Entscheidungsdatum: 29.07.2014
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung Nr. 30 2013 028 589.1
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht, des Richters Hermann und des Richters kraft Auftrags Schmid
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 29. Oktober 2013 wird aufgehoben.
I.
Die Markenstelle für Kl. 25 hat die am 22. April 2013 für die Waren und Dienstleistungen
18 Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren
25 Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen
35 Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Dienstleistungen des Einzelhandels über das Internet in den Bereichen Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren, Papierwaren und Schreibwaren, Heimwerkerartikel, Haushaltswaren und Gartenartikel, Hobbybedarf und Bastelbedarf, Täschnerwaren und Sattlerwaren, Einrichtungswaren und Dekorationswaren
angemeldete Wortmarke mit dem Aktenzeichen 30 2013 028 589.1
Schuhbiläum
nach unerwiderter Beanstandung unter Bezugnahme hierauf durch Beschluss vom 29. Oktober 2013 in vollem Umfang zurückgewiesen. In der Beanstandung war ausgeführt worden, die Marke entbehre jeglicher Unterscheidungskraft, da sie lediglich als gebräuchlicher Hinweis auf ein besonderes Angebot anlässlich eines Jubiläums eines beliebigen Schuhgeschäfts und nicht als Hinweis auf die Herkunft der Angebote aus einem bestimmten Unternehmen wirke. Hierzu hat die Markenstelle auf Verwendungsbeispiele Bezug genommen. Auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG stehe der Eintragung entgegen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Dem Zeichen könne das ausreichende Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Die beteiligten Verkehrskreise unterzögen Marken keiner analysierenden Betrachtung. Die angemeldete Marke sei eine kreative Wortneuschöpfung ohne sachlichen Bezug zu einem Großteil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Die angemeldete Marke erfülle neben der Werbe- auch eine Herkunftsfunktion. Das Sortiment eines Schuhgeschäfts umfasse typischer Weise nicht Bekleidungsstücke oder Sonnenschirme. Die regelmäßig an Geschäftskunden gerichteten Dienstleistungen der Klasse 35 stünden in keinem Zusammenhang zu einem Schuhgeschäft. Das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG greife nicht ein, da die Marke nicht über beschreibenden Inhalt verfüge.
Die Anmelderin beantragt,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und hilfsweise die Anberaumung eines Verhandlungstermins.
II.
Die statthafte (vgl. § 64 Abs. 6 MarkenG) und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg, da die von der Markenstelle angenommenen Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG der Eintragung der Anmeldung nicht entgegenstehen. Der Durchführung einer – hilfsweise beantragten – Verhandlung bedurfte daher nicht.
Das angemeldete Zeichen entbehrt bezogen auf die beanspruchten Waren, insbesondere für "Schuhe" eines im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalts.
Wenn ein Hinweis auf ein Jubiläum als Aussage zur Vermarktung auch einen engen sachlichen Bezug zu Waren (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 70) aufweisen mag oder möglicher Weise – wie die Markenstelle meint – als allgemeiner Werbebegriff wahrgenommen wird, bestehen vorrangig aufgrund der sprachlichen Gestaltung des Zeichens gleichwohl keine hinreichenden Anhaltspunkte, ihm in Bezug auf die beanspruchten Waren jede Unterscheidungskraft abzusprechen (vgl. BGH GRUR 2012, 1143 Rn. 7 - Starsat; GRUR 2012, 1044, 1045 Rn. 9 - Neuschwanstein; GRUR 2012, 270 Rn. 8 - Link economy).
Zwar wird das Wort "Schuhbiläum" jedenfalls im Kontext von Schuhen unschwer als verkürzte Form des Begriffs "Schuhjubiläum" verstanden. Allerdings liegt schon hierin eine unübliche und klar erkennbare sprachliche Komprimierung, die den angemeldeten Ausdruck zudem mit einem spielerischen, beinahe scherzhaften Unterton versieht und dadurch das Verständnis als betriebliches Unterscheidungsmittel begünstigt. Eine weitere sprachliche Unregelmäßigkeit des Zeichens besteht darin, dass der unverkürzte Begriff "Schuhjubiläum" wörtlich auf ein Jubiläum eines Schuhs verweist und erst zusätzliche, wenn auch intuitiv nahe liegende Assoziationen den Hinweis auf ein Jubiläum eines Geschäfts oder Herstellers erkennen lassen.
Auch mag hieraus auf einen aus Anlass eines Jubiläums gewährten Preisrabatt zu schließen sein. Allerdings kommen auch andere Zuwendungen oder Vorteile (Sondermodelle, Feierlichkeiten etc.) in Frage.
Nachdem trotz punktueller Nachweise für eine Verwendung des Begriffs "Schuhbiläum" jedenfalls nicht von einer bekannten Bezeichnung (vgl. zu diesem Kriterium BGH GRUR 2009, 949 Rn. 31 - My World) oder von einer gebräuchlichen Werbeaussage ausgegangen werden kann, bestehen insgesamt keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein lediglich sachbezogenes oder werbendes Wortverständnis.
Da bezogen auf die beanspruchten Waren ein unmittelbar beschreibender Begriffsgehalt nicht feststellbar ist, greift das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ebenfalls nicht ein.
Hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen, insbesondere der "Dienstleistung des Einzelhandels über das Internet in den Bereichen … Schuhe" gelten im Kern dieselben Überlegungen. Der Begriff mag hier positiv besetzte Vorstellungen vermitteln, sagt aber nichts dazu aus, ob und gegebenenfalls wie das Jubiläum die Beschaffenheit der beanspruchten Dienstleistungen berührt. Jedenfalls steht auch in diesem Zusammenhang die Unregelmäßigkeit der Wortbildung der Annahme eines im Vordergrund stehenden sachbezogenen Zeichenverständnisses entgegen.
Die Beschwerde der Anmelderin hat daher Erfolg.
Von der Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG aus Billigkeitsgründen sieht der Senat ab. Sie kommt nur in Betracht, wenn es aufgrund besonderer Umstände unbillig wäre, die Beschwerdegebühr einzubehalten (vgl. BPatGE 26, 17, 22). Eine derartige Gestaltung ist hier nicht gegeben, weil der Markenstelle im Kern keine unvertretbare Sachbehandlung anzulasten ist, wenngleich die Zurückweisung der Anmeldung punktuell (etwa bezogen auf "Sonnenschirme" oder "Büroarbeiten") unzureichend begründet und im Ergebnis offensichtlich nicht haltbar ist.