Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.09.2011


BPatG 27.09.2011 - 27 W (pat) 45/10

Markenbeschwerdeverfahren – "TRAVELMEDIASERVICE/TRAVELMEDIASERVICE" – zur Dienstleistungsähnlichkeit im Bereich Marketing und Werbung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
27.09.2011
Aktenzeichen:
27 W (pat) 45/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

TRAVELMEDIASERVICE/TRAVELMEDIASERVICE

Dienstleistungen aus dem Bereich Marketing, Werbung sind nicht mit jedem Gegenstand und jeder Dienstleistung im markenrechtlichen Sinn ähnlich, die bei der Umsetzung von Werbe- und Marketingkonzepten zum Einsatz kommen bzw. dabei erbracht werden.

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Agenturen solche Waren oder Dienstleistungen typischer Weise selbst anbieten oder erbringen.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 300 69 743

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Gegen die am 18. September 2000 angemeldete und am 5. Juni 2001 für die Dienstleistungen

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„Annoncenvermittlung, Aufstellung von Statistiken, Marketing, Marktforschung und Marktanalyse, Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Personalberatung, Vermietung von Büromaschinen und -einrichtungen einschließlich Computersystemen, Verteilung von Waren zu Werbezwecken, alle genannten Dienstleistungen auch über Internet sowie interaktive Medien; Werbung jeder Art über Printmedien, Plakatwände, Handzettel, Software, Internet, Rundfunk, Fernsehen und Kino sowie Kataloge und Verkehrsmittel, Produktion von Werbespots, Telefonmarketing, Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder Werbezwecken; Betrieb von elektronischen Märkten im Internet durch Online-Vermittlung von Verträgen sowohl über die Anschaffung von Waren als auch über die Erbringung von Dienstleistungen; Sammeln und Liefern von Nachrichten, nämlich telefonische Reservierungen, Buchungen und Beratungen, Erbringen von Dienstleistungen in Verbindung mit Online-Diensten, nämlich Übermitteln von Informations-, Reservierungs- und Buchungsangeboten; Weiterbildung, Schulung von Personal, Filmproduktion, Filmvermietung, Künstlervermittlung, Unterhaltung und Veranstaltung jeder Art, nämlich Musikdarbietung, Theateraufführung, Zirkusdarbietung, Sport-, Multimedia-, Multivision-, Diaporama-, Incentive-, Workshops-, Tanz- und kulturelle Veranstaltungen, sämtlichst soweit in Klasse 41 enthalten, Veranstaltungen unter bestimmten Titeln, soweit in Klasse 41 enthalten, Vermietung von Bühnendekorationen, Vermietung und Verteilung von Zeitungen und Zeitschriften, Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, auch im Internet, Rundfunk- und Fernsehunterhaltungen, Vermietung von technischen Equipment für Veranstaltungen, Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke“

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eingetragene Wortmarke 300 69 743

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TRAVELMEDIASERVICE

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hat die Widersprechende aus ihrer am 1. März 2000 für die Waren und Dienstleistungen

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„Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Datenverarbeitungsgeräte und Computer sowie deren Bestandteile; Computerprogramme (Software); Ton-, Bild- und Datenträger, nämlich Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Tonbänder, Videokassetten, MCs, CDs, CD-ROMs, Bildplatten, Schallplatten; codierte Telefonkarten; Computerspiele, soweit in Klasse 9 enthalten; elektrische Apparate und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Beförderung von Personen; Transportwesen; Veranstaltung von Reisen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung (Software); Dienstleistungen eines Programmierers; gewerbsmäßige Beratung (ausgenommen Unternehmensberatung) auf dem Gebiet der Datenverarbeitung und der Telekommunikation; Dienstleistungen im Bereich der Datenverarbeitung, nämlich Anpassen, Aktualisieren, Implementieren und Warten von Software; alle vorgenannten Waren und Dienstleistungen insbesondere soweit sie im Zusammenhang mit Reisen stehen“

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angemeldeten und am 4. Dezember 2000 eingetragenen Wortmarke 300 15 435 (Widerspruchsverfahren abgeschlossen am 18. August 2006)

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TRAVELMEDIASERVICE

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Widerspruch eingelegt.

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Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke mit Beschluss vom 10. Juni 2008 teilweise, nämlich für die Dienstleistungen

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„Vermietung von Büromaschinen und -einrichtungen, einschließlich Computersystemen, Betrieb von elektronischen Märkten im Internet durch Online-Vermittlung von Verträgen sowohl über die Anschaffung von Waren als auch über die Erbringung von Dienstleistungen; Sammeln und Liefern von Nachrichten, nämlich telefonische Reservierungen, Buchungen und Beratungen, Erbringen von Dienstleistungen in Verbindung mit Online-Diensten, nämlich Übermitteln von Informations-, Reservierungs- und Buchungsangeboten; Filmproduktion, Filmvermietung, Unterhaltung und Veranstaltung jeder Art, nämlich Musikdarbietung, Theateraufführung, Zirkusdarbietung, Sport-, Multimedia-, Multivision, -diaporama-, Insentiv-, Workshops-, Tanz- und kulturelle Veranstaltungen, sämtlichst soweit in Klasse 41 enthalten, Veranstaltungen unter bestimmten Titeln, soweit in Klasse 41 enthalten, Vermietung von Zeitungen und Zeitschriften, Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften (im Internet, Rundfunk- und Fernsehunterhaltungen, Vermietung von technischem Equipment für Veranstaltungen“,

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gelöscht und im Übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Das ist damit begründet, im Umfang der zu löschenden Dienstleistungen bestehe zwischen den Marken eine Verwechslungsgefahr, da diese Dienstleistungen mit den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke ähnlich seien. Ausgehend von einem nur geringen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aufgrund ihres beschreibenden Inhalts und einer Markenidentität bestehe eine Verwechslungsgefahr soweit die Dienstleistungen der angegriffenen Marke im Ähnlichkeitsbereich zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke seien, was bei den im Tenor genannten Dienstleistungen der Fall sei.

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Die nicht gelöschten Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien mit den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke nicht ähnlich, da nur in geringem Umfang Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte vorhanden seien und diese Dienste regelmäßig auch von anderen Unternehmen angeboten würden als von jenen, in denen die Waren der Widerspruchsmarke produziert oder deren eingetragene Dienstleistungen erbracht würden. Die Widersprechende habe ihren Widerspruch bei diesen Dienstleistungen auch nicht weiter begründet. Für die Markenstelle sei nicht ersichtlich, welche der verbleibenden Dienstleistungen mit welcher Ware oder Dienstleistung aus ihrem Verzeichnis aus genau welchem Grund eine relevante Annäherung aufweisen solle.

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Auf die Erinnerung der Widersprechenden wurde der Erstbeschluss mit Beschluss der Markenstelle vom 18. Dezember 2009 teilweise aufgehoben und die angegriffene Marke auch für die Dienstleistungen

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„Annoncenvermittlung, Aufstellung von Statistiken, Organisationsberatung; betriebswirtschaftliche Beratung, Personalberatung“

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gelöscht. Im Übrigen wurde die Erinnerung zurückgewiesen. Auch der Erinnerungsprüfer ist von Markenidentität und einem geringen Schutzumfang der Widerspruchsmarke wegen ihrer beschreibenden Wirkung ausgegangen sowie von einer markenrechtlich relevanten Ähnlichkeit zwischen den weiter zu löschenden Dienstleistungen der angegriffenen Marke und den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke.

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Bezüglich der nicht gelöschten Dienstleistungen der angegriffenen Marke scheitere eine Verwechslungsgefahr an der fehlenden Ähnlichkeit mit den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden sei der Bereich der „Werbung“ nicht ähnlich mit „Computern, Datenverarbeitungsgeräten, Software“ oder auch „technischer und organisatorischer Beratung“. Auch sonst werde der Kernbereich der Werbung, die für Dritte erbracht werde, streng getrennt von Werbe-/Informationsmaterialien, die als Hilfsmittel für die eigene Dienstleistungserbringung Verwendung fänden.

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Dem stünde nicht entgegen, dass Werbung - wie zahlreiche andere Dienstleistungen - auch über das Internet erbracht werden könne. Denn dies betreffe nur den Vertriebsweg bzw. das Werbemedium, nicht jedoch die Vorstellung des Publikums über eine gemeinsame betriebliche Verantwortung mit einem IT-Dienstleister. Es sei auch keine Überschneidung von Werbediensten zu der Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“ ersichtlich. Die typischen Geschäftsbetriebe seien unterschiedlich. Der Kunde, der ein Produkt vermarkten wolle, wende sich nicht an einen Reiseveranstalter (z. B. TUI oder Thomas Cook), sondern an eine Werbeagentur. Auch bei Kaffeefahrten werde die Verkaufsveranstaltung immer von einem Drittunternehmen angeboten. Der Reisende, als Kunde des Reiseveranstalters, sei formal nicht zur Teilnahme an der Warenpräsentation verpflichtet. Ebenso wenig bestünde eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit zu „Künstlervermittlung; Vermietung von Bühnendekorationen“. Ein Reiseveranstalter vermittle gerade keinen Künstler für Dritte. Vielmehr erfolge die Buchung und Vermittlung - regelmäßig bei einer Agentur - für eigene Zwecke, nämlich der eigenen Organisationsleitung.

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Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie sich gegen die teilweise Zurückweisung ihres Widerspruchs wendet. Sie hält die bisher nicht gelöschten Dienstleistungen der angegriffenen Marke für ähnlich mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke. So bestehe eine Ähnlichkeit zwischen „Werbung“ und der „Veranstaltung von Reisen“ wegen der Überschneidung bei sog. Kaffeefahrten. Die Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“ sei auch mit den Dienstleistungen „Künstlervermittlung; Vermietung von Bühnendekorationen“ ähnlich, da Reiseveranstalter diese Dienstleistungen im Zusammenhang mit Ferienclubs im Rahmen der Animation anböten. Eine Ähnlichkeit bestehe auch zwischen der Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“ und der zugunsten der jüngeren Marke eingetragenen Dienstleistung „Verteilung von Zeitungen“, da die in Flugzeugen befindlichen Bordmagazine regelmäßig von Reiseveranstaltern hergestellt und verteilt würden. Die Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“ sei schließlich auch mit der Dienstleistung „Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle und (richtig oder) Unterrichtszwecke“ ähnlich, da diese Dienstleistung bisweilen auch über Reisebüros im Paket zusammen mit sonstigen Reiseleistungen vertrieben und zum Teil auch selbst von Reiseveranstaltern veranstaltet werde.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

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die Beschlüsse der Markenstelle vom 10. Juni 2008 und vom 18. Dezember 2009 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch zurückgewiesen wurde und die Marke 300 69 743 wegen des Widerspruchs aus der Marke 300 15 435 vollständig zu löschen.

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Die Markeninhaberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie ist der Ansicht, zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen bestehe keine Ähnlichkeit. Damit sei keine Verwechslungsgefahr gegeben.

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An der mündlichen Verhandlung hat die ordnungsgemäß geladene Widersprechende nicht teilgenommen. Die Markeninhaberin hat ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft.

II.

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Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG hinsichtlich der strittigen Dienstleistungen.

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Nach diesen Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer Marke älteren Zeitrangs und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2005, 419, 422 - Räucherkate). Eine Verwechslungsgefahr kann jedoch nicht angenommen werden, wenn entweder die Vergleichszeichen oder die von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen gänzlich unähnlich sind (BGH GRUR 2004, 241, 243 - GeDIOS).

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Die Ähnlichkeit der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren zu ermitteln, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere ihre Beschaffenheit, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon); daneben können auch ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, die Vertriebs- oder Erbringungsart sowie ihre wirtschaftliche Bedeutung Berücksichtigung finden. Abzustellen ist dabei vor allem darauf, ob zwischen den jeweils angebotenen Produkten oder Leistungen so enge Beziehungen bestehen, dass sich den Abnehmern, wenn sie die Waren oder Dienstleistungen mit denselben Zeichen gekennzeichnet wahrnehmen, der Schluss aufdrängt, dass die Waren oder Dienstleistungen vom selben oder von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 924, Nr. 29 - Canon).

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Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Dienstleistungen untereinander können die zur Warenähnlichkeit entwickelten Grundsätze entsprechend herangezogen werden. Insoweit kommt es auch hier darauf an, ob angesichts objektiver Kriterien wie Art, Erbringung, Einsatzzweck, Inanspruchnahme und wirtschaftliche Bedeutung die beteiligten Verkehrskreise der Auffassung sein können, die beiderseitigen Dienstleistungen würden üblicherweise von denselben Unternehmen erbracht (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rn. 90).

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Ausgehend von diesen Grundsätzen kann eine Verwechslungsgefahr wegen der fehlenden Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen nicht angenommen werden. Nachdem die Markeninhaberin gegen die teilweise Löschung ihrer Marke keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, sind Streitgegenstand nur noch die von der Markenstelle nicht gelöschten Dienstleistungen der jüngeren Marke

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„Marketing, Marktforschung und Marktanalyse, Verteilung von Waren zu Werbezwecken, alle genannten Dienstleistungen auch über Internet sowie interaktive Medien; Werbung jeder Art über Printmedien, Plakatwände, Handzettel, Software, Internet, Rundfunk, Fernsehen und Kino sowie Kataloge und Verkehrsmittel; Produktion von Werbespots, Telefonmarketing, Veranstaltung von Messen zu gewerblichen und Werbezwecken; Weiterbildung, Schulung von Personal, Künstlervermittlung; Vermietung von Bühnendekorationen; Verteilung von Zeitungen und Zeitschriften; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke“.

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Zwischen diesen Dienstleistungen und den zugunsten der Widerspruchsmarke eingetragenen Waren und Dienstleistungen vermag der Senat entgegen der Auffassung der Widersprechenden keine Ähnlichkeit zu erkennen. Die in der Klasse 39 zugunsten der Widerspruchsmarke eingetragene Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“ hat keine Ähnlichkeit mit den zugunsten der jüngeren Marke in der Klasse 35 eingetragenen Werbedienstleistungen. Das Publikum wird nicht ernsthaft annehmen, dass ein Werbeunternehmen bzw. eine Werbeagentur gleichzeitig Reisen veranstaltet. Daran ändern auch die von der Widersprechenden in diesem Zusammenhang angeführten Kaffeefahrten nichts. Solche Fahrten mögen Teil eines Werbe- oder Marketingkonzepts sein; die Kunden werden aber nicht annehmen, dass die Agenturen über die Beratung und Konzeptionsdienstleistung hinaus auch selbst solche Aktionen durchführen.

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Bei der Umsetzung von Werbung bzw. Marketingkonzepten kann eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen eingesetzt werden. Dies allein kann keine Ähnlichkeit im markenrechtlichen Sinn schaffen. Hierzu wären eine typische Übung erforderlich, für deren Annahme nicht ausreichend vorgetragen ist und die für den Senat derzeit auch nicht anderweitig ersichtlich ist.

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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Widersprechenden zitierten Entscheidung des Bundespatentgerichts in dem Verfahren 29 W (pat) 111/85, da der „Veranstaltung von Reisen“ in jenem Verfahren ausdrücklich Marketingdienstleistungen für das Hotelgewerbe gegenüberstanden, was hier nicht der Fall ist.

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Die Werbedienstleistungen der angegriffenen Marke hält der Senat auch nicht für ähnlich mit den zugunsten der Widerspruchsmarke in der Klasse 42 eingetragenen technischen Dienstleistungen (ebenso Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Aufl., S. 373 zu Werbung/Erstellen von EDV-Programmen unter Hinweis auf BPatG, Beschluss vom 4. Januar 2008, Az.: 25 W (pat) 254/03, BeckRS 2008, 05283 - Atoz/Atos). EDV-Dienstleistungen mögen ein Handwerkszeug bei der Umsetzung von Werbe- und Marketingkonzepten sein; auch dies kann allein aber keine Ähnlichkeit im markenrechtlichen Sinn begründen.

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Die zu der Klasse 39 gehörende Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“ ist auch nicht mit den Dienstleistungen der jüngeren Marke der Klasse 41 „Künstlervermittlung, Vermietung von Bühnendekorationen, Verteilen von Zeitungen, Veranstaltung und Ausstellung für kulturelle und Unterrichtszwecke“ ähnlich, da das Publikum nicht annehmen wird, dass der Erbringer dieser Dienstleistungen gleichzeitig Reisen veranstaltet. Die hierzu von der Widersprechenden angestellten Überlegungen hält der Senat für konstruiert. Sie entsprechen nicht dem Verständnis des angesprochenen Publikums.

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Keine Ähnlichkeit besteht auch zwischen den zugunsten der jüngeren Marke eingetragenen Dienstleistungen „Weiterbildung, Schulung von Personal“ einerseits und den Widerspruchswaren „Unterrichtsapparate und -instrumente“ andererseits, da Überschneidungen nur im Rahmen von Hilfswaren/-Dienstleistungen stattfinden (ebenso Richter/Stoppel, a. a. O., S. 366 zum Verhältnis von Unterricht/Lehr- und Unterrichtsmittel unter Hinweis auf BPatG, Beschluss vom 9. August 2000, Az.: 32 W (pat) 467/99, BeckRS 2009, 17898 - Salem). Die Dienstleistungen „Weiterbildung, Schulung von Personal“ sind auch mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke der Klasse 42 nicht ähnlich, da es sich bei den zugunsten der jüngeren Marke eingetragenen Dienstleistungen anders als in dem von der Widersprechenden zitierten Verfahren BPatG, Beschluss vom 24. April 1996, Az.: 29 W (pat) 77/94 - Infocom, nicht um eine Schulung und Beratung auf dem Gebiet der EDV handelt.

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Zur Begründung der fehlenden Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen wird im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen der Markenstelle verwiesen.

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Nachdem eine Verwechslungsgefahr somit bereits an der fehlenden Waren-/ Dienstleistungsähnlichkeit scheitert, kommt es auf die Frage nach der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die der Senat ebenso wie die Markenstelle wegen ihres beschreibenden Inhalts für geschwächt hält, nicht mehr an.

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Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.