Entscheidungsdatum: 11.04.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2012 057 756
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2016 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Hermann und die Richterin kraft Auftrags Seyfarth
beschlossen:
1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 35, vom 6. August 2014 wird aufgehoben.
2. Die Löschung der Marke 30 2012 057 756 wird angeordnet.
I.
Die Wortmarke 30 2012 057 756
Hotel O2
ist am 2. November 2012 angemeldet und am 4. April 2013 unter der Nummer 30 2012 057 756 für die Dienstleistungen
Klasse 35: Werbung
Klasse 39: Veranstaltung von Reisen
Klasse 41: Sportliche und kulturelle Aktivitäten
als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 10. Mai 2013.
Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Widersprechende am 31. Juli 2013 aus zwei prioritätsälteren Marken Widerspruch erhoben, und zwar
1. aus der am 3. September 2010 angemeldeten prioritätsälteren Unionsmarke EM 009 352 337
„ 02 “
eingetragen am 18. Februar 2011 unter anderem für die Dienstleistungen
Klasse 35: Werbung
Klasse 39: Veranstaltung von Reisen
Klasse 41: Sportliche und kulturelle Aktivitäten
und
2. aus der am 28. Juli 2010 angemeldeten prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke EM 009 279 456
„ O2 “
eingetragen am 20. Dezember 2013 unter anderem für die Dienstleistungen
Klasse 35: Werbung
Klasse 39: Veranstaltung von Reisen.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 35, hat die Widersprüche mit Beschluss vom 6. August 2014, zugestellt am 12. August 2014, gemäß §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 2, 125b Nr. 1 MarkenG mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.
Zur Begründung wird ausgeführt, in den Kassen 35, 39 und 41 stünden sich identische Dienstleistungen gegenüber. Die von der Widersprechenden geltend gemachte erhöhte Kennzeichnungskraft könne unbestritten für den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen sowie für angrenzende Bereiche, wie diesbezügliche Beratungs- und Informationsdienste, elektronische Geräte und Software angenommen werden. Sie strahle jedoch nicht auf die in Rede stehenden Dienstleistungen im Bereich der Werbung, Reiseveranstaltungen und sportlichen sowie kulturellen Aktivitäten aus. Für diese sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen. Gemessen an diesen Maßstäben seien die an den Zeichenabstand zu stellenden Anforderungen eingehalten, so dass eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden könne. In ihrer Gesamtheit unterschieden sich die Widerspruchsmarken „O2“ und „Hotel O2“ klanglich, schriftbildlich und begrifflich ausreichend voneinander. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um einen sinnvollen und leicht erfassbaren Gesamtbegriff, der nicht von „O2“ geprägt werde. „O2“ nehme auch keine selbständige kennzeichnende Stellung ein, da es sich weder um einen Stammbestandteil noch um ein Unternehmenskennzeichen handele.
Hiergegen richtet sich die am 10. September 2014 erhobene Beschwerde der Widersprechenden.
Zur Begründung führt sie aus, die Marke „Hotel O2“ werde durch den Bestandteil „O2“ geprägt, zumindest habe dieser eine selbständig kennzeichnende Stellung und erscheine wie eine Marke in der Marke. Die betreffenden Dienstleistungen seien im Wesentlichen an den Durchschnittsverbraucher und Verbraucher ohne Fachkenntnisse im wissenschaftlichen Bereich gerichtet. „Hotel“ sei ein übliches, dem angesprochenen Verkehr im Sinngehalt bekanntes Wort, welches in Bezug auf die betreffenden Dienstleistungen beschreibend sei. „O2“ dagegen sei eine unübliche Buchstaben-Zahlenkombination ohne klare Bedeutung. Der Verkehr habe daher keine Veranlassung die Marke als Gesamtbegriff wahrzunehmen, sondern messe dem Bestandteil „O2“ eine prägende Rolle bei und verkürze die Hotelbezeichnung auf ihren unterscheidungskräftigen Teil. Zumindest habe der Bestandteil „O2“ eine selbständig kennzeichnende Funktion. Diese werde dadurch verstärkt, dass der Marke „O2“ aufgrund ihres extrem hohen Bekanntheitsgrades im Telekommunikationsbereich eine erhöhte Kennzeichnungskraft zukomme. Nach ständiger Rechtsprechung strahle die erhöhte Kennzeichnungskraft einer Marke auch auf benachbarte bzw. verwandte Gebiete aus. Dies sei, anders als die Markenstelle angenommen habe, auch bezüglich der in Rede stehenden Dienstleistungen auf dem Gebiet des Unterhaltungs- und Veranstaltungssektors der Fall. Da die Widersprechende mit der Marke „O2“ regelmäßig als Sponsor und Vermittler im Bereich des Sports, der Kultur und der Unterhaltung auftrete, werde der Bestandteil „O2“ immer als Marke der Widersprechenden erkannt. Die gesteigerte Kennzeichnungskraft der übernommenen Marke spreche für die selbständig kennzeichnende Funktion dieses Zeichens im angegriffenen Kombinationszeichen. Aus diesen Gründen sei eine hochgradige Ähnlichkeit der Marken zu bejahen, was unter Berücksichtigung der Dienstleistungsidentität zu einer Verwechslungsgefahr führe.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 35, aufzuheben und die Marke Nr. 30 2012 057 756 Hotel O2 zu löschen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner trägt vor, er betreibe unter der Marke „Hotel O2“ ein Hotel in der Türkei. Bereits 1999 habe er zusammen mit seinen Geschwistern den Namen „Hotel O2“ kreiert. Seit dem Jahr 2000 werde dieser Name für den Betrieb des Hotels verwendet. Das Hotel habe überwiegend deutsche Gäste und sei auch durch die Bewerbung in deutschen Zeitschriften unter diesem Namen in Deutschland bekannt. Mit der Bezeichnung „Hotel O2“ werde ausgedrückt, dass das Hotel in einer sauerstoffreichen, gesunden und atmungsaktiven Gegend liege. „O2“ kennzeichne das Element Sauerstoff mit dem chemischen Elementesymbol und der Ordnungszahl 2 im chemischen Periodensystem und stelle daher eine beschreibende Angabe dar. Dieses Verständnis stehe beim Verbraucher im Vordergrund, bevor es zu einer nachrangigen Assoziation mit der Marke der Beschwerdeführerin kommen könne. Die Verbindung mit dem Wort „Hotel“ wecke beim Verbraucher eher diese Assoziation zu den Dienstleistungen, die unter dem Markennamen „Hotel O2“ erbracht werden. Da der Marke ein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden könne, weise sie einen hinreichenden Unterschied zu der Marke der Widerspruchsführerin auf. Der Verbraucher werde daher keine Verbindung zu der Marke der Widersprechenden herstellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat auch in der Sache Erfolg.
1. Widerspruch aus der Unionsmarke EM 009 279 456 „O2“
Zwischen der angegriffenen Marke 30 2012 057 756 und der Unionsmarke EM 009 279 456 besteht die Gefahr von Verwechslungen, so dass der angefochtene Beschluss des DPMA aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war (§§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1, 125b Nr. 1 MarkenG).
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2013, 923 (Nr. 34) – Specsavers-Gruppe/Asda; GRUR 2010, 1098 (Nr. 44) - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, (Nr. 32) - BARBARA BECKER; BGH GRUR 2015, 176, (Nr. 9) – ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488(Nr. 9) – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2013, 833 (Nr. 3) - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 64 (Nr. 9) – Maalox/Melox-GRY). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren und/oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2015, 176 (Nr. 9) – ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488 (Nr. 9) – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2014, 382 (Nr. 14) – REAL-Chips).
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. BGH GRUR 2014, 382 (Nr. 14) - REAL-Chips; GRUR 2013, 833(Nr. 30) - Culinaria/Villa Culinaria). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, (Nr. 19) - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, (Nr. 28) - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2015, 1009, (Nr. 24) - BMW-Emblem; GRUR 2010, 235 (Nr. 15) - AIDA/AIDU). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Wahrnehmungsrichtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2015, 1009, (Nr. 24) - BMW-Emblem; GRUR 2014, 382, (Nr. 25) - REAL-Chips; GRUR 2010, 235, (Nr. 18) - AIDA/AIDU; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 9 Rdnr. 254 m. w. N.).
Bei der Prüfung der Dienstleistungsähnlichkeit ist von der Registerlage auszugehen, weil Benutzungsfragen vom Inhaber der angegriffenen Marke nicht aufgeworfen wurden.
Zudem sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren oder Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (vgl BGH GRUR 2016, 382-386 (Nr.21) – BioGourmet m. w. N.). Angesichts der fehlenden Körperlichkeit von Dienstleistungen ist für die Beurteilung ihrer Ähnlichkeit in erster Linie Art und Zweck, also der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistungen sowie die Vorstellung des Verkehrs maßgeblich, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortlichkeit erbracht werden (BGH a. a. O. - BioGourmet; GRUR 2002, 544, 546 - BANK 24; GRUR 2001, 164, 165 - Wintergarten). Von einer Unähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen kann nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Zeichen die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstandes der Waren oder Dienstleistungen von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH GRUR 2014, 378 (Nr. 38) - OTTO CAP GRUR 2008, 719 (Nr. 29) - idw Informationsdienst Wissenschaft).
In Anwendung dieser Grundsätze besteht zwischen den Vergleichsdienstleistungen Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit.
Die von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen „Werbung“ und „Veranstaltung von Reisen“ sind identisch in dem Dienstleistungsverzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten. Zwischen der Dienstleistung „Sportliche und kulturelle Aktivitäten“ der jüngeren Marke und der Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“ besteht hochgradige Ähnlichkeit, da Reiseveranstalter auch kulturelle Veranstaltungen wie Ausstellungen, Konzerte, Theateraufführungen oder sportliche Veranstaltungen organisieren bzw. Reisen zu solchen Veranstaltungen anbieten. Der Verkehr nimmt daher bei (vermeintlich) gleicher Kennzeichnung an, die Dienstleistungen würden unter der Verantwortlichkeit eines Unternehmens erbracht.
Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es auf die Auffassung des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der in Rede stehenden Dienstleistungen an (BGH, GRUR 2013, 631, Leitsatz 1 - AMARULA/Marulablu). Mit den beanspruchten Dienstleistungen wird das breite Publikum angesprochen, d. h. der allgemeine, angemessen informierte und durchschnittlich aufmerksame Durchschnittsverbraucher, wobei von einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad auszugehen ist.
Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „O2“ ist für die in Betracht kommenden Dienstleistungen durchschnittlich. Die Bezeichnung „O2“ hat in Bezug auf die hier relevanten Dienstleistungen „Werbung“ und „Veranstaltung von Reisen“ keinen beschreibenden Begriffsinhalt. Zum einen haben die von einem Hotel angebotenen Dienstleistungen „Beherbergung und Verpflegung“ keinen Bezug zu „Sauerstoff“. Zum anderen ist, anders als die Beschwerdegegnerin vorträgt, in Zusammenhang mit den in Rede stehenden Dienstleistungen nicht zu erwarten, dass wesentliche Teile des angesprochenen Verkehrs „O2“ mit der nicht tiefer gestellten Ziffer „2“ als Hinweis auf das Element „Sauerstoff“ erfassen werden. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte gesteigerte Kennzeichnungskraft ist für den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen gerichtsbekannt. Bei dem Zeichen „O2“ handelt sich um eine seit langem bekannte und präsente Marke. Eine Ausstrahlung dieser gesteigerten Kennzeichnungskraft auch auf die darüber hinaus von der Beschwerdeführerin beanspruchten Dienstleistungen „Werbung“ und „Veranstaltung von Reisen“ könnte man in Erwägung ziehen, da die Marke auch für das Sponsoring von Veranstaltungen und als Werbung für Veranstaltungen benutzt wird und in diesen Zusammenhängen, wie die Widersprechende dargelegt hat, auch als Marke bekannt ist (vgl. BPatG 32 W (pat) 382/02 volvisti/VOLVO/VOLVO FOR LIFE).
Letztlich kommt es auf diese Frage jedoch nicht entscheidungserheblich an, da auch unter Zugrundelegung einer „nur“ durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die in Rede stehenden Dienstleistungen sowie angesichts der Dienstleistungsidentität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken besteht.
Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit sind die sich gegenüber stehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen (BGH GRUR 2013, 833 (Nr. 45) – Culinaria/Villa Culinaria). Das schließt nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines komplexen Zeichens für den durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005, 1042 (Nr. 28 f.) - THOMSON LIFE; BGH a. a. O. - Culinaria/Villa Culinaria).
In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Marken „O2“ und „Hotel O2“ zwar durch den Bestandteil „Hotel“ ausreichend voneinander. Jedoch wird der Gesamteindruck der Marke „Hotel O2“ durch den Bestandteil „O2“ geprägt. Eine Prägung des Gesamteindrucks durch einen einzelnen Bestandteil kann nur angenommen werden, wenn davon auszugehen ist, dass die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können, was im Einzelfall konkret festzustellen ist (BGH GRUR 2011, 824 (Nr. 23-24 – Kappa). Dies ist vorliegend der Fall.
Die Marke „Hotel O2“ ist aus dem Begriff „Hotel“ und dem Bestandteil „O2“ zusammengesetzt. „Hotel“ bezeichnet einen Beherbergungs- und Verpflegungsbetrieb und ist bezüglich der von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen „Veranstaltung von Reisen“ eine glatt beschreibende Angabe. Zu „Sportliche und kulturelle Aktivitäten“ besteht ein enger beschreibender Bezug, da solche in der Regel auch in Hotels angeboten werden. Auch bezüglich der Dienstleistung „Werbung“ ist die Annahme des Verkehrs, es handele sich um eine branchenspezifische Werbung für Hotels, naheliegend. Zwar dürfen bei der Frage der Prägung beschreibende oder kennzeichnungsschwache Bestandteile nicht von vorneherein unberücksichtigt bleiben (BGH GRUR 2004, 783, 785 – NEUROVIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX), aber in der Regel ist davon auszugehen, dass glatt beschreibende Bestandteile vom Verkehr jedenfalls nicht als den Gesamteindruck prägende Elemente aufgefasst werden, mit der Folge, dass diese Eigenschaft eher den anderen Zeichenteilen zugemessen wird (vgl. BGH WPR 2015, 1219 IPS/ISP; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, § 9 Rdnr. 372 m. w. N.). Dabei ist es der Beurteilung des Einzelfalls vorbehalten, ob in der Sicht des Verkehrs eine Angabe im Gesamtzeichen in den Hintergrund tritt oder nicht (BGH GRUR 1998, 927 - COMPO-SANA).
Im vorliegenden Fall gibt es keine Veranlassung zu der Annahme, der Verkehr sehe die Kombination „Hotel O2“ immer nur als geschlossene Einheit an. Grundsätzlich neigt der Verkehr dazu, mehrgliedrige Markenbezeichnungen schon aus Bequemlichkeitsgründen zu verkürzen und mit dem Bestandteil zu benennen, der ihm hierfür besonders nahe gelegt wird. Bei der Frage, wie der Verkehr die Marke wahrnimmt, sind jedoch auch die Branchengewohnheiten zu berücksichtigen (BGH GRUR 2002, 342 – ASTRA/ESTRA PUREN). Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorgetragen hat, ist der Verkehr daran gewöhnt, dass Hotelbezeichnungen durch die Kombination der Sachbezeichnung „Hotel“ und eines dazugehörigen Namens gebildet werden. Vor allem, wenn es sich, wie hier, um einen bekannten kennzeichnungskräftigen Unternehmenshinweis handelt, ist es naheliegend, den Sachhinweis „Hotel“ bei der Benennung wegzulassen, also z. B. zu sagen „ich übernachte im „O2““. Die Tatsache, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine insgesamt sehr bekannte Marke handelt, ist bei der Frage der Prägung mit zu berücksichtigen. Denn als Folge der Präsentation und Bewerbung einer Marke kann dem Verkehr ein einzelner Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens insgesamt als besonders herkunftshinweisend erscheinen (vgl. BGH GRUR 2009, 766 (Nr. 37) – Stofffähnchen). Die Widersprechende präsentiert ihre Marke nicht nur im Telekommunikationsbereich und durch Werbung im TV, sondern auch umfangreich im Zusammenhang mit Sponsoring-Aktivitäten für Veranstaltungen in den Bereichen des Sports und der Unterhaltung. In diesem Zusammenhang ist dem Publikum auch die Bezeichnung „O2-Arena“ als Name von Veranstaltungshallen bekannt. Dies fördert bei dem angesprochenen Verkehr die Wahrnehmung des Bestandteils „O2“ als Herkunftshinweis und trägt dazu bei, dass der beschreibende Bestandteil „Hotel“ im Gesamteindruck zurücktritt.
Ausgehend von einer Prägung durch „O2“ stehen sich somit identische Zeichen gegenüber, so dass eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht vorliegt
2. Widerspruch aus der Unionsmarke EM 009 352 337 „02“.
Die Entscheidung über den weiteren Widerspruch der Widersprechenden aus der Unionsmarke EM 009 352 337 „02“ kann dahingestellt bleiben, da die Widersprechende insoweit ihr Rechtsschutzziel aufgrund des Widerspruchs aus der Unionsmarke EM 009 279 456 erreicht hat.
Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens besteht kein Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.