Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.06.2011


BPatG 09.06.2011 - 27 W (pat) 516/11

Markenbeschwerdeverfahren – "BILD-OSGAR" – zu den Grundsätzen der Zulässigkeit einer Beschwerde gegen einen Amtsbescheid des DPMA – zur Beschwerdeberechtigung im Eintragungsverfahren


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
09.06.2011
Aktenzeichen:
27 W (pat) 516/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 028 264.9

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin am Landgericht Werner

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Antragstellerin wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Der Hilfsantrag auf Aussetzung des Eintragungsverfahrens wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin hat am 10. Mai 2010 die Wortmarke

2

BILD-OSGAR

3

für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35, 38 und 43 angemeldet.

4

Nachdem der Antragstellerin Akteneinsicht in die Amtsakte 30 2010 028 264.9 gewährt worden war, hat sie mit Schriftsatz vom 25. November 2010 beantragt, die Marke nicht in das Register einzutragen, hilfsweise das Eintragungsverfahren bis zur Beendigung eines beim Landgericht Berlin anhängigen Verfahrens auszusetzen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Anmelderin sei bei der Anmeldung bösgläubig gewesen, so dass das angemeldete Zeichen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sei.

5

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. Januar 2011 darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung der Anmeldung gemäß § 37 Abs. 3 MarkenG nur dann wegen Bösgläubigkeit erfolgen könne, wenn die Bösgläubigkeit ersichtlich sei. Eine ersichtliche Bösgläubigkeit liege nicht vor. Die Antragstellerin wurde auf die Möglichkeiten eines Widerspruchsverfahrens und eines Löschungsverfahrens verwiesen.

6

Die Antragstellerin hat gegen das Schreiben der Markenstelle vom 14. Januar 2011 mit Schriftsatz vom 31. Januar 2011 Beschwerde eingelegt und beantragt,

7

die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Januar 2011 aufzuheben sowie die angemeldete Marke 30 2010 028 264.9 nicht einzutragen,

8

hilfsweise das Eintragungsverfahren auszusetzen, bis das Klageverfahren der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin vor dem Landgericht Berlin (Az. 18 O 168/10) beendet sei.

9

Sie führt dazu aus, die Beschwerde sei zulässig, weil es sich bei dem Schreiben des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Januar 2011 um eine abschließende Entscheidung i. S. d. § 66 Satz 1 MarkenG handle. Es sei der Antrag auf Zurückweisung der Anmeldung wegen Bösgläubigkeit zurückgewiesen worden. Die Antragstellerin sei auch Beteiligte i. S. d. § 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da das bösgläubige Vorgehen der Anmelderin vor allem zu ihren Lasten gehe.

10

Entgegen der Auffassung der Markenstelle ergebe sich aus dem Antrag vom 25. November 2010 und den mit diesem Antrag vorgelegten Unterlagen ersichtlich eine Bösgläubigkeit der Anmelderin.

11

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

12

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

13

Sie ist der Ansicht, es fehle an einer beschwerdefähigen Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts. Da die Beschwerde von vornherein keinerlei Aussicht auf Erfolg gehabt habe, seien der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

II.

14

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Amtsbescheid des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Januar 2011 ist nicht zulässig.

15

1. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde ist es, dass es sich bei dem Bescheid vom 14. Januar 2011 um eine mit der Beschwerde angreifbare Entscheidung i. S. d. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG handelt und die Antragstellerin durch diese Entscheidung als Beteiligte des Anmeldeverfahrens beschwert wäre (§ 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).

16

Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG findet die Beschwerde gegen Beschlüsse der Markenstelle und der Markenabteilung statt, soweit gegen sie nicht die Erinnerung gegeben ist. Beschlüsse sind alle abschließenden Entscheidungen der Markenstellen und -abteilungen, die Rechte von Verfahrensbeteiligten berühren können. Hierbei ist der Begriff "Beschluss" nicht formell, sondern materiell zu verstehen. Somit kommt es nur darauf an, ob durch die Äußerung des Deutschen Patent- und Markenamts eine Entscheidung im Sinn einer abschließenden Entscheidung getroffen wird; bloße Hinweise ohne verfahrensbeendenden Charakter sind dagegen nicht beschwerdefähig. Anfechtbar können nur abschließende Feststellungen über den Eintritt oder Nichteintritt bestimmter Rechtsfolgen sein. Maßgeblich ist hierbei, ob die Rechtsfolge unmittelbar von Gesetzes wegen und ohne weiteres Zutun des Deutschen Patent- und Markenamts eintritt (was keine Beschwerde gegen die entsprechende Mitteilung eröffnet) oder ob hierfür eine zusätzliche zielgerichtete behördliche Handlung erforderlich ist (die dann mit der Beschwerde anfechtbar ist; vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 66 Rn. 3).

17

Beschwerdeberechtigt sind gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG nur die an dem Verfahren vor dem Patentamt Beteiligten. Die Vorschrift des § 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG ist eng auszulegen und setzt die förmliche Beteiligung am Hauptverfahren voraus. Beteiligte am Verfahren vor dem Patentamt sind der Anmelder im Verfahren bis zur Eintragung, der Inhaber der angegriffenen Marke und der Widersprechende im Widerspruchsverfahren und der Löschungsantragsteller und der Inhaber der angegriffenen Marke als Löschungsantragsgegner im Löschungsverfahren (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 66 Rn. 17).

18

Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Amtsbescheid vom 14. Januar 2011 nicht um eine beschwerdefähige Entscheidung i S. d. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, gegen die die Antragstellerin gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG berechtigt sein könnte, Beschwerde einzulegen.

19

a) Die im Amtsbescheid vom 14. Januar 2011 enthaltene Mitteilung ist keine "Entscheidung" im Sinn einer abschließenden Regelung. Es handelt sich dabei lediglich um eine bloße Mitteilung bzw. Benachrichtigung ohne verfahrensbeendenden Charakter. Dass eine Anmeldung gemäß § 37 Abs. 3 MarkenG nur bei ersichtlicher Bösgläubigkeit zurückzuweisen ist, stellt eine unmittelbar kraft Gesetzes eingetretene Rechtsfolge dar, die ohne weiteres Zutun des Deutschen Patent- und Markenamts eintritt.

20

Nicht zu beanstanden ist, dass die Markenstelle eine ersichtliche Bösgläubigkeit verneint hat. Zu Recht hat die Markenstelle in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Feststellung einer Bösgläubigkeit weitere Ermittlungen der Markenstelle erfordern würde, was der Annahme einer ersichtlichen Bösgläubigkeit entgegenstünde.

21

b) Die Beschwerde ist schließlich auch wegen der fehlenden Beschwerdeberechtigung der Antragstellerin nicht zulässig. Die Antragstellerin ist nämlich nicht Beteiligte am Eintragungsverfahren der Marke 30 2010 028 264.9. Beteiligte an dem Eintragungsverfahren ist nur die Antragsgegnerin als Anmelderin der Marke.

22

Dass die Antragstellerin als Inhaberin von anderen Marken durch eine Eintragung der Marke 30 2010 028 264.9 betroffen wäre, macht sie nicht zu einer Beteiligten am Eintragungsverfahren. Gegen eine etwaige Eintragung der Marke kann sie sich als Widersprechende in einem Widerspruchsverfahren oder als Löschungsantragstellerin in einem Löschungsverfahren wenden.

23

2. Der von der Antragstellerin hilfsweise gestellte Antrag auf Aussetzung des Eintragungsverfahrens ist zurückzuweisen, weil es keinen Grund für eine Aussetzung gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO gibt. Das zwischen den Parteien beim Landgericht Berlin anhängige Verletzungsverfahren ist jedenfalls für die mangelnde Beschwerdeberechtigung nicht vorgreiflich. Ob es eine bösgläubige Anmeldung ersichtlich machen könnte, kann dahingestellt bleiben.

24

3. Da die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren allein durch die unzulässige Beschwerde veranlasst war, entspricht es der Billigkeit, abweichend vom Grundsatz, dass die Beteiligten an einem Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG), der Antragstellerin nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG die Verfahrenskosten, einschließlich der der Antragsgegnerin erwachsenen notwendigen Kosten aufzuerlegen. Die dafür maßgebliche Sorgfaltspflichtsverletzung ergibt sich aus den vorstehend genannten Gesichtspunkten der unzulässigen Beschwerdeeinlegung, die von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte.