Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 24.06.2014


BPatG 24.06.2014 - 27 W (pat) 501/13

Markenbeschwerdeverfahren – "Von A bis Zett" – keine Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis – keine Verkehrsdurchsetzung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
24.06.2014
Aktenzeichen:
27 W (pat) 501/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 053 486.1

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung am 15. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht, des Richters Hermann und des Richters k.A. Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke Nr. 30 2011 053 486

2

Von A bis Zett

3

ist am 26. September 2011 für die Waren und Dienstleistungen

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09. interaktive Multimedia-Computerprogramme uns -Software im Bereich Lehrmaterial für die Deutsche Sprache; elektronische interaktive Spiele; interaktive Videospiele; analoge und digitale Ton- und Videoaufzeichnungen auf Band, Platte, Schallplatten, DVDs, CDs, Kassetten, Computerplatten oder anderen Aufzeichnungsmedien; Kinofilme; gespeicherte und herunterladbare Computerprogramme; gespeicherte und herunterladbare Computer-Software; Computerspiele zur Verwendung auf einem externen Bildschirm

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16: Lehrmaterial in Buch-, Skripten- und Umdruckform

6

41: Erstellung von Home-Pages und Webseiten im Internet und in anderen audio-visuellen Medien zur Verbreitung von Lehrmaterialien für die Deutsche Sprache; Design von Computersoftware; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Konzeption und Gestaltung von audio-visuellen Medien, einschließlich damit verbundener elektronischer Datenverarbeitung; Soft- und Hardwareentwicklung

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zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister angemeldet worden.

8

Nach Beanstandung der Anmeldung hat die Markenstelle für Klasse 41 die Anmeldung durch Beschluss vom 25. Oktober 2012 zurückgewiesen.

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Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Marke enthalte eine in Bezug auf die beanspruchen Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres verständliche Sachaussage in der Bedeutung "von Anfang bis Ende"., "alles umfassend" oder "alles verfügbar". Auch die konkrete Wiedergabeform in phonetischer Schreibweise werde nachweislich als  Sachaussage benutzt. Der Begriff könne daher den Inhalt oder den Umfang des Inhalts der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen anzeigen. Dem Zeichen fehle daher jegliche Unterscheidungskraft, außerdem sei sie als Angabe, die Merkmale der Ware bzw. Dienstleistungen beschreiben könne, vom Markenschutz ausgenommen. Tatsachen, aus denen sich die angenommene Verkehrsdurchsetzung ergibt, seien nicht glaubhaft gemacht.

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In seiner hiergegen gerichteten Beschwerde macht der Anmelder geltend, das angemeldete Zeichen beruhe in der gewählten phonetischen Wiedergabe auf einem Regelbruch und verfüge daher über ausreichende Eigenart. Das Zeichen entbehre auch einer beschreibenden Bedeutung zum Umfang des Lehrinhalts, da es dem Anmelder nicht auf Vollständigkeit des Inhalts, sondern auf eine pädagogisch sinnvolle Auswahl wertvoller Inhalte ankomme.

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Unter dem Gesichtspunkt der Durchsetzung des Zeichens in den beteiligten Verkehrskreisen nach § 8 Abs. 3 MarkenG hat der Anmelder eine Übersicht vorgelegt, nach der seit 1984 ca.… Exemplare des vom Anmelder verfassten Wörterbuchs für Grundschüler mit dem Titel "von A bis Zett" verkauft worden seien. Weiter hat er sich auf ein Gutachten aus dem Jahr 2009 bezogen, das eine Analyse "Wörterbücher an Grundschulen" zum Gegenstand hat. Hiernach soll das Werk des Anmelders insbesondere bei 48 % der befragten Grundschullehrkräfte bekannt sein. Einer weiteren Verkehrsbefragung bedürfe es nicht, da schon die genannten Tatsachen die Verkehrsdurchsetzung belegten.

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Im einem Ladungszusatz wie auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 15. April 2014 hat der Senat auf Bedenken gegenüber der Schutzfähigkeit des Zeichens auch in Bezug auf den Vortrag zur Verkehrsdurchsetzung des Zeichens hingewiesen. Um dem Anmelder Gelegenheit zu geben, seine Anträge zu überdenken, wurde die Entscheidung über die Beschwerde bis zum 15. Mai 2014 zurückgestellt. Die Anmelder hat sich jedoch nach der Verhandlung nicht mehr geäußert.

13

Der Anmelder hat in der Verhandlung beantragt,

14

den Beschluss der Markenstelle aufzuheben.

II.

15

Die statthafte (vgl. § 64 Abs. 6 MarkenG) und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

16

1. Die originäre Schutzfähigkeit des Zeichens ist zu verneinen.

17

Nicht schutzfähig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind solche Zeichen, denen die konkrete Eignung fehlt, als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen zu wirken. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR 2006, 229 – Rn. 27 ff. – BioID; BGH GRUR 2005, 257 – Bürogebäude).

18

Danach sind insbesondere Wortzeichen vom Markenschutz ausgeschlossen, die eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage vermitteln, die ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst wird (BGH GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard).

19

Die angemeldete Wortfolge "Von A bis Zett" ist eine umgangsprachliche verfestigte Redewendung, die analog zu "A und O", dem ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets, für "von Anfang bis Ende" oder für "alles" steht (siehe Duden online unter "a"). Der Gebrauch des Begriffs in diesem Sinn ist vielfach nachweisbar, vgl. die von der Markenstelle zitierten Verwendungsbeispiele. Die Beispiele belegen insbesondere auch Verwendungen der Angabe, die nicht darauf beschränkt sind, bestimmte Begriffe in Form alphabetischer Stichwortlisten zu erläutern, sondern unabhängig von der Darstellungsform als Hinweis auf einen umfassenden Inhalt.

20

Bezogen auf die beanspruchten Waren, die uneingeschränkt die Vermittlung von Inhalten zum Gegenstand haben, wird der Ausdruck im Sinn eines Angebots begriffen, das darauf angelegt ist, ein bestimmtes Thema umfassend zu behandeln. Bezogen auf die beanspruchten Dienstleistungen kann der Begriff herausstellen, dass ein Angebot alle notwendigen Teilleistungen umfasst.

21

Bei realistischem und sinnorientierten Verständnis schließt die Aussage "von A bis Zett" ein, dass das Werk oder die Leistung dennoch nur eine Auswahl an Inhalten aufweisen kann, um den Umfang des Werks zu begrenzen und um der Ausrichtung des Angebots, z.B. als Kinderschulbuch, Rechnung zu tragen.

22

Die Eigenschaft der Angabe als unmittelbar beschreibendende Aussage steht nicht dadurch in Frage, dass die Wortfolge für sich nicht angibt, worauf konkret sich die Aussage bezieht. Regelmäßig wird schon dem Zusammenhang zu bestimmten Waren oder Dienstleistungen zu entnehmen sein, was die Angabe meint. Abgesehen davon steht es dem beschreibenden Verständnis des Begriffs nicht entgegen, wenn er lediglich einen Teilaspekt eines Angebots betrifft, der – wie hier – plausibel Gegenstand eines selbständigen Hinweises sein kann. Dies zeigt sich auch daran, dass die Wendung "von A bis Z" regelmäßig in Alleinstellung oder jedenfalls selbständig benutzt wird (vgl. auch BGH GRUR 1996, 770 – MEGA).

23

Die phonetische Schreibweise verfremdet den beschreibenden Charakter der Aussage nicht. Dies ergeben schon die durch die Markenstelle vorgelegten Verwendungsbeispiele. Soweit der Anmelder vorbringt, der Begriff missachte die Schreibregeln und sei daher bezogen auf Schulbücher eigentümlich, ist dies schon deswegen unerheblich, weil das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen nicht hierauf beschränkt ist, auch nicht im Bereich der Kl. 16 "Lehrmaterial" (ohne Beschränkung auf schulisches Material). Im Übrigen steht dieser Aspekt beschreibendem Wortgebrauch nicht entgegen, zumal die Schreibweise sogar als Hinweis auf eine inhaltsorientierte oder spielerische Pädagogik verstanden werden kann.

24

Darüber hinaus ist der angemeldete Begriff als eine Beschaffenheitsangabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einzuordnen, jedenfalls als "sonstiges Merkmal", vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 371.

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2. Tatsachen, denen Anhaltspunkte für die Überwindung der genannten Schutzhindernisse durch Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG zu entnehmen wären, sind nicht vorgetragen. Auch wenn die Angaben des Anmelders zu den Verkaufszahlen und die Ergebnisse der Verkehrsbefragung als vertretbar zugrunde gelegt werden, ist eine Durchsetzung bezogen auf die beanspruchten Waren "Lehrmaterial in Buchform" nicht plausibel dargelegt. Der Vortrag des Anmelders bezieht sich ausschließlich auf Wörterbücher im Grundschulbereich. Anhaltspunkte für eine Durchsetzung in den hier relevanten Verkehrskreisen, die insbesondere die Nutzer jeder Art von Lehrbüchern umfassen und über das enge Segment von Wörterbüchern für den Grundschulbereich deutlich hinausgehen (insbesondere Sekundarstufen-, Hochschul-, Erwachsenenausbildung), sind ungeachtet der gerichtlichen Hinweise (vgl. Zusatz zum Ladungsschreiben vom 13. Februar 2014) weder aufgezeigt worden noch hat der Anmelder diesem Gesichtspunkt durch die Abfassung des Warenverzeichnisses Rechnung getragen.

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Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.