Entscheidungsdatum: 08.04.2014
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 011 853.7
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. April 2014 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Hermann und Richter k.A. Schmid
beschlossen:
I. Der Beschluss der Markenstelle vom 23. Januar 2014 wird aufgehoben.
II. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen.
I.
Die Anmeldung der Wortmarke
Schloss Neubeuern
für die Dienstleistungen
35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;41: Ausbildung; Erziehung und Unterricht; Betrieb eines Internats; Durchführung von Schülerferienkursen; Durchführung von Nachhilfekursen; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Unterricht, Seminaren, Workshops und Symposien;43: Dienstleistung zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Zurverfügungstellung von Übernachtungsmöglichkeiten; Anbieten von Verpflegung; Hotelbetrieb
hat die Markenstelle mit Beschluss vom 23. Januar 2014 zurückgewiesen. Das hat sie damit begründet, „Schloss Neubeuern“ sei eine sprachübliche Wortkombination. Das Schloss Neubeuern sei eine Schlossanlage, in der heute ein Gymnasium mit Internat und Tagesschule untergebracht sei. „Schloss Neubeuern“ sei eine rein beschreibende geographischer Herkunftsangabe. Schlossanlagen dienten vielfältigen Zwecken. Entsprechend seien „Burg Lissingen“ und „Leuchtenburg“ nicht eingetragen worden.
Beim Schloss Neubeuern hätten sich die Eigentumsverhältnisse im Lauf der Zeit vielfach geändert.
Die Anmelderin hat dagegen am 21. Februar 2014 Beschwerde eingelegt. Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die streitgegenständlichen Dienstleistungen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 MarkenG entgegen.
„Schloss Neubeuern“ ist keine im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschreibende Angabe, sondern die Bezeichnung eines Gebäudes bzw. Geländes, das vielleicht tatsächlich, aber nicht zwingend allgemein zugänglich ist, wie etwa ein nach Straßen und Wegerecht gewidmeter Platz. Das Publikum wird deshalb in „Schloss Neubeuern“ einen betrieblichen Herkunftshinweis sehen (vgl. BPatG, Beschl. v. 15. Juli 2008, 33 W (pat) 91/06, BeckRS 2008, 17248 - Gut Darß). Die von der Markenstelle herangezogene sprachübliche Kombination zweier Wörter ändert daran nichts. So hat das Bundespatentgericht bei Sportstätten für Namen wie „Bodensee-Arena“ angenommen, dass sie trotz örtlicher Bezüge auf einen bestimmten Anbieter hinweisen (BPatG BeckRS 2009, 26912).
Das gilt auch hier für alle beanspruchten Dienstleistungen, da sich diese auf Angebote beziehen, die im Schloss Neubeuern stattfinden (können). Etablissementbezeichnungen, die für das Etablissement selbst unterscheidungskräftig sowie nicht beschreibend sind, sind ebenso für Dienstleistungen um Veranstaltungen, die dort nur im Einverständnis mit dem Betreiber, wer immer das im Zeitpunkt der Anmeldung oder später sein mag, stattfinden können, unterscheidungskräftig (BPatG Beschl. v. 13. Juli 2010, 27 W (pat) 85/10 - Konstanzer Konzilgespräch). Das Publikum ist daran gewöhnt, Gebäude-Bezeichnungen, die keinen allgemein öffentlichen Bereich umfassen, einen Herkunftshinweis für die dort hergestellten bzw. angebotenen Waren und Dienstleistungen zu entnehmen.
Schon in seinem Beschluss vom 20. März 1996, 26 W (pat) 102/93, hat der 26. Senat bei der Verneinung einer Täuschung, wie auch im Beschluss vom 7. November 1990, 26 W (pat) 288/87 – Schloss Caestrich, darauf abgestellt, nächstliegend sei vielmehr die Annahme, „Schloss Saarfels“ sei der Name des abgebildeten Gebäudes.
Da es sich bei „Schloss Saarfels“ nicht um eine lediglich fiktive „Schloss“-Bezeichnung handle, könne kaum angenommen werden, dass sich die Schloss-Bezeichnung nicht als Marke des Kellerbetriebs darstelle. Als Wortmarke genieße die Bezeichnung „Schloss Saarfels“ im Übrigen unter der Nr. 683 124 bereits seit 1955 unangefochten Schutz. Auch im Beschluss vom 20. März 1996, 26 W (pat) 222/93 – Schloss Lieser hat der 26. Senat so entschieden.
Der 33. Senat hat in seiner Entscheidung vom 28. April 2009, 33 W (pat) 83/07, darauf abgestellt, dass das Schloss Freudenstein nicht als Produktionsort in Betracht kam. Er hat dabei ausgeschlossen, dass es sich bei dem Schloss um ein Areal handelt, auf dem sich diverse Betriebe ansiedeln können, und von daher darauf geschlossen, dass die Marke entweder als Produktname des Schlossherrn bzw. seines Mieters, Pächters sowie Lizenznehmers oder aber einfach als Fantasiebezeichnung wirke.
Entsprechendes gilt vorliegend für „Schloss Neubeuern“.
Nach der Entscheidung des BGH (GRUR 2012, 380) zu „Neuschwanstein“ fehlt den Namen von Sehenswürdigkeiten nur für hier nicht streitgegenständliche Waren, die typischerweise als Reiseandenken und zur Deckung des Bedarfs der Touristen an Speisen, Getränken und sonstigen Artikeln im Umfeld touristischer Sehenswürdigkeiten vertrieben werden, die Unterscheidungskraft. Im Übrigen aber führt allein der Umstand, dass Dienstleistungen im Umfeld des Schlosses an Touristen erbracht werden können, nicht zum Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft.
Zwar können freihaltungsbedürftige Ortangaben auch Namen von Gebäudekomplexen mit umgebendem Areal sein. So galt „Dortmunder U“ als Bezeichnung für ein im Umbruch befindliches Gelände als Ortsangabe (BPatG GRUR 2012, 838, ähnlich BPatG Beschl. v. 04.05.2010, 24 W (pat) 76/08 - Speicherstadt), weil es als Herstellungs- und Vertriebsstätte von Waren sowie als Ort der Erbringung von Dienstleistungen in Betracht kam. Für das Industriegebäude Weltkulturerbe Zollverein hat der 32. Senat (Beschl. v. 24. November 2004, 32 W (pat) 19/03) dagegen angenommen, das Publikum werde nicht davon ausgehen, es hätten sich dort unterschiedliche Betriebe angesiedelt. So ist dies auch beim Schloss Neubeuern, für das nur feststellbar ist, dass es als Schule genutzt wird. Offene Entwicklungsmöglichkeiten sind dagegen nicht erkennbar. Mehrfache Wechsel im Eigentum, worauf die Markenstelle abgestellt hat, stehen solchen Entwicklungsmöglichkeiten ebenso wie damit verbundene mögliche Nutzungsänderungen nicht gleich.
Auch bei bekanntem Kulturgut ist allein zu fragen, ob dessen Bezeichnung üblich ist oder als beschreibender Hinweis wirkt (BGH a.a.O. – Neuschwanstein). Schon die Entscheidung zu „Annette von Droste zu Hülshoff Stiftung“ (BPatG BeckRS 2013, 14112) weicht von der überholten Rechtsprechung zu kulturellem Erbe, wie Leonardo da Vinci (BPatG MarkenR 2008, 33), ausdrücklich ab.
Die Verbraucher erwarten bei Baudenkmälern sogar eine geschäftliche Nutzung. Und nehmen den Namen bei entsprechender Benutzung als unterscheidungskräftigen Herkunftshinweis, Ein Kulturdenkmal der hier in Rede stehenden Größenordnung kann ein privater Eigentümer nämlich regelmäßig nicht ohne eine angemessene geschäftliche Nutzung erhalten (BGH GRUR 2012, 534 Rn. 29 - Landgut Borsig; BPatG BeckRS 2012, 17027 - Domfront).
Die Beschwerdegebühr ist zu erstatten (§ 71 Abs. 3 MarkenG), da sich die Markenstelle mit der ihrer Entscheidung entgegenstehenden Rechtsprechung nicht einmal auseinandergesetzt hat, etwa um eine erneute Überprüfung zu ermöglichen, sondern lediglich zwei entgegenstehende Entscheidungen aus den Jahren 2009, also vor der BGH-Entscheidung zu Neuschwanstein, herangezogen hat.