Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.03.2015


BPatG 17.03.2015 - 27 W (pat) 543/14

Markenbeschwerdeverfahren – "Boxing Squad" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
17.03.2015
Aktenzeichen:
27 W (pat) 543/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 016 028.5

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht, des Richters Hermann und der Richterin Werner

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 10. Juli 2014 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Beanstandungsbescheid vom 14. Mai 2014 mit Beschluss vom 10. Juli 2014 die Registrierung der mit Antrag vom 28. Februar 2014 angemeldeten Wortmarke

2

Boxing Squad

3

u. a. für die nach Einschränkung des Warenverzeichnisses durch den Anmelder im Beschwerdeverfahren noch streitgegenständlichen Ware „Sportkleidung“ zurückgewiesen.

4

Zur Begründung ihrer Entscheidung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung sei eine gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht unterscheidungskräftige, beschreibende und freihaltebedürftige Angabe.

5

Sie setze sich zusammen aus dem auch im deutschen leicht verständlichen englischen Wörtern „Boxing“ und „Squad“, mit der deutschen Übersetzung „Boxmannschaft“, „Boxkader“, „Boxriege“ oder „Boxgruppe“. Somit weise der Gesamtbegriff auf das „Einsatzgebiet“ der angemeldeten Waren hin, nämlich den Boxsport, sowie auf die damit auszustattende Personengruppe.

6

Dies erschließe sich dem Betrachter der angemeldeten Bezeichnung unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken. In ihrer Gesamtheit vermittle der Gesamtbegriff daher keinen Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

7

Darüber hinaus könne „Boxing Squad“ zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit und der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der zurückgewiesenen Waren dienen und sei damit eine freihaltebedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Bezeichnung bestehe - wie dargelegt - aus einer klar im Vordergrund stehenden Bestimmungsangabe und sei ohne weiteres Nachdenken verständlich. Daher werde das allgemeine Publikum diesen Bedeutungsgehalt umso leichter erfassen.

8

Entgegen der Annahme des Anmelders führten vergleichbare Voreintragungen zu keiner anderen Beurteilung.

9

Der Beschluss ist am 11. Juli 2014 an den Anmelder versendet worden.

10

Mit seiner Beschwerde vom 28. Juli 2014, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 30. Juli 2014 wendet er sich gegen die Wertung in der angegriffenen Entscheidung.

11

Für die noch beanspruchten Waren stelle der Begriff „Boxing Squad“ lediglich eine vage und interpretationsbedürftige Aussage dar. Es handle es sich um eine Kombination von zwei Wörtern, die in dieser Zusammensetzung sprachunüblich sei. „SQUAD“ sei nämlich eine Abkürzung des englischen Wortes „Squadron“ mit der deutschen Übersetzung „Schwadron“. Somit handle es sich nicht um den weitgefassten Begriff „Truppe“ oder „Gruppe“, sondern um eine militärische Einheit, die je nach historischer Epoche unterschiedlich beschaffen sein könne. Diese Bedeutung liege der Benutzung im sportlichen Bereich äußerst fern. Auch sei es unüblich, Kombinationen mit fremdsprachlichen Abkürzungen zu verwenden.

12

„BOXING SQUAD“ sei zudem kein feststehender oder gebräuchlicher Begriff im Boxsport und werde in dieser Zusammensetzung weder verwendet noch benötigt, wie etwa „BOXING STABLE“ oder „BOXING TEAM“. „Boxing“ weise zahlreiche Bedeutungen auf, wie etwa „der Boxsport", „das Boxen“, „das Einpacken“, „die Kisten", „das Schrot“, „das Gleisschotterfeld", „die Umschweißung“. „BOXING SQUAD“ sei damit mehrdeutig und interpretationsbedürftig wie auch weitere für Waren der Klasse 25 zur Eintragung gelangten Marken z. B. „Boxing Connection“ oder „Boxers Friend“ zeigten.

13

Der Anmelder beantragt,

14

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Juli 2015 aufzuheben und die angemeldet Marke einzutragen.

II.

15

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG ) und hat nach Einschränkung des Warenverzeichnisses in der Sache Erfolg.

16

Entgegen der Auffassung der Markenabteilung kann der Wortfolge „Boxing Squad“ das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die verbliebenen Waren nicht abgesprochen werden, und auch ein Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht insoweit nicht.

1.

17

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer zu unterscheiden sowie deren Ursprungsidentität zu gewährleisten (st. Rspr. BGH, Beschluss v. 01.07.2010 – I ZB 35/09, GRUR 2010, 935 Rn. 8 – Die Vision).

18

Den sich daraus ergebenden markenrechtlich gebotenen Anforderungen an die Unterscheidungskraft wird „Boxing Squad“ im Kontext mit den noch beanspruchten Waren gerecht. Die Wortfolge weist für Sportkleidung keine für das inländische Publikum auf der Hand liegende Beschreibung seines Inhalts auf.

19

Maßgeblich ist die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, weil die Waren, für die die Marke hier beansprucht wird, für das allgemeine Publikum bestimmt sind (vgl. EuGH, Urteil vom 16. September 2004 - C-329/02, GRUR Int. 2005, 44 Rn. 24 - SAT 2; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 – I ZB 52/08, GRUR 2009, 952 Rn. 9 - DeutschlandCard).

20

Dieser Durchschnittsverbraucher versteht eine Mannschaftsbezeichnung vorrangig nicht als beschreibend für deren Bekleidung. Dazu würde er Bezeichnungen wie „Vereinstrikot“ erwarten. Dass Sportbekleidung für Mannschaften einheitlich gestaltet ist, erscheint selbstverständlich und wird – wenn überhaupt – nicht mit einer Mannschaftsbezeichnung beschrieben. Hinzu kommt vorliegend, dass „Squad“ keine übliche Bezeichnung für Boxteams ist.

21

Auch wenn die Bezeichnung „Boxing Squad“ in sprachüblicher Weise aus den Begriffen „Boxing“ (im weitesten Sinn für „boxen“) und „Squad“ gebildet ist, erschließt sich der Sinngehalt nicht unmittelbar. „Squad“ ist eine Abkürzung des englischen Wortes „squadron“ mit der deutschen Übersetzung „Schwadron“ und damit ausdrücklich dem militärischen Bereich zuzuordnen. Ein Verständnis von „Boxing Squad“ als „Boxmannschaft“ ist nicht üblich und kann allenfalls nach einigen Überlegungen aufkommen.

22

Belege für eine beschreibende Verwendung des Begriffs „Boxing Squad“ durch Dritte hat die Markenstelle nicht ermittelt. Die Recherchen des Senats belegen nur eine Verwendung der Wörter „Boxing“ und „Squad“ ergänzt um den Begriff „Clothing“ im Zusammenhang mit Sportbekleidung, nicht aber in der hier angemeldeten Kombination.

23

Aus den vom Senat ermittelten deutschen wie englischen Internetseiten ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Wortfolge „Boxing Squad“ – anders als ggf. „Boxteam Anzug“ oder „Boxing Clothing“ - zu einer im Inland gebräuchlichen Bezeichnung entwickelt hat.

24

In Bezug auf die beanspruchten Waren „Sportkleidung“ der Klasse 25 bleibt der Bedeutungsgehalt der Marke damit in ihrer Gesamtheit vage und unscharf.

25

Für die beanspruchten Waren besitzt die Marke daher weder einen beschreibenden Begriffsinhalt noch einen lediglich anpreisenden Charakter.

2.

26

„Boxing Squad“ ist damit auch keine beschreibende Angabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

27

Diese Vorschrift verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. Ströbele, FS für Ullmann, S. 425, 428). Dass dies nicht der Fall ist, wurde bereits oben festgestellt.

28

Aus diesen Gründen war der Beschwerde stattzugeben.