Entscheidungsdatum: 22.05.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2010 016 152.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Werner am 22. Mai 2012
beschlossen:
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. November 2010 wird insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke der Schutz versagt wurde.
I.
Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der Wortmarke
Dschungel
mit Beschluss vom 9. November 2010, teilweise, u. a. für die nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses durch die Anmelder im Beschwerdeverfahren noch streitgegenständliche Dienstleistung der
Klasse 41: Betrieb einer Diskothek
Sie hat dies damit begründet, "Dschungel" sei die Bezeichnung für einen "undurchdringlichen tropischen Sumpfwald" und werde mit diesem Bedeutungsgehalt vom angesprochenen Publikum lediglich als Sachhinweis auf den möglichen Inhalt bzw. das Thema, das Motto oder die Art der genannten Dienstleistungen aufgefasst.
Im Rahmen des Betriebs einer Diskothek vermittle die Bezeichnung "Dschungel" lediglich eine sinnvolle Sachaussage hinsichtlich der inhaltlichen und thematischen Ausrichtung dieser Dienstleistungen bzw. des Mottos, unter dem die Dienstleistungen angeboten würden.
Das angemeldete Zeichen bedürfe entgegen der Annahme der Anmelder keines Zusatzes, um beschreibend zu wirken, da "Dschungel" eine eigenständige Bedeutung habe und in unterschiedlichsten Bereichen in derselben Bedeutung eines undurchdringlichen tropischen Sumpfwaldes gebraucht und erkannt werde.
Der Beschluss ist den Anmeldern am 15. November 2010 zugestellt worden.
Gegen die teilweise Zurückweisung der Anmeldung wenden sie sich mit ihrer Beschwerde vom 9. Dezember 2010.
Ihrer Ansicht nach handle es sich bei dem angemeldeten Zeichen weder um ein Wort, das einen für die zurückgewiesene Dienstleistung im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt aufweise, noch stelle es einen eng beschreibenden Bezug dazu her.
Die Bezeichnung "Dschungel" verstehe das angesprochene Publikum nicht nur mit dem Bedeutungsgehalt "undurchdringlicher tropischer Sumpfwald" in Bezug auf die noch beschwerdegegenständliche Dienstleistung und auch nicht lediglich als Sachhinweis auf deren möglichen Inhalt bzw. Thema, Motto oder Art.
Der Gebrauch der Bezeichnung "Dschungel" ohne Artikel, Präposition oder Bezugswort sei völlig unüblich und werde nicht klar und ohne weiteres verständlich beschreibend verstanden.
Durch entsprechende Positionierung könne die Herkunftsfunktion eindeutig sein. Die alleinige Benutzung des Begriffes "Dschungel" nehme das Publikum nicht beschreibend wahr. Erst durch Zuordnung eines weiteren Begriffes erhielte das angemeldete Zeichen ein beschreibendes Gepräge, so zum Beispiel "Tarif Dschungel" etc.
Bei der Dienstleistung "Betrieb einer Diskothek" werde das Publikum die Bezeichnung "Dschungel" in Alleinstellung unzweifelhaft als Hinweis auf den Veranstalter oder Betreiber auffassen und nicht als Sachhinweis auf dieses Thema.
Die Anmelder beantragen sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 9. November 2010 aufzuheben, soweit die Eintragung des angemeldeten Zeichens zurückgewiesen worden ist.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG) und hat nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses in der Sache Erfolg.
1.
Entgegen der Auffassung der Markenabteilung kann "Dschungel" das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die verbliebene Dienstleistung "Betrieb einer Diskothek" nicht abgesprochen werden und auch ein Freihaltungsbedürfnis zugunsten der Mitbewerber i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht insoweit nicht.
a)
Einer Registrierung des angemeldeten Begriffs als Marke fehlt für die noch beanspruchte Dienstleistung nicht die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Dienstleistungen maßgeblich ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 - SAT.2).
Kann einem Wortzeichen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugerechnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH, GRUR 2009, 778 Rn. 11 - Willkommen im Leben; GRUR 2010, 640 Rn. 13 - hey!).
Den sich daraus ergebenden markenrechtlich gebotenen Anforderungen an die Unterscheidungskraft wird "Dschungel" im Kontext mit der noch beanspruchten Dienstleistung gerecht.
"Dschungel" weist dafür entgegen der Annahme der Markenstelle keine für das inländische Publikum auf der Hand liegende Beschreibung auf. Die Markenstelle ist zu dem gegenteiligen Schluss nur dadurch gelangt, dass es einen denkbaren beschreibenden Gehalt in mehreren gedanklichen Schritten ermittelt hat. Eine derartige analysierende Betrachtungsweise im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist jedoch unzulässig, weil sich daraus keine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtliche Beschreibung ergibt (vgl. BGH, GRUR 2001, 162, 163 - Rational Software Corporation).
Die Markenstelle hat nicht belegt, dass die Bezeichnung "Dschungel" eine gebräuchliche Bezeichnung oder Werbeaussage ist.
Der von der Markenstelle als Grundbedeutung angesehene Sinngehalt von "Dschungel" in Richtung "undurchdringlicher bzw. unübersichtlicher tropischer Sumpfwald" versteht das angesprochene Publikum für die noch beanspruchte Dienstleistung nicht beschreibend.
Es ist auch weder nachgewiesen noch ersichtlich, dass sich der Begriff "Dschungel" zu einer gebräuchlichen Etablissementbezeichnung (ähnlich wie "Disco", "Café" o. ä.) entwickelt hat.
b)
Das angemeldete Zeichen unterliegt auch keinem Freihaltungsbedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, weil "Dschungel" für Diskotheken keine Merkmalsbezeichnung ist.
Diese Vorschrift verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale von Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. Ströbele, FS für Ullmann, S. 425, 428).
Unter die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallen nur solche Angaben, die im normalen Sprachgebrauch die angemeldeten Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können.
"Dschungel" bezeichnet derzeit keine Betriebsstätten, wie Diskotheken, nach ihrer Art, wie oben dargestellt wurde.
Entgegen der Annahme der Markenstelle kann "Dschungel" ohne analysierende Betrachtung auch keine unmittelbare Aussage und nachvollziehbare Bedeutung für die beanspruchte Dienstleistung entnommen werden.
Dabei kommt es nicht darauf an, welche Bedeutung das Wort allgemein hat, sondern wie es im Hinblick auf die beanspruchte Dienstleistung verstanden wird.
Dass Diskotheken in ihrem Inneren dekorativ nach einem bestimmten Motto gestaltet sein können, führt nicht zu einem Mangel an Unterscheidungskraft, da sonst alle Wörter bzw. solche, die Dekorationselemente benennen als beschreibend angesehen werden müssten.
Das Markenwort "Dschungel" kann jedenfalls bei bestimmten Anbringungsformen als Herkunftshinweis verstanden werden (BGH GRUR 2010, 1100, Rn 30 - Tooor!).
Im Umfang der nach Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses verbliebenen Dienstleistung konnte der angefochtene Beschluss der Markenstelle daher keinen Bestand haben.
3.
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass, nachdem erst die Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses der Beschwerde zum Erfolg verholfen hat.