Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 12.06.2012


BPatG 12.06.2012 - 27 W (pat) 536/12

Markenbeschwerdeverfahren - "DieJugendherbergen.de (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft – keine Verkehrsdurchsetzung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
12.06.2012
Aktenzeichen:
27 W (pat) 536/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

…       

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 054 462.7

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Juni 2012 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

1

I.    

2

Die Anmeldung der farbigen Wort-/Bild-Marke (blau, orange)

Abbildung

3

für die Waren und Dienstleistungen

4

„Werbung, Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Veranstaltung von Reisen; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“

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 hat die Markenstelle mit der Begründung zurückgewiesen, die Wortelemente seien hinsichtlich der beanspruchten Waren glatt beschreibende Sachangaben zur Art bzw. sonstigen wesentlichen Eigenschaften. Das Zeichen sei nach Art einer Internetadresse gebildet. In der Gesamtheit vermittle es dem Betrachter lediglich, dass die Dienstleistungen eine Unterbringung vorwiegend jugendlichen Publikums zum Gegenstand hätten oder damit in einer Beziehung stünden und über das Internet angeboten und beworben würden. Damit seien die Wortbestandteile nicht geeignet, die betreffenden Waren und Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Die grafische Gestaltung weise in ihrer konkreten Ausgestaltung keine unterscheidungskräftigen Merkmale auf.

6

Der Anmelder hat dagegen Beschwerde erhoben und diese damit begründet, die angegriffene Entscheidung basiere hauptsächlich auf der Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 26. Januar 2009, in der die Freihaltungsbedürftigkeit des Begriffs „Jugendherberge“ festgestellt worden sei und an deren Richtigkeit nicht gezweifelt werde. Im Gegensatz hierzu stehe dieser Begriff allerdings vorliegend nicht alleine, sondern werde konkretisiert durch die weiteren Bestandteile. Zudem handle es sich um die Pluralbezeichnung.

7

Die zur Anmeldung gebrachte Wortfolge sei einmalig und diene auch als Namenskennzeichnung. Sie sei damit zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen geeignet. Die einzigartige Kombination der Wortbestandteile biete zumindest einen geringen Unterscheidungsgrad. Die einzelnen Bild- und Wortelemente seien nämlich im Gesamteindruck zu bewerten; insbesondere verbiete es sich, lediglich den Charakter der Wortelemente zu bewerten.

8

Vor diesem Hintergrund sei auch die bereits eingetragene Marke des Beschwerdeführers „Die Jugendherbergen.de in Rheinland-Pfalz und im Saarland“ zu sehen.

9

Es handle sich bei dem farbig gestalteten Schriftbild nicht lediglich um eine einfache grafische Gestaltung. Mit den zwei vorherrschenden Farben Orange und Blau weise das zur Anmeldung gebrachte Zeichen eine deutliche Unterscheidungskraft auf, die durch die Absetzung des Schriftzuges mit einem weißen Rahmen verstärkt werde. Identische Farbkombinationen von Orange- und Blautönen für andere Unternehmen existierten nicht. Der Anmelder hingegen verwende das Farb- und Graphikkonzept in sämtlichen ihm zugehörigen Betrieben, weshalb es allein aus diesem Grunde bereits schutzfähig sei.

10

Die Benutzung als Firmierung habe Auswirkung auf die Schutzfähigkeit. Die Firmierung diene der Abgrenzung zu anderen Anbietern auf dem Markt und erlaube die Zuordnung der Waren und Dienstleistungen durch die Verbraucher. Sei ein Unternehmen bereits lange unter einer bestimmten Firmierung aufgetreten, habe es eine ausgeprägte Unterscheidungskraft im Vergleich zu anderen Unternehmen erworben. Diese müsse sich auf die Schutzfähigkeit einer gleichlautenden Marke erstrecken.

11

Der Zusatz „.de“ verweise auf die Homepage des Anmelders. Diese Linkbezeichnung sei in dieser Form einmalig und stütze wiederum die erforderliche Unterscheidungskraft.

12

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

13

den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

II.

14

Nachdem der Anmelder keine mündliche Verhandlung beantragt hat und auch der Senat eine solche für entbehrlich erachtet, kann über die zulässige Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

15

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

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Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist.

17

Ausgehend hiervon besitzen Zeichen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen das angesprochene Publikum für die fraglichen Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.

18

Dass dies für „Jugendherberge“ zutrifft, hat selbst der Anmelder anerkannt. Für die Pluralform „Jugendherbergen“ gilt nichts anderes. Das Voranstellen des Artikels „Die“ führt ebenfalls nicht zu einem Verständnis als Herstellerhinweis. Auch wenn Artikel in Bezeichnungen wie „Die Ärzte“ und dergleichen eine Individualisierung bewirken, tritt dieser Effekt nicht in jeder Kombination ein (ähnlich zur Alleinstellungsbehauptung OLG München GRUR-Prax 2012, 198 - Die faire Milch). „Jugendherberge“ ist ein generischer Begriff für Übernachtungsmöglichkeiten eines bestimmen Zuschnitts. Ein vorausgestelltes „Die“ bewirkt keine Individualisierung für einen Anbieter, sondern allenfalls einen Hinweis auf „alle“ solchen Einrichtungen, wie in „Die Supermärkte bieten oft Sonderangebote“.

19

Dieses Verständnis ist gerade bei einer Internet-Adresse zu erwarten, weil auf der so aufrufbaren Homepage eben Information zu „den“ (allen) Jugendherbergen erfolgen können. Damit verliert auch das Fehlen eines Leerzeichens nach „Die“ an Eigenart, da Internetadressen keine Lücken haben, zumal das Zusammenschreiben ohnehin nur eine sehr geringe Eigenart bewirkt.

20

Die Zusammenstellung hat damit keine Eigenart, die einen markenmäßig unterscheidungskräftigen Hinweise vermitteln könnte. Dies gilt auch für die Graphik. Die in orange-blau gehaltene Farbgebung ist nicht so auffallend, wie die der Entscheidung zu „my shoes“ zu Grunde liegende (BPatG, 27 W (pat) 54/06), wo farblich und typographisch unterschiedlich gestaltete Textblöcke durch einen auffallenden Zwischenraum getrennt nebeneinander stehen. Dass der Punkt von „de“ in das n integriert ist, besitzt ebenfalls keine Unterscheidungskraft.

21

Ob auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einem Markenschutz entgegensteht, bedarf damit keiner Prüfung mehr.

22

Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG lässt der unspezifizierte Hinweis des Anmelders auf die bisherige intensive Benutzung nicht erwarten.

23

Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung. Der vorliegende Fall wirft keine grundsätzliche Rechtsfrage auf; die Entscheidung des Senats erschöpft sich vielmehr in der einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich geklärter Beurteilungsgrundsätze.