Entscheidungsdatum: 26.05.2015
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2014 051 244.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Hermann und die Richterin Werner am 26. Mai 2015
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Angemeldet ist das Zeichen
als Wort-/Bildmarke für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 5:
Diätetische Präparate und Nahrungsergänzungsmittel; zahnmedizinische Präparate und Artikel; Hygienepräparate und -artikel, Schädlingsbekämpfungspräparate und -artikel; medizinische und veterinärmedizinische Präparate und Artikel
Klasse 41:
Verlags- und Berichtswesen; Bildung; Erziehung; Unterhaltung: Sport; Übersetzung und Dolmetschen; Verleih, Vermietung und Verpachtung in Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten
Klasse 44:
Gesundheitspflege für Tiere; land-, gewässer-, garten- und forstwirtschaftliche Dienstleistungen; Tierpflegedienste; Gesundheitspflege für den Menschen; Hygiene- und Schönheitspflege für den Menschen; Verleih, Vermietung und Verpachtung in Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.
Nach Beanstandung mit Bescheid vom 4. September 2014 wies die Markenstelle für Klasse 41 des DPMA mit Beschluss vom 29. Januar 2015 die Anmeldung zum Teil, nämlich für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 5:
Diätetische Präparate und Nahrungsergänzungsmittel; Hygienepräparate und -artikel; medizinische Präparate und Artikel
Klasse 41:
Verlags- und Berichtswesen; Bildung; Erziehung; Verleih, Vermietung und Verpachtung in Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten
Klasse 44:
Gesundheitspflege für den Menschen; Hygiene- und Schönheitspflege für den Menschen; Verleih, Vermietung und Verpachtung in Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten
zurück.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke sei nicht unterscheidungskräftig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer als Marke angemeldeten Bezeichnung sei zwar grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, die erforderliche Unterscheidungskraft könne aber u. a. fehlen, wenn es sich um eine gängige Wortkombination handle, welche im Zusammenhang mit den von der Anmeldung erfassten Waren und/oder Dienstleistungen stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde. Der Verbraucher sei daran gewöhnt, waren- und/oder dienstleistungsbezogene Angaben auch mit Hilfe mehr oder weniger einprägsamer Wortzusammenstellungen vermittelt zu bekommen. Unterscheidungskräftig könnten derartige Bezeichnungen also nur dann sein, wenn sie sich aus der Sicht des angesprochenen Publikums nicht in reinen Sach- oder Werbeaussagen zu den Angeboten unter der betreffenden Bezeichnung erschöpften.
Den an die Unterscheidungskraft zu stellenden Anforderungen werde die angemeldete Marke für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht gerecht, denn die angesprochenen allgemeinen und Fachkreise (Angebote aus dem Bereich Medizin und Gesundheit) würden der Bezeichnung im Zusammenhang mit diesen Waren und Dienstleistungen keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen. Die Bestandteile „rauch frei" als schlagwortartiger Hinweis auf den Bereich des Rauchentwöhnens und „spritze" als Kurzform von Injektionsspritze vermittelten in ihrer Gesamtheit lediglich einen schlagwortartigen Sachhinweis auf eine Injektionsspritze zur Rauchentwöhnung. In diesem Sinn finde der angemeldete Begriff auch bereits nachweislich Verwendung, so dass ein erheblicher Teil der Angesprochenen den Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung ohne weiteres verstehen werde. Mit diesem Bedeutungsgehalt weise die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen lediglich darauf hin, dass diese im Rahmen einer Injektionsspritze zur Rauchentwöhnung zum Einsatz gelangten, eine Therapie bzw. medizinische Behandlung mittels einer solchen Spritze zum Gegenstand hätten oder darüber informierten. So könne es sich bei den Waren der Klasse 5 „Diätetische Präparate und Nahrungsergänzungsmittel; medizinische Präparate und Artikel“ um Präparate zur Rauchentwöhnung handeln, die im Rahmen einer Injektionstherapie verabreicht würden, wobei Wirkstoffmischungen aus homöopathischen Mitteln, Vitaminen und/oder Mineralstoffen verwendet werden könnten, die unter die beanspruchten Warenoberbegriffe fielen. Auch könnten die Waren „Hygienepräparate und -artikel vor oder nach dem Einsatz einer solchen Spritze zur Anwendung kommen. Gegenstand der Dienstleistungen „Verlags- und Berichtswesen; Bildung; Erziehung" der Klasse 41 könnten Seminare sein, die ergänzend oder begleitend zur Rauchfrei-Spritze angeboten würden oder auch Veröffentlichungen, die über eine Rauchentwöhnungstherapie per Spritze informierten. Bei den Dienstleistungen „Gesundheitspflege für den Menschen; Hygiene- und Schönheitspflege für den Menschen" der Klasse 44 könne es sich um Therapien oder medizinische Behandlungen zur Rauchentwöhnung mittels einer Injektion handeln. Schließlich könnten im Rahmen der Dienstleistungen „Verleih, Vermietung und Verpachtung in Bezug auf die vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten" der Klassen 41 und 44 Informationen oder ergänzendes Material rund um das Thema Rauchentwöhnung mittels Spritze bereitgestellt werden. Die angemeldete Marke werde daher in nahe liegender und im Vordergrund stehender Weise als beschreibender Sachhinweis auf die Art, den Gegenstand und die Bestimmung der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen verstanden, nicht jedoch als betrieblicher Herkunftshinweis. Entgegen der Auffassung der Anmelderin sei die inhaltliche Aussage der angemeldeten Wortkombination auch nicht in einer Weise unbestimmt, dass ihr aufgrund Mehrdeutigkeit die Schutzfähigkeit als Marke zuzubilligen wäre, da ein Verständnis der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Medizin/Gesundheit deutlich im Vordergrund stehe und es genüge, dass das Zeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen beschreibt. Die angemeldete Marke enthalte auch keine über die beschreibende Angabe hinausgehende individualisierende Eigenart, die ihr die zu fordernde Kennzeichnungskraft verleihen könnte. Zwar könnten grafische Elemente einer Wort-/Bildmarke Unterscheidungskraft verleihen, wenn sie charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Betrachter einen Herkunftshinweis sehe, wobei einfache und gebräuchliche grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes wie vorliegend, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter nicht aufwiegen könnten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die meint, ein unmittelbar beschreibender Sinngehalt, der sich ohne weiteres und ohne Unklarheiten ergebe, sei für das Zeichen „rauch frei spritze" nicht erkennbar. Dabei sei zu beachten, dass die beteiligten Verkehrskreise wegen der hohen Bedeutung von Gesundheit für den Menschen die Marke mit eine gesteigerten Aufmerksamkeit betrachten würden. Die Wortbestandteile des Zeichens seien getrennt, der mittlere Wortbestandteil „frei" graphisch hervorgehoben, so dass die beteiligten Kreise zuerst das Wort „frei" als in den Vordergrund tretend wahrnähmen. Das angesprochene Publikum könnte der Marke unterschiedliche Bedeutungen zuordnen, beispielsweise eine Spritze, welche kostenlos (frei von Bezahlung) oder unentgeltlich durch eine Zerstäubung eines Stoffes in der Luft Rauch erzeuge oder eine Spritze, welche vorhandenen Rauch neutralisiere oder eine Spritze zum Aufbringen von Schmieröl auf Maschinenelemente, so dass aufgrund des Schmieröls keine Rauch mehr an den beweglichen Maschinenelementen gebildet werde. Die angemeldete Marke enthalte explizit keine im Vordergrund stehende Angabe zur Raucherentwöhnung hinsichtlich des Rauchens von Zigaretten oder Zigarren für Menschen. Maßgeblich sei die angemeldete Marke in ihrem Gesamteindruck, welcher vielschichtig bzw. mehrdeutig mit den oben genannten Bedeutungen sei. Schliesslich weise die Wort/Bildmarke einen wesentliche graphische Ausgestaltung auf. Der mittlere Wortbestandteil „frei" sei mit Schreibschrift geschrieben und die ersten und dritten Wortbestandteile „rauch" und „spritze" seien in kleinen Druckbuchstaben geschrieben und unterstrichen, womit sich für den Betrachter ein zusätzlicher Grund, mit dem Zeichen die Waren oder Dienstleistungen von einem anderen Unternehmen unterscheiden zu können, ergebe. Der in dem Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamt angesprochene Sachhinweis auf eine „Injektionsspritze zur Rauchentwöhnung" sei, wenn überhaupt, nur mit mehrfachen und komplizierten Schlussfolgerungen erkennbar.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Januar 2015 aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde, über die, nachdem die Anmelderin keine mündliche Verhandlung beantragt hat und auch der Senat eine solche für entbehrlich erachtet, ohne eine solche entschieden werden kann, hat in der Sache keinen Erfolg. Einer Registrierung des angemeldeten Zeichens steht im zurückgewiesenen Umfang § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen maßgeblich ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 - SAT.2).
Ausgehend hiervon besitzen Zeichen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verbraucher für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 - Das Prinzip der Bequemlichkeit; BGH GRUR 2009, 949, Rn. 28 - My World).
fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft. Auf die zutreffenden und mit Belegen untermauerten Ausführungen der Markenstelle in dem angegriffenen Beschluss wird umfassend Bezug genommen.
Die Aussage „rauchfrei“ vermittelt keinen Hinweis auf den Anbieter damit gekennzeichneter Waren und Dienstleistungen, sondern bezieht sich ohne weitere Analyse auf Abstinenz von Tabak- bzw. Zigarettengenuss oder die entsprechende Entwöhnung. „Spritze“ weist im Zusammenhang mit den fraglichen Waren und Dienstleistungen auf Injektionen hin. Die so angesprochenen Verbraucher erwarten also, dass es sich um Angebote im Zusammenhang mit Raucherentwöhnung handelt, deren Erfolg Injektionen unterstützen, was die vordergründige Aussage des Zeichens ist. Die von der Beschwerde bemühten, alternativen Lesarten liegen dagegen fern.
Eine markenmäßige Kennzeichnung entnimmt das Publikum dem Zeichen in seinem Gesamteindruck nicht. Die besondere Schreibweise überwindet das Fehlen der Unterscheidungskraft nicht, da sie den beschreibenden Sinn nicht in den Hintergrund drängen. Auch entsteht kein eigenständiger Bildeindruck.