissen“ noch zugeordnet werden, jedoch eben nicht „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe von Spielen“ oder „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe von Verlagserzeugnissen, einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form“, da „Spiele“ und „Verlagserzeugnisse, einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form“ auch etwas ganz anderes als „Texte“ im weitesten Sinne sein könnten. Zudem könnten die umfassenden Dienstleistungen eines Verlages auch Dienstleistungen beinhalten, welche anderen markenrechtlichen Klassen als der Klasse 41 zuzuordnen seien. Zu den im allgemeinen Sprachgebrauch sachlich üblicherweise bekannten Dienstleistungen eines Verlages zählten neben Lektorat und Autorenbetreuung beispielsweise auch Satz und Layout, Cover- und Umschlagsgestaltung, Druckvorstufe, Druck (Abwicklung von Buchherstellung), Vertrieb, Lagerhaltung, Rechnungs- und Mahnwesen, Pressearbeit etc., welche markenrechtlich verschiedenen Klassen zugeordnet würden. Deshalb seien auch die vom Anmelder beanspruchten Angaben „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen“ oder „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form“ markenrechtlich zu unbestimmt. Einschränkende Spezifikationen seien erforderlich. Zwar möge im allgemeinen Sprachgebrauch hier eine ausreichende sachliche Bestimmtheit erscheinen, diese sei jedoch für die markenrechtliche Bestimmtheit nicht ausreichend. Soweit sich Diskrepanzen zwischen dem allgemeinen Sprachgebrauch und Klasseneinteilungen ergäben, habe im Zweifel die Klasseneinteilung Vorrang.

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Da der Anmelder die in den Amtsbescheiden vorgeschlagenen Spezifikationen für die Angaben „Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen“ oder „Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen, einschließlich Multimedia-Anwendungen“ abgelehnt habe, die von ihm neu eingereichten Angaben „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen“ oder „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen, einschließlich Multimedia-Anwendungen in elektronischer Form“ jedoch die markenrechtliche Unbestimmtheit nicht beseitigten, sei für diese Dienstleistungen die Anmeldung zurückzuweisen.

15

Zudem sei die im Schreiben vom 13. April 2012 enthaltene Angabe „Dienstleistungen eines Spielautors“ eine unzulässige Erweiterung des Verzeichnisses, da sie im ursprünglichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nicht enthalten gewesen sei. Deshalb sei auch für diese Angabe die Anmeldung zurückzuweisen.

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Der Beschluss wurde dem Anmelder am 17. Juli 2012 zugestellt.

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Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 14. August 2012, mit der er beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle vom 11. Juli 2012 aufzuheben und festzustellen, dass die angemeldete Marke für die Dienstleistungen

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„Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen, Büchern, Zeitschriften und Zeitungen; Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen einschließlich solchen in elektronischer Form; Verfassen von Texten (keine Werbetexte); Entwurf für Spielen“

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eingetragen werden kann.

21

Auf Vorschlag des Senats hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2013 erklärt, er beanspruche in der Klasse 41 die Marke für die vorgenannten Dienstleistungen. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Amtsverfahren vertritt er die Auffassung, dass diese Dienstleistungen ausnahmslos der Klasse 41 zuzuordnen seien.

II.

22

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die vom Anmelder auf Vorschlag des Senats nunmehr beanspruchten Dienstleistungen sind ausreichend bestimmt, um eine eindeutige Klassifizierung gemäß §§ 19, 20 MarkenV zu ermöglichen.

23

Die Dienstleistungen sind auch ausnahmslos der Klasse 41 zuzuordnen. Die Klasse 41 umfasst nämlich laut der Anlage zu § 19 Abs. 1 MarkenV u.a. Dienstleistungen, die der Unterhaltung dienen und deren Hauptzweck die Zerstreuung, Belustigung oder Entspannung von Personen ist. Darunter fallen auch die von der Markenstelle zurückgewiesenen Dienstleistungen „Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Spielen; Dienstleistungen eines Verlages, nämlich Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen“, da Spiele und Verlagserzeugnisse jeweils der Unterhaltung dienen.

24

Bei den Verlagserzeugnissen erfolgte durch den Anmelder im Beschwerdeverfahren eine Präzisierung nur noch dahingehend „einschließlich solchen in elektronischer Form“. Der schwer fassbare Begriff „Multimedia-Anwendungen“ wird vom Anmelder nicht mehr beansprucht.

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Nachdem der Anmelder nunmehr nur noch die ursprünglich beanspruchte Dienstleistung „Entwurf von Spielen“ und nicht etwa die von der Markenstelle zurückgewiesenen „Dienstleistungen eines Spielautors“ beansprucht, entfällt insoweit der von der Markenstelle angenommene Zurückverweisungsgrund der unzulässigen Erweiterung.

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Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass, zumal die Beschwerde erst aufgrund einer vom Senat vorgeschlagenen Präzisierung der Dienstleistungen Erfolg hatte.