Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 14.10.2014


BPatG 14.10.2014 - 27 W (pat) 53/14

Markenbeschwerdeverfahren – "Weltpferdetag" – zur Zulässigkeit einer als Kopie ohne eigenhändige Unterschrift eingereichten Beschwerde - keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
14.10.2014
Aktenzeichen:
27 W (pat) 53/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Weltpferdetag

Eine Beschwerde ist auch als Kopie ohne eigenhändige Unterschrift (§ 10 Abs. 1 DPMAV) wirksam und fristwahrend erhoben, wenn Umstände, die außerhalb der Erklärung liegen, einen hinreichenden Anhalt dafür geben, dass eine rechtsverbindliche Erklärung abgegeben werden sollte. Das kann sich aus der in engem zeitlichen Zusammenhang veranlassten Zahlung der Beschwerdegebühr ergeben.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 027 991.0

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht sowie der Richter Hermann und Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Anmelder hat am 2. Mai 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, die Wortmarke

2

Weltpferdetag

3

für die Dienstleistungen

4

38: Telekommunikation

5

41: sportliche und kulturelle Aktivitäten

6

44: Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere

7

in das Markenregister einzutragen.

8

Die Markenstelle für Klasse 41 hat die Anmeldung nach Beanstandung durch Beschluss vom 7. Juli 2014 für die beanspruchten Dienstleistungen ausgenommen „Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“ zurückgewiesen.

9

Das angemeldete Zeichen sei im Übrigen nicht der Eintragung zugänglich, da es jeglicher Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entbehre. Sie erschöpfe sich in einer sachbezogenen Angabe und sei daher nicht geeignet, die beanspruchten Dienstleistungen nach ihrer betrieblichen Herkunft zu unterscheiden.

10

Der Begriff "Weltpferdetag" werde nämlich unmittelbar dahingehend verstanden, dass die beanspruchten Dienstleistungen mit einer eintägigen Veranstaltung zu Themen rund um das Pferd zu tun hätten; insbesondere beschreibe der Begriff auch Merkmale eines IT-Portals.

11

Das Zeichen sei sprachüblich gebildet und entspreche verschiedenen analog gebildeten Begriffen wie etwa „Welt-Alzheimertag“, „Welt-Aidstag“ oder "Sächsisch/Thüringer Pferdetag“. Ob der Begriff lexikalisch nachweisbar ist oder häufig verwendet wird, sei unerheblich.

12

Ob auch das Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, könne dahingestellt bleiben.

13

Gegen den am 11. Juli 2004 mit Einschreiben versendeten Beschluss wendet sich der Anmelder mit am 6. August 2014 in Kopie eingegangenem Beschwerdeschreiben, das er am 24. September 2014 im Original nachgereicht hat.

14

Die Zurückweisung beziehe sich nach dem angegriffenen Beschluss ausschließlich auf „Dienstleistungen“. „Waren“ der Klassen 38, 41 und 44 seien dagegen nicht Gegenstand der Zurückweisung. Ihre Eintragung sei daher aus Sicht des Anmelders keinen Bedenken ausgesetzt.

15

Die Bezugnahme der Markenstelle auf das mutmaßliche Verständnis des Zeichens durch das allgemeine Publikum sei subjektiver Natur und daher nicht tragfähig. Eine ungerechtfertigte Monopolisierung des angemeldeten Zeichens sei schon deswegen nicht zu besorgen, da bisher niemand gewesen sei, selbst das Wort „Weltpferdetag“ als Marke anzumelden.

16

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

17

den angegriffenen Beschluss aufzuheben.

II.

18

Über die Beschwerde kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war weder beantragt noch aus Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 MarkenG.

19

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig. Eine wirksame und fristwahrende Beschwerdeerhebung setzt zwar grundsätzlich eine schriftliche, also eigenhändig unterschriebene Erklärung voraus (vgl. § 10 Abs. 1 DPMAV). Das Einreichen einer bloßen Kopie einer Erklärung genügt regelmäßig nicht, weil zweifelhaft sein kann, ob der Berechtigte das Schriftstück als verbindliche Erklärung an den Empfänger gerichtet hat oder eine bindende Äußerung noch nicht oder nicht mehr gewollt war (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 42 Rn. 35). Jedenfalls für Erklärungen durch Beteiligte, die nicht durch einen Rechts- oder Patentanwalt vertreten sind, können zu ihrer Auslegung aber auch Umstände herangezogen werden, die außerhalb der Erklärung liegen (vgl. LG Heidelberg NJW-RR 1987,1213; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 15. Aufl., S. 336). Ein hinreichender Anhalt dafür, dass der Anmelder durch sein Schreiben vom 4. August 2014 eine rechtsverbindliche Erklärung abgeben wollte, ergibt sich vorliegend aus der in engem zeitlichen Zusammenhang veranlassten Zahlung der Beschwerdegebühr vom 5. August 2014.

20

Die Beschwerde hat indessen in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht festgestellt, dass das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft der Eintragung des angemeldeten Zeichens „Weltpferdetag“ im Umfang der streitbefangenen Dienstleistungen entgegensteht, s. § 37 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

21

„Waren“, die nach der maßgebenden Klasseneinteilung (vgl. § 19 DPMAV) den Klassen 1 – 34 unterfallen, sind nicht Gegenstand der Anmeldung und daher auch nicht Gegenstand des angegriffenen Beschlusses. Dass die Markenstelle den Rechtsbegriff der Unterscheidungskraft unter der Bezugnahme auf Waren und Dienstleistungen bestimmt hat, beruht darauf, dass auf abstrakt-begrifflicher Ebene nicht zwischen Waren- und Dienstleistungsmarken unterschieden zu werden braucht (s. den Wortlaut von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

22

Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende Eignung, von den angesprochenen Verkehrskreisen als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet. Sie richtet sich nach der Anschauung der beteiligten Verkehrskreise. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines - gedachten - normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (vgl. BGH GRUR 2009, 411 Rn. 8 – STREETBALL; GRUR 2014, 569 Rn. 11 - HOT), die, da es sich um eine Rechtsfrage handelt, in der Regel auf der Grundlage allgemeiner Erfahrungssätze und allgemeinkundiger Tatsachen zu bestimmen ist. Weitere Ermittlungen, insbesondere Verkehrsbefragungen sind nicht veranlasst (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 631 Rn. 44 - Tablettenform; BGH GRUR 1976, 587, 588 - Happy; BPatG GRUR 1996, 489, 490 - Hautactiv).

23

Bei unmittelbar und ohne Unklarheit verständlichen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass die Verkehrskreise sie als Unterscheidungsmittel verstehen. Nicht ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang, ob ein Markenwort lexikalisch belegbar ist oder nachweislich verwendet wird. Auch noch nicht verwendeten oder neuen Begriffen kann die Unterscheidungskraft fehlen, weil das Publikum an Wortneubildungen, die einen leistungsbezogenen Zusammenhang einprägsam wiedergeben, gewöhnt ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8 Rn. 107 f.).

24

Zu Recht hat die Markenstelle angenommen, dass der Ausdruck „Weltpferdetag“ von den - im Hinblick auf die hier beanspruchten Dienstleistungen angesprochenen - allgemeinen Verkehrskreisen ohne weiteres in der Bedeutung eines Tags, der in weiten Teilen der Welt Pferden gewidmet ist, verstanden wird. In diesem Wortsinn verweist das angemeldete Zeichen im Zusammenhang der Dienstleistungen „sportliche und kulturelle Aktivitäten“ und „Gesundheit- und Schönheitspflege für Tiere“ auf den Zweck oder jedenfalls Anlass und damit schlagwortartig den Inhalt bzw. Kontext der Veranstaltung. Bezogen auf die Dienstleistung „Telekommunikation“ kann der Begriff das Thema von redaktionellen oder Foreninhalten angeben.

25

Die genannte Wortbedeutung ergibt sich aus der allgemeinen Kenntnis sog. Welttage, die als offizielle Welttage von der UN bzw. Unterorganisationen (siehe die Übersicht wikipedia Liste von Gedenk- und Aktionstagen) oder als sonstige Welttage von anderen Organisationen wie auch im ideellen oder kommerziellen Interesse von beliebigen Dritten ausgerufen werden (vgl. etwa den im Amtsverfahren erwähnten „Weltfischbrötchentag“; allgemein vgl. Duden online „Welttag“). Insbesondere wird in diesem Zusammenhang auch bestimmter Tierarten gedacht, etwa der „Weltkatzentag“ (8. August) oder der „Welthundetag“ (10. Oktober). Der Zeichenaufbau derartiger Aktionstage entspricht dem des angemeldeten Zeichens. Die Bestimmung eines „Weltpferdetags“ ist auf dieser Grundlage zumal angesichts der weltweiten Popularität von Pferden nahe liegend. Darüber hinaus unterstützt die ausgeprägte Gewöhnung des Publikums an eine Vielzahl anderer, insbesondere regionaler Ehrentage das genannte Begriffsverständnis, wobei auf die durch die Markenstelle zitierten Veranstaltungen mit Bezug zu Pferden Bezug genommen werden kann.

26

Für das Verständnis des angemeldeten Zeichens in diesem Sinn kommt es nicht darauf an, ob ein „Weltpferdetag“ bereits proklamiert oder sogar gepflegt wird. Selbst wenn das Publikum annehmen würde, dass der Begriff auf den Anmelder zurückgeht, würde es dem Ausdruck aufgrund seines durch Gewöhnung an Welttage geprägten Verständnishorizonts nur sachliche Bedeutung beilegen, wenn auch möglicherweise Zweifel an der weltweiten Akzeptanz des Tages bestünden.

27

Unerheblich ist auch, ob der Anmelder die Idee entwickelt hat, einen „Weltpferdetag“ auszurufen. Ein Markenrecht dient nicht dem Schutz neuer Produktmerkmale oder neuer Werbekonzepte, sondern soll Marktteilnehmer in die Lage versetzen, den eigenen Waren und Dienstleistungen gegenüber denen anderer Anbieter Unterscheidbarkeit zu verleihen. Nur soweit ein Zeichen diese Funktion wahrnehmen kann, ist ein Zeichen der Monopolisierung zugunsten eines Anbieters zugänglich. Erfüllt ein Zeichen diese Funktion nicht, steht Markenschutz nicht zur Verfügung und brauchen Dritte sich nicht auf das Prioritätsprinzip verweisen zu lassen.

28

Ob zudem das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG der Eintragung entgegensteht, wofür deutliche Anhaltspunkte bestehen, kann dahin gestellt bleiben.

29

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.