Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 21.03.2013


BPatG 21.03.2013 - 27 W (pat) 511/13

Markenbeschwerdeverfahren - "FULDAER WIESN (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
21.03.2013
Aktenzeichen:
27 W (pat) 511/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 012 702.9

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. März 2013 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Hartlieb

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. September 2012 wird insoweit aufgehoben, als damit dem Zeichen 30 2012 012 702.9 der Markenschutz versagt worden ist.

Gründe

I

1

Die am 3. Februar 2012 angemeldete farbige Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

hat die Markenstelle mit Beschluss vom 20. September 2012 teilweise zurückgewiesen, nämlich für die folgenden Dienstleistungen

3

35: Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten;41: Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten;43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen

4

Zur Begründung ist ausgeführt, „Wiesn" sei ein mundartliches Synonym für „Oktoberfest", das nicht nur in München oder Bayern bekannt sei. Die Kombination „Fuldaer Wiesn“ sei damit beschreibend für ein in Fulda stattfindendes am Münchner Oktoberfest orientiertes Fest. Daneben zeige das angemeldete Zeichen bekannte Gebäude der Stadt Fulda (Dom), typische Volksfestmotive (Brezel, Bier) und das Wappen des Fuldaer Landkreises. All dies verweise wörtlich und bildlich auf den Erbringungsort der Dienstleistungen sowie deren Art. Dem Design komme bloß eine ästhetische Bedeutung zu, zumal die rautenartige Umrandung und die Einfassung des Schriftzuges einfache und übliche Gestaltungsmittel seien, denen das Publikum keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft entnehme.

5

Gegen diese ihr am 5. Oktober 2012 zugestellte Entscheidung hat die Anmelderin am 2. November 2012 Beschwerde erhoben.

6

Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie darauf abgestellt, die sprachliche Aussage sei mehrdeutig und außerdem wäre die graphische Gestaltung des Zeichens komplex genug, um Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zu überwinden.

II

7

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG entgegen.

8

Die angemeldete Marke entbehrt in ihrer Gesamtheit nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Bei Marken, die aus Wort- und Bildbestandteilen kombiniert sind, hat sich die Prüfung der Schutzfähigkeit auch darauf zu erstrecken, ob die Marke in ihrer Gesamtheit den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. BGH BlPMZ 2001, 397 - antiKalk) und so geeignet ist, die Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden.

9

Ob die Wortbestandteile für die beanspruchten Dienstleistungen als Marke schutzunfähig sind, wie die Markenstelle wohl zutreffend ausgeführt hat, kann vorliegend dahingestellt bleiben.

10

Die Gestaltung der Wort-/Bildmarke weist nämlich eine den Schutz begründende Komplexität auf. Die Anordnung der Bestandteile in der Raute sowie der Schattenriss eines Sakralbaus wirken hinreichend eigentümlich. Das Gesamtzeichen wird sich so dem Publikum als betriebliches Unterscheidungsmittel einprägen. Es ist in der konkreten Gestaltung, in der es als Marke beansprucht wird, auch nicht freihaltungsbedürftig im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

11

Dem stehen keine Belange der Allgemeinheit (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607, Rdn. 51 - Libertel) entgegen, weil der Schutz der Marke auf die ganz konkrete Ausgestaltung beschränkt ist, also insbesondere nicht gegenüber Kennzeichnungen oder sonstigen Angaben besteht, welche zwar ebenfalls Elemente des vorliegend zu beurteilenden Zeichens enthalten, aber nicht die konkrete graphische Ausgestaltung aufweisen.

12

Zu einer Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG besteht kein Anlass, da die Wertung der graphischen Ausgestaltung durch die Markenstelle nicht willkürlich erscheint.