Entscheidungsdatum: 09.12.2014
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2013 025 279.9
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung am 9. Dezember 2014 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Hermann und Richter Schmid
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 43 vom 30. Oktober 2013 wird aufgehoben.
I.
Die Anmelderin hat am 2. April 2013 beim Deutschen Patent und Markenamt beantragt, die farbige Wort-/Bildmarke (rot/schwarz)
für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 16:
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist
Klasse 21:
Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Kämme und Schwämme; Bürsten und Pinsel (ausgenommen für Malzwecke); Rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind
Klasse 22:
Seile, Bindfaden, Netze, Zelte, Planen, Segel, Säcke, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Polsterfüllstoffe (außer aus Kautschuk oder Kunststoffen); Rohe Gespinstfasern
Klasse 29:
Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; Konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier; Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette
Klasse 30:
Kaffee, Tee, Kakao und Kaffee-Ersatzmittel; Reis; Tapioka und Sago; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis; Zucker, Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis
Klasse 31:
Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Lebende Tiere; Frisches Obst und Gemüse; Futtermittel; Malz
Klasse 32:
Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken
Klasse 33:
Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)
Klasse 41:
Ausbildung; Unterhaltung; Sportliche und kulturelle Aktivitäten
Klasse 43:
Dienstleistungen zur Verpflegung; Beherbergung von Gästen
in das Markenregister einzutragen.
Die Markenstelle für Klasse 43 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 30. Oktober 2013 in vollem Umfang zurückgewiesen, da das angemeldete Zeichen jeglicher Unterscheidungskraft entbehre und Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreiben könne (§ 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG).
Die Bezeichnung „Ochsenbraterei“ weise auf ein häufig in Festzelten eingerichtetes Etablissement hin, in dem Ochsen gebraten und mit zugehörigen Beilagen, Getränken oder alternativen Speisen zum Verzehr angeboten würden. Wenngleich der angemeldete Begriff lexikalisch nicht nachweisbar sei, verstehe ihn das angesprochene allgemeine Publikum unmittelbar in diesem Sinn. Er lasse gerade in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen Raum für ein anderes Wortverständnis.
Die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke berühre den beschreibenden Bedeutungsgehalt des Zeichens unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zu dem Bedeutungsgehalt der Wortbestandteile nicht. Die angemeldete Darstellungsform sei werbeüblich.
Gegen den am 4. November 2013 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin am 19. November 2013 Beschwerde erhoben.
Die Markenstelle überspanne die Anforderungen an die Eintragungsfähigkeit. Jedes noch so geringe Maß an Unterscheidungskraft reiche aus, um das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden. Das angemeldete Zeichen, das kein gebräuchliches, lexikalisch nachweisbares Wort der deutschen Sprache sei, bezeichne allenfalls das von der Anmelderin im Rahmen des Oktoberfestes betriebene Festzelt. Andere Ochsenbratereien seien dem Publikum nicht bekannt. Jedenfalls die grafische Gestaltung verliehe dem Zeichen das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Der Hinweis der Markenstelle, dass in einer „Ochsenbraterei“ nicht nur Ochsen gebraten, sondern auch ähnliche Speisen, Beilagen und etwa Papier und Verpackungswaren angeboten würden, ändere nichts daran, dass das angemeldete Zeichen jedenfalls insoweit nicht über beschreibenden Inhalt verfüge. Das Publikum nehme Bezeichnungen einer Gaststätte nicht als Beschreibung von Merkmalen der dort angebotenen Speisen wahr. Überdies stünden nur werbeübliche grafische Gestaltungen einem Verständnis als betrieblicher Herkunftshinweis entgegen. Die grafische Gestaltung des Zeichens verfüge über eine prägnante Charakteristik, nämlich die ungewöhnliche Schreibschrift, der nach oben gewölbte Bogen, die rote Farbgebung sowie die schwarz gehaltenen Schatten mit 3D-Effekt. Aus den genannten Gründen beschränke das angemeldete Zeichen sich nicht auf eine nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 schutzunfähige Angabe.
In der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2014 hat die Anmelderin erklärt, die Anmeldung in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 43 zurückzunehmen.
Sie beantragt,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde hat auf der Grundlage des beschränkten Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen Erfolg. Insoweit stehen der Eintragung des Zeichens keine Schutzhindernisse entgegen, § 37 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 MarkenG.
Der Markenstelle ist zwar darin zu folgen, dass der Begriff „Ochsenbraterei“ als solcher jedenfalls bezogen auf verschiedene der noch beanspruchten Waren, insbesondere solche der Klassen 29 – 33, nicht über Unterscheidungskraft verfügt. Unabhängig davon, ob der Begriff lexikalisch nachweisbar ist (vgl. BGH GRUR 2012, 125 Rn. 11 - Rheinpark-Center Neuss), enthält er eine ohne weiteres sprachregelmäßige (Hühnerbraterei, Spanferklbraterei, Schweinebraterei, Fischbraterei) und überdies – wie Rechercheergebnisse belegen – auch von anderen Anbietern verwendete Bezeichnung, die unmittelbar als Umschreibung eines Etablissements verstanden wird, in dem typischer Weise Ochsen gebraten und zusammen mit zugehörigen und verwandten Angeboten dargereicht werden. Eine derartige Angabe ist nicht geeignet, den Bezug zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb herzustellen und die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer kennzeichenmäßig abzugrenzen (vgl. EuGH MarkenR 2003, 450 Rn. 44 - Pranahaus; zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG s. BGH, a.a.O., Rn. 15 – Rheinpark Center Neuss und GRUR 2012, 276 Rn. 13 ff. - Institut der norddeutschen Wirtschaft e.V.; ggf. enger BGH BGRUR 1999, 988 - House of Blues). Denn neben unmittelbar beschreibenden Angaben ermangeln u.a. auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die zwar die beanspruchten Produkte selbst nicht unmittelbar beschreiben, durch die aber ein enger beschreibender Bezug hierzu hergestellt wird, jedenfalls jeglicher Unterscheidungskraft (vgl. GRUR 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; BPatG, Beschl. v. 18.2.2010, 25 W (pat) 70/09 - Chocolateria; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8 Rn. 86).
Bei aus mehreren Elementen, insbesondere aus Wort- und Bildbestandteilen bestehenden Marken hat sich die Prüfung der Schutzfähigkeit allerdings darauf zu erstrecken, ob die Marke in ihrer Gesamtheit den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. BGH BlPMZ 2000, 397 - antiKALK; GRUR 2011, 65 – Buchstabe T mit Strich). Der angemeldeten Marke kann aufgrund ihrer grafischen Gestaltung nicht jede noch so geringe Unterscheidungskraft abgesprochen werden (vgl. zum erforderlichen Unterscheidungsgrad in std. Rspr. BGH GRUR 2013, 731 Rn. 11 - Kaleido). Sie unterliegt unter Einbeziehung des Bildbestandteils auch nicht dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
An die Grafik sind vorliegend keine hohen Anforderungen zu stellen, da das angemeldete Zeichen als Etablissementbezeichnung die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen von vornherein nicht direkt bezeichnet. Darüber hinaus schreibt das Publikum einer Ochsenbraterei in erster Linie die nicht mehr beanspruchte Dienstleistung „Verpflegung von Gästen“ zu. Angesichts des stark spezialisierten und engen Marktes ist im Übrigen nicht festzustellen, dass ein Allgemeininteresse an der Verwendung von über ein Mindestmaß an grafischer Komplexität verfügenden Zeichen besteht (vgl. zum Schutzzweck EuGH GRUR 2008, 608 Rn. 59 - EUROHYPO; GRUR 2014, 565 Rn. 17 - smartbook; BPatG GRUR 1996, 410 - Color COLLECTION).
Der in roten Buchstaben mit schwarzem Schatteneffekt ausgeführte Schriftzug folgt einer - im Bereich sachbezogener, informativer Angaben untypischen - bogenförmigen Schriftlinie. In Verbindung mit kursiver Schreibschrift, die auf der abfallenden Seite der Bogenlinie eine deutlich ausgeprägtere Schriftneigung nach sich zieht, weist das Zeichen in der Gesamtheit noch ausreichende grafische Eigenart auf.
Der Beschwerde ist daher stattzugeben.